Depressionen oder auch nicht (Frage an Betroffene u. Angehörige)

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Stone
Beiträge: 10
Registriert: 22. Jan 2009, 18:18

Depressionen oder auch nicht (Frage an Betroffene u. Angehörige)

Beitrag von Stone »

Ich stehe in (mal mehr / mal weniger) Beziehung zu einer tollen Frau welche leider in der Vergangenheit den Unfalltod eines ihrer Geschwister zu beklagen hatte (ca 2 Jahre her). Seit diesem Zeitpunkt leidet Sie unter Gefühlskälte und einer Leere. Sie war nach diesem in Behandlung bei einem Psychater der Ihr angeblich nach 4 Sitzungen gesagt hat sie bräuchte jetzt nur noch einen Psychologen. Durch die Gefühlskälte sah sich ihr Expartner genötigt ein Verhältnis anzufangen wodurch sich diese mehrjährige Beziehung natürlich erledigte. Gerade das brauchte Sie natürlich in diesem Stadium.
Sie ist nach außen eine sehr starke Frau – beschreibt sich selbst aber als sensibel und dünnhäutig. Mir hat Sie sich teilweise geöffnet und mir Dinge erzählt die sie angeblich weder ihren Eltern noch anderen Geschwistern erzählt hat, obwohl Sie zu ihren Eltern ein tolles Verhältnis hat.
Sie versucht viel zu arbeiten und treibt viel Sport. Hat sie Zeit/Urlaub, dann kommt sie ins grübeln und als Folge schlechte Laune. Sie sagt von sich selbst der Psychater hätte ihr gesagt sie sei „ver-rückt“. Sie schläft schlecht – wacht immer wieder auf. Wenn Sie mit mir über ihre Probleme geredet hat bin ich am nächsten Tag jemand von dem Sie glaubt er halte Sie für unzurechnungsfähig. Depressionen weist Sie von sich. Einen Tag lobt Sie mich über den Klee und am nächsten Tag nehme ich Sie angeblich nicht für voll und Sie hat Probleme mit mir. Nach außen hin setzt Sie eine Maske auf und lässt sich nichts anmerken. Zärtlichkeiten werden bis zum Nullpunkt heruntergefahren. Sie trauert ohne trauern zu können und leidet. Ich hätte Sie zum schlechtest möglichen Zeitpunkt ihres Lebens kennen gelernt. Ich hätte etwas besseres verdient. Sie sagt sie versucht die Probleme zu verdrängen – während Arbeit u. Sport klappt das anscheinend auch. Und: sie leistet viel in ihrem Job – auch wenn Sie manchmal einfache Dinge vergisst. Sie sagt immer wieder Sie will wieder glücklich werden.

Ich unterstelle ihr nicht, das Sie Depressionen hat. Es steht mir einfach nicht zu!
Sie ist ein sehr intelligenter und ehrlicher Mensch – trotzdem weigert Sie sich z.B. einfach mal Kontakt zu einem Psychologen/Hotline aufzunehmen um einfach überprüfen zu lassen ob es nicht doch Depressionen hat. Wenn nicht – was hätte es geschadet? Und sie war ja auch schon für 4 Sitzungen in Behandlung. Ich, als etwas unsensibler Klotz, habe damit meine Probleme – deshalb meine Fragen an das Forum:

Ist diese hartnäckige Gegenwehr/ mögliches Abstreiten von Depressionen bekannt/normal oder irre ich mich einfach?
Erkennt sich jemand in der Beschreibung wieder und kann sagen mir ging es auch so?
Oder bilde ich mir etwas ein? Im Job steht Sie doch ihren Mann/Frau.

Für Antworten Danke im Voraus.

Gruß Stone
kartoffelsalat
Beiträge: 464
Registriert: 9. Jan 2009, 04:53

Re: Depressionen oder auch nicht (Frage an Betroffene u. Angehörige)

Beitrag von kartoffelsalat »

Hallo Stone,

ich glaube, du liegst mit deinen Vermutungen ganz richtig.
Wenn du dich mal ein bisschen durch das Forum liest, z.B. im Bereich Umgang mit der Krankheit. wirst du sehen, das es viele starke Persönlichkeiten gibt, die mit einer Depression zu kämpfen haben. Ich zähle mich dazu. Der Versuch mit Sport, Ablenkung, guter Arbeit auszugleichen, die mangelnde Anerkennung der vermeintlichen "Schwäche" sind kein Einzelfall, ich würde eher behaupten, es gehört zu Regel.

Gerade Menschen, die im Beruf gut funktionieren und sich vielleicht auch darüber definieren, das als ihre Stütze verstehen, sich gebraucht fühlen...haben hier oft ihre Schwierigkeiten.

Das Problem ist, sie kann es irgendwie nur selbst anerkennen. Du kannst ihr klar machen, dass du Verständnis für die Krankheit als solche hast und glaubst, dass sie jeden treffen kann. Du kannst ihr vielleicht dieses Forum empfehlen..aber erkennen muss Sie.

So, vielleicht hilft das ja.
Kartoffelsalat
justmyself
Beiträge: 13
Registriert: 14. Jan 2009, 16:45

Re: Depressionen oder auch nicht (Frage an Betroffene u. Angehörige)

Beitrag von justmyself »

Hallo,
ich finde Deine Sicht, dass Du ihre Krankheit nicht einschätzen kannst, sehr gut!!!!!!

Ich denke, dass das niemand hier im Forum kann, selbst wenn hier Theras unter uns sind. Das geht einfach nicht per Ferndiagnose, nur weil Du etwas über jemanden schreibst.
Was Du schreibst KANN sicher ein Zeichen für eine Depression sein, kann aber auch alles andere sein und ich denke niemand sollte hier Vermutungen anstellen, das kann nach hinten losgehen!

Ich denke, eine mögliche Lösung ist (war es bei mir), ganz niederschwellig anzufangen. Z.B. mit einem anonymen Forum. Ich habe daraufhin mit jemandem intensiv im ICQ geschrieben, das war leichter als reden, zumal ich diese Person damals noch nicht wirklich kannte. So entwickelte sich das immer weiter, bis ich mich Menschen anvertraut habe, wie es mir geht und mich letztlich jemand zu einem Klinikaufenthalt überredet hat. Erst dann kamen Diagnosen etc. Was ich damit sagen will: Such nicht nach einer Diagnose, die Dir hier KEINER geben kann, sondern hilf ihr sich ganz langsam zu öffnen. Das kann Jahre dauern. Über den Austausch wird sie VIELLEICHT hellhörig, sieht Probleme und verliert ein wenig die ANgst und womöglich bestehende Vorurteile vor HIlfe.
justmyself
Beiträge: 13
Registriert: 14. Jan 2009, 16:45

Re: Depressionen oder auch nicht (Frage an Betroffene u. Angehörige)

Beitrag von justmyself »

Hallo,
ich finde Deine Sicht, dass Du ihre Krankheit nicht einschätzen kannst, sehr gut!!!!!!

Ich denke, dass das niemand hier im Forum kann, selbst wenn hier Theras unter uns sind. Das geht einfach nicht per Ferndiagnose, nur weil Du etwas über jemanden schreibst.
Was Du schreibst KANN sicher ein Zeichen für eine Depression sein, kann aber auch alles andere sein und ich denke niemand sollte hier Vermutungen anstellen, das kann nach hinten losgehen!

Ich denke, eine mögliche Lösung ist (war es bei mir), ganz niederschwellig anzufangen. Z.B. mit einem anonymen Forum. Ich habe daraufhin mit jemandem intensiv im ICQ geschrieben, das war leichter als reden, zumal ich diese Person damals noch nicht wirklich kannte. So entwickelte sich das immer weiter, bis ich mich Menschen anvertraut habe, wie es mir geht und mich letztlich jemand zu einem Klinikaufenthalt überredet hat. Erst dann kamen Diagnosen etc. Was ich damit sagen will: Such nicht nach einer Diagnose, die Dir hier KEINER geben kann, sondern hilf ihr sich ganz langsam zu öffnen. Das kann Jahre dauern. Über den Austausch wird sie VIELLEICHT hellhörig, sieht Probleme und verliert ein wenig die ANgst und womöglich bestehende Vorurteile vor HIlfe.
Betti2503
Beiträge: 3
Registriert: 22. Jan 2009, 16:43

Re: Depressionen oder auch nicht (Frage an Betroffene u. Angehörige)

Beitrag von Betti2503 »

Hi, ich finde deine Reaktion auch gut. ES hilft nicht, jemanden zu einer Therapie zu schicken. Deine Freundin muss selbst auf die Idee kommen. Vielleicht weiss sie ja auch, dass was nicht stimmt, will es aber nich wahr haben. Für viele Leute (vor allem auf dem Land) ist es nach wie vor ein Grund, sich zu schämen, wenn man depressiv ist. Damit muss sie erst mal klar kommen, dass eine Depression jeden treffen kann, und dass es kein Grund ist, sich zu schämen, oder sich für verrückt zu halten.Liebe Grüße Betti
Stone
Beiträge: 10
Registriert: 22. Jan 2009, 18:18

Re: Depressionen oder auch nicht (Frage an Betroffene u. Angehörige)

Beitrag von Stone »

Danke für die Antworten ,

ich habe mich ca. 4 Wochen hier im Forum und anderweitig informiert, u. a. das Buch Schattendasein gelesen. Aber die Unsicherheit bleibt eben und man möchte dem anderen, gerade weil man den Menschen sehr schätzt und respektiert nicht weh tun oder mit falschen Vermutungen verletzen. Zudem kann gerade ich, da ich eher etwas härter gesotten bin, gewisse Dinge nicht so verstehen wie sensiblere Menschen. Da ist es schon wichtiger zu beobachten und andere Menschen urteilen zu lassen, die gewisse Dinge besser beurteilen und besser mitfühlen können als ich. Außerdem ist mir diese Welt etwas verschlossen, da ich ein sehr rationaler stabiler Mensch bin. Nur komme ich hier weder mit meinem rationalen Verhalten noch mit Logik weiter – das hat mir schon das Buch klar gemacht. Therapieren kann ich Sie nicht – das ist klar. Aber das ich Sie nicht mal unterstützen kann, weil Sie mich immer wieder auf Distanz bringt – das keine Einsicht für gewisse Dinge vorhanden ist – das Sie mich großartig findet und am nächsten Tag bin ich ihr ein Graus – mit diesen Dingen muss ich erst noch umgehen lernen. Im Moment ist erst mal wieder Funkstille. Vermutlich habe ich zuviel gewollt. Aber Sie hat sich ein Hintertörchen offen gelassen – das spürte man.

Ich für meinen Teil habe beschlossen am Ball zu bleiben, für Sie da zu sein, auch wenn Sie im Moment mal keinen Kontakt will. Ich glaubte manchmal zu spüren das Sie will aber nicht kann. Ich weis nicht ob Sie das jemals versteht was ich tue, bzw. falls es ihr mal besser geht ,begreifen wird, was vorgegangen ist. Ich hoffe nur, dass ich den richtigen Weg finde mit ihr umzugehen ohne das ich eine Belastung für Sie bin und sie trotzdem in ihrem Weg unterstützen kann. Aufgeben kann jeder. Manche müssen es um selbst zu überleben – verständlich . Für mich ist der Zeitpunkt aufzugeben noch nicht gekommen und ich hoffe, das meine Gefühle für Sie lange noch genug durchhalten.

Gruß und Danke
Stone
1summer
Beiträge: 30
Registriert: 16. Dez 2008, 13:22

Re: Depressionen oder auch nicht (Frage an Betroffene u. Angehörige)

Beitrag von 1summer »

Hallo Stone,

unbedingt am Ball bleiben. Ich weiß, vieles ist schwer zu verstehen und man kann einges
nicht nachvollziehen. Ich bin auch ein rational und logisch denkender Mensch und mir fällt auch nicht
alles sehr leicht zu verstehen, weil eben doch vieles auf der emotionalen Schiene läuft.
Also unbedingt am Ball bleiben und zeigen das Du für Sie da bist. Sie merkt das. Sie kann es leider
nicht immer zeigen (So geht es meiner Freundin).

Grüße

Summer
chrissy1261
Beiträge: 4
Registriert: 29. Jan 2009, 00:14

Re: Depressionen oder auch nicht (Frage an Betroffene u. Angehörige)

Beitrag von chrissy1261 »

Hallo,
hast Du mich beschrieben? Könnte leicht möglich sein. Finde mich in deiner Beschreibung exakt wieder. Ich bin seit meiner Kindheit so. Einerseits auf der Suche nach Verständnis, Wärme, Geborgenheit und Liebe, bin aber selbst offensichtlich dazu nicht in der Lage all dies wieder zurück zu geben und Kompensiere es dann durch meine Arbeit, durch gutes Kochen (Liebe geht ja durch den Magen) und vieles mehr. Ob ich dieses Verhalten mal los werde????? wer weiß! Auf jeden Fall bin ich jetzt in Therapie und war vorher in einer Klinik, sehr lange (3 Monate) und werde derzeit medikamentös eingestellt. Mein Mann sagte mir unlängst, dass ich jetzt "auftaue" ich ließ es mir beschreiben, wie er es meinte und er sagte: "... jetzt hat man endlich das Gefühl, dass du zuhören und mitempfinden kannst und auch ruhiger geworden bist, vorher warst du immer gleich auf 180 und sehr impulsiv...! Nun, ich weiß nicht, ob es dir weiter hilft, aber ich glaube schon, dass ein Mensch mit Depressionen wie hinter einer gläsernen Wand lebt und diese eigentlich Weg haben möchte. Ich möchte wieder lachen und alle Gefühle ehrlich zeigen können, doch da ist in mir noch Restkälte... wie im Märchen mit Gerti... (Die Eiskönigin), wo das Herz erforen ist.

Lieben Gruß von jemanden, der sich gut mit deiner Beschreibung identifizieren kann.
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