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Meine Eltern arbeiten sich gegenseitig auf

Verfasst: 12. Jan 2012, 08:12
von Timeless
Hallo,
da momentan das Fass am überlaufen ist, wende ich mich nun an ein Forum, in der Hoffnung vielleicht etwas Hilfe zu bekommen bzw. einen guten Rat.
Es geht um meine Eltern.
Meine Mutter leidet seit ca. 6 Jahren an Depressionen, ausgelöst durch einen Autounfall. Aufgestaut hat es sich wohl schon lange in ihr, sie ist eine ziemlich labile Person, sehr sensibel und frisst alles in sich hinein, dazu kam noch die schwierige Situation mit ihren Schwiegereltern (sprich meinen Opa + Oma).
Mittlerweile geht es ihr allerdings wieder so lala, sie muss immer noch Antidepressiva nehmen, aber sie hat ihren Lebensmut wieder.
Das schlimmere Übel ist wohl mein Vater, ich möcht ihn nicht als Sündenbock darstellen, aber es triffts leider.
Er hat eben auch sehr unter seinen Eltern gelitten, beide sind nun schon verstorben, Opa ist seit 3 Jahren nun fast tot.
Seitdem fällt und fällt und fällt er.
Man kann ihm förmlich zusehen. Ihm ist ALLES egal, er sitzt nur noch vorm PC, das Haus verfällt zusehends und dann ist da noch sein Freund Alkohol. Leider trinkt er schon seit ca. 15 Jahren (heimlich).
In den letzten Jahren ist es halt so offensichtlich geworden, dass es uns (Mama, mir und meinem Bruder) sehr aufgefallen ist. Spricht man ihn darauf an, streitet er alles ab und sagt, wir sollen ihn in Ruhe lassen.
Gestern ist die Situation mal wieder eskaliert, abends um 21 Uhr klingelt mein Telefon, daran ist meine Mutter, weinend.
Papa hat zu ihr wohl gesagt, sie könne ausziehen, er hälts nicht mehr aus und ständig wird an ihm rumgemotzt usw.
Genau das was meine hypersensible Mutter also hören soll.
Sie hat ihn wohl wieder auf den Alkohol angesprochen und dann sei er ausgetickt.
Kann man jemanden zwangseinweisen lassen?
So kann das doch nicht weiter gehen...
Wir müssen unserem Papa förmlich zusehen, wie er sich selbst kaputt macht. Der Schlaganfall lässt schon mal grüßen.

Jetzt ist meine Mama natürlich wieder ganz unten und Papa trinkt mal fleißig weiter. Wenn er nicht trinkt, arbeitet er und am Wochenende schläft er, mehr als mein Baby.
Das geht schon seit Jahren so.
Ich hab mich, so gut es geht, von ihm distanziert, auch wenn er früher immer mein Vorbild war, mein bester Freund. Jetzt lügt er nur noch - wie gedruckt.

Was meint ihr zu der Situation?
Bin um jede Antwort dankbar!

Re: Meine Eltern arbeiten sich gegenseitig auf

Verfasst: 12. Jan 2012, 16:37
von rosecottage
Hallo Timeless,

Ich verstehe dein Gefühl der Hilflosigkeit sehr gut.

Hast du dich schon einmal mit dem Thema Co-Abhängigkeit befasst?

Wenn nicht, dann wäre das ein erster wichtiger Schritt zu verstehen, was sich da zwischen deinen Eltern und evtl. auch anderen involvierten Personen abspielt.

Du findest im Internet sehr viel hilfreiches Infomaterial zu diesem Thema.

Nein, so einfach kann man niemanden zwangseinweisen. Dies ist nur im Einzelfall möglich, wenn eine akute Fremd- und Eigengefährdung besteht. Dann kann es zu einer Einweisung in die Psychiatrie kommen, wobei der Aufenthalt meist nur 24 Stunden dauert.

Und was würde das bringen?

Was dein Vater, meiner Ansicht nach, braucht ist eine Entgiftung, eine Entwöhnung und eine langfristige Therapie. Diese Schritte zu gehen setzt eins Voraus: Krankheitseinsicht.
Davon scheint er weit entfernt zu sein.

Und was deine Mutter, meiner Ansicht nach, braucht ist die Einsicht in die Rolle, die sie in diesem System übernimmt (Stichwort Co-Abhängigkeit). Um diese Einsicht zu gewinnen UND um etwas für den Umgang mit der Depression zu tun, wäre eine Therapie notwendig - Medikamente helfen da alleine nicht.

Alles Gute
mosaic

Re: Meine Eltern arbeiten sich gegenseitig auf

Verfasst: 13. Jan 2012, 10:37
von Champloo-fuu
Liebe Timeless,

irgendwie kommt mir das sehr bekannt vor. Bei meinen Eltern ist es so ähnlich.

Mein Mutter hat Depressionen seit ca. 28 Jahren. Früher waren die Abstände noch mehrere Jahre, aber die letzten paar Jahre war es dann schon jährlich.

Meinem Vater gebe ich daran eine gewissen Mitschuld bzw. ist er sicher auch ein Faktor, der dazu beiträgt. Er ist auch seit Jahren Alkoholiker, trinkt heimlich, versteckt seine Flaschen (aber so dämlcih, dass sie meine Mutter schon oft gefunden hat). Auf das Thema angesprochen, reagiert er mit Agrresionen und meint, dass meine Mutter sich um sich selber kümmern soll und nicht um ihn. Es war schon so schlimm mit der Trinkerei, dass meine Mutter ihn vor 2 Jahren sogar aus der Ausnüchterungszelle abholen musste, als die Polizei ihn aufgegriffen hatte.

Meine Mutter sorgt sich natürlich um ihn und will ihm helfen, aber er ist nicht einsichtig und meinte er hat kein Alkoholproblem.
Die Sorge meiner Mutter interpretiert er als Überwachung und blockt meine Mutter absolut ab und verhält sich ihr gegenüber wie das letzte A...loch. Was für eine Frau, die immer wieder unter Depressionen leidet, natürlich fürchterlich ist.

Nun ja im April hat meine Vater seinen Job verloren (wir wissen leider nicht ob da nicht vllt auch Alkohol ein Grund war) und ist total abgestürzt. Hat sich betrunken und es nicht mal mehr vor meiner Mama versteckt sondern ist so richtig blau heimgekommen. Gefragt warum er das macht (obwohl er an dem tag gerade einen termin bei seinem hausarzt hatte, damit er ihn in einen Klinik überweist) meinte meine Vater nur: er weiss es elber nicht. In der Zeit ist er wohl auch in die Kirche gerannt und hat Unmengen an Geld in den Klingelbeutel geschmissen, obwohl er ja gerade arbeitslos war und meine Eltern schauen mussten, dass sie das Geld sinnvoll einteilen.

Mein Vater ist dann kurze Zeit später, von sich aus in eine Klinik gegangen. Allerdings meiner Meinung nach nicht in die richtige Klink, die auf Suchterkrankungen spezialisiert ist, sondern eher für Depressionskranke/ Burn-out. meine Mutter geht sonst meinstens in diese Klinik, wenn es ihr wieder ganz schlecht geht.
Er blieb dort max. 5 Wochen und hat sich selbst entlassen.

Ein paar Tage nach der Entlassung aus der Klinik,sind er und meine Mutter essen gegangen und meine Mutter war kurz auf der Toilette und als sie wieder kam, standen 2 Gläser neuer Wein auf dem Tisch.
Meine Mutter ist verständlicherweise dann ausgetickt und hat meinem Vater die Meinung gegeigt. Er meinte nur darauf, dass die Ärzte ihm gesagt hätten, er hätte kein Alkoholproblem und er können durchaus weiter Alkohol trinken, aber nichts hartes sondern nur was weiches.... ich bezweifle nach wie vor, dass die Ärzte das so gesagt haben und wenn dann nur, weil mein Vater ihnen ein Lügenmärchen erzählt hat warum er trinkt (momentaner Jobverlust etc.)
Für meine Mutter war das der letzte Schubs in eine erneute Depression, in der sie sich nach wie vor befindet.

Mein Vater ist soweit wieder oben auf, weil er einen neuen Job hat, wieder ein tolles neues Auto und um die Welt jetten kann.

Leider kann ich dir keinen wirklichen Rat geben.
Denke bei solchen Suchterkrankungen muss der Betroffene selber soweit sein wirklich etwas tun zu wollen, sonst hat alles keinen Sinn, so bescheuert das auch ist.
Und selbst wenn die Einsicht mal da ist, heisst das nicht dass sie bleibt, siehe mein Vater.

Ich habe meiner Mutter gesagt, dass sie sich von meinem Vater scheiden lassen soll, aufgrund des ganzen Verhaltens über die Jahre und auch weil er sich so total scheisse ihr gegenüber verhält. Aber das will sie nicht, sie liebt ihn trotz allem. Meiner Meinung nach hat sie aber nur Angst, dass sie allein nicht zurecht kommt und nicht mehr das "schöne Leben" (mit viel Reisen, jeder Menge Freitzeit etc.) leben kann, wenn sie ihn nicht mehr hat.

Bin da auch ratlos, was ich machen kann, um meinen Eltern zu helfen. Auf der anderen Seite sind sie erwachsen...aber man sorgt sich halt trotzdem und versucht und macht und tut...

Re: Meine Eltern arbeiten sich gegenseitig auf

Verfasst: 13. Jan 2012, 12:14
von 3193e42
liebe Champloo-fuu,

du schreibst, der alkohol-schub deines vaters hat bei deiner mutter wieder eine depression ausgelöst.

ich will nicht in den krümeln suchen, wenn ich dir auch im hinblick auf andere dinge, wie du sie schreibst, sage, das diese sichtweise nicht richtig ist. es gibt keine schuldfrage, bei einer krankheit.
niemals würde jemand sagen, ja warum haben sie sich denn das bein gebrochen, wissen sie denn nicht, das das schmerzhaft ist?

natürlich gibt es verschiedene auslöser für eine depression, aber die eigentliche depression findet IN deiner mutter statt, und hat die dinge haben mit der seele deiner mutter zu tun, mit unverarbeiteten, unverstandenen und unbewältigten gefühlen und ereignissen.

Könnte sehr gut sein, dass deine vater auch depressiv ist, nach so einer langen Zeit, und von selbst greift man ja nicht zu drogen, die der verdrängung dienen.

es ist natürlich schlimm, wenn er, wie auch bei timeless vater, sein leiden nicht begreifen will.

ich würde ihn damit konfrontieren, wenn es mein vater wäre.

übrigends kann ich deine probleme gut nachfühlen. mein vater trinkt zwar nicht mehr, hat er mal als junger mann gemacht, und meine mutter ist nicht depressiv, aber dysfunktional ist die familie, und die auswirkungen sind teilweise sehr ähnlich. gekeife und anmache wegen absoluter nichtigkeiten, mein vater flüchtet sich in die religion, hat teufels-wahn, versprüht überall weihwasser (denkt es merkt niemand.

auf jeden fall wünsche ich dir viel krft, das alles durch zu stehen, und mut die notwendigen dinge zu tun!

herzliche grüße

henry

Re: Meine Eltern arbeiten sich gegenseitig auf

Verfasst: 13. Jan 2012, 12:55
von Champloo-fuu
Lieber Henry,

ich gebe meinem Vater eine gewisse Mitschuld, aber nicht die ganze Schuld. Das Thema Alkohol haben wir schon zigtausend mal mit ihm beredet. Er sieht das nicht so und er will sich den Alkohol nicht verbieten lassen. Er trinkt ja schon seit über 30 Jahren. Das will er sich nicht nehmen lassen.
Und das macht meiner Mutter einfach immer Sorgen. Er ist viel geschäftlich unterwegs mit dem Auto. Und selbst dann lässt er das Trinken nicht sein. Führerscheinentzug, zig Bussgelder etc schon bekommen. Das wühlt meine Mutter so auf bzw. macht ihr solche Sorgen und Angst, dass sie sich immer mehr hineinsteigert und dann ein Punkt erreicht ist, wo dann aus diesen Sorgen Grübelei wird und die Depression dann wieder einsetzt. Daher ist das Verhalten meines Vaters durchaus ein begünstigender Faktor für die Depressionen meiner Mutter. Das noch zig andere Faktoren dazu kommen, ist klar.
Der Auslöser dieses Mal war aber sicher mitunter auch,dass meine Mutter und auch ich grosse Hoffnung daran gesetzt haben, dass er in der Klinik war und wir dachten,d ass er sich nun endlich eingesteht,dass er was tun muss. Das hat auch meiner Mutter wieder Auftrieb verliehen und ihr Hoffnung für eine schöne, gemeinsame Zukunft gegeben. Als dann mein Vater im Restaurant Alkohol bestellt hatte, war diese Hoffnung einfach ausgelöscht,was für meine Mutter einfach schockierend war.

Re: Meine Eltern arbeiten sich gegenseitig auf

Verfasst: 13. Jan 2012, 13:21
von rosecottage
Hallo Champloo-fuu,

Ich verstehe was du damit meinst, dass dein Vater einen Anteil an der Depression deiner Mutter hat.

Durch sein Verhalten werden immer wieder depressive Gefühle bei deiner Mutter ausgelöst. Aber deine Mutter bleibt bei ihm und setzt sich dem jeden Tag aufs neue aus...

Ich denke, dass es nicht so einfach funktionieren wird, dass die Depression verschwindet und sie mit deinem Vater eine schöne Zukunft hat, wenn er aufhört zu trinken.

Er hat nicht einmal die Einsicht in seine Erkrankung - wie soll er da Hilfe annehmen?
Die besten Kliniken können nicht helfen, wenn der Patient keine Krankheitseinsicht hat.

Eine Depression ist nie ausschließlich durch einen einzigen Faktor zu beseitigen, weil sie höchstwahrscheinlich auch nicht durch einen einzigen Faktor entstanden ist.

Hinzu kommt, dass es im Moment völlig egal ist, wer Schuld hat oder nicht - ich halte es generell für kontraproduktiv nach Schuld zu fragen - denn Fakt ist, dass deine Mutter sich Hilfe holen sollte, um etwas gegen die Depression zu unternehmen.

Und dein Vater sollte sich Hilfe holen, um seine Alkoholsucht zu bekämpfen.

Was deine Eltern zusammenhält, obwohl sie beide darunter leiden, ist das System, dass sie sich so geschaffen haben und das BEIDE so aufrechterhalten - aus welchen Gründen auch immer (einige hast du ja bereits genannt).

Daher auch an dich meine Frage: hast du dich einmal mit Co-Abhängigkeit befasst?

Liebe Grüße
mosaic

Re: Meine Eltern arbeiten sich gegenseitig auf

Verfasst: 13. Jan 2012, 15:14
von 3193e42
hallo ihr lieben!

tut ir leid, dass ich es etwas "krasser" formulieren muss, mosaic hat recht wenn Sie schreibt, dass der vater (leider) der auslöser ist, aber die mutter dennoch bei ihm bleibt.

hier sind beide im spiel. wie ich schon geschrieben habe, "nur" der alkohol des ehemannes führt nicht zu der depression bei deiner mutter. es geht mir nicht darum alkoholismus zu bagatelisieren, sondern es reicht, meiner meinung nach, als grund für die depression der mutter nicht aus, da ist bestimmt noch mehr.

mit konfrontieren, meinte ich konfrontieren. das beinhaltet für mich, alle möglichkeiten, die einem ohne einschlatung von behörden (denn das ist in der phase ja nicht möglich) zur verfügung stehen.

Also ein "ausschluss" aus der familie, trennung, auszug aus der wohnung etc.

man muss sich eben überlegen, was man in so einer situation besser aushalten kann, einen uneinsichtigen familienangehörigen, der die familie zerstört, oder einen familienangehörigen, bei dem man den leidensdruck erhöhen muss, damit das leiden ein ende hat. genau so verhält sich die sache nämlich.
das ist sehr schmerzhaft, und ich bin weit davon entfernt, das für einen spaziergang zu halten. wenn ich hier so "locker" darüber schreiben, dann nur, weil in einer phase der überlegung solcher schritte, emotionen eher schädlich sind, denn sie verdecken die klare sicht auf die dinge. ungezügelte oder unreflektierte emotionen führen dann sehr schnell zu aussagen wie, "das können wir doch nicht machen!", "das wird er nie tun!" etc.

mosaic, sagt es auch noch einmal völlig richtig, schuldfrage und krankheiten, diese zwei dinge pasen einfach nicht zusammen. das bindet nur energie, die man für die genesung dringend benötigt!

die co-abhängigkeit ist sehr groß bei den beiden, auch hier kann ich mosaic nur beipflichten.

herzliche grüße

henry

Re: Meine Eltern arbeiten sich gegenseitig auf

Verfasst: 16. Jan 2012, 13:24
von Timeless
Hallo,
das hört sich ja wirklich sehr ähnlich an! Meine Mutter hat die selben "Gründe" bei meinem Vater zu bleiben. O-Ton: "dann muss ich Vollzeit arbeiten gehen!!"
Ich dachte echt, ich höre nicht richtig.

Sie schluckt jeden Tag ihre Antidepressiva inkl. divers homöopathischer "Beruhigungsmittelchen", ich bekomme immer das selbe "Leiden" zu hören und dann wieder "sie kann nicht mehr".

Auf meine Ratschläge, sich Hilfe zu suchen kommt die Antwort "was soll ich denn noch alles machen??"
Sie hofft jeden Tag auf das 8. Weltwunder. Klingt dämlich, ist aber so!
Sobald mein Vater auch nur einen einzigen Abend wieder etwas "normaler" war/ist, hat sie einen riesigen Hoffnungsschimmer dass alles anders wird, der ihr aber sehr schnell wieder zerplatzt.

Ich bin mittlerweile so weit, dass ich kurz zuvor bin, mir meinen Vater mal zur Brust zu nehmen. Aber dann denke ich mir wieder, dann weis er, dass meine Mutter sich bei mir ausgeheult hat, denn mir gegebenüber verhält er sich "weitestgehend" normal.

Ach was wäre das Leben nur ohne Probleme...

Re: Meine Eltern arbeiten sich gegenseitig auf

Verfasst: 16. Jan 2012, 13:53
von 3193e42
liebe timeless,

ein ehem. geschäftspartner von mir, hat auf solche äußerungen immer mit dem spruch geantwortet, "sind wir doch mal ehrlich, nur so machts doch spaß!"

du machst mit deiner sorge, deinen vater anzugehen, und damit deine mutter zu offenbaren, eine problematik offensichtlich, die ich seit 50 jahren kenne. meine eltern habe ihr ganzes leben über, veränderungen als unmöglich begründet, indem sie solche dinge nach vorne geschoben haben!

meine eltern gehören zum jahrgang der mitte 30er geborenen, das scheinen viele leute min. aus diesem jahrzehnt zu haben.

"das kann ich doch nicht machen, weil ..." ist wohl eine der am meisten benutzten äußerungen, die ich kenne. direkt nach, "sei bloß ruhig, und erzähl da bloß nichts", und "das werden die auch noch erleben, wie schlecht es einem gehen kann!", sowie "wir müssen ja auch sehen wie wir klarkommen, uns hilft ja auch keiner!".

ich finde, es macht keinen sinn, das kleiner übel nach vorne zu schieben (die mutter zu outen, das sie mit dir über vaters krankheit gesprochen hat, was ja an sich auch schon ein widerspruch ist, weil das ja heißt, sie darf mit ihrer tochter nicht über ihren mann sprechen?! ich kenne das nur zu gut!), um zu begründen, das man sich um das größere übel (vaters alkoholismus) nicht kümmern kann.

hier eine ganz wichtige botschaft für dich, in dieser familie, die sehr ähnlich meiner dysfunktionalen familie ist, kannst du keine veränderung herbeiführen, die ggf nicht zu größten schwierigkeiten führen KANN. zwischen deinen eltern wird alles "gedeckelt" buchstäblich ALLES, wie die äußerungen deiner mutter überdeutlich zeigen. von außen (auch wenn du das anstößt) geht das gar nicht, wenn die beiden das nicht wollen.

du sagtest schon, das dein vater strickt seinen alkoholismuss verleugnet, seit jahrzehnten. wie soll man das ohne verwerfungen lösen?

ich kann deine frage absolut verstehen, und ich würde dir auch gerne etwas anderes sagen, aber dann müßte ich dich belügen, und das macht keinen sinn.

wenn es so schlimm ist, wie du oben beschreibst, werdet ihr euch entscheiden müssen, was ihr erreichen wollt, oder es wird bis zum Ableben eines Elternteils ALLES so bleiben, wie es jetzt ist!

Darauf gebe ich dir eine garantie, soweit man das kann. ich lebe selbst in einer solchen familie.

Herzliche Grüße und viel Kraft und Mut, für die richtige Entscheidung, wie immer sie auch ausfallen mag!

henry

Re: Meine Eltern arbeiten sich gegenseitig auf

Verfasst: 16. Jan 2012, 14:15
von rosecottage
Hallo Timeless,

Was soll es bringe dir deinen Vater "zur Brust zu nehmen"?

Deine Eltern leben in einem absolut ungesunden System miteinander, aus dem sie BEIDE nicht ausbrechen (wollen / können).

Sie brauchen beide Hilfe - keiner von beiden holt sich Hilfe. Da kann man von außen gar nichts machen.

Ich wiederhole mal meine Frage von meiner ersten Antwort an dich:

Hast du dich mit dem Thema Co-Abhängigkeit beschäftig?

mosaic

Re: Meine Eltern arbeiten sich gegenseitig auf

Verfasst: 16. Jan 2012, 17:09
von Clown
Hallo Timeless,

ich habe jetzt keinen Hinweis gefunden, ob du schon erwachsen bist, ich vermute dass ja, oder?

Deine Eltern arbeiten sich gegenseitig auf ... und du stehst dazwischen und wirst aufgerieben - stimmt dieses Bild?

Weg von dem Platz zwischen den zwei Mühlsteinen, du kannst nur verlieren. Deine Eltern verlieren auch und du kannst es nicht ändern - oder kannst du zaubern, bist du allmächtig?

Erkenne und akzeptiere deine Machtlosigkeit, Timeless!

Wenn du das geschafft hast, dann weißt du, was du als nächstes tun wirst: Du wirst dich abgrenzen, dich schützen und all deine Energien für dein eigenes Leben einsetzen. Das kommt dann ganz automatisch.

Aber vorher musst du es schaffen, dir deine Machtlosigkeit was das Leben deiner Eltern angeht, klar zu machen, wirklich bis in die kleinste Zehenspitze musst du es sehen, fühlen, wissen, dass du deine Eltern nicht ändern kannst und somit ihr Tun und Lassen auch nicht.

Vermutlich tut dir diese Erkenntnis sehr weh - dann trauere, weine, tobe, suche Trost bei Freunden .... aber halte dich von deinen Eltern fern.

Alles Gute!

Clown

PS: Ich kann mir vorstellen, dass ein Forum speziell für Angehörige von Alkoholikern dir auch viel Unterstützung geben könnte.

Re: Meine Eltern arbeiten sich gegenseitig auf

Verfasst: 18. Jan 2012, 10:53
von Champloo-fuu
Habe gerade zu Hause bei meinen Eltern angerufen...die Situation ist in den letzten Tagen eskaliert. Meine Mutter und mein Vater haben miteinander geredet und sich wieder gegenseitig provoziert, sodass meine Mutter sogar handgreiflich geworden ist. Mein Vater hat ihr gesagt, dass er die Trennung will. Dass es nicht mehr geht.

Dass es meiner Mutter jetzt wieder total schlecht geht, ist klar. Derzeit ist meine Tante noch bei meiner Mutter, sozusagen als Begleitschutz, aber sie muss auch bald wieder nach Hause. Aber meine Mum kann nicht allein zu Hause bleiben vor allem wenn das mit meinem Vater jetzt so eskaliert ist. Auf einen Klinikplatz warten wir jetzt schon seit Oktober.

Ich weiss grade nicht mehr weiter...wenn mein Vater ihr das mit der Scheidung gesagt hat, dann ist für sie das Ende der Welt da.

Keine Ahnung wie das weitergehen soll, vor allem hat mein Vater ihr gegenüber schon früher erwähnt (als sie ihm gesagt hat dass sie beim Anwalt war zwecks Scheidung, um ihn wachzurütteln wg seiner Alkoholsucht), dass sie keinen Cent bekommen wird sollte es soweit kommen. Da meine Mutter nicht richtig berufstätigt war die letzten 28 Jahre(immer wieder 400 Euro Jobs, die sie beendet hat wg ihrer Depressionsphasen), hat sie kein eigenes Einkommen.

Bin grade auch am heulen...einerseits ist eine Trennung das einzig Richtige in meinen Augen, auf der anderen Seite weiss ich nicht ob meine Mutter das allein schafft und wie das alles werden soll.

Bin froh, dass ich morgen einen Termin bei einer Psychotherapeutin habe.