wie empfindet ihr die Zeit zuhause wenn der Partner in der Klinik ist

[Betty30]

Mich würde mal interessieren wie ihr damit umgeht wenn euer Partner in der psychosomatischen Klinik ist? Wie lenkt ihr euch ab? Wie empfindet ihr euren Partner? Habt ihr Angst um eure Beziehung obwohl sie intakt ist?

[julcas]

Hallo Betty30,

mein Freund ist seit 5 Wochen in der Klinik. Am 1. WE besuchte ich ihn, inzwischen kommt er jedes WE nach Hause.

Wie empfinde ich diese Zeit? Eigentlich wollte ich diese Zeit ausschließlich für mich nutzen, doch so richtig funktioniert das nicht. Mein Freund ruft so fast täglich an, wir haben also viel Kontakt. Ich versuche trotzdem die Ruhe zu genießen. Ich gehe schon mal zeitig ins Bett, mit einem guten Buch. Oder ich unternehme etwas mit meiner Freundin. Doch das tat ich auch, bevor mein Freund in die Klinik ging. Es hat sich nicht wirklich etwas verändert, an meinem Tagesablauf. Mein Alltag ist ziemlich voll gepackt, ich arbeite 6 Tage die Woche, habe Haus und Garten und 2 große Hunde. Das heißt ich habe recht wenig freie Zeit.

Ich bin mir der Liebe meines Freundes sehr sicher. Nein, ich zweifle nicht an unserer Beziehung. Wir verbringen wunderschöne We miteinander, lachen viel miteinander ( wie hab ich das vermißt), machen wieder mehr gemeinsam, haben viel Spaß. Was die Zukunft bringt, weiß ich nicht. die Gegenwart ist was zählt. Meinem Freund geht es viel besser und er genießt jeden Augenblick. Ich freue mich von Herzen mit ihm und genieße ihn. Das hat sich geändert, denn vor der Klinik ging absolut nichts bei meinem Freund.

Ist dein Partner in der Klinik?

lg julcas

[Betty30]

Ja mein Freund ist seit 2 1/2 Wochen in der Klinik. Wir telef. auch jeden Tag allerdings möchte er mich nicht sehen. Das verstehe ich nicht ich hoffe ob mir das hier nicht jemand erklären kann. Er sagt da wird sein ganzes Seelenleben heraus geholt und deshalb will er mich nicht sehen. Ich verstehe halt nicht wie man da den Menschen den man wie er sagt über alles liebt nicht sehen will??? Ich versuche mich auch mit Freunden,Arbeit ab zu lenken aber es gelingt mir nur sehr schwer.

[julcas]

Hallo Betty30,

vielleicht kannst du versuchen, dir nicht so viele Gedanken zu machen, das dein Freund dich momentan nicht sehen will. Ich kann mir vorstellen, das es für deinen Freund sehr schwer ist, sich mit seinem "Seelanleben" auseinander zu setzen. Freu dich darüber, das ihr täglich Kontakt habt, wenn auch telefonisch.

Mein Freund erzählt mir, das seine Einzeltharpie meistens nur 15 Minuten dauert. Es gäbe nichts zu besprechen. Will heißen, sein Seelenleben wird nicht umgekrempelt. Vielleicht macht ihm das den Klinikaufenthalt leichter und die Besuche am WE möglich?

Versuche deinem Freund zu vertrauen und sei besonders gut zu dir. Nutze die Zeit des Klinikaufenthaltes um Kraft zu tanken. Ich weiß das ist leichter gesagt als getan. Doch du kannst momentan für deinen Freund nichts tun, er ist in guten Händen. Spricht also nichts dagegen, das du dich um dich kümmerst.

Wie lange ist dein Freund schon depressiv? Wohnt ihr zusammen?

Wenn du auf meine Fragen nicht antworten möchtest, kein Problem.

lg julcas

[SucheAustausch]

Hallo Betty,

mein Mann war anfang des Jahres auch in einer Klinik. 14 Wochen. Er kam jedes Wochenende nach Hause und das war für mich ganz schön schwierig.

Ehrlich gesagt habe ich es ziemlich genossen, als mein Mann nicht da war. Das soll nicht heißen, dass ich ihn nicht liebe und gern hier habe, aber es war so schlimm mit ihm in den letzten Jahren, dass mir die Tage ohne ihn wirklich angenehm waren.

Ich habe abends gestrickt und vor dem Fernseher gesessen. Habe mir oft ein kleines Glas Rotwein und ein bisschen Käse etc. gegönnt und es mir so gut wie möglich gehen lassen.

Klar, ich muss hier zu Hause alles allein stemmen, aber es war weniger schlimm als ich gedacht hatte.

Wir haben eine 4-jährige Tochter, für die war es sicher viel schlimmer als für mich. Mein Mann hat sich an den Wochenenden dann eigentlich ausschließlich mit ihr beschäftigt, sofern er nicht mit sich selbst beschäftigt war. Gut, er hat auch mal Getränke geholt oder so, aber er war weit weg (und leider ist er das immer noch meistens). Gedanklich ist er mit sich beschäftigt. Er kann sich nicht konzentrieren und hört mir kaum zu.

Er hat viele Dinge, die ich ihm in diesem Jahr erzählt habe, einfach vergessen und oftmals erinnert er sich schon 5 Minuten später nicht mehr an das, was ich ihm erzählt habe.

Wie ich in einem anderen Posting schon schrieb: da ist eine Mauer zwischen uns und den Kranken.

Ich kann nur versuchen, Dir zu raten, die Zeit auch für Dich zu nutzen. Als es dann hieß, dass er in ein paar Tagen nach Hause kommt, dachte ich: ach Herrje! Ich wollte doch noch so viel machen! (Nähen und so...)

Das muss ich halt jetzt machen und wie ich merken musste, war mein Mann ja nicht komplett wieder da. Ein Teil seiner selbst ist immer noch hinter der Mauer...(wenn ich ihn auch schon manchmal daneben treffen durfte...) und ich habe immer noch die Hoffnung, dass diese eines Tages eingerissen wird!

Ich wünsche Dir und Euch eine fruchtbare Zeit!

Alles Liebe und Gute für Euch und Eure Beziehung.
Es ist alles nicht einfach, und ich hoffe, dass wir es schaffen und gemeinsam überstehen...

[Salvatore]

Hallo Betty,
hallo @all,

ich glaube nicht, dass dich dein Freund wirklich "nicht sehen" will, wahrscheinlicher ist wohl, dass er die Kraft nicht hat, auch wenn das schwierig zu verstehen ist.
Ich war selbst elf Wochen in der Psychiatrie und hatte auch nicht viel Besuch - wollte ich auch nicht.
Auch wenn mein "Stundenplan" nicht sehr voll war, habe ich das mit den wenigen verbliebenen (ungeahnten) Kraftreserven. Ich bin also für einen Termin aus dem Bett aufgestanden und habe mich anschließend wieder hingelegt, auch wenn es bis zum nächsten nur eine halbe Stunde war. Die ersten Wochen habe ich das WE herbeigesehnt, um mich ausruhen zu dürfen. Besuche hätte ich da nicht stemmen können - auch wenn ich es gerne gewollt/gekonnt hätte.
Irgendwann habe ich mir dann mehr zugetraut und mein Mann und an einem anderen WE kam auch meine Mutter für ein paar Stunden zu Besuch. Und ich durfte dann auch zum Belastungswochenende für eine Nacht nach Hause. Das war zwar schön, hat mich aber auch sehr angestrengt, so dass ich danach froh war, wieder ins KH zu gehen.

Austausch sagt:
>Er hat viele Dinge, die ich ihm in diesem Jahr erzählt habe, einfach vergessen und oftmals erinnert er sich schon 5 Minuten später nicht mehr an das, was ich ihm erzählt habe.
Das Problem habe ich selbst auch oft. Die Konzentration spielt nicht wirklich mit und ich kann mir einfach nichts merken. Wenn mein Mann das Fernsehprogramm kommentiert, weiß meist gar nicht wovon er spricht... Das ist ätzend für ihn - für mich selbst aber auch.

Betty, ob deine Beziehung gefährdet ist, kann ich nicht beurteilen. Aber dass er dich nicht sehen möchte, lässt nicht unbedingt auf seine Gefühle zu dir rückschließen. Ich liebe meinen Mann sehr und bin ihm unendlich dankbar, dass er soviel Verständnis für mich aufbringt, es ist ganz sicher nicht leicht für ihn.

Letztes Jahr war ich zur Reha und nach einem Gespräch mit der Oberschwester im Rahmen der Visite ging es mir megaschlecht. Mein Mann wäre zu mir gekommen, aber ich wusste genau: ich würde es nur sehr schwer vermschmerzen, wenn er nach dem Besuch wieder fährt. So war es, trotz aller Sehnsucht, besser dass er nicht gekommen ist.
Klingt vielleicht ein bisscchen verrückt, aber es war die richtige Entscheidung...

Vielleicht hilft dir das ein bisschen weiter.

Lg, Salvatore

[bigappel]

Liebe Salvatore,
hey @ all,

das klingt gar nicht komisch oder verrückt;
ich kann alles, was hier geschrieben wurde nur bestätigen und man muß einfach lernen dem Partner absolut zu vertrauen.

Vieles ist für uns Angehörige einfach schlecht nachzuempfinden und dann geht es meines Erachtens nur mit gegenseitiger Ehrlichkeit und absolutem Vertrauen.

Ich weiß, dass mein Mann mich über alles liebt und wenn er mich nicht "sehen will", hat das seine Gründe, die im Zweifel gar nichts mit mir zu tun haben und wenn doch mal: wäre das irgendwie auch menschlich...

Ich, als "gesunde" Frau kenne zumindest auch Zeiten von mir, wo ich einfach Zeit für mich brauche, sei es zum etwas sortieren oder Seele baumeln lassen (nur Seelchen und ich) ; das entfernt mich aber nicht von meinem Mann, sondern im Gegenteil.......

Ich habe die Zeit in der mein Mann in den Kliniken war genossen: ich habe ihn vermißt, ich war irre froh, wenn er zu Hause war, trotzdem habe ich die Zeit genutzt mal ohne die Erkrankung zu sein..... nicht ohne meinen Mann.

Entfernen kann durchaus auch noch größere Verbundenheit und Nähe bringen.

Kopf hoch!
Nutz die Zeit für Dich ohne schlechtes Gewissen!

LG
Pia

[Salvatore]

Hallo Pia,

wir haben es auch als Chance gesehen, uns vermissen zu können.
Da mein Mann von zu Hause aus arbeitet und ich ja krankheitsbedingt ebenfalls zu Hause bin, verbringen wir viel Zeit zusammen.
Das ist zwar einerseits schön, aber man weiß die Anwesenheit des anderen nicht so zu schätzen wie z.B. nach der Zwangspause durhc einen Klinikaufenthalt.
Ich habe ihn in der Zeit sehr vermisst und er mich auch, das war schon auch eine sehr heilsame Erfahrung.

>Vieles ist für uns Angehörige einfach schlecht nachzuempfinden und dann geht es meines Erachtens nur mit gegenseitiger Ehrlichkeit und absolutem Vertrauen.
Daran habe ich schon viele Beziehungen scheitern sehen, aber das ist nicht nur in der Depression so.

>Ich habe die Zeit in der mein Mann in den Kliniken war genossen: ich habe ihn vermißt, ich war irre froh, wenn er zu Hause war, trotzdem habe ich die Zeit genutzt mal ohne die Erkrankung zu sein..... nicht ohne meinen Mann.
Das wünsche ich jedem Angehörigen, dass er das so sehen kann.

Lg, Salvatore

[bigappel]

Liebe Salvatore,

Deine persönliche Situation diesbezüglich kann ich gut nachempfinden.

Dass ich heute besser mit der Erkrankung meines Mannes umgehen kann, hat überwiegend auch damit zu tun, dass hier Menschen wie Du, liebe Salvatore, Ihre Sichtweisen, Ihre Erfahrungen als Betroffene weitergeben und dass wenn es schlecht läuft, man hier Trost findet oder man auch schonmal in die Realität zurückgeholt wird *denk*an*Lerana*und*Dich*Pero*und noch viele andere*;

Angehörige oder Mitmenschen allgemein, können durchaus auch mal gut ihren Realitätsbezug verlieren.....

Ich wünsch Dir, Deinem Mann, Deiner Beziehung alles, alles Liebe & Gute.

Viele Grüße
Pia

[Betty30]

Danke für die Antworten. Sie helfen mir sehr weiter. Es stimmt schon das man ab und zu die Realität vergisst und sich in Gedanken und ach was ist wenn.... verstrickt anstatt einfach mal Dinge hin zu nehmen oder von der anderen Sichtweiße zu sehen. Und ich muss auch sagen mir selbst hat das erst mal gezeigt wie sehr ich ihn eigentlich liebe. Das ich ihn liebe wusste ich immer schon nicht falsch verstehen aber diese Distanz hat mich und ich hoffe auch ihn doch noch näher zusammen wachsen lassen.

[Betty30]

Meine Gedanken hören einfach nicht auf ständig an ihn zu denken und zu grübeln...

Habe schon viel gelesen wie es Angehörigen geht wenn der Partner in der Klinik ist und ich habe das Gefühl bei und tritt es jetzt genauso ein.

Die erste Woche noch Liebesschwüre, die zweite Woche schon nichts mehr will mich nicht sehen, jetzt die dritte Woche meldet er sich Tage nicht mehr. Wenn ich eine SMS schreibe nett natürlich ob es ihm gut geht keine Antwort. Dann gestern zufällig ein Anruf von ihm zwei Minuten lang dann sagt er, er möchte sich jetzt nicht mehr unterhalten er geht wieder zu den anderen Kaffee trinken.

Ich kann mit dieser Situation einfach nicht umgehen und ich kann sie auch nicht verstehen. Ich weiß überhaupt nicht mehr was ich denken soll.