Ich möchte mich vorstellen

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Julietta
Beiträge: 3
Registriert: 8. Jan 2010, 22:32

Ich möchte mich vorstellen

Beitrag von Julietta »

Hallo Zusammen,
ich bin neu hier im Form, weil ich Rat und Informationen suche, wie wir hier mit unserer neuen Lebenssituation umgehen können.
Mein Vater ist an einer schweren Depression erkrankt, so die Aussage der Ärzte.
Das äußert sich so, dass er unter Ängsten vor eigentlich allem leidet (der viele Schnee, das Tausalz auf seinem Auto, tausend Krankheiten die er haben könnte, Verarmungsangst, Angst beklaut zu werden, Angst das alles kaputt geht, er sei ein Versager, habe es zu nichts im Leben gebracht usw. das volle Programm also, dazu eine offenbar unerträgliche innere Unruhe und die feste Überzeugung, dass die Ärzte seine Probleme nicht lösen können).
Wir sind zweimal in der Rettungsstelle mit ihm gewesen, wurden nach Hause geschickt (war kurz vor den Feiertagen), vom Hausarzt wurden dann auf Empfehlung des Krankenhauses Antidepressiva verordnet (Serotonin Abbau Hemmer). Ohne Erfolg, nach Neujahr war es so schlimm, dass die Hausärztin ihm eine Einweisung in KH geschrieben hat.
Nun ist er seit etwas über einer Woche stationär, aber ich habe den Eindruck es gefällt ihm nichts an der Klinik ( das Essen ist schlecht, die Ärzte "knallhart", man dröhnt ihn da nur zu usw. usf....).
Am Freitag haben wir (meine Mutter und ich)ein gemeinsames Gespräch mit ihm und dem behandelnden Arzt (wir haben danach gefragt)wir hofften für uns etwas klären zu können, was wir richtig und falsch machen im Umgang mit ihm und seiner Depression- ich frage mich wie das gehen soll, wenn mein Vater dabei sitzt..
Ich meine, man ist nicht wirklich geübt im Umgang mit Menschen, die sich in der Situation meines Vaters befinden, man liest, man soll nicht dagegenreden, nicht sagen, der Mensch solle sich zusammenreißen, ja soweit die Theorie.
Die Praxis sieht so aus, dass wir jeden Tag hinfahren und zwischendurch noch telefonieren, und dann kippt er im Schwall sein ganzes Leid über uns ab. Wir wissen oft gar nicht, was wir dazu sagen, bzw. was wir machen sollen. Wenn wir was schönes zu naschen mitbringen, dann ist es zuviel, wenn er Socken haben will, und wir welche auspacken, dann sind es die falschen... Es ist sauschwer...
Meine Mutter hat gesagt, sie hat den Eindruck er sucht förmlich nach dem nächsten Problem und verbietet sich konsequent, positive Gedanken, ich finde das trifft es ganz gut.
Ich habe schon relativ viel gelesen und recherchiert in der letzten Zeit, um möglichst viel zu erfahren, Erfahrungsberichte gelesen, dieses Forum gefunden.
Nun bin ich hier bei Euch und hoffe auf Besserung, für meinen Vater, aber auch für uns und hoffe das es stimmt was ich gelesen habe: jede Depression geht einmal vorbei und danach ist alles wie früher...
Liebe Grüße
Julietta
1971
Beiträge: 3
Registriert: 12. Jan 2010, 20:17

Re: Ich möchte mich vorstellen

Beitrag von 1971 »

> Nun bin ich hier bei Euch und hoffe auf Besserung, für meinen Vater, aber auch für uns und hoffe das es stimmt was ich gelesen habe: jede Depression geht einmal vorbei und danach ist alles wie früher...
> Liebe Grüße
> Julietta

Hallo Julietta,
ich bin auch noch ziemlich neu hier in diesem Forum, aber diese Aussage, dass "danach alles wie früher ist" finde ich mehr als fragwürdig. Ich kann nur aus eigener Erfahrung sagen, dass zumindest in meiner Beziehung zu meinem Partner einiges nie wieder wie früher sein wird - dafür sind einfach zu viele Dinge vorgefallen, die sehr verletzend waren und auch, wenn mein Partner einige Vorfälle gern ungeschehen machen würde, so ist dies leider nicht möglich.
Selbstverständlich kann es aber auch sein, dass die gemeinsame Bewältigung einiger Probleme die Beziehung sehr stärkt, aber ich denke nicht, dass "wieder alles wie früher" wird.
Ich wünsche Dir viel Kraft in Deiner Situation.
Viele Grüße
Wolfmother
Andreas01

Re: Ich möchte mich vorstellen

Beitrag von Andreas01 »

Hallo,
das alles wie früher wird, kann man sich wünschen, wirklich "alles" wie früher ? auch die negativen Dinge ?
Nun das Rad der Geschichte lässt sich nicht zurückdrehen, ist vielleicht auch gut so.
Nicht selten sind es schlechte Erfahrungen der Vergangenheit die den Aufbau eines neuen Vertrauensverhältnisses im Wege stehen. Im Zuge dessen werden oft noch uralte Geschichten in den Vordergrund geschoben (Traumata) und den Betroffenen noch weiter an seinen Barrikaden bauen lassen.
Stimme Wolfmother zu, es kann auch zu positiven Veränderungen führen, wenn man diese Chance erkennt, aber wie früher wird es nicht, es kann durchaus auch noch besser werden.

Gruß
Andreas
Helvetia
Beiträge: 20
Registriert: 2. Nov 2009, 17:11

Re: Ich möchte mich vorstellen

Beitrag von Helvetia »

Liebe Julietta,
herzlich willkommen im Forum! Man kann Deine Verzweiflung förmlich spüren und die Akzeptanz der Krankheit ist für alle Beteiligten sehr schwer. Alleine der Begriff "Psychiatrie" ist für die meisten der blanke Horror. Für meinen Mann war jede Einweisung der absolute Supergau unter dem Motto "ich habe versagt, ich habe es wieder nicht geschafft". Genauso war das Leben in der Klinik - je nach Abteilung und Zusammensetzung der Patienten - sehr schwer zu akzeptieren. Aber es gibt keine Heilung ohne gewisse Nebenwirkungen und das Leben in der Klinik gehört zur Heilung und ist nicht wie zu Hause oder im Hotel. Es muss sein. Lasst Euch da nicht draus bringen. Wir Angehörigen sind die Stützen im Hintergrund. Wir würden ja auch nicht einen Blinddarm operieren, also überlassen wir unsere Angehörigen mit ihrer Krankheit auch den spezialisierten Ärzten und Therapeuten. Dein Vater braucht Zeit um erst mal auf den Nullpunkt zu kommen, um eine Therapie und die Krankheit akzeptieren zu können.
Dass Dein Vater beim Gespräch dabei ist, hat damit zu tun, dass der Arzt unter dem Arztgeheimniss steht und nur in seiner Anwesenheit über ihn sprechen darf. Dein Vater könnte das Gespräch auch verweigern. Es ist ungewohnt, aber seid offen mit Euren Fragen und Ängsten, damit Dein Vater sie auch versteht. Mir hat auch jeweils ein Gespräch zusammen mit dem Therapeuten geholfen und benutze ich auch heute noch ab und zu, denn es ist für alle Seiten wichtig sich zu verstehen und kennen.

Wie war Euer Gespräch mit dem Arzt? Es sind ja nun schon einige Tage her seit Deinem letzten Eintrag. Wie geht es Dir und Deiner Mutter?
Ich würde mich freuen von Dir zu hören! Alles Liebe von Helvetia
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