Abnabelungsprozess, so war es in den letzten Monaten ...
Verfasst: 29. Okt 2010, 12:16
Liebe Angehörige,
da ich die Hoffnung habe, dass mein Bericht vielleicht dem ein oder anderen hier helfen kann, berichte ich mal wie es mir in den letzten Monaten ergangen ist.
Ja, ich fühle mich freier seit mir völlig klar geworden ist, dass ich meinen Ex-LG jetzt loslassen kann.
Es war ein sehr langer Weg und ein ganz heftiger innerer Kampf mit mir selbst, der fast bis zur Selbstaufgabe führte.
Es gehört zu mir, dass ich jemand bin, der auch in schweren Zeiten Freunden und erst recht Lebenspartnern zur Seite steht. Das wurde in unserer Familie immer so gelebt und ich habe es für mich übernommen.
Allerdings habe ich nicht geschafft rechtzeitig meine eigenen Grenzen zu ziehen bzw. überhaupt zu erkennen. Dazu möchte ich aber noch einmal ausdrücklich betonen, dass es natürlich immer noch mein Bestreben ist, dass es meinem Ex-LG auch wieder gut gehen wird.
Es sind schon noch rein freundschaftliche Gefühle da, obwohl er mir sehr fremd geworden ist. Der Mann, den ich mal geliebt habe, den gibt es schon seit einiger Zeit nicht mehr. Ob es ihn später wieder gibt, ob er anders wird oder sogar anders besser? Das weiß ich alles nicht und vor allem weiß ich nicht, ob es je so wird und vor allem WANN?
Ich weiß nur, dass ich jetzt schon einige Jahre nicht mehr gelebt habe und damit weder ihm noch mir geholfen habe und wenigstens ich zurück ins Leben möchte, weil ICH BIN NICHT KRANK (zum Glück)!
Da ist kein Hass (auf evtl. verlorene Jahre) auch keine Wut mehr bzgl. der vielen Demütigungen, die ich einstecken mußte und die durch seine psychischen Erkrankungen hervorgerufen wurden.
Er ist nur einfach nicht mehr da und für mich unerreichbar geworden. Durch Fürsorge etc. würde ich sein Leiden nur noch mehr verlängern und mir die allerletzte Luft zum atmen nehmen.
Nein, ich bin jetzt wirklich an dem Punkt angekommen an dem ich weiß, dass es nicht an mir lag, dass er so krank geworden ist.
(natürlich gab es auch die ganz normalen Schwierigkeiten, die schon mal in einer Partnerschaft vorkommen, aber das hatte nichts mit all dem anderen zu tun...)
Durch viele Gespräche mit anderen Angehörigen bin ich mittlerweile zu dem Eindruck gelangt, dass viele Angehörige unterschwellig glauben (manchmal wird es ihnen auch "eingetrichtert"), dass sie Mitschuld oder sogar absolut schuld an der Erkrankung sind und sich daher bis zur völligen Erschöpfung und Selbstaufgabe auspowern.
Daher läuft man nur noch auf Zehenspitzen rum und fängt an, den Erkrankten immer mehr zu umsorgen um ja die eigene Schuld wieder gut zu machen.
Liebe Angehörigen bitte hinterfragt Euch mal, ob Ihr eventuell auch glaubt, dass Ihr schuld seid und daher keine Grenzen mehr ziehen könnt.
Meine Abnabelung hat jetzt gut 10 Monate gedauert! (verrückt, irgendwie wie eine Schwangerschaft fällt mir gerade auf! ... und ich werde jetzt neu geboren)
Anfang des Jahres war ich noch in so einem Loch und fühlte mich nur als Opfer und hatte keine Idee wie ich da wieder rauskommen sollte.
Alles begann mit einem Besuch bei einem Kinesiologen, der mir aufzeigte warum ich mich damit schwer tue Grenzen zu setzen.
Ich hatte das Gefühl zu Menschen zu enttäuschen. Ich hatte für mich so sehr verinnerlicht, dass ich glaubte an der Erkrankung meines LG schuld zu sein.
Diese ständigen Schuldzuweisungen seinerseits (über Jahre, weil er ist schon seit der Jugend depressiv, vor 30 Jahren gab es den ersten Suizidversuch wie ich erst seit kurzem weiß) haben mich völlig zermürbt.
Ebenso Aussagen von Freunden, Familie etc. warum ich das alles mitmache, warum nicht hilfreich, sondern eher im Gegenteil!
Der Besuch beim Kinesiologen war MEIN erster Schritt alles mal aus einer anderen Perspektive zu betrachten. Ich konnte mich zwar nur etwas, aber zumindest ein klein wenig davon lösen, dass ich schuld war.
Das führte dazu, dass mir mehr Dinge auffielen, weil ich etwas Distanz bekam.
Im letzten Jahr hatte ich schon eine Therapie gemacht, weil es mir so schlecht ging. Dort wurde mir zwar auch schon etwas geholfen, dass ich wieder mehr für mich machte, aber so richtig Distanz bekam ich nicht.
Ebenso gab es ja zwischendurch immer mal wieder kleine Phasen in denen es besser ging und ich immer wieder Hoffnung schöpfte.
Ich glaube auch dass dieses ständige Auf und Ab dazu führt, dass man in die oft beschriebene Co-Abhängigkeit reinschlittert. Es geht ja zwischendurch immer mal wieder, somit verliert man nicht die Hoffnung ...
In Phasen größter Not und Sorge habe ich früher allein gesessen und geweint, weil ich durfte ja mit keinem darüber sprechen, denn mein LG wollte ja die Fassade bewahren. Er empfindet es immer noch als Verrat, wenn ich über ihn spreche.
Diesen "Verrat" habe ich dann aber irgendwann begangen, weil ich einfach nicht mehr konnte und habe mich guten Freunden gegenüber geöffnet.
Ich hatte schon Ausschlag am ganzen Körper, hab mir 20 kg!!! angefressen (auch eine Sucht oder Krankheit ich weiß...) Astmaanfälle etc. ....
Es ging so nicht weiter, denn mehrfach die Woche kam ich nach Hause und wußte nicht, ob er noch am Leben ist ... (und das über Monate hinweg)
Es gab immer wieder versteckte Suizidgedanken und ich konnte einfach nicht mehr. Er konnte mir gegenüber gerade Suizidgedanken geäußert haben und lachte 5 Minuten später mit Freunden am Telefon. Der Hörer wurde aufgelegt und das Lachen erfror. Er selbst hat Tage später immer wieder geleugnet überhaupt was in der Form erwähnt zu haben.
Ich kann wirklich nur jedem raten sich Rat zu holen und zwischendurch mal so einiges von der Seele zu reden. Dabei habe ich über Dinge über die ich Stillschweigen bei meinem LG versprochen habe, auch nie geredet.
Aber diese ganze Last die sowieso schon auf mir lag, die reichte schon absolut.
Ebenso bin ich auch noch bei unserer Paartherapeutin "angedockt", die ihn auch kennt und diese ganze Situation nachvollziehen kann und bei der ich mich auch verstanden und aufgehoben fühle.
Ich war bei einigen Beratungsstellen für Angehörige, in Kliniken um Informationen einzuholen, in unterschiedlichen Foren etc...
Aber all das hat nichts geholfen, ich konnte/kann meinen Ex-LG nicht überzeugen in eine Klinik zu gehen. Mittlerweile will er sich jetzt zwar wirklich einen Termin bei einem Psychotherapeuten holen, schaun wir mal...
Den letzten Kick habe ich auch durch Telefonate und e-mails mit "Betroffenen" (auch hier aus dem Forum)bekommen. Erst als mir auch von Seite der Betroffenen gesagt wurde, dass ich jetzt wirklich nichts mehr tun könne und ruhigen Gewissens an mich denken sollte, da ging es!
Ja, da fiel sie ab diese Riesenlast! Ich fühlte mich irgendwie erlöst und konnte seit Jahren mal wieder tief atmen und durchschlafen, obwohl sich an der Situation von meinem Ex-LG bisher nichts geändert hat.
Aber für mich ...
Eine Betroffene hier aus diesem Forum sagte mir diese Woche bei einem sehr persönlichem Gespräch:
Du darfst, kannst und mußt ihn jetzt loslassen, aus Liebe zu ihm!
die Koboldin
da ich die Hoffnung habe, dass mein Bericht vielleicht dem ein oder anderen hier helfen kann, berichte ich mal wie es mir in den letzten Monaten ergangen ist.
Ja, ich fühle mich freier seit mir völlig klar geworden ist, dass ich meinen Ex-LG jetzt loslassen kann.
Es war ein sehr langer Weg und ein ganz heftiger innerer Kampf mit mir selbst, der fast bis zur Selbstaufgabe führte.
Es gehört zu mir, dass ich jemand bin, der auch in schweren Zeiten Freunden und erst recht Lebenspartnern zur Seite steht. Das wurde in unserer Familie immer so gelebt und ich habe es für mich übernommen.
Allerdings habe ich nicht geschafft rechtzeitig meine eigenen Grenzen zu ziehen bzw. überhaupt zu erkennen. Dazu möchte ich aber noch einmal ausdrücklich betonen, dass es natürlich immer noch mein Bestreben ist, dass es meinem Ex-LG auch wieder gut gehen wird.
Es sind schon noch rein freundschaftliche Gefühle da, obwohl er mir sehr fremd geworden ist. Der Mann, den ich mal geliebt habe, den gibt es schon seit einiger Zeit nicht mehr. Ob es ihn später wieder gibt, ob er anders wird oder sogar anders besser? Das weiß ich alles nicht und vor allem weiß ich nicht, ob es je so wird und vor allem WANN?
Ich weiß nur, dass ich jetzt schon einige Jahre nicht mehr gelebt habe und damit weder ihm noch mir geholfen habe und wenigstens ich zurück ins Leben möchte, weil ICH BIN NICHT KRANK (zum Glück)!
Da ist kein Hass (auf evtl. verlorene Jahre) auch keine Wut mehr bzgl. der vielen Demütigungen, die ich einstecken mußte und die durch seine psychischen Erkrankungen hervorgerufen wurden.
Er ist nur einfach nicht mehr da und für mich unerreichbar geworden. Durch Fürsorge etc. würde ich sein Leiden nur noch mehr verlängern und mir die allerletzte Luft zum atmen nehmen.
Nein, ich bin jetzt wirklich an dem Punkt angekommen an dem ich weiß, dass es nicht an mir lag, dass er so krank geworden ist.
(natürlich gab es auch die ganz normalen Schwierigkeiten, die schon mal in einer Partnerschaft vorkommen, aber das hatte nichts mit all dem anderen zu tun...)
Durch viele Gespräche mit anderen Angehörigen bin ich mittlerweile zu dem Eindruck gelangt, dass viele Angehörige unterschwellig glauben (manchmal wird es ihnen auch "eingetrichtert"), dass sie Mitschuld oder sogar absolut schuld an der Erkrankung sind und sich daher bis zur völligen Erschöpfung und Selbstaufgabe auspowern.
Daher läuft man nur noch auf Zehenspitzen rum und fängt an, den Erkrankten immer mehr zu umsorgen um ja die eigene Schuld wieder gut zu machen.
Liebe Angehörigen bitte hinterfragt Euch mal, ob Ihr eventuell auch glaubt, dass Ihr schuld seid und daher keine Grenzen mehr ziehen könnt.
Meine Abnabelung hat jetzt gut 10 Monate gedauert! (verrückt, irgendwie wie eine Schwangerschaft fällt mir gerade auf! ... und ich werde jetzt neu geboren)
Anfang des Jahres war ich noch in so einem Loch und fühlte mich nur als Opfer und hatte keine Idee wie ich da wieder rauskommen sollte.
Alles begann mit einem Besuch bei einem Kinesiologen, der mir aufzeigte warum ich mich damit schwer tue Grenzen zu setzen.
Ich hatte das Gefühl zu Menschen zu enttäuschen. Ich hatte für mich so sehr verinnerlicht, dass ich glaubte an der Erkrankung meines LG schuld zu sein.
Diese ständigen Schuldzuweisungen seinerseits (über Jahre, weil er ist schon seit der Jugend depressiv, vor 30 Jahren gab es den ersten Suizidversuch wie ich erst seit kurzem weiß) haben mich völlig zermürbt.
Ebenso Aussagen von Freunden, Familie etc. warum ich das alles mitmache, warum nicht hilfreich, sondern eher im Gegenteil!
Der Besuch beim Kinesiologen war MEIN erster Schritt alles mal aus einer anderen Perspektive zu betrachten. Ich konnte mich zwar nur etwas, aber zumindest ein klein wenig davon lösen, dass ich schuld war.
Das führte dazu, dass mir mehr Dinge auffielen, weil ich etwas Distanz bekam.
Im letzten Jahr hatte ich schon eine Therapie gemacht, weil es mir so schlecht ging. Dort wurde mir zwar auch schon etwas geholfen, dass ich wieder mehr für mich machte, aber so richtig Distanz bekam ich nicht.
Ebenso gab es ja zwischendurch immer mal wieder kleine Phasen in denen es besser ging und ich immer wieder Hoffnung schöpfte.
Ich glaube auch dass dieses ständige Auf und Ab dazu führt, dass man in die oft beschriebene Co-Abhängigkeit reinschlittert. Es geht ja zwischendurch immer mal wieder, somit verliert man nicht die Hoffnung ...
In Phasen größter Not und Sorge habe ich früher allein gesessen und geweint, weil ich durfte ja mit keinem darüber sprechen, denn mein LG wollte ja die Fassade bewahren. Er empfindet es immer noch als Verrat, wenn ich über ihn spreche.
Diesen "Verrat" habe ich dann aber irgendwann begangen, weil ich einfach nicht mehr konnte und habe mich guten Freunden gegenüber geöffnet.
Ich hatte schon Ausschlag am ganzen Körper, hab mir 20 kg!!! angefressen (auch eine Sucht oder Krankheit ich weiß...) Astmaanfälle etc. ....
Es ging so nicht weiter, denn mehrfach die Woche kam ich nach Hause und wußte nicht, ob er noch am Leben ist ... (und das über Monate hinweg)
Es gab immer wieder versteckte Suizidgedanken und ich konnte einfach nicht mehr. Er konnte mir gegenüber gerade Suizidgedanken geäußert haben und lachte 5 Minuten später mit Freunden am Telefon. Der Hörer wurde aufgelegt und das Lachen erfror. Er selbst hat Tage später immer wieder geleugnet überhaupt was in der Form erwähnt zu haben.
Ich kann wirklich nur jedem raten sich Rat zu holen und zwischendurch mal so einiges von der Seele zu reden. Dabei habe ich über Dinge über die ich Stillschweigen bei meinem LG versprochen habe, auch nie geredet.
Aber diese ganze Last die sowieso schon auf mir lag, die reichte schon absolut.
Ebenso bin ich auch noch bei unserer Paartherapeutin "angedockt", die ihn auch kennt und diese ganze Situation nachvollziehen kann und bei der ich mich auch verstanden und aufgehoben fühle.
Ich war bei einigen Beratungsstellen für Angehörige, in Kliniken um Informationen einzuholen, in unterschiedlichen Foren etc...
Aber all das hat nichts geholfen, ich konnte/kann meinen Ex-LG nicht überzeugen in eine Klinik zu gehen. Mittlerweile will er sich jetzt zwar wirklich einen Termin bei einem Psychotherapeuten holen, schaun wir mal...
Den letzten Kick habe ich auch durch Telefonate und e-mails mit "Betroffenen" (auch hier aus dem Forum)bekommen. Erst als mir auch von Seite der Betroffenen gesagt wurde, dass ich jetzt wirklich nichts mehr tun könne und ruhigen Gewissens an mich denken sollte, da ging es!
Ja, da fiel sie ab diese Riesenlast! Ich fühlte mich irgendwie erlöst und konnte seit Jahren mal wieder tief atmen und durchschlafen, obwohl sich an der Situation von meinem Ex-LG bisher nichts geändert hat.
Aber für mich ...
Eine Betroffene hier aus diesem Forum sagte mir diese Woche bei einem sehr persönlichem Gespräch:
Du darfst, kannst und mußt ihn jetzt loslassen, aus Liebe zu ihm!
die Koboldin