Seite 1 von 1

Reha abgebrochen - ratlos

Verfasst: 28. Mai 2008, 19:35
von sapsine
Hallo zusammen,

ich brauche mal euren Rat.
Vor einiger Zeit hab ich auf Anraten meiner Krankenkasse (wollen raus aus der Zahlungspflicht, was sonst) eine Reha beantragt. Meine Ärztin hatte mir zu diesem Zeitpunkt eine stationären oder ambulanten Aufenthalt ans Herz gelegt. Nun gut, nun sollte es dann halt die Reha sein.

Die Reha wurde genehmigt und mir wurde mitgeteilt, dass die Klinik rund 600km weit vom Wohnort weg ist. Das hat mich nicht gerade erfreut, aber ich habe keinen Widerspruch eingelegt, weil ich nicht aufmüpfig sein wollte. Und um meine Vorbehalte gegen einen stationären Aufenthalt nicht zu bekräftigen, hab ich es auch unterlassen, Erkundigungen via Web über die Klinik einzuholen.

Gestern war Aufnahmetag. Mein Partner hat sich den Tag frei genommen, um mich samt Koffer quer durch Deutschland zu karren. Die Dame bei der Aufnahme und die Schwestern waren alle sehr nett, allerdings empfand ich die Patienten, die mir begegneten, als befremdlich und 'seltsam'. Ich bin vor rund 10 Jahren in einer Psychosomatischen Klinik gewesen und hatte andere Erfahrungen gemacht. Mir ging nach und nach auf, dass mir anscheinend hauptsächlich Patienten aus dem Bereich 'Suchtbehandlung' begegneten.

Eine Mitpatienten zeigt mir das Zimmer und erzählte ein bisschen von ihren Erfahrungen mit der Klinik. Dabei klang recht deutlich durch, dass sie nicht sehr glücklich dort war und sich nicht vorstellen konnte, noch einmal dorthin zu fahren. Sie war zuvor bereits in 3 anderen Kliniken gewesen.
Mit einem anderen Patienten hab ich ebenfalls, wenn auch nur kurz, gesprochen. In diesem Gespräch erzählte er allerdings leider nichts von sich.

Mein Partner und ich wollten uns in Ruhe verabschieden und sprachen dabei über unsere Eindrücke. Ich war froh, dass nicht nur ich mich unwohl fühlte. Er war trotzdem dafür, dass ich in der Klinik bleibe und es probiere, aber ich habe mich nach einiger Überlegung dazu entschieden, dies keinesfalls zu versuchen. Ich fühlte mich ausgesprochen schlecht und hatte Angst, nach einigen Tagen allein dort vor Ort Probleme zu haben, meine Abreise evtl. nicht geregelt zu bekommen. Ansonsten hätte ich gesagt, ich bleibe ein paar Tage und schau mir das hier an, aber das schien mir in diesem Fall keine Lösung zu sein.

Ich sprach mit den Schwestern und mit dem diensthabenden Arzt (es war bereits Abend), der sich meine Gründe anhörte, sehr verständnisvoll und mitfühlend war. Letztendlich hat er Recht mit der Bemerkung 'Ich wäre sehr sensibel'. Richtig, deswegen konnte ich mir nicht vorstellen, mich auch nur annähernd in dieser Atmosphäre zu erholen.

Mitten in der Nacht waren wir wieder daheim. Ich muss zugeben, dass ich immer wieder gezweifelt habe, ob die Entscheidung richtig war. Aber ich war mir weiterhin sicher, dass ich dort nicht zur Ruhe gekommen wäre. Die Gründe möchte ich bzgl. der Mitpatienten lieber nicht weiter ausführen.

Die Recherche über die Klinik wurde heute nachgeholt und das, was ich fand, bestärkte meine eigenen Eindrücke und seitdem bin ich wütend, dorthin geschickt worden zu sein. Wenn ihr mögt, lest mal diese Beurteilungen.
http://www.klinikbewertungen.de/klinik- ... daun-eifel

Ich warte auf eine Rückmeldung meiner Ärztin und bin sehr gespannt, was sie sagen wird. Als ich anfangs die Reha nicht antreten und stattdessen einfach wieder arbeiten gehen wollte, war sie so sehr dagegen, dass sie sagte, sie müsse dann meine weitere Betreuung abgeben, da sie nicht verantworten könne, das ich in diesem gesundheitlichen Zustand arbeite. Ich hab nun Sorge, dass das auch jetzt gelten könne. Da sie sehr überlastet ist, bekomme ich kurzfristig leider keinen Termin und warte auf eine Rückmeldung einer Mail, ob ich einen Kollegen aufsuchen soll...

Mich interessiert eure Meinung dazu. Mir ist bewusst, dass es strategisch günstiger gewesen wäre, in der Klinik einige Tage auszuhalten. Aber ich mich dort selbst in Begleitung schon sehr unwohl gefühlt, um nicht zu sagen, dass mir einige der Patienten Angst bereitet haben. Außerdem ist die Sorge, dort allein die Abreise zu organisieren (das Kaff ist schlecht erreichbar, 3*täglich geht ein Zug, bis zu meinem Wohnort 9h Fahrt und 3* Umsteigen), sicher bei meiner derzeitigen Stimmungslage nicht unbegründet.

Was hättet ihr gemacht? Und was würdet ihr mir jetzt empfehlen? Ich hänge ein wenig in der Luft. Würde gern weiterhin zu meiner Ärztin gehen, aber weiß nicht, ob sie für mich dasein wird. Und warte diesbezüglich ungeduldig auf eine Rückmeldung von ihr. Einen neuen Arzt möchte ich natürlich möglichst nicht aufsuchen, aber möglicherweise bleibt mir keine andere Wahl. Ich hab keine Ahnung, ob ich jetzt irgendjemanden informieren muss. Würde ungern mit der Kasse oder dem Rententräger sprechen, ohne Rücksprache mit einem Arzt gehalten zu haben.

Entschuldigt für den langen Text. Hoffe, er ist zumindest verständlich.

Viele Grüße, Sabine

Re: Reha abgebrochen - ratlos

Verfasst: 28. Mai 2008, 23:44
von schari07
Hallo Sabine!

Ich bin einer dieser Personen, die den Erfahrungsbericht über die Klinik in Daun geschrieben hatt. Erstmal hast Du richtig gehandelt,denn sehr viele die ich dort kennenlernte waren auch sehr unzufrieden.Die Kosten der Leistungsträger sind dort nach meiner Meinung nicht gerechtfertigt. Ich könnte noch mehr schreiben, aber das bringt nichts, da wir Betroffene nach vorne schauen müssen, daher erkundige Dich auf jeden Fall
nach einer guten psychosomatischen Klinik. Das kann man auch mit der Krankenkasse oder dem Rententräger tun. Mittlerweise bin ich auch schlauer geworden!
Lg schari

Re: Reha abgebrochen - ratlos

Verfasst: 29. Mai 2008, 07:10
von DepriXX
Hallo Sabine
oft ist auch zuerst ein Klinikaufenthalt/Tagesklinik und dann eine Reha nötig.

Eine Reha ist mehr zur Erholung und ein Klinikaufenthalt dient eher zur Gesundung ...

Re: Reha abgebrochen - ratlos

Verfasst: 29. Mai 2008, 10:16
von Regenwolke
Hallo Sabine,

ich hab mir gerade mal die Klinikbewertungen angeguckt - das klingt zum Abgewöhnen...

Von der Klinik habe ich in einem anderen Zusammenhang gehört (sie bieten angehenden Psychotherapeuten eine bezahlte Ausbildung), daher weiß ich, daß es nur eine kleine psychosomatische Abteilung gibt und die Klinik sich im wesentlichen auf Sucht spezialisiert hat. Ich kann gut verstehen, daß du dich da nicht gut aufgehoben gefühlt hast.

Zu deiner Ärztin würde ich auf jeden Fall nochmal gehen, wenn sie kein Verständnis zeigt, mußt du dir dann leider jemand anders suchen, aber vielleicht kann sie deine Reaktion ja auch nachvollziehen. Eine Einweisung in eine Tagesklinik oder eine psychosomatische Klinik/Abteilung mit Krankenhausstatus (also keine Reha!) wäre vielleicht eine Alternative.
Davon abgesehen würde ich mich sobald wie möglich mit der Krankenkasse in Verbindung setzen und die Gründe dafür, daß du sofort wieder abgereist bist, darlegen.

Alles Gute,
Wolke

Re: Reha abgebrochen - ratlos

Verfasst: 29. Mai 2008, 10:25
von Yogi66
Hallo Sabine,
ich hätte die REHA durchgezogen und meine eigenen Erfahrungen daraus gezogen.
Bei einer REHA-Abrechnung stellt sich immer die Frage, ob Du überhaupt Gesund werden möchtest???
Auch möchten die von der Reha auch sich ein Urteil bilden, was an die Rentenversicherung zu Deinem weiteren Verlauf abgerufen wird. Diese Chance hast Du Dir verbaut. Was für Dich sicher zum Nachteil ausgelegt wird.
Yogi.

Re: Reha abgebrochen - ratlos

Verfasst: 29. Mai 2008, 11:54
von sapsine
Hallo zusammen,

danke zunächst einmal für eure Antworten.

@Schari
Danke für deinen Zuspruch und natürlich auch für die Klinikbeurteilung. Ich kenne eine gute Klinik hier in der Nähe und hoffe, dass ich die Möglichkeit bekomme, dort einige Wochen zu verbringen (keine Reha). Wie Krankenkasse und Rententräger darauf reagieren, weiß ich halt noch nicht, aber ich hab den Kontakt bereits gesucht.

@DepriXX
Danke auch an dich. Der Hintergrund zum Reha-Aufenthalt fehlte mir leider bislang. Ich werd es jetzt auf jeden Fall mit einer Klinik 'probieren' (s.o.).

@Wolke
Ich glaube auch weiterhin, dass die Entscheidung richtig war, auch wenn sie eine Menge Ärger nach sich zieht (was voraussehbar war). Danke für dein Verständnis. Das ist ganz wichtig in so einer Situation und tut einfach gut, wenn man sich eh grad von Gott und der Welt unverstanden fühlt.
Wie bei den anderen schon geschrieben, probiere ich es jetzt mit einer Aufnahme in eine Nicht-Reha-Klinik hier im Umkreis stationär oder ambulant. Keine Ahnung, was die Kasse sagen wird oder der Rententräger, aber was soll noch passieren? Es muss schließlich weitergehen.

@Yogi
Ich weiß, wie der Abbruch gedeutet werden kann und vermutlich auch gedeutet wird. Das war mir zum Zeitpunkt der Entscheidung bewusst und ich stehe weiterhin zu der Entscheidung, weil ich mich gut genug kenne um sicher zu sein, das Umfeld hätte mir keineswegs gut getan.
Und ICH weiß, dass ich gesund werden will, was für mich soviel heißt wie das ich raus will aus der Depression. Das ist für mich erstmal das Wichtigste, muss ich sagen, da es mir die nötige Kraft gibt, das hier zu überstehen und für meine Rechte zu kämpfen. Und ich sehe es als mein bedingtes Recht an, eine Klinik unter diesen Umständen abzulehnen.

Vielen Dank an alle, Sabine

Re: Reha abgebrochen - ratlos

Verfasst: 29. Mai 2008, 21:26
von anci1970
Also ich hatte den Eindruck, dass Sabine zunächst einmal in dieser Klinik völlig falsch aufgehoben gewesen wäre!

@ Sabine: Ich finde es toll, dass Du in diesem Moment für Dich gesorgt hast und Deine Grenzen wahrgenommen und eingehalten hast. Für mich bist Du sehr mutig!

Ich denke, Du bist möglicherweise noch gar nicht rehafähig. Vielleicht solltest Du erst einmal stabiler werden, also zunächst in eine Klinik oder Tagesklinik gehen.

In einer Reha ist ja das Ziel, Dich wieder arbeitsfähig zu machen. Aber dazu brauchst Du viel Kraft! Und wenn Dich eine solch umständliche Zugfahrt schon beim Gedanken daran aus der Bahn wirft, dann bist Du offenbar noch zu wenig belastbar für diesen Kraftakt und zu krank.

Bei mir war es übrigens so, dass ich sozusagen kranker aus der Reha heraus kam, als ich es zu Beginn war...

Ich bin arbeitsfähig (aber arbeitslos) da hin gekommen und während der Zeit dort kam sooo viel an Erinnerungen hoch, dass ich arbeitsunfähig mit der Empfehlung zur Tagesklinik entlassen wurde.

Gebracht hat es mir trotzdem sehr viel, ich habe mich da gut aufgehoben gefühlt. Ich war in Bad Bodenteich in der Seepark Klinik.

Erkläre am besten möglichst schnell dem Kostenträger Deine Handlungsweise - vielleicht kann der Mann an Deiner Seite mitkommen.

Wünsche Dir viel Kraft für Deinen Weg!

LG Bianca