Diskussionsforum Depression

Hallo Forumsmitglieder,
es fällt mir jetzt schwer über dieses Problem zu Schreiben. Deswegen habt Nachsicht
oder hinterfragt, wenn etwas noch zu undeutlich ist.

Bei uns im Haus wohnt ein Mieter.
21 Jahre, mit abgebrochene Germanistikstudium. Er wohnt Allein.

Nun machen sich Depressionen bemerkbar.

Wie zum Beispiel in lautes Türen knallen,
Ganz lautes Schreien. Wie zum Beispiel: Warum ich, Ich bringe mich um und anderes was man nicht so versteht.
Jedenfalls haben wir im Haus Ihn auch schon Hilfe angeboten. Ich habe Ihn schon Telefonnummern gegeben von der Telefonseelsorge und von einer städtischen Kriseninterventionshilfsgruppe.
Er nimmt keine Hilfe an.
Gestern nach dem er ganz laut im Hausflur bei geschlossener Tür nach Selbstmord geschrien hat.
Haben wir die Polizei gerufen.
Sie kam, er machte die Tür auf und sagte zur Polizei, dass Alles in Ordnung ist.
So konnte die Polizei nichts machen. Und fuhr wieder. Die Polizei sagte nur wieder, wenn wieder etwas vorfällt, sollen wir wieder die Polizei rufen.

Aber die Situation bei dem Hausbewohner spitzt sich immer mehr zu. Da er sich immer mehr reinreitet. Keiner kann einschreiten.
Sonst macht man sich ja auch strafbar.
Dieser Mensch tut einem ja auch irgendwie Leid. War er doch früher ein freundlicher und ruhiger Zeitgenosse.
Aber seit dem er das Studium im Sommer dieses Jahres abgebrochen hat, geht es merklich bei Ihm Berg ab.
Seine Verwandtschaft hat auch keinen Zugang mehr zu Ihm.

Wie kann man da nur Helfen, ohne selbst ins Fettnäpfchen zu treten? Dies lassen ja unsere Gesetze zu.

Wäre um Rat oder Nachfragen bei Unklarheiten dankbar.
Bevor es vielleicht zu spät ist.

Mit freundlichen Grüßen, Yogi.

Der Sozialpsychiatrische Dienst des Gesundheitsamtes wäre wahrscheinlich der richtige Ansprechpartner.. Hmm muss mal etwas im Gedächtmis kramen, aber ich glaube das habe ich mal gelernt. Um ein Zwangseinweisung vorzunehmen muss dann eben dieser in Begleitung der Polizei mit der Bescheinigung vom Amtsarzt (die aber auch bei akuter Gefahr logischerweise nachgereicht werden kann, weil er ja dazu den Menchen untersuchen muss)zum Bezirkskrankenhaus in die geschlossene Abteilung. Dann wird ein Gericht prüfen ob das alles so richtig ist.
Das alles aber ohne Gewähr meinerseits. Nichtsdestotrotz würde ich beim schnell beim Gesundheitsamt anrufen. Werde mal schauen, ob ich das noch in meinen Unterlagen finde.
Ist ja schon ziemlich heftig die Geschichte.
linni

Lieber Yogi,

ich finde es löblich, dass du deinem Nachbarn helfen willst.
Ich denke aber, dass du hier wenig tun kannst. Das was du bereits getan hast ist das, was in deinen Möglichkeiten steht.

Du kannst deine Hilfe anbieten, annehmen muss sie dein Gegenüber. Wenn also wieder von Suizid die Rede ist, kannst du wieder nur die Polizei holen, um ihn evtl. zwangseinweisen lassen zu können. Auch kannst du den sozialpsychtrischen Dienst deiner Stadt anrufen. Die kommen auch heraus und helfen vor Ort.

Pass auf dich auf, dass dich diese Situation nicht zu sehr belastet. Versuche eine gewisse Distanz einzuhalten.

Lieben Gruß
Tom

Oh, ich habe nochmal gelesen und merke gerade, dass du wahrscheinlich was anderes wissen wolltest. Aber ich glaube,wenn jmd. so zu macht, dann hat das keinen Sinn. Ihr habt ja schon alles versucht. Anscheinend möchte der Mann ja auch Hilfe, die er aber nicht annehmen kann, sonst würde er nicht so laut einen Selbstmord ankündigen..Also wie gesagt, sozialpsychiatrischer Dienst des gesundheitsamtes! Die wissen auch mehr

Hallo Linni, Hallo Tom.
Danke für Euren Rat.
Also beim Gesundheitsamt wurde dies schon gemeldet.
Über die Eltern des Jungen. Die unternehmen aber auch nichts. außer Informationen bei einer unserer Hausbewohnerin einzuholen.

Sicher Tom, darf man die Sache nicht so an sich ran lassen. Dies ist aber leichter gesagt als getan.
Was ist nun, wenn sich der junge Mann etwas an tut. Dann heißt es denn, da hätten Sie doch etwas tun müssen.

Übrigens haben wir dies unserer Wohngenossenschaft auch schon gemeldet.
Die haben an dieser Person eine Abmahnung geschrieben. Nach dem kein vernünftiges Gespräch zustande kam.
Was ich richtig fand, denn irgend jemand muß Ihn ja mal die Pistole auf die Brust setzen.
Wenn er sich nicht anders helfen lässt
Leider hilft dies auch nichts.
Yogi.

Lieber Yogi,

diesen Vorwurf brauchst du dir nicht zu machen. Natürlich wäre das sehr belastend. Aber auch wenn du alles tust, was in deiner Macht stünde, wärest du machtlos, wenn er es trotzdem täte. Du kannst das nicht verhindern.
Ich finde es gut, dass ihr so viele mit eingeweiht habt. Das dürfte dir die Verantwortung auch nehmen.

Lieben Gruß
Tom

Wenn ich das so lese, kommt mir der Gedanke:

Der junge Mann möchte nicht das Gesundheitsamt, die Polizei, die Wohnungsgenossenschaft mit Abmahnung, die Stimme der Eltern:

Dem jungen Mann fehlt etwas Zuwendung, Verständnis, Einfühlung.

Vielleicht eine interessante Arbeit, wenn er sich entschlossen hat das Studium aufzugeben. Das kann ich sehr gut verstehen, das Studium aufzugeben. Das Studienfach ist überfüllt und Chance auf Beschäftigung nach dem Studium besteht wenig.
Er möchte keine Maßnahmen und Vorschriften.

Vieleicht wünscht er sich wenigstens einen jungen aktiven lockeren Kumpel bei Bier und Verständnis für seine Situation und Lebensweise. Jemanden, der ihm zuhört, der ihm versteht, der ihm ermuntert (bitte nicht mit Therapie und AD's, zumindest vorerst nicht, nicht mit der Tür ins Haus fallen)).
Vielleicht mal etwas "losmachen", ihn begeistern für etwas ganz einfaches, ihn bitten , ob er dies oder jenes helfen könnte. Mal zum Bier einladen und/ oder.

Ich kann mir gut vorstellen, was da los ist im Hause.
Ich habe selbiges erlebt.
Die Leute haben Angst und rufen Polizei.
Damit ändert sich nichts, denn der junge Mann erfährt noch mehr Unverständnis.
Ein guter Mensch mit Herz und Verstand müsste mit ihm sprechen und die gibt es so selten.
Dazu braucht man sehr viel Fingerspitzengefühl.

rajo1

Frage:
Erreicht man etwas mit "Pistole auf die Brust setzen"?
Oh, weh...

Das hat mir den persönlich den Rest versetzt.

Und ich erlebe es immer noch, gerade hier geschrieben und gestern und vorgestern hier im KND.

Immer gleich schießen und die Pistole( wenn auch sinnbildlich) aufsetzen?
Färbt hier unbewußt etwas ab, was wir gar nicht mehr merken?

Hallo Yogi,

wie wäre es, wenn einer aus der Hausgemeinschaft, der einen guten Draht zu diesem Bewohner hat mal in einer ruhigen Minute bei ihm vorbeigeht und ihm auf vorsichtige und freundliche Art erklärt, dass Ihr anderen Hausbewohner Angst um ihn habt? Oder habt Ihr das ihm schon versucht zu erklären? Ich persönlich würde ihm in einer ruhigen Minute auch erklären, dass die Polizei nicht kam, weil die Hausgemeinschaft wütend oder ärgerlich war oder ihn jemand rausekeln möchte, sondern weil Ihr eben ganz akute Angst hattet, er könnte sich etwas antun.

Dies muss aber vermutlich wirklich in einer Situation erfolgen, in der er nicht in seiner Wohnung rumschreit usw. Denn in solchen Momenten kann er wahrscheinlich gar nicht mehr wirklich hören/verstehen, was Ihr ihm sagen wollt.

Generell würde ich versuchen alles zu vermeiden, was er nur als Vorwurf auffassen könnte. Also wirklich ihm ruhig und freundlich Eure Empfindungen und vor allem die Angst um ihn schildern. Dass Ihr Euch evtl. strafbar machen könntet würde ich nicht ansprechen, glaube ich. Denn das könnte ihn nur zusätzlich unter Druck setzen.

Du könntest auch mal versuchen, Dich in seine Situation reinzudenken. Vielleicht fällt Dir dann ein, was Du Dir an seiner Stelle als Hilfe vorstellen könntest. Falls Dir bzw. Euch als Hausgemeinschaft so etwas einfällt, könnte man zu ihm gehen und ihm sagen, dass man sich vorstellen könnte, dass das ihm vielleicht irgendwie gut tun könnte. Allerdings ist auch klar, dass er erstmal wahrscheinlich alles ablehnt, was von Euch kommt.

Zur eigenen Absicherung würde ich persönlich beim nächsten Mal, wo er mit Suizid droht oder ähnliche Aussagen macht, wieder die Polizei holen. Mehr könnt Ihr im Akutfall vermutlich wirklich nicht tun, zumal der sozialpsychiatrische Dienst ja schon Bescheid weiß, wenn ich es richtig verstanden habe.

Ihm die Pistole auf die Brust setzen wird vermutlich gar keinen Sinn machen, da er momentan wahrscheinlich nicht über die nötige Einsichtsfähigkeit verfügt. Es könnte vielleicht zu einer weiteren Verschlimmerung führen, da ihn das zusätzlich unter Druck setzt und er darüber hinaus auch denken könnte, dass ihn niemand versteht (was er vermutlich sowieso schon denkt).

Wichtig ist vielleicht auch, dass Ihr seine Entscheidung, keine Hilfe zu wollen respektiert. Dann könnt Ihr eben wirklich nichts anderes machen, als beim nächsten Mal wieder die Polizei zu informieren.

Und oberwichtig ist, dass Ihr Euch alle klar macht, dass Ihr die Verantwortung niemals alleine tragen könnt.

Gruß von

Xenia

Hallo tom, rajo1 und xenia,
vielen Dank für Eure antworten.
Ich habe auch schon viele Dinge ausprobiert.

Zum Beispiel habe ich den jungen Mann schon vernünftig und in Ruhe und dem dazugehörigen Fingerspitzengefühl angesprochen.
Er lachte mich dann bloß an und chottete sich total ab. Da stand ich selber da wie die Kuh vor dem Tor. Es ist an dem Menschen kein rankommen.
Auch da nicht, wo er noch keine emotionale Ausbrüche hatte.
Immer vornehm und im besten Hochdeutsch Grüßen und dann schnell weg und nichts erzählen. Er ist ein typischer Einzelgänger.
Das mit der Abmahnung (Pistole) wurde aus dem Grund gemacht, um prioritäten zu setzen.

Über den Kandidaten wohnt eine ältere Frau.
Die bekommt dadurch selbst schon psychische Anfälle. Weil Sie alles genau mithört. Obwohl wir sehr dicke Wände haben.

Und an unserem Herzen kann es auch nicht liegen. Denn wir haben es Alle schon im Guten mit Ihm versucht.

Wäre schön, wenn hier auch noch Mal jemand von den Psychologen (Moderatoren) antworten würde.
Vielen Dank schon im voraus, für die Mühe.
Euer Yogi.

Na dann wollen die Moderatoren auch mal:-)
Aber ganz ernsthaft, alles kluge wurde schon gesagt. Man hat nur begrenzt Einfluss, der sozialpsychiatrische Dienst ist ein guter Ansprechpartner und wenn die Polizei kommt, dann ist es günstig wenn mehrere Personen bezeugen können, dass der Betreffende mit Suizid gedroht hat. Hierdurch steigt der Handlungsdruck für die Polizei.
Trotzdem würde ich (so schlimm das klingt) meine eigene Verantwortlichkeit limitieren.
Viele Grüße
Dr. Niedermeier

Hallo Jogi!
Alles kluge wurde wirklich schon gesagt, und du hast schon sehr viel gemacht,aber eins fällt mir noch ein:

Wie wäre es mal schriftlich? Zum Beispiel, wenn es wieder laut war, eine nette Karte mit einem Täfelchen Schokolade in den Briefkasten stecken, was Nettes schreiben, so in der Art: he, würde dich gerne mehr aufmuntern, wenigstens etwas Nervennahrung anbei...,
als einladende Geste, eine offene Tür sozusagen..
Eine Karte kann man aufheben (wenn man will), Schriftliches wirkt manchmal mehr nach als ein paar flüchtige Sätze.
Ich habe schon häufig auf meiner Arbeit mit Betreuten so kommuniziert, wenn die nicht mehr mit mir reden wollten. Das heißt ja soviel wie: du kannst zu mir kommen, wenn du willst..Meistens steht eine Unfähigkeit dahinter, sich mitzuteilen, Nähe zu ertragen usw., na ja, weißt du ja selbst.

Das ist natürlich ein weiterer Schritt ins Geschehen hinein, für dich. Ob das gut ist?
Allerdings könnte ich mich da auch nicht raushalten, würde mir Sorgen machen...

Abgrenzen ist leider nicht meine Stärke. Ich frage mich manchmal, ob das zu meinen Depressionen beiträgt? Na ja, ist ne andere Geschichte.

Ich drück dir die Daumen!
Liebe Grüße
Constanze

Hallo Dr. Niedermeier und Constanze sowie alle anderen Forianer,
auch vielen Dank für Eure Antworten.

Constanze Ihren Tipp finde ich sehr gut.
Auf alle Fälle werde ich Ihn einmal in der Gruppe von Leuten anwenden, welche ich Besser kenne. Dann weiß ich auch wie sie in etwa reagieren.
Bei unseren Hausbewohner werde ich diesen Vorschlag lieber lassen.
Denn wenn der in die Binsen geht, mache ich mir auch wieder Vorwürfe.
Damit meine ich. Dass auch ich Depressionen habe. Wenn mir etwas zu sehr mit nimmt, sind sie besonders schlimm.
Dies klingt jetzt vielleicht etwas Egoistisch.
Jedenfalls werde ich es so Hand haben,
wie es mir Doktor Niedermeier vorgeschlagen hat. Die Sache nicht so sehr an mich nehmen. Sondern limitieren.
Übrigens hatten wir ja bei seinem Selbstmordankündigung die Polizei gerufen.
Und die Hausgemeinschaft war anwesend.
Jedoch wenn noch mal der Fall auftreten sollte (was ich nicht hoffe aber auch nicht so abwegig ist) Werden wir wohl mehr auf Initiative der Polizei drängen. Irgendwie muß dem Menschen ja geholfen werden.

Mit freundlichen Grüßen, Yogi.

Hallo,
wollte Euch nun gern schreiben, wie die Geschichte inzwischen weitergegangen ist.

Also der Mieter hat noch bis Mitte Februar unter uns gewohnt.
Er hat körperlich immer mehr abgebaut und Niemanden an sich ran gelassen.
Wir hatten mehrmal das Gesundheitsamt benachrichtigt.
Aber ehe die sich so bemühen dort im Amt.

Jedenfalls kam von anfang Februar bisMitte Februar sein Vater und einer vom Jugendamt.
und haben mit Ihm geredet und seine sehr zugemüllte Wohnung aufgeräumt.
Nun hat man Ihn nach Leipzig mitgenommen.
Wo der Mieter jetzt in psychischer Behandlung ist.
Da kann man nur hoffen, dass unser Freund wieder auf die Beine kommt.

Yogi.

Warum muss erst soweit kommen?

Das ist bedauerlich, dass manchen Verantwortlichen ( ich meine Ärzten, Ämtern, Angehörigen, Freunden, Bekannten usw.) die Hände gebunden sind.
Deshalb wehrtet allen Anfängen, die Talfahrt geht rapide.
Irgendwann und irgendwie fängt es immer an.

Zuerst mit Arbeitslosigkeit, Geldsorgen, Kontaktlosigkeit usw.
http://www.stern.de/wissenschaft/mensch ... 12934.html

Hallo Rajo,
da möchte ich Dir gern Recht geben.

Die besagte Person hat schon einmal in Leipzig auf Grund einer Wutattacke im Bahnhof Rumgeschrien. So lange bis Ihn die Polizei mitgenommen hat um denjenigen in die psychiatrischen Klinik ein zu liefern.

Leider mussten sie Ihn nach fünf Stunden wieder gehen lassen. Weil er den Einweisung-und Behandlungvertrag nicht unterschrieben hatte.

Glücklicherweise ist dies aber jetzt überstanden. Und der ehemalige Student lässt sich nun behandeln.

Yogi.