Wie sag ich's dem Kinde?

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Shay
Beiträge: 357
Registriert: 5. Jan 2007, 14:06

Wie sag ich's dem Kinde?

Beitrag von Shay »

Guten Abend zusammen,

mich treibt eine Frage um, auf die ich bisher keine wirklich schlüssige Antwort gefunden habe: Wie sag ich's dem Kinde?
Mein fünfjähriger Sohn, der mich nur als Asthmatiker kennt und weiß, dass ich da eben ab und an mein Asthmaspray brauchte, sah neulich, wie ich abends meine Fluoxetin schluckte. Und Fünfjährige können verdammt neugierig sein (und leider so unglaublich indiskret...). Erst sah er nur interessiert zu. Am nächsten Abend wollte er meine Tablette aus dem Blister drücken (verweigert), und gestern wollte er dann wissen, was ich da für Tabletten nähme, wofür die gut seien. Meine Frau rettete dann die Situation mit den Worten "...und Du gehst jetzt ganz schnell ins Badezimmer und putzt Dir die Zähne!", aber darauf kann ich mich nun auch nicht verlassen. Mich wurmt der Gedanke, dass Sohnemann anfängt zu bohren, mich wurmt, nicht zu wissen, was ich ihm antworten soll. Soll ich ihm die Wahrheit sagen? Um den heißen ~€²<;*##?9&& drumherum reden? Wie habt Ihr das Problem gelöst (Eltern mal bitte vortreten!)?

Danke für Eure Tipps!
Gruß: Martin





„A ship is safe in harbour - but this is not what a ship is made for."
BeAk

Re: Wie sag ich's dem Kinde?

Beitrag von BeAk »

Lieber Shay,

ich würde sagen, ja, versuche ihm kindgerecht zu erklären das Du krank bist und deshalb die Tabeltten nimmst, damit es Dir besser geht. Mir fällt jetzt nur keine kindgerchte Erklärung für die Depression ein.
Mein Mann ist z.Z. wieder depressiv, ich war es vor einem Jahr.
Ich habe 2 große Kinder, die älteste ist selber depressiv gewesen und vom jüngeren kann ich erwarten das er Krankheitsbezeichnungen selber nachschaut und sich informiert wenn er will. Jedenfalls habe ich im gesagt, das ich depressiv bin zur dem Zeitpunkt. Das war ihm selber aber auch klar und er hat es selber so ausgedrückt, das wir seelisch instabiel waren.
Die Kinder bekommen es sowieso mit, also sollte man ihnen sagen was los ist, meine ich.
Liberta
Beiträge: 7
Registriert: 12. Jan 2007, 20:04

Re: Wie sag ich's dem Kinde?

Beitrag von Liberta »

Lieber Shay,

unbedingt würde ich meinem Sohn die Wahrheit sagen. Sag ihm doch, dass du krank bist, und die Tabletten dir helfen, dass du dich besser fühlst. Ich habe selber zwei Kinder, und kann nachvollziehen, wie bohrend Fragen sein können. Aber sie sind nur so lange bohrend, wie sie eben nicht oder nicht zufriedenstellend beantwortet werden. Wenn dein Sohn dann keine weiteren Fragen stellt, ist die Sache für ihn erledigt. Für deinen Sohn ist es aber wichtig, zu erfahren, dass er mit Fragen auch deine Krankheit betreffend zu dir kommen kann, und das er eine Antwort bekommt. Wäre das immer so, wäre das Thema Depression kaum so tabubehaftet.

Gruß
Libera
Frauschlotterbeck
Beiträge: 267
Registriert: 17. Dez 2004, 19:29

Re: Wie sag ich's dem Kinde?

Beitrag von Frauschlotterbeck »

Hallo Shay,

bei mir ist der Fall so, das mein Kind schon erwachsen ist und ihr eigenes Leben lebt. Wenn wir miteinander telefonieren mag ich sie nicht mit meinen Problemen belasten.

Nun soll ich aber für einige Wochen in eine psychosomatische Klinik in der Stadt in der mein Kind wohnt.

Weis nicht wie ich ihr erklären soll,dass es mir nicht so gut geht,wie ich ihr am Telefon übermittelt habe.

Sie ist zu Allem auch noch Krankenschwester.

Gruss Juliane
Es geht aufwärts hat die Maus gesagt.............



als sie von der Katze die Treppe raufgetragen wurde
Rossili
Beiträge: 6
Registriert: 15. Dez 2006, 07:55

Re: Wie sag ich's dem Kinde?

Beitrag von Rossili »

Hallo Juliane,
auch ich bin ein erwachsenes Kind einer depressiven Mutter. Sie wohnt ein Stück weg von mir, d.h. wir telefonieren mehr, als wir uns sehen.

Und glaub mir, eine Tochter hört mehr am Telefon raus, als Muttern es wahrhaben möchte.

Als meine Mum im September wieder ihre Tiefphase hatte, habe ich es super schnell begriffen, "dass es wieder mal so weit ist". Obwohl meine Mum in dieser Hinsicht gut schauspielern kann, so höre ich doch die Nuancen heraus, die mir sagen, dass es ihr wieder schlechter geht.

An Deiner Stelle würde ich Deiner Tochter die Wahrheit sagen. Vor allen Dingen, da Du schreibst, dass Du in eine Klinik gehen wirst.

Glaub mir, wir großen Töchter können mehr ertragen, als unsere Mütter es uns zutrauen!!!

LG von Tina
LG von Tina
Shay
Beiträge: 357
Registriert: 5. Jan 2007, 14:06

Re: Wie sag ich's dem Kinde?

Beitrag von Shay »

Hallo Juliane,

ich glaube, Offenheit und Ehrlichkeit sind für alle Beteiligten das Beste. Auch wenn es schwer fällt.

Ich habe mich allerdings entschlossen, meinen Kindern die Details zu ersparen. Mein Sohn weiß jetzt um die organischen Hintergründe von Depressionen, also dass es sich um eine Krankheit handelt, ähnlich wie eine Erkältung; er weiß jedoch nicht, dass da oft auch Dinge eine Rolle spielen, die man in der Vergangenheit erlebt hat, denn ich denke, er muss sich nicht mit Ängsten tragen, für die er einfach noch zu klein ist. Er weiß jetzt, dass man "so" krank werden kann, und dass es Ärzte und Medizin gibt, die einen auch wieder gesund machen können (...es lebe der Konjunktiv...) - mehr muss er jetzt nicht wissen.

Doch, ich denke, ehrlich sein ist das Mittel der Wahl, besonders dann, wenn die Kinder schon im Jugend- oder Erwachsenenalter sind. Nur wer Bescheid weiß, kann auch Verständnis zeigen.
Gruß: Martin





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cleopetra
Beiträge: 3
Registriert: 7. Feb 2007, 21:30

Re: Wie sag ich's dem Kinde?

Beitrag von cleopetra »

Hallo Shay,

im Prinzip hast Du Dein Thema ja schon selbst abgeschlossen. Kurz möchte ich noch dazu sagen:

Mein Kind ist Erstkläßler. In den letzten Jahren, als es mir nicht gut ging und ich mich mit ihm kaum beschäftigen konnte, weil ich es selbst nicht mal bis ins Bad geschafft habe, um mir die Zähne zu putzen, hat er es mit mir wahrscheinlich nicht einfach gehabt. Kinder haben ein gutes Gespür, und ich habe ein schlechtes Gewissen...

Seitdem ich es geschafft habe, mich zum Arzt zu schleppen und ein Medikament nehme, geht es mir besser.

Ich habe mit meinem Kind darüber gesprochen, daß es mir nicht gut ging, kurz erklärt, welche Ursachen das haben kann (in meinem Fall habe ich es mit dem Verlust des Arbeitsplatzes recht verständlcih erklären können) und daß ich jetzt ein Medikament nehme und eine Therapie macht, damit ich lerne, was ich gegen die Traurigkeit tun kann.

Ich fand das ehrlicher als die Tabuisierung, die in meinem Elternhaus üblich war und ist.

Viele Grüße,
Cleo
Sieglinde1964
Beiträge: 1267
Registriert: 30. Dez 2006, 19:31

Re: Wie sag ich's dem Kinde?

Beitrag von Sieglinde1964 »

Ich habe beim Stöbern gerade diesen Beitrag gefunden.

Meine Tochter (fast 13) hatte anfangs ziemliche Probleme mit meinen Depressionen. Weniger mit den Depressionen selbst, eher mit meinem damit verbundenen Verhalten. Mein häufiges Weinen und der Rückzug ins Bett, das für sie meist als grundlos angesehen wird, dass ich ein Foto der Internationalen Raumstation ISS "wie ein Kuscheltier" mit ins Bett nehme und manchmal nach einer heftigen Heulattacke anstarre als gäbe es rings um mich herum nichts mehr. Das kannte sie bisher nie von ihrer Mutter. So habe ich ihr aus dem Internet Infos zu Depressionen heruntergeladen, sie etwas umgearbeitet, dass es für sie ein ganz persönlicher Brief von Mutter an Tochter war. Das meiste hat sie auch verstanden, nur das ich mich manchmal ins Bett zurückziehe und wieder "grundlos" losheule, dass ist für sie immer noch schlimm.

Meine Zwillingssöhne (8) haben es bisher sehr locker hingenommen, nur vorgestern bei einem erneuten heftigen Tief, da hat einer der beiden doch nunmal seine große Schwester fragen müssen, warum die Mutti wieder so traurig ist und warum das schon so oft war in der letzten Zeit. Was die Mutti hat. Meine Tochter hat es ihm auf kindgerechte Weise erklärt. Mutti hat eine Krankheit, wo man manchmal ganz arg traurig ist usw.

Die Zwillinge sehen auch, wenn ich meine Tabletten einnehme. Ich nenne sie dann meine "Gute-Laune-Tabletten", die der Mutti helfen nicht traurig zu sein. Das haben sie auch verstanden und die Tabletten axzeptiert. Sie kennen das ja auch schon vom Papa, der ja auch so viele Tabletten nehmen muss und so ist es für sie schon normal, dass die Mutti auch welche nehmen muss.
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