Gedanken zur Philosophie des Forums

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steppenwolf1

Gedanken zur Philosophie des Forums

Beitrag von steppenwolf1 »

Hallo Forengemeinde,

Ich möchte mit dem Thread keine Grundsatzdiskussion vom Zaun brechen und einen “Endlos-Thread” erzeugen. Ich habe schon früher Kritikpunkte der Mods gelesen und finde es bisweilen schwer, die Wünsche und Vorstellungen der Betreiber des Forums umzusetzen.

Es wird ja eine bestimmte Philosophie verfolgt, mit bestimmten Grundsätzen wie
- kein Krisenmanagement
- keine Lebensgeschichten
- kein Lamentieren
- keine Hilfeschreie
- kein Mitleid erzeugen
- keine gesellschaftspolitischen Diskussionen
- keine Beleidigungen oder Beschimpfungen

Wem noch was einfällt ?

Nun, für mich stellt sich persönlich die Frage, wie ich den Drahtseilakt zw. depressiver gefühlsbetonten Phase - damit meine ich v.a. Aggression oder Lamentieren und rein sachlicher Information und Fragestellung hinbekomme ohne den Unmut anderer auf mich zu ziehen.

Gedankengang dahinter ist einfach, dass man in einem Forum, welches eine sehr grosse Interessengemeinschaft umfasst, und gerade im psych. Bereich, nicht unbedingt eine Begrenzung oder Eindämmung von “Gefühlspostings” erreichen kann. Keine Frage, dass gewisse Grenzen eingehalten werden müssen. Nur finde es schwer, diese Grenze zu definieren oder einzuhalten, bzw. zieht die ja auch jeder anders. Weiterhin ist es bei Gefühlsleere oftmals schwer, nicht kalt wie Stein zu wirken, woran wiederum andere Anstoss finden könnten.

Warum ich dieses Posting verfasse ? Nun, weil es seitens der Moderation des Öfteren Kritikpunkte gab, die vllt. Jemanden im falschen Moment extrem abgestoßen haben könnten oder jmd. Der nach Hilfe gesucht hat, vor den Kopf gestoßen hat. Und weil ich für mich schwer einschätzen kann, wo die Grenze zu ziehen ist oder nicht. Insofern traut man sich teilweise, gewisse Fragen gar nicht zu stellen, weil sie ev. Mit Depris nix zu tun haben sondern mit einer anderen psych. Störung oder Eigenart oder was auch immer. Nur wie bekommt man das als “Laie” heraus ? Man kann doch nur über seine eigene Erlebniswelt berichten und hoffen, dass man keine Grenzen überschreitet oder ? Und wie oft kommt es vor, destruktiv zu schreiben, ohne dass man das will oder sich dessen bewusst ist ? Oder weil man Medis genommen hat und im nächsten Atemzug das ganze gar nicht mehr so schreiben würde ? Damit möchte ich nicht das Verhalten unter Medis oder sonstigen Mitteln verharmlosen. Klar, dass jeder selbst die Verantwortung trägt.

Nur empfinde ich es oft als Drahtseilakt hier zu schreiben. Und das Lamentieren oder Gesellschaftspolitische Themen oder Mitleidspostings oder Aggression nicht erlaubt sind, steht so nicht in der Anleitung, oder ? Wenn doch hab ich es auch überlesen.
Nun meine Frage zielt neben der Infragestellung der Kritik auch darauf, wie ich diesen Drahtseilakt bewältige.

Viele Grüsse, s.wölfin
flocke
Beiträge: 3603
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: Gedanken zur Philosophie des Forums

Beitrag von flocke »

Hallo,

dazu möchte ich sagen wie ich das mittlerweile mache.

im grunde bewältige ich diesen drahtseilakt nicht, sondern gehe ihm seit einiger zeit aus dem weg.

wie einige hier wissen habe ich ja nicht nur depressionen. jedesmal wenn ich in einer depressiven phase stecke (und damit meine ich keine gefühlsschwankungen!) habe ich dennoch das gefühl mir würde hier nur bedingt geglaubt, bzw es wird nicht als depressiv (also "Schlimm"?) ernstgenommen.
allerdings und das will ich gesondert erwähnen schaffe ich es nicht wirklich gut mich dann hier an manche regeln zu halten.

ist so eine phase vorbei bin ich wieder "Gesellschaftsfähig" und gehe auch wieder raus, rufe freunde an usw.

gerade dann aber, wenn es mir wieder besser geht und ich hier ohne weiteres regelkonform schreiben knnte, gehöre ich nach meinem ermessen nicht mehr wirklich hier her, denn dann bin ich nicht depressiv und habe, bis auf die angst vorm nächsten mal die unterschwellig immer mitschwingt, kein problem damit, oder müsste mich großartig austauschen. es ginge auch garnicht, ich habe große probleme damit rein theoretisch damit umzugehen, denn die depressive praxis wenn man so will ist ganz anders...

ob die entscheidung, das forum und möglichst jede form von sozialkontakten nahezu abzubrechen gut ist, ist keine wirklich frage. natürlich ist es nicht gut und wiederspricht allem was einem die experten so sagen. fakt für mich persönlich ist aber dass jede (meine zumindest) depression auch ohne krampfhaftes dagegenansteuern vorbei geht. es dauert länger, ja. es ist anstrengender, frustrierender, macht einsam und die hoffnungslosigkeit wächst aber gerade was dieses forum betrifft (soll kein vorwurf sein) ist es für mich der einfachere weg. ich will mich nicht immer rechtfertigen müssen, denn das ist einfach zu anstrengend und tut weh.
im realen leben wissen meine freunde dass ich mich oft lange nicht melde und sie bleiben mir dennoch "treu", wenn ich mich dann melde, sind sie mir nicht böse. es gibt auch zwei, die wissen was mit mir los ist und auch die akzeptieren es, haben es endlich sein lassen mich dann zwanghaft ständig anzurufen und aus der wohnung locken zu wollen.

Dieser drahtseilakt von dem du schreibst ist manchmal einfach nicht zu meistern, manchmal muss man sich auch eingestehen manche dinge nicht zu können, oder eben zu bestimmten zeiten nicht zu können.

es gibt nur wenige situationen in denen man einsamer ist als in einer depression. ich habe es für mich geschafft in diesen phasen nicht mehr einsam sondern nur allein zu sein. wenn ich meine, zuwendung zu brauchen, erinnere ich mich an meine ehemalige therapeutin und/oder an meine ehemalige betreuerin. das reicht auch.

flocke
Pessimisten sind Optimisten mit Erfahrung
s-ch
Beiträge: 76
Registriert: 6. Jul 2008, 23:44

Re: Gedanken zur Philosophie des Forums

Beitrag von s-ch »

hallo Steppenwölfin,

ich finde den Thread interessant, da auch ich schon wohl grenzüberschreitend gepostet habe und kürzlich einige Postings (sehr zu Recht) und sogar mein Account gelöscht wurden (was ich nicht verstanden habe).

Bei mir ist es so, dass ich in einer akuten Krisensituation gar nicht hier schreiben kann. Schwere SVV-Gedanken oder schlimmeres mache ich alleine mit mir aus. Ich will keine Hilfeschreie, kein Mitleid und hoffe, sowas auch nicht auszustrahlen.

Es ist sicher in vielerlei Hinsicht ein Drahtseilakt und hier sind viele Menschen in unterschiedlichen Phasen ihrer Verarbeitung, viele deutlich auf dem Weg nach vorne. Darüber freue ich mich, doch es ist für mich keine Motivation und ich persönlich kann die üblichen Mutmachsprüche gar nicht vertragen, weil ich so tief im Loch sitze und keinerlei Hoffnung habe. Es möchte sich aber bitte niemand angesprochen fühlen, ich denke an niemand bestimmten, sondern sage es allgemein und keinesfalls möchte ich jemanden bitten, das zu unterlassen. Vielen anderen ist es wertvolle Motivation, nur für mich eben nicht. Ich bemühe mich dann auch, über sowas drüberzulesen und mich nicht getroffen zu fühlen, weil ich ja weiß, es ist gut gemeint.

Den Drahtseilakt bewältigen kann man vermutlich nur schwer. Die offensichtlichen Dinge - die sofort zum Einschreiten führen - vermeiden und ansonsten immer dran denken, dass am anderen Ende des PC's Menschen sitzen, denen es vielleicht auch gerade schlecht geht, die nicht mein eigenes Leid auch noch aufnehmen können oder die sich gar Sorgen machen.

Hallo Flocke, ich freue mich, von Dir zu lesen und Du bist mit Deinen Beiträgen hier immer willkommen, auch und gerade wenn es Dir etwas besser geht.

Du hast Dir einen Rhythmus außerhalb der Krise geschaffen und ich wünsche mir, dass Du auch in der Krise Ansprechpartner hast, die Du auch kontaktieren kannst und wirst.

Ich selbst habe auch kaum Sozialkontakte, gar keine außerhalb des Jobs. Das war und ist meine eigene Entscheidung, um überhaupt überleben zu können.

Du hast mir da mit Deinen Freunden im realen Leben vieles voraus und ich kann Dich nicht mal beneiden, weil ich es aus reinem Selbstschutz nicht kann, nicht darf und nicht will.

Viele Grüße, S.
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