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Neuvorstellung

Verfasst: 6. Aug 2008, 23:07
von klamari
Hallo an alle hier

Bin seit zwei Jahren mit Depression und Konsequenzen beschäftigt. War mal schlechter, mal besser, zweimal Klinikaufenthalt, zwischendurch wieder in neuem Job "funktioniert", seit März nach neuem "Zusammenbruch" krankgeschrieben, nach 2 Monaten Klinik als "arbeitsfähig" entlassen worden, seither weiter AU da Hausarzt mit mir übereinstimmt, im jetzigen Zustand kann ich nicht als Arzt arbeiten.
Nehme brav meine Medikamente (Trevilor), sinniere nach PT in der Klinik über Lebensveränderungen nach, suche ambulante PT (bin im ländlichen Raum) und fühle mich weiterhin krank.
Symptome: (ohne Reihenfolge der Wichtigkeit...)
- Zu viel Internet
- innere Unruhe
- keine Gefühle mehr da
- kein Appetit
- Schlafprobleme
- Vereinsamung (Gejammer will niemand mehr hören) und Ratlosigkeit, denn ich kann nicht den Kasper spielen um soziale Kontakte aufrechtzuerhalten
- Entscheidungsunfähig
- zu viel Bier
- Antriebslos
- Unfähig einfachste Dinge wie Zähneputzen oder Behördenkram zu erledigen
- Zunehmende Verzweiflung aus all dem nicht mehr rauszukommen
Könnt sicher noch mehr aufführen, will mich aber ja mal nur kurz vorstellen.
Mach mir auch Sorgen um finanzielles, bin arbeitslos (wg. Krankheit in Probezeit entlassen), hab 2 Kinder, lebe getrennt, alle wollen und sollen auch Unterhalt kriegen, muss aber selber auch noch leben, bin auf dem absteigendem Ast und kriegs nicht hin wieder zu funktionieren...

Grüsse

martin

Re: Neuvorstellung

Verfasst: 7. Aug 2008, 16:52
von SisterGoldenHair
Hallo Martin,

ich bin ja hier nicht die Schreiblustigste, lese auch relativ selten, aber ich möchte Dir wenigstens mal HALLO sagen.

Sicher bin ich nicht die Einzige, die weiß wie es ist, wenn man sich endlich mal aufrafft zu schreiben... und wie sehr man dann doch auch auf eine Antwort wartet...

Ich bin sicher auch nicht die Einzige, die all das sehr gut kennt, was Du von Dir beschreibst. ABER ich weiß Dir keine Hilfe für den Moment - nur, Dir zu sagen, daß Du mit diesen Dingen nicht alleine bist.

Im Grunde hast Du ja auch schon alles soweit in die Wege geleitet. Auf jeden Fall ist es wichtig, nicht gänzlich die Hoffnung zu verlieren. Mein Rettungsanker in den letzten Jahren sind meine Pferde, sie brauchen mich und für sie stehe ich jeden Tag auf, obwohl ich momentan immer sehr spät aufstehe im Vergleich zu früher, aber ich tus noch.
Will sagen, wenn man noch eine Aufgabe hat, sackt man vielleicht nicht ganz so tief.
Allerdings hätte ich mir vor Jahren nicht träumen lassen was Depression alles bewirken kann....

Es gibt hier viele, die Dir nachfühlen können wie es Dir geht, und vielleicht hat sich noch keiner gemeldet, weil man dazu im Prinzip nicht viel sagen kann, weil es einfach verdammt schwer ist, aus dem Loch wieder raus zu kommen.

Jedenfalls ist frühzeitige kompetente Behandlung und ärztliche/therapeutische Begleitung wichtig.

Bei mir hätte m. E. früher interveniert werden müssen, und wenn es einem erst mal so richtig schlecht geht, kommt man irgendwie nicht mehr so richtig auf die Beine.

Ich denke, es ist für Dich schon mal ein guter Ansatz, daß Du Dir Hilfe geholt hast - alles Weitere wird sich finden. Aber Du wirst nicht umhin kommen, Behördenkram etc. zu regeln, denn das dient schlichtweg dazu, Dir das Überleben zu sichern.

Ich wünsche Dir die Kraft und den Mut wieder voran zu kommen, auch wenn es vielleicht nur in kleinen Schritten geht erstmal.

Liebe Grüße
Ulli

Re: Neuvorstellung

Verfasst: 8. Aug 2008, 11:51
von klamari
Hallo Ulli

Erstmal Danke für die Antwort, in der Tat freut man sich wenn jemand reagiert, auch wenn es ja gar keine Frage meinerseits war....
Habe ein bisschen im Forum rumgelesen und bin erschrocken wie viele hier doch recht lange Zeit mit Problemen der Depri kämpfen, meine grösste Angst ist ja auch da nicht mehr rauszukommen. Schon nach dem ersten mal vor zwei Jahren war ich froh wieder halbwegs zu funktionieren, aber der Mensch der ich früher war bin ich nicht mehr geworden, und jetzt wieder tief im Loch....
Immerhin ist das Forum schon mal positiv da man sieht man ist nicht alleine mit sienem ganzen Sche**, besser hier von Betroffenen zu lesen als die "netten" Ratschläge aus dem persönlichem Umfeld, von wegen "mach doch einfach Urlaub" oder "reiss dich halt zusammen".
"Den" Tip und "die" Antwort zur Lösung meiner Situation gibt es leider nicht, soviel habe ich schon begriffen, aber sich mit anderen austauschen hilft. So war das auch während der zwei Monate in stationärer Therapie, habe mich dort relativ gut gefühlt, aber jetzt wieder im "richtigen" Leben fällt alles wieder schwer, das Selbstwertgefühl ist weg, ich trau mir nix mehr zu usw....
Habe übrigens auch mal im Bliesgau gewohnt

Grüsse

martin

Re: Neuvorstellung

Verfasst: 8. Aug 2008, 17:59
von SisterGoldenHair
aaaach näää !?
Im BLIESGAU !?
(wo sieht man denn, daß ich im Bliesgau wohne?)
*runzeldiestirn*

ja, es gibt seit ein paar Jahren vom STERN so ein Gesundheitssonderheft, und da gabs mal eins mit dem Titelthema *Depression* - das lag dann "selbstredend" über 1 Jahr ungelesen bei mir rum - und als das Wort Depression denn doch immer öfters mal fiel, dachte ich, vielleicht sollt ich jetzt doch mal nachgucken... da steht auch viel drin für Angehörige, Freunde usw. - wie geht man mit depressiven Menschen um - und da steht u. a. auch ganz klar - ein Depressiver braucht nicht solche Sprüche wie "Du mußt nur mal Urlaub machen" oder "reiß Dich mal zusammen" - ein Depressiver braucht kompetente ärztliche Hilfe... (!)

Es ist nicht so, daß ich keine ärztliche Hilfe hatte - oder sagen wir mal so - ich stehe wegen immer denselben Probs schon über 10 Jahre regelmäßig bei Ärzten auf der Matte...
Aber mein langjähriger Hausarzt (den Du dann wahrscheinlich auch kennst...) hat irgendwann auch keinen Bock mehr gehabt mit immer derselben Leier - und er hat eigentlich die psych. Probs eher verhalten angehen wollen - weil ich dann gleich in einer Schublade bin, und da käm ich dann nicht mehr raus... :o(
jetzt bin ich aber auch in der Schublade, und es macht mir auch gar nichts aus, da drin zu sein - das einzige was mich stört, ist, daß ich schon viele Jahre krank bin, und dabei noch voll funktionsfähig sein soll.... ging ja auch lange gut, so arbeitstechnisch... nur gings mir dabei miserabel - und jetzt hätten natürlich (fast) alle gerne, daß ich die nächsten Jahre bis mind. 60 auch noch so funktioniere - geht aber leider nicht... und dafür kämpfe ich jetzt, daß das gewisse Stellen evt. auch mal einsehen... na ja... ich habe hier ja das ein oder andere schon publiziert, was so passiert ist in den letzten Jahren, kannst ja mal nachsehen, wenn es Dich interessiert... ich wiederhole mich nicht so gerne. Und bei alledem gehts ja auch mal darum, daß es DIR wieder besser geht... Du hattest keine Frage? ;o) OK.

Hier sind jedenfalls Menschen, die verstehen, wovon Du sprichst. Ich habe hier im Forum eine gute Seele gefunden - ohne sie wäre ich wahrscheinlich bis heute noch nicht in der Uni gewesen...............

Wenn Du selber Arzt bist, weiß Du ja was zu tun ist... (?) Ich hatte einen Mitpatienten, der auch Arzt war, und der sagte kürzlich noch zu mir, viele verstehen auch nichts von Physik - wenn der Akku mal ganz leer ist, ist er nicht mehr zu reparieren...

Ich hätte auch nicht gedacht, daß ich mal so down sein könnte, daß mein Körper ehemals einfachste Funktionen versagt... aber dennoch denke ich immer - die Hoffnung stirbt zuletzt!

so, ich muß los, mich um meine Pferde kümmern... heute gibts leider viel Regen im Bliesgau... nichts für Depressive...

LG
Ulli

Re: Neuvorstellung

Verfasst: 8. Aug 2008, 23:29
von 3241
Hallo Klamari,

auch von mir (zwar 2 Tage später, aber ich lese nicht täglich im KND) ein herzliches Willkommen im Forum.

Ja, Du hast schon richtig erkannt, hier gibt es viele mit sehr ähnlichen oder sogar gleichen Erfahrungen.

Es ist ein Sch...gefühl wenn man merkt, dass man in der Abwärtsspirale gefangen ist und nicht die Kraft hat da wieder rauszukommen.

Aber es gibt immer Hoffnung und irgendwann sieht man dann auch mal wieder, dass die Sonne scheint.
Ich weiß, alles nur bla, bla, bla.
Aber leider gibt es nicht viel mehr.

Ich hoffe, Du läßt Dich weiterhin fachlich gut betreuen (das bist Du doch, oder ?).

Wie Ulli geschrieben hilft hierbei vielleicht auch eine Aufgabe oder irgendetwas, was Dir wichtig ist.

Auf jeden Fall viel viel Kraft und Geduld.

Niniel.

Re: Neuvorstellung

Verfasst: 9. Aug 2008, 10:32
von Heidi1972
Hallo Martin,

auch von mir ein herzliches Willkommen und prima, dass Du Dich aufgerafft hast, Dir den Frust von der Seele zu schreiben.

Bemerkenswert finde ich, dass ein Arzt (also Du...) tatsächlich Medikamente nimmt. Ich kenne nur Ärzte, die sich niemals an das halten würden, was sie ihren Patienten empfehlen

Wie meine Vorschreiber schon geschrieben haben, Du bist nicht alleine, prima dass Du schon Schritte eingeleitet hast.

Das mit der PT ist echt sch... in ländlichen Gebieten. Da hilft nur eins: dran bleiben. Trotz Wartelisten hat mir mal ein Therapeut gesagt, ich solle regelmäßig (jeden Monat) anrufen, damit er weiss dass ich noch suche und vielleicht ist ja gerade jemand von der Warteliste abgesprungen.
Und bei vielen Therapeuten anrufen und "einschreiben" da sich in den probatorischen Sitzungen erst herausstellt, ob ihr einen "Draht" zueinander habt. Wenn Du Dich nur auf einen Therapeuten "versteifst" kann es unter Umständen wirklich lange dauern, bis Du unter kommst. Ich hatte jetzt glück und hab mehrere abtelefoniert (habe bei der Kassenärztlichen Vereinigung Adressen heraus gesucht) und bin an einen "neuen" PT geraten und hatte gestern schon meine 2. Sitzung.

Ich wünsche Dir alles Gute
Viele Grüße ebenfalls vom Lande
Heidi.

Re: Neuvorstellung

Verfasst: 11. Aug 2008, 10:44
von Kräuterhexe
Hallo klamari,

ich habe lange nicht mehr hier gelesen, bin heute mal wieder hier und möchte dir auch ein wenig Mut machen!
Ich hatte in den Jahren 2001 -2005 mehrere Klinikaufenthalte und hatte auch schon einen Antrag auf Berentung gestellt. Damals hatte ich wirklich gedacht, es wird nie wieder was mit dem Thema Berufstätigkeit.
INzwischen kann ich aber wieder arbeiten, bin in einer Apotheke beschäftigt.. zwar in Teilzeit, aber das hätte ich vor einigen Jahren nicht für möglich gehalten!!
Also, lass dir Zeit und gib nicht auf, es gibt viele Beispiele, dass auch wieder bessere Zeiten kommen!

Liebe Grüße aus einem eher städtischen Umfeld!

Re: Neuvorstellung

Verfasst: 11. Aug 2008, 17:26
von klamari
Erstmal Danke für alle Antworten

Hätte ja auch schreiben können für alle Antworterinnen....
Seltsam find ich`s schon dass Frauen eher auf Psychoprobleme reagieren als all die lebensgestählten Männer, obwohl die doch Dank erfolgreichem Job, Karriere, evtl. Familie und Kinder am besten wüssten müssten wo der Bartel den Most holt.
Erlebe leider nur Ablehnung oder eben "Jetzt hat er eben Pech und sich nicht mehr im Griff", sich mal fallen lassen und sich mal im eigenem Leben umzusehen ist nicht angesagt in dieser erfolgsdominierten Welt. Auch bei den Medizinern nicht, dort ist der Karrieredruck eher noch mehr ausgeprägt, da wird ab und an mal gestreikt für mehr Honorar, nicht für besssere Arbeitsbedingungen, nicht für eine bessere Versorgung der Patienten. Gerade die Psychiatrie versäumt es ihre unrühmliche Vergangenheit aufzuarbeiten und sich dem Auftrag zu stellen Menschen in psychischer Not zu helfen.
Statistiken beherrschen den Alltag, "wir entlassen 95% unserer PatientInnen als arbeitsfähig", d.h. wir sorgen dafür dass der Betrieb weitergeht.
Manchmal find ich alles zum Kotzen und möchte nur noch raus aus dieser Tretmühle, möchte mich auch bei all den PatientInnen entschuldigen denen ich in meiner Ausbildung ebenso arrogant und nichtverstehend gegenübergetreten bin.....
Nichts ist schlimmer als ein kranker Arzt als Patient.

Grüsse

martin

Re: Neuvorstellung

Verfasst: 11. Aug 2008, 17:40
von BeAk
Lieber Martin,

ist es nicht so, das den Patienten nichts lieber ist, als arbeitsfähig entlassen zu werden?
Wer arbeitsfähig ist, kann für sich selber sorgen. Er ist in der Lage, es sich gut gehn zu lassen, in jeder Hinsicht. Er ist das Gegenteil von krank, nämlich relativ gesund.

Allerdings bin ich auch der Meinung, das Ärzte für bessere Arbeitsbedingungen streiken sollten und nicht für mehr Gehalt.
Das käme ihrer eigen Gesundheit und der ihrer Patienten zu gute.

Lieber Martin, ist die Zeit der Ausbildung nicht zum Lernen da? Auch was den Umgang mit Patienten angeht?
Lieber Martin gönne es Dir, Fehler gemacht zu haben, weil Du daraus gelernt hast.

Re: Neuvorstellung

Verfasst: 11. Aug 2008, 21:33
von SisterGoldenHair
... also, ich wollte NICHT arbeitsfähig entlassen werden... weil ich nicht wirklich arbeitsfähig war... in der Uni wurde ich nach fast einem halben Jahr übrigens UNfähig entlassen...

Nicht so viele Zweifel an Dir, Martin, bittteee!

Ich hatte einen Mitpatienten, der auch Arzt ist bzw. war - ein ganz besonderer Mensch. Er muß auch ein sehr guter Arzt gewesen sein, und er wurde von seiner Arbeitsstelle weggemobbt und dies auf übelste Art und Weise - er war zu engagiert, das war einigen ein Dorn im Auge...

Ich habe es immer bewundert - ein Stichwort - und schon kam das ganze Repertoire von A-Z.

Leider ist er nicht mehr in der Lage zu praktizieren. das finde ich sehr schade, weil er ein sehr intelligenter, dazu sehr empathischer Mensch ist, und vor allem - fachlich top.

Aber Du solltest jetzt nicht so einfach die Segel streichen. Nur ist es in der heutigen Zeit möglicherweise schwierig alles unter einen Hut zu bringen als Arzt - zu wenig Zeit, zu viele Reglements, dazu gehts ja auch noch um Kohle usw usw.

Vielleicht fände sich noch etwas anderes, was Du schon immer gerne gemacht hättest? und wenn Du Arzt sein willst - dann kämpf dafür - es lohnt sich bestimmt.

so, muß los... an den Kühlschrank...

Bleib tapfer!
Was ich gerne mal wissen möchte - wo hast Du denn gewohnt im Bliesgau? war es evt. in Mandelbachtal?

LG
Ulli