Absolut angekratztes Selbstbild - wie weiter?!??

Zarra
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Absolut angekratztes Selbstbild - wie weiter?!??

Beitrag von Zarra »

Hallo miteinander,

ich weiß gerade gar nicht, wie ich - konstruktiv!! - mit folgender Situation umgehen soll:

Ich habe vor einigen Wochen (gewollt! ... und endlich!!) mein Arbeitsgebiet, das ich über zehn Jahre betreut habe, an eine junge Kollegin abgetreten. Heute sah ich nun, daß sie innerhalb weniger Wochen ein riesiges Regal abgearbeitet hat, das mir immer im Magen lag. Okay, es gibt inzwischen ein paar vereinfachende Regelungen, und okay, sie wird nicht nach rechts und nicht nach links geschaut und dabei andere Datenbankfehler bereinigt haben, ABER ... ABER sie hat das zugegebenermaßen in einem GUTEN Verhältnis von SCHNELLIGKEIT und halbwegs Genauigkeit gut erledigt bekommen! Ich weiß nicht, wie ich damit umgehen soll. Ich hätte es nicht hinbekommen. Und es scheint mir schon NICHT NUR ein KLEINER Unterschied zu sein.

Ich bin eher (sehr) genau und zumindest nicht superschnell, aber bisher hätte ich mich als mittelmäßig schnell eingeschätzt. - Ihre Eigenschaften sind auf alle Fälle AKTUELL SEHR VIEL GEFRAGTER als meine.

Ich glaube, ich würde aus BESCHÄMUNG am liebsten WEGRENNEN, kündigen, ... - Ich habe keine Ahnung, wie ich je eine Besprechung darüber hinter mich bringen kann. Und wenn nichts besprochen wird, so wird sicher hinter meinem Rücken GEREDET!

Zudem habe arbeite ich seit 1991 in diesem Betrieb, habe nie ein Zwischenzeugnis erhalten, und habe erst 2010 wegen eines Zwischenfalls und weil eine neue Zwischenhierarchie eingeführt wurde, eines angefordert, von dem ich bis heute nur den Entwurf für die Tätigkeitenbeschreibung erhalten habe. - Nun kann das natürlich nur schlecht ausfallen. - ... und mich nur mehr oder weniger auf "Mitleidsbasis" da weiterbeschäftigt zu sehen, damit kann ich gar nicht umgehen, auch wenn das sicher immer noch besser als Sozialhilfe ist.

Es paßt aber eben nicht zu meinem Selbstbild - ja, letztendlich hatte ich mich für gut gehalten. Wie revidiert man das?! ... War ich schon immer so schlecht? Waren nur meine Schul-, Studiums- und Ausbildungsnoten gut bis sehr gut und mein Arbeiten immer schon schlecht? (Das Zeugnis für die ersten zwei Jahre des Arbeitens war okay, gut.)

... soll und muß ich mich jetzt auf die Behinderung und die halbe Rente "zurückziehen"?!? Ich hatte bisher geglaubt, daß nur meine Krankheitsfehlzeiten ein Problem seien, daß ich aber gut arbeiten würde, wenn ich da sei. Und was mache ich nun?!?

... es "zerbröselt" auch alles so. - Familie ist da keine, privat wenig, eng schon gar nicht. Die Arbeit war/ist mein Lebensunterhalt ...

Heulen bringt nichts, aber mir isses gerade nur danach.

Aber wie geht man KONSTRUKTIV mit der Situation um?!?

... Danke im voraus für Eure Gedanken oder Anregungen.

Zarra
anna54
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Re: Absolut angekratztes Selbstbild - wie weiter?!??

Beitrag von anna54 »

Liebe Zarra
ich kann dir leider nichts genaues zu deiner Situation sagen,aber eines sicher,du machst dich in dem,wie du schreibst sehr klein,voller Zweifel,stellst auch alles geleistete in Frage.
Das ist nicht gut--- sicher auch nicht wahrhaftig.
Ich habe nach vielen Kämpfen meine Berufstätigkeit letztlich verloren,aber ich habe sehr viel gewonnen,ein Leben angemessen meiner Belastbarkeit.
Ich habe trotz der schweren Phasen der Krankheit weitergearbeitet,durfte mir auch mal sagen lassen,ich leiste nur noch die Hälfte--- das tat sehr weh.
Rückblickend kann ich mich nur wundern,dass ich nicht gelobt wurde,überhaupt noch gearbeitet zu haben.Die Krankheit ist so vielschichtig,so wenig vergleichbar mit anderen Einschränkungen,das man sich selbst klein macht und fühlt ist auch ein typisches Verhalten und ist ein Symptom der Erkrankung.

Bitte mach dich nicht klein,erwarte Anerkennung und Respekt,neue Besen kehren gut,warte ab,wie sich die junge Kollegin bewährt.
Ich wünsche dir von Herzen,ein gutes Gefühl für dich selbst.
anna54
LaraMaria
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Re: Absolut angekratztes Selbstbild - wie weiter?!??

Beitrag von LaraMaria »

Liebe Zarra,

ein völlig zerstörtes Selbstwertgefühl liegt bei mir auch vor.
Bei mir war es noch nie besonders groß, aber bevor "das alles" geschah, war ich doch schon einigermaßen von mir und meiner Leistung überzeugt.
Dann kam der jahrelange Konflikt mit der Kollegin, die gescheiterte Mediation, die schlimmen Streitereien mit dem Chef, die 15 Monate Krankschreibung und nun ist nichts mehr übrig von mir von früher.
In der Reha haben sie mir gesagt, ich muss dahin zurück, wo mein Selbstwert frustriert wurde - an den Arbeitsplatz. Dann würde der Selbstwert sich schon wieder erholen.

Mir wurde zur Rückkehr ein neuer Arbeitsplatz angeboten, sehr anspruchsvoll, mit lauter Kollegen, die auf einem hohen Level arbeiten, fast alles Juristen. Meine Chefin sah mich dort gut geeignet, weil ich "nicht nur die juristische Seite abdecke, sondern auch die praktischen Erfahren habe" (ich hab nicht einmal Abitur, naja...)
Nein, ich halte gar nichts mehr von mir. Ich denke, ich bin die Dümmste, die da rumsitzt.
Mein Selbstwert ist massiv zerstört.

All dies habe ich am Montag meiner Psychiaterin erzählt.
Sie hat mir dringend empfohlen, von der VT zur Tiefenpsychologie zu wechseln, da ich nicht "normal" auf die Geschehnisse reagiere. Sie meint, ja, ich hätte eine Grund gehabt, krank zu werden, so ein Konflikt sei schlimm, aber ich sei nun aus der Situation raus und ich reagiere insgesamt nicht angemessen, sagt sie. Stimmt ja auch.
In der Reha haben sie mir "Anpassungsstörungen" diagnostiziert.

Meine Psychiaterin meint, durch die ganze Sch... ist irgendwas angesprochen worden, wonach der Tiefenpsychologe dringend suchen sollte. Da kommt irgendwas immer wieder hoch. ???

Nun suche ich mir also einen Tiefenpsychologen.

Ich finde, du hörst dich ähnlich an wie ich.
Welche Therapie machst du?

Liebe Grüße
LaraMaria
pero
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Re: Absolut angekratztes Selbstbild - wie weiter?!??

Beitrag von pero »

Hallo Zarra,
so, nur weil eine neue Kollegin das Regal aufgeräumt hat bist Du nix wert?
Ich kann das durchaus verstehen, aber das ist doch nun wirklich Unsinn.
Ein Mensch ist etwas wert weil er/sie eine Persönlichkeit hat und nicht weil er eine (mehr oder weniger sinnvolle) Arbeit besonders gut und schnell erledigt.
Ich selbst habe mich bisher auch stark durch meine Arbeit definiert, daher kann ich Deine Gedanken auch durchaus nachvollziehen, aber eigentlich geht man doch meist nur arbeiten um damit das Geld zu verdienen, um seine Unkosten zu decken.
Also ist Arbeit nur ein Mittel zum Zweck und damit für mich kein Massstab.
(Okay, ich gebe zu das ich daran arbeite, es aber auch durchaus schwer ist das wirklich zu verinnerlichen.)

Ich kann auch verstehen das man sich auf der Arbeit manchmal minderwertig fühlt weil die anderen alles viel besser können. Denkt man. Aber ist es den wichtig das man der beste Arbeiter ist? Nicht wirklich. Wenn man ausfällt geht das Leben auch weiter, und man wird auf der Arbeit einfach ersetzt. Und das war es dann. Einfach ausgetauscht wie ein Zahnrad in einer Uhr...
Das ist verständlich und auch okay, zeigt für mich aber das es wenig Sinn macht sein Selbstbild darauf aufzubauen.
Was wenn die Firma insolvent und man selbst entlassen wird? Ist man dann auch nichts mehr wert?
Das ist für mich die Gefahr dabei. Daher arbeite ich daran mich selbst zu schätzen weil ich ein freundlicher, hilfsbereiter und geschätzter Mensch bin. Weil sich Menschen freuen wenn sie mich sehen und ich mich mit ihnen unterhalte, ihnen helfe, für sie da bin.
Das birgt natürlich auch gefahren, ist für mich aber sinnvoller und gesünder.

So die junge Kollegin ist schneller als Du. Oder hatte sie vielleicht einfach mehr Freiraum dafür? Vielleicht ist sie auch belastbarer, aber hat sie so viele Freunde wie Du?
Kann sie so gut kochen/malen/schreiben/zuhören/joggen.... wie Du?
Ich kenne Deine näheren Umstände nicht, aber ich glaube es ist besser wenn man den ganzen Menschen sieht und dabei auch zulässt und akzeptiert das kein Mensch perfekt ist, das Menschen schwächen haben, das sie auch alle Fehler machen. Und das sie dennoch liebenswert und wichtig sind.
Für mich ist Menschlichkeit die Fähigkeit die Menschen so zu nehmen wie sie sind und sie dabei nicht beurteilen.
Und wer soll Dich lieben wenn Du es selbst nicht tust?
Daher ist meine Empfehlung: Akzeptiere Dich so wie Du bist, erlaube Dir Deine Schwächen.

lg
pero

ps:
Ich halte nichts von tiefenpsychologischen Therapien, für mich ist es der bessere Weg sich zunächst so zu akzeptieren wie man ist und dann über eine Verhaltenstherapie seine Stärken auszubauen.
Was die Raupe Ende der Welt nennt, nennt der Rest der Welt Schmetterling.
elas
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Re: Absolut angekratztes Selbstbild - wie weiter?!??

Beitrag von elas »

Liebe Zarra,

da haben wir Beide ja fast zeitgleich einen Thread zum ähnlichen Thema aufgemacht.

Da ich selber so in den Seilen hänge, kann ich vielleicht gar nicht soviel trösten und sagen im Moment.

Natürlich ist es die Depression, die einen selber vor dem inneren Auge wieder in einem ganz schlechten Licht dastehen lässt.

Vergleiche mit jüngeren und toughen KollegInnen kenne ich auch von mir.

Als meine Leistungsfähigkeit als Hauptschullehrerin, so in Deinem Alter nach 25 Jahren Dienstzeit zu bröckeln anfing, war ich ganz besonders empfänglich für Vergleiche.

Hab das auch nicht ganz so dolle gebacken gekriegt.
Vielleicht eh erst im Nachhinein.

Wer wäre nicht gerne perfekt, ewig belastbar etc. etc. Meine VorschreiberInnen sagen es ja schon gut und richtig.

Aber der Mensch ist ja keine Maschine sondern eben ein Mensch. Jede Maschine wird gewartet und gepflegt, bei den Menschen an den Arbeitsplätzen wird diese Fürsorge durch die Arbeitgeber oft ausgelassen.
Iss meine Meinung.

Jetzt brauchst Du ebend Pflege und Selbstfürsorge etc. etc.

Und_____diese junge und toughe und belastbare Kollegin wird auch einmal 20 oder 30 oder 40 Jahre älter. Hey, da geschieht noch viel in der Berufsbiographie und auch in der persönlichen Biographie.

Das sage ich jetzt nicht mit Häme oder bösartig. Es ist so.
Deren Leben ist auch noch nicht zu Ende.

Also, es war mir jetzt ein Anliegen Dir zu schreiben.
An dieser Stelle sag ich auch mal Danke für unseren Kontakt , persönlich, also via Angesicht, per Telefon, >Mails< unserem Stammtisch etc. etc.

Herzlich für heute
elas
________________________________

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Zarra
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Re: Absolut angekratztes Selbstbild - wie weiter?!??

Beitrag von Zarra »

Hallo miteinander,

erst einmal EUCH ALLEN (Anna54, LaraMaria, pero, elas) lieben Dank für Eure tröstenden Worte!!!

Ich weiß einfach echt nicht, wie ich unter diesen Umständen den KollegInnen inkl. Vorgesetzten INS GESICHT SEHEN soll, wie ich mit KollegInnen auch in der Kaffeepause noch normal umgehen soll. Mir ist nur nach "Vergraben" (heute habe ich es wohl mit dem innerlichen "Totstellreflex" bei physischer Anwesenheit irgendwie überstanden). --

Es geht in diesem Fall ja gerade nicht darum, wie ich (!) mich einschätze oder sehe oder vor allem was ich befürchte (!) -- dieses abgearbeitete Regal ist SCHLICHT FAKT!

Und bei der Arbeit geht es in erster Linie um meine Arbeitskraft und nicht darum, ob eine Kollegin auch gerne mit mir Kaffee trinken würde. (Abgesehen davon, daß ich da jetzt dann auch eine Minusrechnung aufmachen würde, pero - aber das wäre eindeutig im depressiven Gedankensog, und da kann ich mich zumindest im Vollzug bremsen.)

Gegen die anderen Anfeindungen in mir habe ich die vielen letzten Jahre immer wieder, und zunehmend mit Erfolg (!), "angekämpft" (kämpfen ist das falsche Wort, aber mir fällt gerade nichts Besseres ein). Und vielleicht ist das auch das Schlimme: Ich dachte, das seien nur meine Befürchtungen und mein Kopfkino. Und nun muß ich feststellen: Es war anscheinend REALITÄT!! Boah - hart, härter, am härtesten!! Dann habe ich mir sozusagen die ganze Zeit etwas einfach Falsches eingeredet. Und ich sagte mir immer: Dann soll es mir einer beweisen, daß es schneller geht ... (und ich glaubte nicht, daß dies wirklich möglich sei). Und siehe da: Es ist eindeutig möglich!

Und das, nachdem sich diese neue Phase (nur 50% Arbeiten, halbe auf zwei Jahre befristete Erwerbsminderungsrente, im Prinzip neue Tätigkeit/Zuständigkeit) erst mal zwar nicht völlig unproblematisch, aber doch "gut eingetütet" angelassen hatte ... Und irgendwie hatte der letzte Klinikaufenthalt wohl in mir bewirkt, daß ich trotz der in diesem Jahr massivsten Fehlzeiten und des halben Rentenantrags den KollegInnen ins Gesicht schauen konnte, ohne mir unwert o.ä. vorzukommen. Doch da war ich noch davon ausgegangen, daß meine Arbeit an sich okay sei.

Ja, die "Frage", welchen Raum die Arbeit in meinem Leben eingenommen hat (und trotz weniger Stunden schon wieder zu nehmen droht) stand/steht schon im Raum ... - und dabei ist es noch nicht einmal mein Traumjob (vielleicht hätte es den auch gar nicht gegeben, so wie ich gestrickt bin, keine Ahnung), sondern höchstens ein guter Kompromiß. Trotzdem ist diese DEQUALIFIZIERUNG noch einmal etwas anderes. Am liebsten würde ich (ich weiß, das ist jetzt eine kindlich-spontane Reaktion) etwas machen, und sei es etwas ganz anderes, wo es auf diese Art von Schnelligkeit nicht ankommt (oder wo ich sie leisten kann). Wo passe ich hin?!? Doch dazu kann ich mich selbst und meine Leistungsfähigkeit wohl zu schlecht einschätzen.

Und ja, da ist auch angekratzter "Stolz": Eine Arbeitsstelle zu haben und Geld dafür zu bekommen, obwohl man diese heute dann ja wahrscheinlichST nicht mehr bekommen würde, wenn man sich dafür bewerben würde, stärkt auch nicht gerade das Selbstbewußtsein.

Mein Wert als Mensch ...: Ja, ich glaube, daran muß ich noch arbeiten.
Sich selbst zu akzeptieren ist ja gar nicht so einfach, wenn man es nicht selbstvertändlich kann ... (!!!)

Ich mache bei einem Verhaltenstherapeuten Therapie - vom Ablauf her ist das aber sicher nicht super-klassisch (also nix mit Tabellen und Formularen, was nur in seltenen Fällen was für mich ist), auch wenn das sonst sicher am ehesten unter "Verhaltenstherapie" paßt. Beschreiben kann ich das wenig, ich merke nur, daß es peu à peu etwas in mir verändert. Am ehesten würde ich sagen, daß wir an meinen inneren Einstellungen arbeiten (*); ob der Therapeut das so unterschreiben würde, weiß ich nicht. Ich hatte bei ihm 2004/06 schon einmal Stunden, und es war die erste (!) ambulante Therapie (nach mehreren), von der ich sagen kann, daß sie tatsächlich etwas in mir verändert hat und nicht nur ggf. "nett" war oder aber eher nichtsbringend und schlechter. In der letzten Zeit war es mir halt ein wenig wenig (mehrfach Urlaub u.ä.; und ich habe eh nur alle zwei Wochen einen Termin), da ist nichts mit "Dranbleiben".
In der Klinik war es aus meiner Sicht "bunt gemischt", offiziell sicher eher tiefenpsychologisch, auch wenn es viele verhaltenstherapeutische Elemente gab; das Konzept war auch eher auf Persönlichkeitsstörungen ausgerichtet. Ich denke schon, daß es bei mir auch um "tiefe Einstellungen, Gefühle, Gedanken" geht; wie ggf. bei Dir, LaraMaria. Nur in die Vergangenheit zu schauen, hat mir nicht geholfen (außer man hat da gar kein Bewußtsein dafür, dann ist das sicher notwendig), aber zu schauen, wo ich im Heute auf eine Situation reagiere, als sei alles "wie früher" oder wie ich es mir eben vorstelle (das trifft's bei mir eher) ... und dabei sind die Gegebenheiten anders, dabei habe ich andere Gegenüber, dabei kann ich anders reagieren, habe andere Möglichkeiten inzwischen.

- Nicht vollständig, aber ich bin jetzt platt. -

Liebe Grüße, Zarra

(*) Nur als Beispiel, nicht ganz im Kontext: Auch so Sachen wie, daß es mir gut gehen DARF, mir für mich negative Vergleiche abgewöhnen (vor allem wenn man sie wahllos herbeizieht und man genausogut wegschauen könnte, also das Gegenteil dieses sich aufdrängenden leeren Regals, das auch meine Vorgesetzten zur Kenntnis nehmen werden), mich selbst loben, zu schauen, was mir gut tut (auch hinsichtlich dessen, wie ich etwas sehe).
pero
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Re: Absolut angekratztes Selbstbild - wie weiter?!??

Beitrag von pero »

>Es geht in diesem Fall ja gerade nicht darum, wie ich (!) mich einschätze oder sehe oder vor allem was ich befürchte (!) -- dieses abgearbeitete Regal ist SCHLICHT FAKT!

>Und bei der Arbeit geht es in erster Linie um meine Arbeitskraft und nicht darum, ob eine Kollegin auch gerne mit mir Kaffee trinken würde. (Abgesehen davon, daß ich da jetzt dann auch eine Minusrechnung aufmachen würde, pero - aber das wäre eindeutig im depressiven Gedankensog, und da kann ich mich zumindest im Vollzug bremsen.)


Hallo Zarra,
also doch so einfach. Weil Du das Regal nicht aufgeräumt hast bist Du nichts wert. Okay, das ist ein Standpunkt, aber einer den ich so nicht teilen will.

Lass mich meine Geschichte kurz anreißen.
Ich arbeite seit 6 1/2 Jahres bei einer EDV Firma die von 4 auf 24 Angestellte gewachsen ist. Ich war Nr. 4.
Im Herbst 2010 hat sich bei mir das Gefühl eingestellt das ich total überfordert bin, das ich meine Arbeit nicht mehr schaffen kann weil es einfach zuviel geworden ist.
Ich habe dagegen gekämpft und bin im März zusammengebrochen, seit dem AU.
Zu dem Zeitpunkt hat mich mein AG angesprochen das es so nicht weitergeht. Er ist mit meiner Leistung nicht mehr zufrieden, er kennt mich aber anders, sonst hätte das schon Konsequenzen gehabt. Mit dieser Leistung hätte ich den Arbeitsplatz nicht bekommen.

JETZT habe ich erkannt das ich nicht zuviel Arbeit bekommen hatte, das Problem war das ich nur noch 50 % leisten konnte. Gefordert waren aber 100 % und das habe ich auch versucht zu erreichen. Dazu musste ich mich überfordern und daher war der Zusammenbruch absehbar. Kein Mensch kann sich auf Dauer so überfordern.

Der Grund das sich meine Leistungen so verringert hatten lag in einer Stress-Abwärts Spirale. Da ich mit meinen Leistungen nicht zufrieden war habe ich mich unter Stress gesetzt. Durch den Stress habe ich nicht genügend Ruhezeiten eingehalten und dadurch haben sich meine Leistungen weiter verringert. Das hat wiederum den Stress erhöht. Das ging so lange bis mein Körper und meine Seele keine Energie mehr hatten. Und dann ging nichts mehr.

Und ich was Du beschreibst erinnert mich an mich selbst.
Auch ich habe einige "Regale" abarbeiten wollen, es aber nicht geschafft. Objektiv wäre es möglich gewesen, ich war aber so in meiner Stress-Spirale verfangen das ICH es nicht mehr konnte. Und der Grund der Stress-Spirale war eben genau der Ansatz: Ich bin nur wichtig wenn ich erfolgreich arbeite.

Mein aktueller Ansatz: "Ich bin wichtig weil ich ein guter Mensch bin" hätte mich vor der Spirale bewahrt und dadurch hätte ich die "Regale" abarbeiten können.
Objektiv gesehen habe ich dazu die Fähigkeiten und kann es in der gegebenen Zeit auch schaffen, aber nicht wenn ich nur noch 50 % Leistung bringen kann.

Und ganz ähnlich ist es mit den sozialen Kontakte.
Auch dafür war nur noch wenig Energie verfügbar und daher gibt es da einen Zusammenhang zwischen dem Selbstbild, der Arbeit und den sozialen Kontakten.

Ich will damit nicht sagen das es bei das gleiche ist, das kann ich nicht beurteilen. Aber ich kann sagen das die Arbeitsleistung als Quelle für das Selbstbild und das Selbstbewusstsein ein sehr fragwürdiger und, in meinen Augen, sehr gefährlicher Standpunkt ist.

Aber ich kann auch sagen das man das verändern kann.

lg
pero
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99x4BE
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Re: Absolut angekratztes Selbstbild - wie weiter?!??

Beitrag von 99x4BE »

Liebe Zarra,

sei barmherzig mit Dir. Sei Dir selbst eine gute Freundin. Was würdest Du Deiner Freundin sagen, wenn sie so denken würde wie Du? Sich selbst anklagen würde.

So wie ich es raushöre, bist Du eine sehr gewissenhafte Mitarbeiterin. Hut ab! Solche werden immer gebraucht. Athme durch, geniess und gestalte dein Leben -und die Arbeit darf auch dabei sein-.

Klagt dich denn Jemand an, du wärst zu langsam??

Schön, dass Du hier schreibst! Viel Glück!!
Alfredo

PS: Die Schätze liegen im Verborgenen
Zarra
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Re: Absolut angekratztes Selbstbild - wie weiter?!??

Beitrag von Zarra »

Hallo pero,

ja, vieles, was Du beschreibst, klingt ähnlich wie bei mir - oder besser: Ich sehe viele Parallelen. Es hat sich bei mir nur über einen viel längeren Zeitraum (viele Jahre) hochgesteigert oder hingezogen und ich bin nicht absolut zusammengebrochen (dafür bin ich aber aus der Erschöpfung immer noch nicht draußen). (Das kann aber auch mit an dem anderen Arbeitsbereich liegen.)

Ich hatte übrigens auch das Gefühl, gut zu arbeiten, - und dann halt dafür danach fertig zu sein, keine Kraft mehr für anderes zu haben. Umso schlimmer, wenn nicht einmal das der Fall war. ... vielleicht schon auch das Gefühl, daß ich mir dann diese jahrelange Superanstrengung hätte sparen können?!?

Und Du hast natürlich recht mit Deiner Aussage, daß man seinen "Wert" nicht von seiner Arbeitsleistung abhängig machen sollte und daß Arbeit nicht alles ist. (Ersetzbar ist man eh, da mache ich mir schon lange keine Illusionen mehr.) ... dennoch ist sie meist die Lebensgrundlage. Und man will ja, ich will ja einen akzeptablen Gegenwert liefern - ja, ich will das.

Mir geht es momentan sowohl um ein realistisches Selbstbild als auch und wohl vor allem darum, das dann akzeptieren, annehmen zu können. Ich hätte bis zum Mittwoch eben (erarbeitet) "selbstbewußt" behauptet, daß ich gut arbeite. Tja, erstens Falschbehauptung, wie sich nun herausstellt. Und ferner kann ich nicht behaupten, daß ich erstens diese Kränkung (!) schon verarbeitet und zweitens schon ein neues realistisches Bild von mir habe, da sträubt sich - neben der riesigen Scham - auch noch etwas in mir.

Und wenn mir das gegenüber einem Freund oder einem Bekannten passiert wäre, hätte ich das Bedürfnis von "Wiedergutmachung". Denn wenn ich (nur) schlecht arbeite(n kann), braucht er nicht darunter zu leiden.

Ich weiß nicht, wie es bei Dir ist, pero, aber ich sehe bei mir noch nicht, daß ich je wieder besser arbeite. Ich fühle mich eher immer noch erschöpft und "unlebendig". Und vor allem weiß ich auch nicht, wie ich es sozusagen geschafft habe, so langsam zu sein; ich habe statt dessen ja nichts anderes gemacht. Und schlimm finde ich auch, daß ich es nicht gemerkt habe. Und noch schlimmer: Vielleicht habe ich mir sogar mit antidepressiven Strategien etwas vorgemacht! (Also müßte vor jeder antidepressiven Strategie eigentlich eine echte Realitätsüberprüfung kommen!!)

Danke für die Unterstützung.

Liebe Grüße, Zarra
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Re: Absolut angekratztes Selbstbild - wie weiter?!??

Beitrag von Zarra »

Liebe LaraMaria,

noch ein Nachtrag an Dich: Wenn ich mich recht an das Querlesen von einigen Beiträgen von Dir erinnere, hat Dir nie jemand schlechtes oder langsames Arbeiten vorgeworfen. Oder? Vielleicht gibt es sogar ein paar anderslautende Aussagen. Und "DIE DümmSTE, die da rumsitzt" und "ich halte GAR NICHTS mehr von mir" sind wirklich so "wunderschön" unkonkrete (!) und generalisierende (!) depressionstypische und depressionsfördernde Aussagen. - Hingegen hattest Du in einem anderen Thread wohl mal geschrieben, daß Du die in Deiner Abwesenheit sich geändert habenden Bestimmungen noch nicht intus hättest - das ist konkret, ggf. real, und falls das noch relevant sein sollte, gibt es da auch einen konkreten Ansatzpunkt, um Abhilfe zu schaffen.

Mir hat man meine Langsamkeit in einer allerdings unsäglichen Situation schon einmal vorgeworfen - ich habe mich dann in erste Linie gegen das Unsägliche der Situation gewehrt. Im nachhinein muß ich mich fragen, wie derjenige zu der Aussage kam, da ja angeblich bei uns keine Leistungskontrolle durchgeführt wird. Beim durchaus Nachdenken über meine Leistung war ich damals zu dem Ergebnis gekommen, daß eigentlich weder der, der mir zu langsames (und womöglich schlechtes) Arbeiten vorwarf, noch derjenige, der mir gutes Arbeiten bescheinigen würde, Beweise in der Hand hätte. -- Mir war anscheinend nicht bewußt gewesen, daß meine Krankheit so durchschlägt - und womöglich für alle anderen supersichtbar ist.

Zarra
pero
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Re: Absolut angekratztes Selbstbild - wie weiter?!??

Beitrag von pero »

Hallo Zarra,
ich habe vor einem Jahr auch noch gesagt das ich gut arbeite. Das ist ja das Tückische daran, die Veränderungen sind schleichend und man selbst nimmt es überhaupt nicht war.

Aber ich weiss das ich (früher) gut gearbeitet habe und daher bin ich auch recht zuversichtlich das ich den Stand auch wieder erreichen kann. Aber ich will nicht zurück zu dem Stand, ich möchte einen Stand erreichen der für mich gut ist. Dabei kann es durchaus sein das ich mein altes Niveau nicht mehr ganz erreiche, aber auf jeden Fall will ich verhindern das ich wieder in die alte Falle hineinlaufe.


>Also müßte vor jeder antidepressiven Strategie eigentlich eine echte Realitätsüberprüfung kommen!!

Das ist für mich das gleiche, oder besser, das gehört für mich untrennbar zusammen.
Ein Burn-Out führt (häufig) zu einer depressiver Stimmung.
Da gilt es für mich zunächst zu erkennen woher der Burn-Out kommt.
Der Grund ist immer eine Überforderung, aber woher kommt die?
Wird man von aussen überfordert? Oder überfordert man sich selbst? Warum macht man das?

Und davon abhängig ist der Weg mit damit umzugehen.

Vielleicht ist man überfordert weil nicht genügend Fachwissen vorhanden ist. Oder weil die geforderte Leistung wirklich nicht erbringen kann, weil niemand das kann, es sich um unrealistische Forderungen handelt.
Oder man macht sich den Stress selbst weil man perfekt sein will obwohl es niemand erwartet...

Es gibt dafür unzählige Gründe, aber erst wenn man die echten Ursachen kennt kann man etwas dagegen tun.
Vielleicht muss man früher "Nein" sagen lernen, vielleicht muss man sein Ziel tiefer hängen. Vielleicht muss man sich weiterbilden oder man muss den Beruf wechseln.

Die Antwort ist oft recht einfach, der Weg dahin ist es aber nur selten und er ist mit viel Unsicherheit und Angst verbunden. Aber es gibt immer einen Weg daraus!!

Ich finde es schwer sein Selbstbild auf einen andere Grundlage zu stellen, aber ich glaube es ist den Versuch wert.
Den eins ist mir ganz sicher. So wie bisher gehr es bei mir nicht weiter. Ich muss etwas ändern, sonst gehe ich daran kaputt.

Also lass die Ohren nicht hängen. Es ist nicht wichtig wie gut Du arbeitest. Wichtig ist nur das du damit umgehen kannst und das Du Dich dabei gut fühlst.

Du hast ein Recht darauf das es Dir gut geht. Aber Du musst auch selbst dafür sorgen.

Ich bin kein Freund von müssen, aber in diesem Fall geht es nicht anders. Man sollte nicht erwarten das andere einem die wichtigen Entscheidungen abnehmen, das muss man schon selbst tun. Aber zunächst sollte man sich selbst besser kennenlernen. Und auch seine Fehler annehmen. Kein Mensch ist perfekt.

lg
pero
Was die Raupe Ende der Welt nennt, nennt der Rest der Welt Schmetterling.
Zarra
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Re: Absolut angekratztes Selbstbild - wie weiter?!??

Beitrag von Zarra »

Hallo pero,

daß es so wie die letzten Jahre nicht weiterging und -geht, habe ich ja erkannt (spätestens die Jahre 2009 und 2010 waren furchtbar); deshalb der Antrag auf die halbe Erwerbsminderungsrente (für zwei Jahre) und das Aufatmen. (Nein, auch ich will momentan nicht zurück! Und ich bin über diese Entlastung SO FROH, daß ich jedes schlechtere Ansehen deswegen gerne in Kauf nehme.) Doch diese halbe Rente ist ein anderes Etikett; aber bei der halben Stelle hatte ich gedacht, meine Aufgaben zu erfüllen - und das ist nun sehr in Frage gestellt; und nun?! Weiterarbeiten (egal ob es thematisiert wird oder keiner was sagt) als ob nichts sei, als ob ich eine normal gute Mitarbeiterin sei??!?? Diesen Selbsbetrug kriege ich nicht hin und ich fände ihn wohl auch nicht gut. - Und ich wollte jetzt schauen, nachdem das halbe Wiederarbeiten so halbwegs dann "eingetütet" wäre (ist es noch nicht wirklich, auch wenn der Anfang ganz okay war), daß es mir "gut ginge". Dazu zählte durchaus auch, daß ich will, daß die Arbeit weniger Raum in meinem Kopf einnimmt, daß ich mich "nicht für alles sofort verantwortlich fühle" u.a. Doch diese neuesten Entwicklungen werfen mich absolut zurück. Und es kostet mich echte Selbst(!)überwindung, morgen an meine Arbeitsstelle zu gehen. - Einen andere Stelle bei einem anderen Arbeitgeber traue ich mir gar nicht zu. Dann eher noch die wilde Überlegung, was ich ganz anderes machen könnte. Da ist aber auch Flucht dabei. Und ... es erscheint mir nicht sehr realistisch; Schnelligkeit ist heute überall gefragt; außer ich will Museumsaufsicht oder ähnliches machen.

Ich weiß auch nicht, ab wann ich schlecht bzw. langsam gearbeitet haben könnte oder ob das womöglich schon immer so war. (Depression war bei mir eher ein ständiger Begleiter. Es gab dann eher mit zusätzlichen psychosomatischen Beschwerden besondere Tiefs oder vielleicht etwas erträglichere Zeiten.) 2005 gab's da schon mal einen "Vorwurf", von dem ich nicht weiß, ob er dokumentiert ist. (Stand in einem Gesprächsprotokoll, das ich netterweise zu lesen bekam und das ich dann anreklamierte, weil in dem (netten) Gespräch noch nicht einmal so etwas wie "Ihre Krankheit" gefallen war, in dem "Protokoll" aber ...)

Sorry, kippe jetzt vor Müdigkeit weg - ergänze morgen, falls das jetzt nur ein Teil war.

Gute Nacht! Zarra
LaraMaria
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Re: Absolut angekratztes Selbstbild - wie weiter?!??

Beitrag von LaraMaria »

Liebe Zarra,

ja, das stimmt, ich hatte und habe einiges aufzuholen, was ich während der langen AU nicht mitbekommen habe.
Ich habe dabei festgestellt, dass mir alles sehr schwer fällt, dass ich langsam bin und Zusammenhänge nicht immer gleich begreife. Ich muss sehr viel tun, damit ich irgendwie klar komme.
Dann lese ich in einem Protokoll über eine Sitzung, an der ich wegen Urlaub nicht teilgenommen habe, dass dort berichtet wurde, meine Einarbeitung sei nun abgeschlossen. Und das war jetzt schon das 2. Mal. Ich habe mich hingesetzt und die Wochen gezählt, die ich netto gearbeitet habe, es sind nicht einmal 10. Ich habe zwar Ende März mit der Wiedereingliederung begonnen, aber diese zähle ich zu meinen Gunsten nicht als Einarbeitungszeit. Ich will ja nicht mehr so streng mit mir sein wie früher immer.
Dann war da dieser riesige Berg Resturlaub, den ich noch abbauen musste und auch WOLLTE. Mit meinem Gewissen bin ich gut klar gekommen, mir steht der Urlaub ja zu.
Ich komme aber nicht damit klar, dass eine andere Person in der Abteilung den Eindruck vermittelt, ich sei "wieder voll da".
1. will ich das gar nicht, sprich: ich will gar nicht mehr so arbeiten wie früher, weil ich das auch gar nicht mehr kann, ich bin schnell müde, erschöpft, ich brauche viele Pausen, usw.
2. frage ich mich ständig, wieso sie dies tut.
Sie hat mich lieb und nett empfangen nach meiner langen Abwesenheit und es hieß, sie arbeite mich ein. Was sie gemacht hat war, dass sie mir jeden Tag mehr und noch mehr Ordner in mein Büro gestellt hat und meinte "guck mal hier, les mal dies, schau mal hier rein". Das war ihre Einarbeitung. Den Rest ihrer und meiner kostbaren Zeit hat sie über Kollegen und Vorgesetzte getratscht oder über ihr Privatleben erzählt.
Wenn in einem bestimmten Bereich etwas dringend zu tun war, hat sie sich immer sofort darum gekümmert, obwohl es eigentlich mein neuer Bereich ist (den sie an mich abgeben soll). Ich habe ihr mehrfach gesagt, dass ich nur wirklich gut begreife, wenn ich die Dinge auch mal selbst von Anfang bis Ende machen kann. Wenn ich dann wegen eines Arzttermins um 15 Uhr pünktlich gehen musste und um 15:30 noch ein Anruf in so einer Sache kam, hat sie es wieder an sich gerissen, sich die Ordner aus meinem Büro geholt, denn es hatte ja keine Zeit bis zum nächsten Morgen und ich war dann wieder mal nicht diejenige, die die Praxis erlebte, sondern nur das fertige Produkt "bestaunen durfte", welches sie in langen Abendstunden (ich übertreib hier mal absichtlich) herstellen musste, weil ich ja nicht da war.
Ich hatte mehrere Urlaube, 2 kleine, einen großen. Jedes Mal, wenn ich wieder kam, hieß es "als du weg warst, da ging es dann hier richtig los, schade, dass du das nun wieder alles verpasst hast". Sie versucht mir ein schlechtes Gewissen zu machen und ich hab ihr gesagt, dass sie mich dann halt aus dem Urlaub hätten zurückholen müssen. Sie wussten ja, dass ich nicht verreise.

Die Frau geht mir auf den Nerv.
Eigentlich weiß ich, dass nicht ich, sondern sie ein Problem hat. Sie kann es ja einfach nicht "aushalten", wenn um 15:30 noch was ist und ihr einer "von oben" auf den Fuß steigt, es wäre eilig. Sie macht dann eben. Aber mit ihrem Problem verschafft sie mir auch eines, nämlich dass mir immer noch die Praxis fehlt. Und so bin ich immer noch nicht fit in diesen Dingen und im Protokoll steht, ich sei fertig eingearbeitet. Prima.
Ich habe ihr gesagt, dass mir das nicht gefällt und ob es nicht gut gewesen wäre, mich dazu mal zu befragen, wie eingearbeitet ich mich denn eigentlich fühle. Auch habe ich sie mal gefragt, ob es ihr eigentlich recht war, dass sie diese Aufgabe an mich abgegeben hat. Daran, wie emotional sie auf diese Frage reagierte, konnte man vieles ablesen. Aber natürlich war es ihr recht...(haha)

Und durch diesen ganzen Scheiß fühle ich mich einfach absichtlich irgendwie "dumm gehalten".
Mir wäre es lieber, sie würde auch die Wahrheit sagen. Dann könnte sie gern diese Aufgaben zurücknehmen, mein Herz hängt nicht daran.

Eine andere Kollegin hat neulich, auch zwischen 2 meiner Urlaube, ein Thema an sich gerissen und die Leitung des Projekts übernommen, obwohl das eigentlich meine Aufgabe gewesen wäre. Wegen meiner ständigen Abwesenheiten (Urlaub, Seminare, leider auch wieder 2 Kranktage) war ich zu dem Thema noch nicht gekommen, womit ich allerdings kein Problem hatte. Also, ich hatte wirklich die Ruhe weg (eins nach dem anderen), aber als ich dann in dem Meeting saß (welches unter einem "Tarnnamen" einberufen wurde) und sah, wie sie meinen Job macht, da ging es mir schlagartig schlecht. Bin zur Mittagspause weggefahren und hab mich erst einmal ausgeheult. Dann habe ich mir gesagt, dass diese Kollegin ja wohl an meinem Stuhl sägt, weil ihrer noch befristet ist. Und ich hab mir wieder selbst gut zugeredet, dass ich erst dann dort kündige und gehe, wenn ich das will und dass darüber niemand anders bestimmt. Und ich habe mich damit beruhigt, dass es den Chef ja nur wundern muss, wie sie sich da "vordrängelt". Sowas macht man ja nicht und ich hoffe, es hat ihm nicht so gut gefallen.

Warum passiert mir immer wieder sowas? Es baut mich nicht auf, es baut mich immer nur ab.

Dann noch die Bemerkung einer weiteren Kollegin, die neu ist bei uns und zu mir meinte "in unserem Bereich arbeiten ja echt schlaue Köpfe; ich habe den Eindruck, dass wir hier keinen durchschleppen" - und dann habe ich mich gefragt, warum sie mir das sagt. Und dann fühlte ich mich plötzlich wie eine "Durchgeschleppte"...

Ich glaube, dass ich wirklich entschleunigt bin durch die durchgemachte Krankheit und die Therapien, aber um mich herum sind all diese furchtbar ehrgeizigen Menschen, die ja indirekt an mir herumzerren (mein Empfinden). Also, jedenfalls "schieben" sie an mir herum oder versuchen es.
Ja, ich weiß, man könnte auch auf die Idee kommen und behaupten, dass diese Kolleginnen mir "nur helfen wollen", aber ich glaube nicht an so viel Nächstenliebe am Arbeitsplatz. Ich glaube, dass andere Motive hier treiben und das macht mich so down. Ich will da einfach nur in Ruhe mein Geld verdienen, ich will keine Blumentöpfe gewinnen, keine Seligpreisung erreichen. Und der Rest der Welt soll begreifen, dass ich nicht mehr wie früher bin und auch nicht mehr so sein will. Ich möchte ehrlich nur noch mittelmäßig sein und das dann gut halten können, keine Überstunden mehr machen, mit einem guten Gefühl um 15 Uhr gehen uns sagen "ja, dann muss das eben bis morgen früh warten, ist ja keine OP am offenen Herzen" und ansonsten möchte ich mein Leben genießen. Mein Privatleben.

Mein Mann meinte neulich, dass Kollegen ganz wichtige Wegbegleiter im Leben sind, weil man so viel Zeit mit ihnen verbringt.
Ich habe das nie so gesehen. Für mich waren die eben da, reiner Zufall. Dienst ist Dienst und Schnaps ist Schnaps. Ich gehe da arbeiten, nicht kuscheln. Aber vielleicht ist das von mir auch eine komplett falsche Sicht? Keine Ahnung.

Ich glaube, was meinem Selbst so zu schaffen macht ist, dass ich mich irgendwie immer angegriffen fühle von den Taten anderer.

Liebe Grüße
LaraMaria
LaraMaria
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Re: Absolut angekratztes Selbstbild - wie weiter?!??

Beitrag von LaraMaria »

@pero: du schreibst, du hältst nichts von Tiefenpsychologie. Ok, akzeptiere ich. Aber ich habe ein Problem und wir bekommen es mit VT nicht in den Griff und irgendwie kriegen wir auch nicht heraus, was da genau los ist. Und dies lies meine Psychiaterin dazu raten, den Methodenwechsel durchzuführen. Ich halte das ganz neutral erst einmal nur für einen guten Weg, weil sie denkt, dass sie mir damit hilft. Ob ich dann später sage, dass ich von TP "viel halte", das weiß ich doch jetzt noch nicht. Was ich weiß ist, dass ich mit VT an meinen "echten Feind" noch kein Stück ran gekommen bin.
pero
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Re: Absolut angekratztes Selbstbild - wie weiter?!??

Beitrag von pero »

Hallo LaraMaria,
jeder muss für sich selbst entscheiden welche Therapieform die richtige für ihn ist, das hat auch damit zu tun das man der Therapie vertrauen entgegenbringen muss.

Es ist so das ich persönlich mehrere Menschen kenne die psychische Probleme haben, dazu gehöre ich auch. Und wenn ich mir ansehe wie sie damit umgehen, wie ihr Genesungsprozess läuft, dann sehe ich einen Zusammenhang zwischen dem Fortschritt und der gewählten Therapieform. Danach stecken die TP-Therapierten schon über Jahre in der Therapie während die VT-Therapierten deutlich schneller wieder auf die Füße kommen.
Damit meine ich nicht unbedingt das sie "geheilt" sind, aber sie fügen sich schneller wieder in ein "normales" Leben ein.
Ich erkläre mir das damit, das es in einer VT darum geht sich zu erkennen und dann sein Verhalten auf die Umwelt anzupassen. Es geht also darum sich, und die Umwelt, so zu nehmen wie sie ist und einen Weg zu suchen damit umzugehen. Warum ich so bin, wie ich bin, ist weniger wichtig.
In der TP geht es (soweit ich das verstanden habe) darum die Ursache zu finden warum ich so bin.
Und was nützt mir das?
Dadurch ändert sich weder mein Verhalten noch die Umwelt. Der Ansatz "Wenn ich verstehe warum ich so fühle ändert sich mein Verhalten" ist, in meinen Augen, ziemlich unrealistisch

Dazu kommt weiterhin das ich mehrere Therapeuten kennengelernt habe die, in meinen Augen, selbst dringend therapiebedürfdig waren. Einer führte alle Probleme darauf zurück das der Teufel die Menschen vergiftet, ein anderer hat ein, sagen wir mal, sehr eigenes Sozialverhalten.
Das sind aktive TP-Therapeuten.
Das sind "nur" meine persönlichen Erfahrungen und sind daher nicht zu verallgemeinern, aber das ist einer der Gründe warum ich immer eine VT vorziehen werden.

Aber ich möchte hier nochmal sagen das es sich nur um meine ganz persönliche Meinung handelt. Jeder soll die Therapie machen die ihm/ihr hilft, sollte sich aber auch von Zeit zu Zeit fragen ob sie tatsächlich hilft, oder ob sie nur Selbstzweck ist.

lg
pero
Was die Raupe Ende der Welt nennt, nennt der Rest der Welt Schmetterling.
wütend

Re: Absolut angekratztes Selbstbild - wie weiter?!??

Beitrag von wütend »

Lieber pero

>> Der Ansatz "Wenn ich verstehe warum ich so fühle ändert sich mein Verhalten" ist, in meinen Augen, ziemlich unrealistisch<<

Doch, genau so funktioniert eine tiefenpsychologische Therapie, weil sich dadruch fest verankerte Verhaltensweisen lösen.
Zarra
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Re: Absolut angekratztes Selbstbild - wie weiter?!??

Beitrag von Zarra »

Hallo,

ich habe Leute kennengelernt, denen man "gesagt" hat, was sie "falsch" machen, die das reflektiert haben (vielleicht auf etwas stießen, warum sie dies bisher so machten) - und die dann anders reagieren konnten. - Ich kann das nicht, weil ich irgendwie keine Handlungsalternativen zur Verfügung habe. Da muß also mehr passieren. - Ich hatte aber den Eindruck, daß dies mehr mit der Art der Störung als grundsätzlich mit der Behandlungsmethode zusammenhing/-hängt.

Es bedürfte sicher einer Empfehlung oder einiger glücklicher Zufälle, daß ich mich nochmals in die therapeutischen Hände eines Analytikers begeben würde, trotzdem muß ich sagen: Die waren im Formalen sozusagen "sehr normal", und es gibt da auch verschiedene Schulen, und ich kann nicht von meinen Erfahrungen auf ALLE anderen schlußfolgern (ich habe ja auch schon anderes gehört). Außerdem mag es vielleicht auch zunehmend Therapeuten geben, die "ihren eigenen Mix" machen. Die reine Lehre ist doch eigentlich immer weniger gefragt, wenn dann doch schon eher störungsspezifisches Vorgehen - wenn auch mit klaren Akzentsetzungen.

Zarra
Zarra
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Re: Absolut angekratztes Selbstbild - wie weiter?!??

Beitrag von Zarra »

Liebe LaraMaria,

ERSTER TEIL:

auch wenn Du bisher Verhaltenstherapie gemacht hast: Kamst Du nie auf etwas, wo Du z.B. gesagt hast: "Als Kind ... in der und der Situation ... kam ich mir auch schon so besch... vor."?, "In der Schule fühlte ich mich den anderen gegenüber auch minderwertig."? oder "Ich mußte in der Schule/ gegenüber Geschwistern immer um meine Anerkennung kämpfen."?, "Meinen Geschwistern (falls Du welche hast) wurde immer mehr zugetraut."?

ZWEITER TEIL:

Wegen des Urlaubs, der "Entschleunigung" u.ä. kann ich Dir nur zureden, Dir weiterhin kein schlechtes Gewissen zu machen!! Und auch sonst: Du kannst nur etwas tun, wenn man Dich auch läßt! Und dazu mußt Du nicht jederzeit plötzlich springen.

Hinsichtlich ein paar anderer Aussagen: Ich kann natürlich die Atmosphäre bei Euch und was manches bedeutet nicht einschätzen. Daß diese Kollegin verkündet, daß Deine Einarbeitung abgeschlossen sei, könnte ja aber auch zwei positive oder zumindest Dich nicht abwertende etc. Dinge bedeuten: 1) Sie hält Dich für kompetent und wissend genug. (Das ist erst mal positiv! Egal, wie kompetent oder unsicher Du Dich fühlst!) 2) Sie will einfach Deine Einarbeitung los haben, das hinter sich haben, nicht mehr dafür zuständig sein. Das ist vielleicht nicht nett, aber da sorgt sie u.U. für sich (bewußt oder unbekümmert-unbewußt). Auch daß wohl sie "verkündet", "vermittelt", daß Du "wieder voll da seist", solltest Du in erster Linie als Kompliment sehen - sie traut es Dir zu; u.U. beeinhaltet es für Dich halt die AUFGABE, rechtzeitig Halt und nein zu sagen, diese Fürsorge für Dich selbst ist auch nicht ihre Aufgabe.

Ist sie eigentlich Deine Vorgesetzte? Oder gibt es da jemand anderen, mit dem Du darüber reden könntest, auch z.B. ob Du nun wirklich diesen Bereich dauerhafter übernimmst? Denn ihre Reaktionen (emotional wegen der Abgabe etc.) zeigen ja schon, daß da etwas im Argen liegt.

Deine Interpretation (!) der "Durchgeschleppten"-Bemerkung würde ich schon als das Suchen nach dem Haar in der Suppe sehen, sorry. Klar macht "man" das als Depressive/r, vor allem wenn man davor womöglich schon von anderem angekratzt war - aber es entspricht nicht der Realität, die meistens viel harm- und vor allem gedankenloser ist. - Du schreibst ja selbst, daß Du Dich von den Taten anderen angegriffen FÜHLST - Gefühle sind keine Realität. (Sie können manchmal wichtige Warnhinweise sein. Sie können uns aber auch komplett irreführen, - vor allem wenn es in negative Depressions-, Angst- oder andere Spiralen reingeht.)

DRITTER (?) TEIL:

Kollegen: Beides. Ich denke, daß beides stimmt. Einerseits wird da, zumindest meist, eine Art Konkurrenz, ggf. Druck, falls man aufeinander angewiesen ist, etc. sein; hoffentlich Sachlichkeit und hoffentlich ein angenehmer, unkomplizierter Umgang. Andererseits sind das - hoffentlich nette - Mitmenschen, die man auch als solche wahrnehmen sollte. Und man ist in der Tat viel Zeit mit ihnen zusammen. (Ich konnte z.B. auch deshalb vor meinen KollegInnen meine Depression viel weniger verbergen als z.B. vor Bekannten.)

Ein vertrautes Einanderzulächeln stärkt, macht auch weniger anfällig für die nächste depressiv angehauchte Interpretation. Ich war immer froh, auch mal ein persönliches Wort ggf. sagen zu können. Dicke Freundschaften können, glaube ich, eher schwierig werden. Aber man sollte nicht nur als "Arbeitsmaschine" dort sein.

Sorry, nicht sehr geordnet, aber ich wollte meine Gedanken dazu lieber so als gar nicht loswerden.

Zarra
pero
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Re: Absolut angekratztes Selbstbild - wie weiter?!??

Beitrag von pero »

@parson
Welche wissenschaftliche Studie belegt das?

lg
pero
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wütend

Re: Absolut angekratztes Selbstbild - wie weiter?!??

Beitrag von wütend »

>>@parson,
Welche wissenschaftliche Studie belegt das?<<

Soll ich dir Studien raussuchen, das tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapien wirksam sind?

Oder reicht es, wenn ich schreibe, ich habe die Wirksamkeit persönlich erlebt.

Selbst Verhaltenstherapeuten versuchen sich in dieser Arbeitsweise. In der Verhaltenstherapie heißt das ganze dann Biographiearbeit.

http://www.semigator.de/trainings/Biogr ... e-505661-0

http://blaser-psychologie.ch/index.php?idcat=2

http://books.google.de/books?id=AC3jPTd ... &q&f=false
wütend

Re: Absolut angekratztes Selbstbild - wie weiter?!??

Beitrag von wütend »

Hier findest Du Wirksamkeitsnachweise verschiedener Therapiemethoden:

http://www.verhaltenswissenschaft.de/Ps ... erapie.htm
pero
Beiträge: 970
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Re: Absolut angekratztes Selbstbild - wie weiter?!??

Beitrag von pero »

@parson
Danke.
Allerdings bestätigt das für mich meinen Standpunkt.

Demnach sind TP Therapien "möglicherweise wirksamer als Placebos", nur bei Trauma und Depressionen gelten sie als überhaupt als wirksam. Und selbst da ist sie nur wenig wirksamer als eine professionelle psychologische Beratung. Jedoch liegt die Wirksamkeit IMMER unter der Wirksamkeit von Kognitiven Therapien wie VT.

Wenn es bei Dir gewirkt hat ist es gut. Nur ist doch die Frage war es die Therapie oder wäre es Dir auch ohne diese nach der Zeit besser gegangen?

Was in dieser Auswertung nicht erfasst ist, ist die Therapiedauer. Nach meinem Verständnis ist diese bei den TP deutlich länger als bei VT, habe ich so jedenfalls von Therapeuten gehört.

Und was auch nicht erfasst ist sind die eindeutig gescheiterten Therapien.
Du bist ja auch schon länger hier aktiv und hast bestimmt auch viele Problemfälle hier gelesen. Also solche Sachen wie von "Andreas". Da ist mein persönlicher Eindruck das es sich dabei fast immer um TP-Therapien bzw. Therapeuten handelt.

Ich kann keinen einzigen Fall sehen bei der eine TP-Therapie wirklich notwendig ist, alle psychischen Störungen lassen sich nach der Bewertung Kognitiv erfolgreich behandeln.

Ich kann (und will) auch nicht ausschliessen das meine Verbesserungen auch ohne Therapie eingetreten wären, das ist mir letztlich auch egal. Nur halte ich es für sinnvoll eine Therapie zu wählen bei der die Wahrscheinlichkeit das sie wirkt möglichst hoch, die Gefahren möglichst klein sind und bei der die Dauer möglichst kurz ist.
Daher habe ich mich bewusst gegen eine TP entschieden.

Aber ich möchte noch einmal betonen das jeder die Therapie machen soll die ihm hilft!

Ich halte es jedoch für wichtig das hier im Forum zu diskutieren. Stichwort: Mündiger Patient.

lg
pero
Was die Raupe Ende der Welt nennt, nennt der Rest der Welt Schmetterling.
wütend

Re: Absolut angekratztes Selbstbild - wie weiter?!??

Beitrag von wütend »

Lieber pero

>>Demnach sind TP Therapien "möglicherweise wirksamer als Placebos", nur bei Trauma und Depressionen gelten sie als überhaupt als wirksam.<<
Die hier Schreibenden leiden aber nun mal an einer Depression und somit ist die TfP eine Option.



>>Was in dieser Auswertung nicht erfasst ist, ist die Therapiedauer. Nach meinem Verständnis ist diese bei den TP deutlich länger als bei VT, habe ich so jedenfalls von Therapeuten gehört.<<
Nein, auf den von mir verlinkten Seite ist die TfP Kurzeittherapie wirksamer als die Langzeittherapien. Das ist aber mitlerweile wiederlegt. TfP Langzeitherapien sind genauso wirksam.
Eine Kurzzeittherapie umfasst immer maximal 25 Sitzungen, ganz gleich ob TfP oder VT.


>>Da ist mein persönlicher Eindruck das es sich dabei fast immer um TP-Therapien bzw. Therapeuten handelt.<<
Nein, es gibt auch genau so viele gescheiterte VT.
http://www.bvvp.de/news06/int_petz.htm



>>Ich kann keinen einzigen Fall sehen bei der eine TP-Therapie wirklich notwendig ist, alle psychischen Störungen lassen sich nach der Bewertung Kognitiv erfolgreich behandeln.<<
Es ist gut das es mehere Therapiemethoden gibt, denn sonst hätte z.B. LaraMaria keine Chance mehr auf therapeutische Hilfe, da sie mit VT nicht weiter kommt.


>>Ich halte es jedoch für wichtig das hier im Forum zu diskutieren. Stichwort: Mündiger Patient.<<
Sehe ich auch so.
Polarlicht
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Re: Absolut angekratztes Selbstbild - wie weiter?!??

Beitrag von Polarlicht »

@ zarra,
mach' Dich nicht selber fertig mit diesen Selbstabwertungen, "dass Du so einen Job nicht mehr bekommen würdest ...." Meine Kollegen (allesamt glauben sie, nicht depressiv zu sein), diskutieren das Thema lauthals täglich, im Zweifelsfall stundenlang. Ich sage immer, das ist Wasser auf die Mühlen der Vorgesetzten, die uns genau das einreden wollen - das wir unsere Gehälter nicht wert sind. Wer das lange genug kundtut, gaubt das auch und wird damit ausgeknockt - selbsterfüllende Prophezeihung, der verhaltenstherapeutische Klassiker.
Dein Chef konfrontiert Dich mit etwas, was suboptimal gelaufen ist und Du sagst "stimmt" und Dir fallen nach längjähriger Berufstätigkeit auf eine Niederlage nicht 10 echte Hits ein, die Du gebracht hast? Das ist der Erfolg der Selbstabwertung. Gerade in der aktuellen Krise solltest Du davon Abstand gewinnen - mit dem Therapeuten alternives Verhalten trainieren.

Vergleiche Deine Einstellung zum Beruf nach langen Berufsjahren und im angeschlagenen Zustand nicht mit dem Ehrgeiz und Elan von Berufsanfängern. Die müssen sich profilieren, besonders, wenn sie befristete Verträge haben. Es gibt einen sehr guten Grund für Deine Teilrente - Du bist krank. Darauf soll man sich für die Zeit der Anwesenheit in der Firma nicht ausruhen, aber man muss es für sich selber auch würdigen, wenn aktuell mehr nicht geht. Du musst auch gucken, ob eine AU notwendig ist - reine Anwesenheit und nicht die geforderte Leistung bringen, macht angreifbar.

Auch wenn Du Übles hinter dem Verhalten Deiner Kollegen vermutest, solltest Du Dich bewusst davon distanzieren und die Kollegen nicht mit Misstrauen verfolgen sowie ihnen unlautere Absichten unterstellen. Das spüren sie und das zerstört jede Basis für eine vernünftige Zusammenarbeit. Die meisten Menschen sind keine A...löcher und nur wenige haben einen wirklich miesen Charakter. Ja, die gibt es, aber es sind nicht so viele wie Du glaubst, nur weil sich sich aus ihren Sachzwängen so verhalten, dass Du meinst, es schadet Dir. Nach Deiner Schilderung wärest Du von Übeltätern umzingelt und Du würdest damit jede Statistik sprengen. Allerdings kann ein schlechter Führungsstil schlechtes Miteinander hervorholen und fördern. Indem man sich selbst abwertet, bietet man Angriffspunkte.
Ich muss sagen, selbst an meinen schwärzesten Tagen kann ich keinen Kollegen beschuldigen, mir Übles zu wollen und die Situation auszunutzen, soviel Realitätssinn bekomme ich immer noch zusammengefegt, egal, was mein inneres Selbstzerstörungssystem rumtrötet.
Ich sage allerdings eher nichts dazu, wie es mir geht - das sieht ja jeder, dass ich als chinesischer Faltenhund durchgehen kann. Schweigen ist Selbstschutz. Wenn Kollegen mir helfen wollen, werte ich das als Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft, nicht als Angriff, auch wenn es mich nicht immer froh macht.
Ich bin zwar blauäugig, aber einen echten Feind erkenne ich und der hat mit mir nicht viel Spass. In langen Berufsjahren habe ich mir ein brauchbares Set an Abwehrtechniken angeeignet und gebe kein williges Opfer ab. Das klappt aber nur, wenn Du an Dich glaubst und das suchst, was gut läuft. Ich bin sicher, da findest Du auch heute bei Dir noch genug. Und je besser Du im Team integriert bist, umso mehr hilfreiche Infos bekommst Du, umso eher greift mal jemand zu, wenn Du Hilfe brauchst. Erst wenn Du Dich abkapselt und Feindseligkeit vermutest, beginnst Du Dich zu isolieren und man redet über Dich statt mit Dir.

Du kannst den Einarbeitungszustand klarstellen, indem Du das erst mal bei der Kollegin thematisierst, unmissverständlich "wegen meiner eingeschränkten Arbeitszeiten bekomme ich keinen Vorgang vollständig mit". Das ist legitim, wer halbtags arbeitet, braucht die doppelte Zeit, bis er die Tätigkiten drauf hat, teilweise wegen der engen Zeitfenster sogar noch länger, wenn es komplexe Dinge sind. Das muss eigentlich jeder verstehen, wenn man es ihm sagt - die anderen denken bloss nicht dran, weil sie nicht Deine Perspektive haben. Zu sagen Du bist eingearbeitet, kann viele Gründe haben:
- ich habe das toll gemacht, die Zarra hat den Job schon drauf
- die Zarra ist gut, die hat das schon drauf
- sie kann das und wenn was nicht ganz klappt, bin ich in der Nähe
- ich habe selber so viel zu tun, jetzt soll den Teil die Zarra mal übernehmen
... lässt sich beleibig fortführen bishin zur massiv (unterstellten) Bösartigkeit. Da hilft nur Realitätsüberprüfung, "was ist da und was vermute ich nur".

Den von Dir geschilderten Fall mit dem leergeräumten Regal habe ich auch mal erlebt: junge übereifrige Kollgin, kommt frisch vom Seminar zur Datenbankadministratorin und hackt wie wild auf die Tastatur ein. Unsere Chefin steht daneben, guckt sich das an (sie hatte die gleiche Ausbildung). Ich, als nicht ausgebildete DB-Admin sehe was anderes - rattenschnelles eintippen der Befehle, ein Syntaxfehler nach dem anderen - die wilder Hackerei war bloss Fehlerkorrektur. Das sah wirklich Klasse aus, aber die Zeit die sie zum Fehler korrigieren brauchte, brauche ich ohne Ausbildung zum Nachdenken und Erfahrungsübertrag aus anderen DV-Welten: "wie mag der Befehl an diesem System bloss heißen, such' in der Hilfe". Das habe ich meiner Chefin nicht gesagt, aber ich wusste es für mich - keine Minderwertigkeitskomplexe. Ich sagte sogar: "Ja, sie lernt schnell" was auch stimmte. In meinem Selbstbewusstsein, dass ich ohne Ausbildung genauso gut bin, konnte ich mir das leisten und musste mir das Greenhorn nicht zum Feind machen. Bei den wirklich komplexen Themen konnte ich sie immer deutlich abhängen, Berufserfahrung fällt nicht vom Himmel. Allerdings musste ich auch beruflich downsizen, weil ich krankheitsbedingt manches nicht mehr schaffte (Zeitdruck macht noch mehr Schlafstörungen) und ich musste auf Teilzeit gehen. Das richtige Modell (Arbeitsinhalt und Zeitmodell) für sich findet man nur, wenn man zu sich ehrlich ist und sich nicht in Selbstabwertungen und Negativannahmen über andere verzettelt.

Ich kann Dir also nur raten, einen konstruktiven Umgang mit der Situation zu finden und bis zum Beweis des Gegenteils von einer positiven Haltung Deiner Kollegen auszugehen.

Liebe Grüße,
Polarlicht

Eine Bitte an unsere Therapieschulenstreiter: Klasse Diskussion, ich würde gern mitmischen. Aber macht doch bitte einen eigenen Thread hierzu auf, damit wir uns an dieser Stelle Zarras Problemstellung widmen können. Der neue Strang wird sicherlich lang und es wird der Bär toben .
Zarra
Beiträge: 5734
Registriert: 12. Mär 2010, 15:16

Re: Absolut angekratztes Selbstbild - wie weiter?!??

Beitrag von Zarra »

Hallo Polarlicht, hallo wer mitliest,

meinem Therapeuten fiel als erster Kommentar auch Watzlawicks "Anleitung zum Unglücklichsein" ein (passend zu Deiner "selbsterfüllenden Prophezeiung").

Okay, trotz aller Fakten bin ich wohl aufgrund von "Lebensgrundlagefakten" (ich brauche irgendeine Arbeitsstelle; und die Vorstellung, wie ich mich in meinem jetzigen Zustand egal wo bewerbe, kann nur eine "Lachnummer" auslösen ...) und durch meinen Therapeuten und eine befreundete Kollegin dazu gekommen, daß ich mich erst mal "ruhig verhalten" werde, daß ich gar nichts tun werde (... die andere, absolut minderqualifizierte ... und noch zu findende (!!) ... Arbeitsstelle lag in meinen Gedankenkreisen in den letzten Tagen!! - da lacht mich jeder aus, der erfährt, wie relativ sicher meine Arbeisstelle doch sein müßte), daß ich warte, bis und ob die andere Seite, meine Chefs, "Anklage" erheben. (Ich weiß, daß ich nicht ganz so leicht zu kündigen bin.) Ihre oft bemängelte "Unwissenheit", ihr fehlender Überblick könnte in diesem Fall zu meinem Vorteil sein. Es kann sein, daß sie erst mal gar nichts merken. Daß sie merken, daß die neue Kollegin schnell ist, sagt in diesem Fall wirklich nichts über mich aus; es sollte aber halt nicht das Doppelte oder so sein ... Andererseits muß ich immer damit rechnen, daß die neue Kollegin plötzlich "schreit", daß sie ohne Arbeit sei, und damit ist dann klar ...

Schön ist die Situation auch dadurch nicht. Ich fühle mich nicht wohl damit. Und ich kann auch nicht sagen, daß ich da momentan gerne und vor allem so etwas wie "frei und unbefangen" arbeite. Und Angst ist immer ein schlechter Begleiter! Es ist das Gegenteil dessen, was ich gerade bräuchte, um wieder auf die Beine zu kommen.

... und mein altes Selbstbild (ich arbeite gut, wenn ich nicht krankheitsbedingt fehle) kratzt an der Tür ... auch so die blanke Hoffnung, daß ich mich getäuscht haben könnte. Und ich wundere mich schon ein bißchen, wie gern ich diesem Selbstbetrug glauben würde!!

Immerhin ist die Befürchtung geklärt, daß mir das sozusagen nicht jede neue Kollegin an der Stirn ansieht, wo der Haken bei meinem Arbeiten sein könnte. Auch wenn das echt nicht den Hauptpunkt und Kernbereich darstellt, so gibt mir das aber immerhin für den KollegInnenumgang wieder etwas mehr Freiheit und auch Unbefangenheit.

@ Polarlicht: Echte Frage: Wie kommst Du eigentlich auf die Idee, daß ich mich "von Übeltätern umzingelt" (KollegInnen) sehe?!? Verwechselst Du da was? Ich habe etwas von einem leeren Regel (in erster Linie) geschrieben, von geschaffenen Fakten, die meine Langsamkeit beweisen. Das mit der Einarbeitung war LaraMaria.

Liebe Grüße, Zarra

EDIT: @
Antworten