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Wie kann ich ihm helfen, ohne das es eskaliert?

Verfasst: 5. Okt 2007, 13:42
von karolinchen
Hallo,

mein Mann leidet an Depression. Wir sind seit 8 Jahren zusammen. Vor 4 Jahren wurde die Depression diagnostiziert und behandelt und seither führen wir meist eine sehr, sehr glückliche Beziehung. Gut ich hab mir etwas mehr Verantwortung (komplettes Familienmanagment neben eigener Firma) aufgehalst, als mir selber lieb ist, aber es geht schon. Im Moment droht er wieder in eine Depression abzurutschen. Auslöser sind m. M. nach seine Arbeitslosigkeit und Jobsuche und das ich mit unserem 3. Kind in der 8. Woche schwanger bin. Er schläft wieder sehr schlecht und bekommt absolut nix gebacken. Jobsuche und Bewerbungenschreiben mach ich für ihn, damit da überhaupt was passiert. Nun hat er heute ein Vorstellungsgespräch und wird es wohl schon dadurch vergeigen, dass er zu spät kommt, weil er nichts vorbereitet hatte und damit auf den letzten Drücker erst mal Anziehsachen zusammen gesucht hat. Ich bin so wütend und fühle mich gleichzeitig so hilflos. Wenn ich etwas sage, bricht er zusammen oder projeziert seine Wut von sich auf mich. Er wird nicht handgreiflich, aber schiebt mir mit Worten die Schuld in die Schuhe. Ich kann ihn aber nicht noch enger ans Gängelband nehmen, ohne die Achtung vor ihm zu verlieren. Ich denke, es gibt kein Patentrezept, aber vielleicht hat doch jemand einen Tipp für mich, wie ich mich am besten in solchen Situationen, wo er sich wie ein Kind benimmt, helfen kann.

Vielen Dank fürs Lesen.
Karolin

Re: Wie kann ich ihm helfen, ohne das es eskaliert?

Verfasst: 5. Okt 2007, 16:18
von BeAk
Liebe Karolin,

ist eine Partnerschaft führen, nicht das Gegenteil von am Gängelband halten?

Wie soll Dein Mann arbeiten können, wenn schon das Bewerbung schreiben für ihn unmöglich ist, geschweige denn rechtzeitig zum Vorstellungsgespräch zu erscheinen?

Helfen kann Du Deinem Mann nicht.

In dem Du ihn wie ein Kind behandelst und seine Verantwortung trägst, hilfst Du im krank zu bleiben.

Wenn Du ihm wirklich helfen willst, laß ihm seine Verantwortung, aber respektiere das er krank ist (und so mit nicht arbeitsfähig im Sinne des Arbeitgebers).

Re: Wie kann ich ihm helfen, ohne das es eskaliert?

Verfasst: 5. Okt 2007, 18:01
von Shine
Hallo Karolin!

Ich sehe das genauso wie Bea.

Mein Freund ist auch arbeitslos,dies belastet ihn sehr.
Er kümmert sich aber eigenständig um seine Bewerbungen und Vorstellungsgepräche und dies nimmt er auch erstaunlich ernst.

Ich würde es ihm auch nicht abnehmen und dir empfehle ich das gleiche,denn es ist zur zeit seine einzigste Aufgabe und die würde ich ihm nicht nehmen, auch wenn er sich manchmal nicht dazu in der Lage sieht,die zu bewerkstelligen.

LG Sunny

Re: Wie kann ich ihm helfen, ohne das es eskaliert?

Verfasst: 7. Okt 2007, 10:50
von Hina1
Hallo Karlolinchen,

ich sehe das genauso. Indem Du seine Verantwortung trägst, wird daraus ein ziemlich schiefes Konstrukt.

Er ist nicht in der Lage, sich auf ein Vorstellungsgespräch ordentlich vorzubereiten und pünktlich zu sein. Das würde, wenn er den Job bekommt, nicht anders sein. Er wäre also gar nicht in der Lage, das auszufüllen. Das ist nunmal in der Krankheit leider oft so.

Deine Hilfe ist also vollkommen fehl am Platze und alles andere als eine Hilfe. Sie bewerkstelligt sogar noch das Gegenteil. Ihm ist durchaus bewußt, dass es, wenn dann doch was funktioniert, nicht aufgrund seines Handelns sondern Deines passiert. Das steigert nicht im geringsten sein Selbstwertgefühl sondern drückt es noch weiter nach unten - ich bekomme alleine ja gar nichts mehr auf die Reihe, ich bin eigentlich komplett überflüssig und ziehe die anderen noch mit rein.

Einem Depressiven kann man einfach nicht helfen. Das kann er nur selbst mit Hilfe von Profis. Allenfalls kannst Du ein Ohr für ihn haben und ihn in den Dingen, die er selbst macht, unterstützen.

Nicht nur er muß lernen, mit seiner Krankheit umzugehen. Das ist schwer genug. Aber Du bist genauso in der Pflicht. Auch Du mußt lernen, Dingen zuzuschauen, die Du regelrecht an die Wand fahren siehst und das nicht auf Deinen Mann zu projizieren, sondern auf die Krankheit. Als Angehöriger muß man einfach damit leben lernen, davon auszugehen, dass es sich um eine wirklich schwere Krankheit handelt und der Partner regelrecht "ausfällt". Das kann uns im Grunde genauso passieren, wenn es sich um eine andere schwere Krankheit handeln würde, nur eigenartigerweise würden wir es da viel eher akzeptieren - nur irgendwie bei einer Depression nicht.

Viele Grüße
Hina

Re: Wie kann ich ihm helfen, ohne das es eskaliert?

Verfasst: 9. Okt 2007, 11:07
von karolinchen
Habt erst einmal lieben Dank für Eure Anworten. Ich weiss ja, dass Ihr Recht habt, trotzdem istes so schwer. Wenn er über sich selbst gefrustet ist, ist er unausstehlich und das versuche ich halt auszubügeln. Das ich ihm auf Dauer damit nicht helfe, weiss ich tief in mir drin. Ich muss lernen wieder Verantwortung in unserer Famlie abzugeben und ihn damit auch wieder zu fordern.

LG
Karolin