Zum ersten Mal mit Depressionen konfrontiert. Was passiert nun? Was tu ich?

Pauline24
Beiträge: 80
Registriert: 16. Aug 2006, 11:42

Zum ersten Mal mit Depressionen konfrontiert. Was passiert nun? Was tu ich?

Beitrag von Pauline24 »

Hallo!
Ich bin komplett neu hier und habe auch zum ersten mal mit dem Thema zu tun. Ich erzähle einfach mal und hoffe es kann mir jemand helfen:
Mein Freund und ich kennen uns schon lange, sind aber erst seit kurzen zusammen und bis jetzt weiß es auch die Öffentlichkeit noch nicht. Wir haben uns gesucht und gefunden und für mich war das alles der Himmel auf Erden. Denn zum ersten Mal kann ich sagen: Ich liebe jemanden.
Dass er Depressionen hat wußte ich schon allerdings konnte ich mir natürlich nie etwas darunter vorstellen denn wenn man nie etwas damit zu tun hat....Auch wusste ich,dass er noch keine Behandlung hat durchführen lassen also keine AD oder Therapien.
Alles fing letzten Sonntag an. Da wachte er morgens auf und wollte nicht mit mir sprechen. Ich war erstmal verletzt da ich das auf mich bezog. Er hat dann versucht mir das zu erklären und mich auch umarmt da es ihm leid tat. Er sagt das ist so, dass er auf einmal morgens aufwacht und vor allem Angst hat, denkt dass er ein schlechter Mensch ist und allein sein will. Er ist dann auch zu sich nach Haus gefahren. Seit 3 Tagen sitze ich nun auf heißen Kohlen und weiß weder ein noch aus. Ich stelle mir so viele Fragen.
Er kann mir nicht sagen ob er mich liebt da er sich selbst im Moment nicht leiden kann. Und da wir erst kurz zusammen sind habe ich einfach Angst davor ihn zu verlieren. Ich kann ihn auch nicht fragen und deswegen kann mir hoffentlich hier jemand helfen. Mich beschäftigt natürlich vor allem: Was passiert wenn die Akut-Phase vorbei ist? Denn er war ja immer jemand der gerne gesagt hat dass er mich liebt, dass er sich eine Zukunft mit mir vorstellt, dass ich die Richtige für ihn bin. Ist das nun alles belanglos? Was geht in ihm nun vor? Wie gesagt ich habe panische Angst davor dass er mir auf einmal sagt dass er mich nun nicht mehr will. Fühlen denn Leute die unter Depressionen leiden nach der Akut-Phase wieder wie früher? Knüpfen sie an das vorherige wieder an? Und wie kann ich mich verhalten da wir in getrennten Wohnungen leben und ich ihn nur per Telefon oder Handy erreichen kann? Ich will auch nicht dass er das Gefühl hat ich dränge mich auf oder störe ihn nun. Ich rufe zwischenduch mal an (ca. 2 mal am Tag) und frage dann wie es geht und sage dass ich da bin. Gestern hat er mir sogar einiges erzählt was er gemacht hat. Ich war absolut glücklich da ich dachte es geht aufwärts. Heute morgen bekam ich nur eine SMS dass es im Moment sehr schlecht geht und er allein sein will und es ihm sehr leid tut. Daraufhin habe ich nur geantwortet, dass das in Ordnung ist, dass ich ihm alle Zeit der Welt geben will, dass ich immer für ihn da bin, usw. doch irgendwie weiß ich nicht weiter. Es war doch recht gut gestern. Ich kenne mich überhaupt nicht aus und hoffe dass mir jemand (vielleicht sogar selbst betroffene) Informationen geben können, damit ich einige Antworten habe. Besonders muss ich einfach Anhaltspunkte haben ob ich weiterhin hoffen kann dass er mich trotzdem noch liebt und wir unsere kaum angefangene Beziehung trotzdem führen können, denn das ist mein innigster Wunsch.

Bitte helft mir weiter!
Vielen Dank
Pauline24
Hina1
Beiträge: 761
Registriert: 23. Mai 2006, 23:23

Re: Zum ersten Mal mit Depressionen konfrontiert. Was passiert nun? Was tu ich?

Beitrag von Hina1 »

Liebe Pauline,

sei hier herzlich willkommen im Angehörigenforum.

Ich weiß nicht, wieweit Du Dich schon ein bißchen im KND über die Deprssion informiert hast. Auf der Eingangsseite ist viel erklärt und auch für die Angehörigen einige Tipps. Vielleicht liest Du Dir auch mal den folgenden Link aus dem Forum durch.
http://www.kompetenznetz-depression.de/ ... 1078175103

Was da zwischen Deinem Freund und Dir passiert ist, ist durchaus nicht ungewöhnlich in der Depression. Es ist gut, daß Dein Freund mit Dir darüber spricht, wie er sich fühlt. Um die Gefühle vielleicht noch besser zu verstehen, kannst Du Dir auch noch mal den folgenden Link aus dem Forum durchlesen. Da ist das sehr schön bildlich beschrieben. Die Depression läßt sich nämlich eigentlich für uns Nicht-Depressive schwer erklären.
http://www.kompetenznetz-depression.de/ ... 1155373408

So eine Episode kann durchaus Wochen und Monate dauern, vor allem wenn sie unbehandelt ist. Es ist nunmal eine Krankheit und keine Laune, die man willentlich in den Griff bekommt und dann mal eben wieder vergeht. Es wäre sehr sehr wichtig, wenn sich Dein Freund professionelle Hilfe sucht. Erster Anlaufpunkt wäre der Hausarzt oder noch viel besser der Psychiater. Ohne Therapie wird er kaum aus dem "Hexenkessel" herauskommen und nicht nur er wird darunter sehr leiden sondern auch Du. Du kannst jetzt nichts weiter machen, als für in da zu sein, helfen kannst Du ihm nicht. Das ist nicht möglich. Allenfalls kannst Du versuchen, ihn irgendwie zum Arzt zu bewegen. Er muß seine Krankheit erstmal als solche annehmen. Das ist ein schwerer Weg, jemanden davon zu überzeugen, wenn er selbst nicht will. Er hat aber die Verantwortung für sich und die darf man ihm nicht abnehmen. Ich habe bei meinem Freund nun die zweite monatelange Episode miterlebt, bin aber hartnäckig dran geblieben, daß er sich behandeln läßt, was jetzt auch passiert. Ein paar Gute "Überzeugungstipps" hat Winnie in meinem Thread geschrieben. Vielleicht könnte Dir das auch ein wenig hilfreich sein.
http://www.kompetenznetz-depression.de/ ... 1148428195

Du fragst, ob seine Gefühle nach der Episode wieder so sein können, wie vorher. Ja, das können sie auf jeden Fall, denn wenn die Episode vorüber ist, dann ist er auch wieder der "alte". Ob Eure Beziehung die Episode allerdings wirklich überlebt, das kann Dir natürlich niemand voraussagen. Das hängt ganz stark von Euch beiden und vor allem auch von Deiner Geduld ab, denn die brauchst Du bis zur Unendlichkeit und ist oftmals fast unzumutbar. Du mußt selbst erkennen, wenn es für Dich zu viel wird und nicht jede "Unart" ist auch mit der Depression zu entschuldigen.

Und noch etwas. Ich habe das auch sehr oft erlebt, daß es Tage gibt, wo man denkt, er macht doch einen ganz guten Einruck, er ist wohl durch. Dem ist aber meist nicht so. Nicht jeder Tag ist gleich es ist meinst ein ständiges Auf und Ab.

Vielleicht genügt Dir das erstmal für den Anfang.

Ich wünsche Dir viel Kraft und Geduld.
Liebe Grüße
Hina
Chris369
Beiträge: 9
Registriert: 8. Jun 2006, 09:27

Re: Zum ersten Mal mit Depressionen konfrontiert. Was passiert nun? Was tu ich?

Beitrag von Chris369 »

Hallo Pauline,

herzlich Willkommen im Forum. Ich war bisher noch nicht sehr aktiv im Forum, lese aber schon seit Monaten mit .

Ich bin, wie Du, eine Angehörige. Mein Freund und ich sind seit 2 Jahren zusammen. In dieser Zeit habe ich leider schon 3 oder 4 (oh Mann, ich weiß es wirklich nicht mehr genau) Depressionen mit ihm durchstehen dürfen.

Ich wußte von seinen Depressionen auch bevor wir zusammen gekommen sind. Habe mir bei der ersten Episode auch ein Buch für Angehörige besorgt, aber ich kann für mich sagen, daß ich erst durch das wirkliche Erleben einer Depression begriffen habe bzw. begreife was das alles bedeutet.

Ich hoffe das kommt jetzt nicht zu hart rüber, aber genau das was Du beschreibst ist absolut typisch für Depressive. Sie ziehen sich vollkommen zurück, der Kontakt kann zum Teil über Wochen oder Monate komplett abbrechen bzw. sich auf kurze Telefonate oder reine SMSé beschränken. Bei uns ist es etwas anders, wir wohnen seit 1 1/2 Jahren zusammen, somit sehen wir uns täglich, aber als Zusammenleben würde ich es in diesen Zeiten nicht beschreiben. In der ersten Episode, die ich miterleben durfte, hat er (überspitzt gesagt) 2 Wochen die Wand angestarrt. Diese absolute "Starrheit" kann durchaus Wochen andauern. Diese "Gefühlskälte" kenne ich gut, ich habe auch zu hören bekommen, daß er nicht sicher ist ob er noch mit mir zusammen sein will usw. Genau das worüber Du dir auch Gedanken machst. Es ist absolut hart sowas zu hören oder zu fühlen, kann ich sehr gut nachvollziehen. Aber das ist auch ein Teil dieser Krankheit - wie Dein Freund Dir auch versucht hat zu erklären. VERSUCHE ES NICHT PERSÖNLICH ZU NEHMEN. Dein Freund kennt das scheinbar schon, sonst hätte er es nicht versucht zu erklären. Und wenn er sowas schon kennt, wird er auch wissen, daß diese Gefühlskälte von der Krankheit kommt und die Welt "hinterher" wieder ganz anders aussieht.

Wie gesagt, wir sind jetzt seit 2 Jahren zusammen und haben nach den depressiven Phasen immer wieder zueinander gefunden. Es ist, auch als Angehöriger, nicht immer leicht. Ich versuche mich in solchen Situationen auch zu schützen und versuche (bildlich gesprochen) eine Mauer um meine Gefühle zu bauen. Diese muß ich dann nach und nach wieder einreißen.
Mir hat es, besonders in der letzten Depression, sehr geholfen in diesem Forum zu lesen. Klingt vielleicht doof, aber dadurch merke ich, daß ich nicht alleine mit diesen Problemen bin. Geteiltes Leid ist halbes Leid .

Du schreibst, daß Dein Freund bisher keine AD´s nimmt und noch keine Therapie gemacht hat. Weißt Du ob das einen bestimmten Grund hat?

Du wirst hier immer wieder lesen, daß Du was für Dich tun mußt - mit Freunden weggehen, Dich amüsieren usw. MACH ES, auch wenn es schwer fällt. Diese Zeit ist hart und Du mußt stark sein. Aber laß die Depression nicht das alles bestimmende Thema bei Dir sein. Das steht man auf Dauer nicht durch.

Es ist schwer konkrete Antworten zu geben, ich glaube hier muß jedes Paar seinen eigenen Weg finden.

Ich würde ihm signalisieren, daß Du dich mit dieser Krankheit auseinander setzt und vielleicht ist es ja möglich, daß Ihr Euch mal darüber unterhaltet wie Ihr mit dieser Situation umgeht.

Ich hoffe das war jetzt nicht zu desillusionierend

Wünsche Dir ganz viel Kraft!

LG
Chris
Pauline24
Beiträge: 80
Registriert: 16. Aug 2006, 11:42

Re: Zum ersten Mal mit Depressionen konfrontiert. Was passiert nun? Was tu ich?

Beitrag von Pauline24 »

Liebe Hina, Liebe Chris,
vielen lieben dank für eure so schnelle Antwort.
Das bedeutet mir sehr viel zu wissen dass ich nicht alleine bin. denn so fühle ich mich im Moment.
Ich weiß einfach nicht wie ich meinen freund dazu bringen soll zum Arzt zu gehen. Wie gesagt wir wohnen nicht zusammen und der Kontakt ist im Moment nicht wirklich gegeben. Da es heute morgen wieder sehr schlimm war habe ich mich darauf beschränkt ihm per SMS zu signalisieren dass ich da bin wenn er mich braucht und ich ihn sehr liebe.
Ich habe Angst davor zu sagen dass wir zusammen zum Arzt gehen können. Ich habe Angst überhaupt davon zu sprechen weil ich denke er könnte sich deswegen noch mehr von mir zurückziehen weil er nicht versteht dass ich nichts böses von ihm will. Ich habe auch überhaupt keine Anhaltspunkte darüber wie lange dieses für mich endlose warten noch dauern könnte. Das weiß er so wie es aussieht selber nicht. Das Schlimmste ist eigentlich dass ich Urlaub habe, er auch und ich den ganzen Tag nur abwarte dass irgendeine Regung kommt. Meistens bin ich es dann die mal anruft und fragt wie es geht. Und selbst dann habe ich Angst dass ich stören könnte. Wie kann ich da auf einen Arztbesuch hinwirken? Ich habe schon überlegt einfach zu sagen: Hör mal wir haben beide im Moment noch Urlaub, möchtest Du dass ich einfach einmal mit dir mit gehe zum Arzt? Das hört sich so einfach an und trotzdem habe ich panische Angst.
Es hat mir Mut gemacht dass ihr mir gesagt habt dass er wahrscheinlich wieder der alte sein wird wenn alles überstanden ist. darauf setzte ich z.Zt. meine gesamte Hoffnung denn ich kann und will ihn einfach nicht verlieren. Habt ihr irgendwelche Ratschläge wie man einen Arztbesuch vorantreiben kann? Und macht es in der Akut-Phase sinn darauf zu bestehen wenn anscheinend sowieso nichts hilft?
Eure verzweifelte
Pauline
Chris369
Beiträge: 9
Registriert: 8. Jun 2006, 09:27

Re: Zum ersten Mal mit Depressionen konfrontiert. Was passiert nun? Was tu ich?

Beitrag von Chris369 »

Hallo Pauline,

auf diese Fragen kann Dir Hina sicherlich besser eine Antwort geben.

Ich habe mir, nachdem ich festgestellt hatte, daß sie auch geantwortet hat, Ihren Thread nochmal durchgelesen. Ihr seit/ wart eher in einer ähnlichen Situation. Winnie hat in ihren Antworten in dem Thread so vieles so toll auf den Punkt gebracht. Es ist super schwierig den "richtigen" Weg zu finden. Muß ich leider auch immer mal wieder feststellen.

Mein Freund war Jahre in Therapie und nimmt auch seit Jahren AD´s. Zudem hat er mich bei der letzten Depression auch mit zu den Ärzten genommen - ich brauche da zum Glück keine Überzeugungsarbeit leisten.

Ich glaube Du solltest Dich besser in Geduld üben und versuchen abzuwarten bis er sich meldet. Wenn Du dann merkst, daß er ganz gut drauf ist vielleicht den Ansatz eines Gespräches suchen.

Ich weiß, ist alles ziemlich schwammig und zurückhaltend und am liebsten würde man das Thema sofort klären. Aber dadurch könnte sich Dein Freund unter Druck gesetzt fühlen und sich noch mehr zurückziehen.

Du hast Urlaub - versuche wirklich auch was für Dich zu tun und nicht nur auf ein Zeichen von Deinem Freund zu warten.

LG
Chris
Hina1
Beiträge: 761
Registriert: 23. Mai 2006, 23:23

Re: Zum ersten Mal mit Depressionen konfrontiert. Was passiert nun? Was tu ich?

Beitrag von Hina1 »

Liebe Pauline,

ich denke, Du solltest unbedingt versuchen, Deine Angst zu überwinden, ihn auf das Thema Arzt anzusprechen. Denn was viel beängstigender ist, ist, daß er sich eben nicht professionelle Hilfe sucht und dann ist die Chance auf eine "Reparatur" Eurer Beziehung m.E. extrem gering, weil es sich viel zu sehr zuspitzen kann oder es kann in extrem weiter Ferne liegen und dann sehr schnell die nächste Episode anschließen. In der letzten Episode meines Freundes wußte ich nicht, daß es tatsächlich eine Depression war. Ich habe nur immer aus dem Gefühl heraus gesagt, er solle vielleicht mal eine Therapie machen, weil das überhaupt nicht er war, den ich kannte. Er ist nicht zum Arzt gegangen und es hat dann 19 Monate gedauert, bis es wieder zu einer normalen Beziehung gekommen ist obwohl er am Telefon und den wenigen Besuchen schon lange wieder einen recht guten Eindruck vermittelte aber sowas kann sehr täuschen. Seine wirkliche Gefühlswelt war noch lange nicht wieder im Lot. Bist Du darauf scharf? Ich denke wohl nicht. Ich hatte ihn ehrlich gesagt auch schon längst abgeschrieben. So lange wartet kein normaler Mensch. Diesmal kam zum Gück die Krankheitseinsicht und er hat sich in professionelle Hände begeben, auch wenn er da sehr zäh ist.

Manchmal kommt man mit einem normalen Gespräch auch nicht allzuweit. Du wirst sicher eine lange Liste an Vorbehalten und Unwissenheit entgegengesetzt bekommen. Laß Dich davon nicht entmutigen. Es ist sehr schwer. Ein paar gute Argumente hat Winnie ja in meinen Thread geschrieben. Vielleicht läßt Du Dir z.B. auch mal von der Techniker-Krankenkasse die Infobroschüre Depression schicken, es gib natürlich auch noch viel mehr im I-Net zum runterladen und bittest mal Deinen Freund, ganz sachlich mit Dir darüber zu sprechen, welche Vorbehalte er denn eigentlich wirklich hat. Sag ihm ruhig, Du wirst für ihn da sein aber er muß auch etwas dazu beitragen, sonst ist das für niemanden zumutbar. Das kann nicht Deine Einbahnstraße sein. Das macht Dich kaputt und bringt Dich nicht einen Millimenter weiter außer in Richtung Ende Eurer Beziehung. Es macht wenig Sinn, einfach nur abzuwarten, bis es vorüber ist, um dann zu zittern, wann ihn die nächste Episode ereilt und er dann immer noch nicht krankheitseinsichtig ist. Ich habe meinem Freund übrigens erstmal meine Gedanken und Infos aus dem KND in ein Mail geschrieben, weil ich auch nicht so recht wußte, wie ich da bei einem Gespräch ansetzen soll. Am Telefon hatte ich ja anfangs immer eine sehr angespannte Stimmung bei ihm bemerkt. Vermutlich wäre er da sogar "geplatzt". So ging das dann ganz gut, später auf das Mail im Gespräch zurückzukommen. Da habe ich ihm gesagt, daß ich das gar nicht nachvollziehen kann, wenn es jemandem so lange so dreckig geht, warum er sich weigert, zum Arzt zu gehen, ihm scheint es wohl immer noch nicht schlecht genug zu gehen, um die Einsicht zu haben. Ja, manchmal muß man, auch wenn man Angst vor dem "Echo" hat, zu etwas härteren Argumenten greifen. Ein paar Tage später war er beim Arzt .

Du hast Bedenken, daß Du ihn stören könntest. Deine Bedenken sind durchaus auch berechtigt. Du mußt immer bedenken, ihm geht es richtig schlecht und er kann es einfach nicht beeinflussen. Versuche ein gutes Mittelmaß zwischen nerven und Kontakt halten hinzubekommen. Das ist nicht einfach. Eventuell machst Du auch die Erfahrung, wie so viele im Angehörigenforum. Wir hoffen, daß er sich meldet aber da passiert einfach gar nichts. Das gehört durchaus auch zu der Depression. Bezieh das nicht auf Dich persönlich. Er hat jetzt mit sich zu kämpfen und wird vermutlich kaum an Dich denken und schon gar nicht, wie Eure Beziehung weiter geht. Er ist jetzt nicht dazu in der Lage. In sofern solltest Du auch lieber nicht das Thema problematisieren. Es baut allenfalls noch mehr Druck bei ihm auf und es kann passieren, daß er sich noch weiter zurückzieht. Deine Baustelle kann jetzt nur heißen, wie bekomme ich ihn zur Therapie. Mehr Hilfe kannst Du ihm nicht geben.

Vergiß auch eins nicht. Dein Warten auf ein Zeichen von ihm, nagelt Dich total in Deinen Emotionen fest und das ist nicht gesund. So hältst Du das nur ganz kurze Zeit durch, dann hat es Dich selbst ereilt. Versuche, Dich so gut es nur geht, abzulenken, Dir selbst viel gutes zu tun, Dich mit Freunden zu treffen, irgend eine sinnvolle Beschäftigung zu machen. Wenn er Dich sucht, er wird Dich über Dein Handy finden. Aber das Warten macht schlicht und einfach krank und dann bist Du viel schneller in professioneller Hilfe als er. Die Erfahrung haben hier schon sehr viele gemacht.

Ich wünsche Dir viel Kraft.

Liebe Grüße
Hina
tommi
Beiträge: 1008
Registriert: 22. Sep 2004, 17:38

Re: Zum ersten Mal mit Depressionen konfrontiert. Was passiert nun? Was tu ich?

Beitrag von tommi »

Liebe Pauline,

es ist schon von Hina und Chris so viel Gutes gesagt worden.
Deine Angst, dass er dich nicht mehr liebt, kann ich dir ein Stück weit nehmen, weil es typisch für die Krankheit ist, seinen Gefühlen nicht mehr zu trauen oder sie gar zu fühlen. Was er außerhalb der Depri sagt und tut, ist dein Maßstab. Aber ich verstehe dich sehr gut, dass es weh tut, wenn der Geliebte solche Sätzte sagt. Auch nach langer Zeit, sticht es bei mir immer noch ins Herz.

Ich bin der Meinung, dass du ihn jetzt mit dem Thema Arztbesuch nicht erreichen kannst. Er ist viel zu sehr mit sich beschäftigt, als dass er sich mit dem Thema auseinandersetzten will. Wenn das Gespräch darauf gelenkt werden kann, ist es schon mal möglich, es anzureißen. Versprich dir dann aber nicht zu viel davon.

Ich bin der Meinung, dass es nach seinem Tief zu diesem Gespräch kommen sollte. Hier ist es wichtig, dass das Tief von euch beiden durchs Reden aufgearbeitet wird. Dabei müssen dann Strategien entwickelt werden, die es möglich machen, dass beide mit der Krankheit in der Beziehung umgehen können. Dazu gehört dann auch die professionelle Hilfe.

Ich finde es gut, dass dein Freund dir seine Gefühle vermitteln will und er von sich aus per sms sich bei dir meldet. Hieran kannst du erkennen, dass du ihm viel bedeutest. Es ist wichtig, dass er versucht dir seine Krankheit zu erklären, damit du versuchen kannst es zu verstehen. Wenn er das nächst Mal über seine Krankheit spricht, würde ich vorsichtig das Thema Thrapie mal anschneiden.

Dein größter Fehler ist, dass du dein Leben nicht weiter lebst und auf irgendeine Reaktion von ihm wartest. Versuche Kraft zu schöpfen, indem du deine Kontakte pflegst und das tust was dir Spaß macht. Diese Ablenkungen sind für dich sehr wichtig.


Ich wünsche dir, dass du mit ihm einen Weg findest, eure Beziehung zu leben.

Lieben Gruß
Tom
Pauline24
Beiträge: 80
Registriert: 16. Aug 2006, 11:42

Re: Zum ersten Mal mit Depressionen konfrontiert. Was passiert nun? Was tu ich?

Beitrag von Pauline24 »

Liebe Hina, Liebe chris, lieber Tom,
erstmal vielen Dank dafür dass ihr einfach nur da seid. Jede Hilfe ist im Moment wichtig für mich.
Die aktuelle Situation sieht so aus:
Seit gestern morgen habe ich nichts weiter von ihm gehört. Ich habe mich auch nicht gemeldet weil ich ihm die Zeit geben wollte sich selbst zu melden wenn ihm danach ist. Gestern habe ich mich meiner Mutter anvertraut die mir erzählt hat, dass sie auch schon Depressionen hatte und mir sehr geholfen hat. Es ist tröstlich jemanden zu haben der das gleiche durchgemacht hat und mir ratschläge geben kann. Auch sie hat gesagt dass er unbedingt wenigstens zum Hausarzt gehen muss da dieses tiefe Loch in das er fällt schneller überwunden werden kann. Sie selbst hat beim letzten Mal gleich am Anfang den Arzt aufgesucht und das Ganze war nach wenigen Tagen schon erledigt. Ebenso hat sie mir gesagt, dass er wieder der gleiche sein wird wenn die akute Phase erstmal vorbei ist. Sie hat mir auch geraten abzuwarten ob er sich heute meldet. Wenn ja soll ich schauen wie er drauf ist und sollte sich etwas positives abzeichnen einfach mal fragen : Möchtest Du dass ich dir helfe? Dann lass uns mal beim Arzt vorbei fahren, denn das hilft dir. Sollte er sich nicht melden werde ich heute abend einfach eine SMS schreiben. Natürlich nichts mit Arzt sondern nur dass ich da bin und er sich melden kann wenn er möchte.
Es wird euch freuen zu hören dass ich gestern also bei meiner Ma war und vorher mit einer Freundin in der Stadt. Heute habe ich mir auch schon mit einer Freundin vorgenommen irgendwo hin zu fahren. Ich bin also viel unterwegs. Allerdings muss ich gestehen dáss ich zu Hause eben nichts hinbekomme. Ich kann einfach nichts aufräumen oder Wäsche waschen. Staubsaugen habe ich gerade noch so hinbekommen. Vom Essen möchte ich gar nicht reden, denn es ist einfach so, dass ich wenn ich Sorgen habe nichts essen kann. Da ist höchstens mal ein Keks drin.
Aber ich habe seit gestern, auch durch eure lieben Antworten, die Hoffnung dass er mich trotz allem liebt und das alles wieder gut wird. Ich gebe auch nicht auf und werde, wenn nicht in der akut Phase dann doch danach das Gespräch suchen und den Arztbesuch vorantreiben. Ich werde anbieten mitzukommen. Vielleicht hilft ihm das.
Ich hoffe so sehr. Es ist wahnsinnig hart für mich zu warten dass er sich meldet. Aber meine Ma hat gesagt, dass das dann ein gutes Zeichen ist und bei mir keine Schuldgefühle aufkommen dass ich stören könnte. Natürlich habe ich auch Angst dass er sich was getan haben könnte. Das hat er zwar noch nie getan und ich glaube es eigentlich auch nicht aber manchmal setzt natürlich auch bei mir das Denken aus und die Angst macht sich einfach nur breit. Ich kann schließlich nirgendwo Informationen über seinen Zustand bekommen. Wie gesagt seine Eltern wissen ja nichts von uns. Wie kann ich da fragen? Mir bleibt also nur das abwarten. Das ich aber immerhin schon irgendwie besser ertrage als vor 2 Tagen. Es ist sehr sehr gut, dass ich hier immer aktuell die Situation schildern kann und mir dann jemand Ratschläge gibt. Diesen Trost möchte ich nicht missen.
Ich danke euch schon mal und ich nehme mir natürlich auch vor, wenn die Phase vorbei ist für andere da zu sein die vielleicht meine Hilfe gebrauchen können. Bitte gebt mir weiterhin den Mut und auch die Kraft das durchzustehen. Das ist mir sehr wichtig.
Eure Pauline
tommi
Beiträge: 1008
Registriert: 22. Sep 2004, 17:38

Re: Zum ersten Mal mit Depressionen konfrontiert. Was passiert nun? Was tu ich?

Beitrag von tommi »

Liebe Pauline,

ich freue mich, dass es dir schon etwas besser geht und du auch unseren Ratschlag annimmst, aktiv am Leben teilzunehmen.

ich finde es gut, dass du mit deiner Mutter jemanden gefunden hast, die dir helfen kann, die Krankheit zu erklären und dir deine Sorgen und Ängst auch nehmen kann.

Du musst Geduld haben. Deine Mutter hat richtig gehandelt, dass sie sofort zu ihrem Arzt gegangen ist, der ihr helfen konnte. Diese Erfahrung muss er noch machen. Auch kann es trotzdem sein, dass es nicht in ein paar Tagen wieder alles gut ist. Es kommt immer auf die Schwere der Depression an.

Ich hoffe, dass er sich heute bei dir meldet. Wenn nicht, beziehe es nicht auf dich und mache dich nicht verrückt.

Lieben Gruß
tom
Pauline24
Beiträge: 80
Registriert: 16. Aug 2006, 11:42

Re: Zum ersten Mal mit Depressionen konfrontiert. Was passiert nun? Was tu ich?

Beitrag von Pauline24 »

Lieber Tom,
inzwischen habe ich verstanden, dass ich sehr viel Geduld haben muss und abwarten muss. Aber es fällt doch so unendlich schwer.
Immer habe ich den Drang wenigstens eine SMS zu schreiben um zu sagen: Ich bin da und vergesse dich nicht. Ich bin aber auch da wieder unsicher ob das nicht etwas komplett falsches ist. Ich möchte irgendwie das Gefühl vermitteln dass ich ihn ja trotzdem liebe. Nur damit er es weiß. Ob das hilft oder nicht kann ja nur er wissen. Aber ich werde einfach versuchen stark zu sein.
Besonders schlimm war es gerade eben als das Telefon klingelte und mir nur jemand einen tollen neuen Telefontarif anbieten konnte. Sowas haut mich einfach nur um denn ich hoffe ja jeden Tag weiter....
Ich nehme das "Nicht-melden" nicht persönlich. Jedenfalls versuche ich es einfach. Ich weiß dass er einfach im Moment nicht anders kann. Das habe ich ja nun hier auch durch euch gelernt. Meine Mutter hat mir auch den Ratschlag gegeben wenn er sich meldet erstmal einfach nur zu versuchen über irgendwelche anderen dinge zu sprechen als über seine Krankheit. Denn dann geht es eigentlich auch ganz gut am telefon und ich habe für mich das Gefühl ich konnte ihn ablenken und ihm das Gefühl geben dass ich mich nicht selber so fertig mache was er ja auch als Druck empfindet.
Leider hat meine freundin mit der ich heute etwas unternehmen wollte eben abgesagt. Nun werde ich mir etwas anderes suchen. Hauptsache nicht hier zu Hause.
Ihr seid mir alle eine so große Hilfe. Ich hoffe ich kann mich dafür mit eigener Hilfe auch bei anderen erkenntlich zeigen. Ich bin sehr froh, dass ich diese Möglichkeit des Erfahrungsaustausches entdeckt habe. Es ist wahnsinnig tröstlich.
Ich halte den Kopf oben.
Liebe Grüße
Pauline
Pauline24
Beiträge: 80
Registriert: 16. Aug 2006, 11:42

Re: Zum ersten Mal mit Depressionen konfrontiert. Was passiert nun? Was tu ich?

Beitrag von Pauline24 »

Lieber Tom, liebe Hina, liebe Chris, ihr alle.
Heute ist viel passiert. Bitte schreibt mir was ihr davon haltet.
Heute nachmittag klingelte mein Handy und mein freund rief an. Natürlich habe ich mich sehr gefreut als er sagte er wolle vorbei kommen. Hatte aber auch im Hinterkopf mir nicht Hoffnungen zu machen die wahrscheinlich nicht in erfüllung gehen. Er kam also an.
Er nahm mich auch in den Arm und setzte sich dann. Sagte aber dann nichts. Auf meine frage ob es einen speziellen Grund gäbe dass er vorbei kommen wollte stand er auf setzte sich neben mich und sagte mir: Ich kann das alles nicht.
Er sagte er könne einfach keine Beziehung führen. das war für mich natürlich ein Schock aber ich habe mich angestrengt ruhig zu bleiben und gesagt dass er zwar im moment wohl verständlicherweise meint er kann nicht aber ich weiß dass er es vor kurzem noch wollte und ich es überstürzt finde nun in so einer Situation so etwas zu entscheiden. dann habe ich vorsichtig das Thema Depressionen angeschnitten. Er hat bis jetzt nur einen Selbsttest im Internet gemacht!!!! Und meinte nun er bekäme solche Phasen immer wenn er mit jemandem zusammen wäre. Das kann doch nicht sein, oder? Ich habe ihm erzählt dass ich viele dinge gelesen habe und alles was er mir so beschrieben hat absolut identisch ist mit Depressionssymptomen. Das es aber auch Hilfe gibt und man ein "normales" Leben führen kann und damit leben kann. Auch wenn er im moment meint ihm kann keiner helfen. Ich sagte ihm dass ich Kraft für zwei habe. Dann sagte er ich könne ihm ja mal was darüber auf seine E-Mail Adresse schicken. Ich werde ihm die Beschreibung von Rita (frenchduck)schicken. die hat mir persönlich ja sehr die Augen geöffnet. Nun es geht ja noch weiter. Ich habe ihn zu einem Spaziergang animiert und währendessen haben wir und nur über alltägliche Dinge unterhalten. Es ging alles ganz gut. Wieder zu Haus baute er bald wieder ab was ich auch gemerkt habe. er sagte er wolle nun mal nach Hause. Ich habe zugestimmt und gesagt dass das vollkommen in Ordnung ist. Er nahm mich in den Arm und ich sagte ihm er solle sich alle Zeit der Welt nehmen, ich sei da wenn er mich braucht und dass ich ihn natürlich trotzdem liebe. Außerdem sagte ich noch dass er sich nun nicht um mich Gedanken machen müsse sondern sich ganz darauf konzentrieren solle sein Tief zu überwinden. Er bedankte sich für alles und nahm mich noch einmal in den Arm, drückte meine Hand und ging.
Alles in allem fand ich es nicht allzu schlecht. Wie gesagt diese Aussage er könne keine Beziehung zu mir haben hat mich sehr getroffen. Anders kann ich es nicht sagen.
Nun mache ich mir Gedanken ob ich alles richtig gemacht habe und ob er das nur gesagt hat weil er grad in der Tief-Phase steckt oder ob ich da nun das Ende der Beziehung erlebt habe. Kann es sein dass es nur gesagt wurde weil er im Moment eh nichts weiß? Was meint ihr denn? Vielleicht fällt euch ein was mir entgangen ist. Was soll ich von dem gespräch halten?
Eure verwirrte
Pauline
Hina1
Beiträge: 761
Registriert: 23. Mai 2006, 23:23

Re: Zum ersten Mal mit Depressionen konfrontiert. Was passiert nun? Was tu ich?

Beitrag von Hina1 »

Liebe Pauline,

ich habe gerade Deine Beiträge gelesen und muß sagen, es tut sich im Grunde ganz gutes bei Dir, auch wenn Du das selbst vielleicht ein bißchen anders fühlst. Du hast Dich recht gut abgelenkt, Deine Ma wird Dir sicher eine gute Unterstützung sein und Du hattest ein Gespräch mit Deinem Freund. Daß er Dir gesagt hat, daß er die Beziehung nicht führen kann, sollte Dich nicht zu sehr schocken. Das ist einfach eine Tatsache bei einer Depression. Dein Freund wird so wie viele andere Depressive zur Zeit seine Gefühle überhaupt nicht zuordnen können, positive erst recht nicht. Da erscheint es ihm in der Tat total unmöglich zu sein, unter diesen Bedinungen eine Beziehung zu führen, denn unter einer Beziehung stellt er sich natürlich auch was anderes vor, als er jetzt bieten kann. Es ist sozusagen ganz unten, kann keine Freunde empfinden, hadert mit der Zukunft. Wenn Du Dich hier im Forum umguckst, dann ist das die meist gebrauchte Aussage, der Freunde. Du solltest Dich aber nicht ganz davon abschrecken lassen. Eine Beziehung ist in der Tat derzeit nicht möglich aber er hat Dir nicht die Freundschaft gekündigt. Es war bei mir in beiden Episoden meines Freundes genau so. Ich habe den Kontakt aufrechterhalten und das ist auch gut so. Solltest Du auch machen. Ich denke, er wird sehr froh sein, wenn Du ihn nicht "abschreibst". Und was eigentlich noch sehr erfreulich ist, wenn es in einer solchen Situation überhaupt erfreuliches gibt, er hat sich selbst schon klar gemacht, daß er wohl an einer Depression leidet und ist auch darauf eingegangen, daß Du ihm bei den Infos zur Seite stehst. Ich denke, wenn Du das gut machst, wird er vielleicht recht schnell die Einsicht haben, daß ihm geholfen werden kann, wenn er den Schritt zum Psychiater schafft. Natürlich kann er das auch erstmal vom Hausarzt abklären lassen aber viele Hausärzte sind da eben nicht so erfahren. Ein Facharzt wäre sicher die bessere Wahl.
Ich setze Dir hier mal noch einen anderen Link rein. Da ist auch nochmal alles sehr gut beschrieben http://www.angst-und-depri.info/index.html

Liebe Pauline, sei nicht traurig, Ihr habt den ersten Schritt schon geschafft, daß er eine gewissen Krankheitseinsicht zeigt. Das ist schon ein sehr großer Schritt und das kann Dich wirklich etwas hoffnungsfroh stimmen. Gräme Dich nicht zu sehr, daß er die Beziehung beendet hat. Wenn Du Bedenken hast, wie Du jetzt mit ihm umgehen sollst, dann sage ihm ruhig, daß Du es verstehst, daß er so in diesem Tief keine Beziehung führen kann, daß Du ihm aber freundschaftlich verbunden sein möchtest. Ich denke, das wird er bestimmt annehmen und nimmt ihm auch den Druck, daß Du jetzt etwas von ihm erwartest.
Mach weiter so, lenke Dich gut ab unternimm viel, tanke viel Kraft und unterstütze Deinen Freund, so gut es möglich ist.

Liebe Grüße
Hina
Chris369
Beiträge: 9
Registriert: 8. Jun 2006, 09:27

Re: Zum ersten Mal mit Depressionen konfrontiert. Was passiert nun? Was tu ich?

Beitrag von Chris369 »

Liebe Pauline,

es war sicherlich sehr schwer diese Worte zu hören, kann ich sehr gut nachvollziehen. Ich drück Dich mal ganz lieb
Ich hoffe unsere Hinweise, daß soetwas vorkommt haben den Schock etwas gemildert.
Ansonsten finde ich Deine Schilderungen auch sehr positiv, Dein Freund zeigt sich einsichtig und läßt sich sogar Unterlagen von Dir zusammenstellen - ist auf jeden Fall ein Schritt in die richtige Richtung.
Ich finde Du hast die Situation sehr gut gemeistert. Das er die Beziehung beendet hat liegt sicherlich an seiner momentanen Verfassung, biete ihm weiterhin Deine Freundschaft und Unterstützung an. Das kann er annehmen, zu mehr ist er momentan nicht fähig. Und nach dieser Phase kann die Welt schon wieder ganz anders aussehen
Sei auch nicht traurig wenn er Dich vielleicht nicht mehr in den Arm nimmt oder sonst berührt, ist auch eine Begleiterscheinung der Depression

Ich hatte beim Lesen Deines Beitrages den Eindruck, daß es Dir besser als die Tage davor geht. Das freut mich. Ich finde es auch sehr gut, daß Du versuchst viel zu unternehmen und Dich abzulenken. Versuche das beizubehalten, es hilft.

Viele Grüsse

Chris
tommi
Beiträge: 1008
Registriert: 22. Sep 2004, 17:38

Re: Zum ersten Mal mit Depressionen konfrontiert. Was passiert nun? Was tu ich?

Beitrag von tommi »

Liebe Pauline,

das hast du klasse gemacht .

Ja, es ist schlimm solche Worte zu hören, aber glaube mir, sie kommen aus der Depression heraus. Ich bin 23 Jahre mit meiner Frau zusammen, die Diagnose wurde erst vor 3 Jahren gestellt und auch Heute kommen solche oder ähnliche Sätzte von ihr.
Ich weiß, dass man das nicht so vergleichen kann, weil euer Band noch recht dünn ist, aber ich habe, nach dem wie du ihn Beschreibst, das Gefühl, dass er bereit ist, sich mit dem Thema und der Hilfe auseinanderzusetzten.

Er sagt, dass er die Phasen immer dann bekommt, wenn er eine Beziehung führt. Ich kann mir da gut vorstellen, dass seine bisherigen Freundinen anders reagiert haben als du. Ich kann mir weiter auch vorstellen, dass er mit einer anderen Reaktion gerechnet hat und überrascht ist, dass du ihm weiter helfen willst. Vielleicht bist du diejenige, die es bewirken kann, dass er gegen diese Krankheit angeht. Ich finde auch, dass es sich gut anhört, dass er die Informationen haben möchte. Oftmals passiert eigentlich das Gegenteil, dass solche Infos kategorisch abgelehnt werden. Des wegen bin ich sehr optimistisch.

Achte weiter gut auf dich, denn nur dann kannst du Kraft schöpfen und ihm eine große Hilfe sein.

Lieben Gruß
Tom
Pauline24
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Re: Zum ersten Mal mit Depressionen konfrontiert. Was passiert nun? Was tu ich?

Beitrag von Pauline24 »

Ihr Lieben,
vielen Dank für eure lieben Antworten. Ich muss sagen dass ich gestern gar nicht das Gefühl hatte dass nun die Beziehung beendet ist. Denn er hat ja zugestimmt das Ganze erst zu besprechen sobald es ihm besser geht. Ich hoffe also immer noch das seine ganzen Gefühle wieder kommen wenn es wieder geht. Wir haben uns ja auch hinterher wieder gut unterhalten. Ich hoffe so sehr dass ich ihm somit den Druck nehmen konnte den er sich selber aufbaut. Ich hatte den Eindruck dass mir das sogar gelungen ist. Trotzdem bin ich heute wieder sehr fertig weil ich mir über alles wieder große Sorgen mache. Ich bin für das Wochenende zu meiner Familie gezogen. Ich halte es im Moment einfach nicht zu Hause aus. Da bin ich allein und enke immer ur nach. Gut das tue ich so natürlich auch.
Den Hinweis dass seine frühere Freundin vielleicht kein Verständinis hatte finde ich sehr ermutigend denn das habe ich mir auch schon gedacht.
Bis jetzt habe ich ihm gestern eine E-Mail geschreiben in der ich die Informationen von rita angehängt habe und ihm auch das Kompetenznetz empfohlen habe um Informationen zu bekommen.
Ich habe auch mit reingeschrieben dass ich für ihn da bin, dass er alle Zeit der Welt hat und ich ihn natürlich trotzdem liebe. Ich hoffe damit habe ich nichts falsches getan. Ich hatte einfach das Bedürfnis ihm das mitzuteilen.
Es beruhigt mich sehr von euch zu hören dass ich richtig gehandelt habe.
Die Angst bleibt mir natürlich dass es nicht reicht für ihn. Ihr sagt dass solche Worte nichts ungewöhnliches sind. Trotzdem sind sie für mich ein großer Schock. Denn damit hatte ich in dem Moment nicht gerechnet.
Denkt ihr er hat sich nur auf ein Gespräch eingelassen weil er endlich weg wollte? Aber warum ist er dann mit mir raus gegangen? Auch als er dann gefahren ist hatte ich das Gefühl er hat meine Worte ernst genommen nichts zu überstürzen und alles abzuwarten bis es ihm besser geht. Kann er das nur so gesagt haben? Ich hatte nicht das Gefühl. Aber auch das ist wieder eine meiner Sorgen.
Ich habe mich bis jetzt nicht wieder gemeldet. Vielleicht mache ich es morgen. Aber er meldet sich selten von selbst bei mir. Aber auch das verstehe ich. Wie gesagt heute geht es mir wieder reichlich daneben und vor dem Wochenende graust es mir sehr.
Bitte hört nicht auf mir Mut zu machen. Das alles bedeutet mir sehr viel. Ich wünsche und hoffe ja ohne Ende und habe einen großen Kampfgeist entwickelt. Der muss eben manchmal gestärkt werden.
Liebe Grüße
(wenn auch manchmal verheulte)
Eure Pauline
tommi
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Re: Zum ersten Mal mit Depressionen konfrontiert. Was passiert nun? Was tu ich?

Beitrag von tommi »

Liebe Pauline,

ich gehe stark davon aus, dass er meint was er sagt. Er ist zu dir gefahren, weil er für sich keine andere Lösung findet, die Beziehung fortzusetzten. Da du aber richtig reagiert hast, und er merkt, dass du ihm bei dieser Phase helfen willst, hat er seine Entschluss relativiert. Gehe also davon aus, dass er nur im Moment nicht in der Lage ist, diese Beziehung zu führen.

Warum soll es falsch sein, ihm mitzuteilen, dass du ihn liebst? Auch wenn er sie im Moment nicht aufnehmen und wiedergeben kann, wird er es trotzdem zur Kenntnis nehmen.

Also, mach dich nicht verru´ückt. Neben der Geduld ist die Gelassenheit wichtig. Denke an unsere Worte, dass nicht der Mann, den du kennen und lieben gelernt hast sich äußert, sondern die Krankheit.

Natürlich schocken dich die Worte. Aber es ist sein Versuch, dich nicht mit der Krankheit zu belasten, dich vor ihn zu schützen. Er hat deswegen unheimliche Schuldgefühle und er kann sich auch schwer vorstellen, dass ihn überhaupt jemand liebt, weil er sich selbst im Moment nicht fühlt.

Es wird bestimmt auch irgendwann der Satz kommen, dass er dich nicht verdiene und du etwas besseres verdient hast als ihn. Diese beiden Dinge kannst du hier im Forum sehr häufig nachlesen.

Auch meine Frau sagte schon des öfteren, dass ich zu gut für sie bin und sie das nicht verdient hätte. Ich habe das erst einmal als Kompliment aufgefasst .

Liebe Grüße
Tom
Pauline24
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Re: Zum ersten Mal mit Depressionen konfrontiert. Was passiert nun? Was tu ich?

Beitrag von Pauline24 »

Lieber Tom,
heute ist wieder etwas passiert. Ich habe ihm eine SMS geschrieben dass ich über Handy für ihn da bin und dass ich ihm ein für ihn erholsames Wochenende wünsche. Es kam Antwort: Ich hab dir ne Mail geschrieben. Dir auch ein schönes Wochenende.Ich habe dann angerufen und er hat erzählt dass er in der Stadt war und einiges mehr. Ich habe mich sehr gefreut. Der Kontakt kam also von ihm da er mir ja eher geschrieben hatte.
Ich habe gerade die Mail gelesen. Es ging wie schon am Handy oberflächlich um nichts wichtiges. Aber er sagte dass er am Sonntag zum Fußball kommt.
Einerseits freue ich mich sehr über den Kontakt. Andererseits ist die Mail sehr neutral formuliert. Hallo.. und am Ende Gruß...
Meinst Du wirklich dass ich mir nun meine Beziehung abschreiben kann? Das wäre für mich mehr als schrecklich.Natürlich habe ich weiterhin Verständnis gezeigt und meine Hilfe angeboten. Ebenso habe ich ihm zurückgeschrieben dass er sich sicher sein kann meine Liebe weiterhin zu haben. Das muss ich einfach tun. Weil ich doch weiterhin hoffe und hoffe und hoffe dass er sich wenn es erstmal besser wird dessen wieder bewusst wird und dann wieder zu mir kommt. Hältst Du das für möglich?
Ich weiß dass ich so viele Fragen stelle die vielleicht leicht zu beantworten sind aber für mich ist es doch so unendlich wichtig.
Ich werde allerdings nicht aufgeben. Ich werde um ihn kämpfen denn das ist er mir allemal wert. Ich hoffe so sehr weiter auf eine Beziehung.
Liebe Grüße
Pauline
tommi
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Re: Zum ersten Mal mit Depressionen konfrontiert. Was passiert nun? Was tu ich?

Beitrag von tommi »

Liebe Pauline,

versuche nicht irgendetwas in irgend eine Aussage hineinzuinterpretieren. Das bringt nichts und zermürbt, weil das Grübeln und dadurch ein Gedankenkarussell einsetzt, was du nicht mehr stoppen kannst.

Mach mal die Augen zu und stelle dir vor, dass du nichts fühlst, alles um dich herum ist schwarz, du meinst, keiner mag dich - wie auch, du magst dich selbst nicht mal. Du fängst mit einem guten Gedanken an zu denken, du denkst, denkst und heraus kommt ein schlechter Gedanke. Dieser schlechte Gedanke kreist nun in deinem Kopf und weitet sich aus, dass er sogar noch schwärzer wird, dir geht es schlecht, willst nur noch deine Ruhe, willst allein sein, alles um dich lebt, du kannst nicht daran teilnehmen. Alle fordern was von dir, du fühlst dich dem nicht mehr gewachsen, fühlst dich minderwertig, meinst, du gehst eh nur allen auf den Keks, bekommst Schuldgefühle, weil sich andere, die dir nahe stehen Sorgen machen und fühlst dich noch schlechter.... .

Nun mach die Augen wieder auf, damit du deinen Beitrag noch mal ließt . Und nun liß noch mal seine mail. Findest du diese nicht jetzt sehr liebevoll, als grandiose Leistung seinerseits?

Natürlich brauchst du die Beziehung nicht abschreiben! Lass ihn erst einmal aus seinem Tief heraus und arbeite dann mit ihm diese Phase auf.

Lieben Gruß
Tom
Hina1
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Registriert: 23. Mai 2006, 23:23

Re: Zum ersten Mal mit Depressionen konfrontiert. Was passiert nun? Was tu ich?

Beitrag von Hina1 »

Liebe Pauline,

entmutige Dich nicht selbst, Du gehst so suverän an die Sache, auch wenn alles sehr schwer fällt. Laß Dich mal ein bißchen in den Arm nehmen. Wenn Du am Wochenende bei Deiner Familien bist, dann wird Dir das sicher gut tun.

Die erste Zeit so einer Episode ist natürlich die schwerste, weil man selbst so sehr verunsichert ist und man erstmal einen Weg finden muß, wie man miteinander und mit der Situation umgehen kann. Dein Freund hatte sich sicher auch sehr viel Gedanken darüber gemacht, ob eine Beziehung, in der er Dir jetzt nicht das geben kann, was Du vielleicht erhoffen könntest und in der er nicht das spüren kann, was eine Liebe ausmacht, noch Sinn macht. Du hast ihm aber angeboten, ihn zu unterstützen, mit der Krankheit fertig zu werden. Das war bestimmt für ihn auch eine sehr positive Erfahrung, wie er sie vielleicht bisher noch nicht erlebt hat. Deshalb solltest Du Dir jetzt im Nachhinein nicht so viele Gedanken machen, mit welcher Motivation und Gedanken er das Gespräch gesucht hatte. Wichtig ist einzig und allein das Ergebnis Eures Gespräches und das sehe ich sehr positiv. Es wird sicher ein bißchen dauern aber dann wirst Du es bestimmt auch lernen, nicht alles persönlich zu nehmen und nicht hinter jeder Äußerung einen ganzen Film an Gedankengängen und Motivationen nachvollziehen zu wollen. Du wirst selten die richtige Antwort darauf finden. Seine Befindlichkeit solltest Du natürlich nicht ignorieren. Ihm geht es wirklich nicht gut und das wiederspiegelt sich dann natürlich in der Kommunikation. Ich habe mir anfangs immer als Eselsbrücke gesagt, wie würde ich auf was reagieren, wenn ich über 40 Fieber hätte und jeder will was von mir. Welche Dosis könnte ich da eigentlich vertragen und welchen Ansprüchen könnte ich da überhaupt noch gerecht werden. Unterm Strich kommt da nämlich nicht gerade was euphorisches bei raus.

Es werden sicher die kleinen Schritte sein, die Euch weiterbringen. Auch wenn es "Rückschritte" oder "Zähigkeiten" gibt, laß Dich davon nicht entmutigen. Die kann es immer mal wieder geben. Mein Freund hat mir Anfang Mai auch gesagt, daß er mit der Depression nicht in der Lage ist, die Beziehung zu führen. Er hat sehr große Probleme mit der physischen Nähe. Trotzdem ist die Verbindung nicht abgerissen und wir haben lange und gute Gespräche. An manchen Tagen merkt man, daß es zu anstrengend ist, dann sind sie kürzer, an manchen Tagen ist es ganu anders. Aber eins ist auch wichtig. Die Gespräche sollten sich nicht pausenlos um die Depri drehen. Das kann auch zu einer Belastung werden. Du wirst es sicher bald heraus finden, was ein gutes Maß ist. Bei uns gibt es Tage, da können wir das beide total ausblenden und er erzählt sogar über lustige und sehr schöne Dinge, was ja nun in der Depri nicht gerade alltäglich ist. Da habe ich auch kein Bedürfnis, das Thema dann wieder in Schwermütigkeiten umzukippen. Hinter jedem Kranken steht schließlich auch noch der Mensch.

Laß Dich auch nicht durch eventuelle "Funkstillen", einseitigen "Datenverkehr" oder "Unpersönlichkeiten", wie Hallo oder Gruß in Panik versetzen. Auch das passiert sehr häufig. Zum einen ist er dann nicht in der Lage zu reden oder zu schreiben, zum anderen empfindet er im Moment einfach nicht wie ein Liebender, weil seine Gefühle im Keller sind. Nimm es nicht persönlich. Bleib einfach am Ball und signalisiere ihm, Du bist da. Zum Thema "Kommunikationsphobie" hat Winnie im 2. Teil von meinem Thread ewtas sehr interessantes geschrieben und wenn man andere Threads liest, dann scheint das recht oft der Fall zu sein. Und mach Dir auch nicht zu viele Gedanken darüber, ob Du irgendwann mal was "falsches" gesagt oder geschrieben hast. Ein Depressiver ist nicht mit Bedienugnsanleitung zu behandeln. Er ist ein ganz normaler Mensch, dem es durch seine Krankheit nicht gut geht. Was ist richtig, was ist falsch, kann man nur in ganz kleinen Schritten selbst herausfinden oder noch besser, den Lieben einfach fragen. Es gibt eben ein paar Grundsätze in der Krankheit, der Rest ist eben das Leben. Also, nicht verrückt machen, man "darf" auch was falsch machen. Machen wir nämlich alle .

Natürlich werden wir Dir auch weiter den Rücken stärken. Du weißt auf jeden Fall, Du bist nicht alleine. Wir sitzen irgendwie alle in einem Boot und wissen ganz gut, wie es einem als - wie ich immer sage - "in die Abstellkammer verbannte", geht. Im Grunde sind wir beide genau in der selben Situation. Deshalb kann ich Deine Gedanken und Gefühle auch sehr gut nachvollziehen. Hab also den Mut es mit Deinem Freund zusammen anzugehen und durchzustehen. Wenn alles gut geht, dann schweißt Euch das auch ganz doll zusammen. Kann ich nur aus eigener Erfahrung sagen. Hinterher war die Liebe noch größer und ich hoffe, es gibt auch bei uns in absehbarer Zeit mal wieder ein Hinterher.

Vor allem aber denke immer daran, Deine eigene "Pflege" sehr intensiv zu betreiben. Du kannst nur stark genug sein, wenn es Dir gut geht aber auch dafür hast Du ja schon prima gesorgt.

Liebe Grüße und viel Freude am Wochenende
Hina
feuerfisch
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Re: Zum ersten Mal mit Depressionen konfrontiert. Was passiert nun? Was tu ich?

Beitrag von feuerfisch »

Hai Pauline

nu möcht ich mich auch einmal einmischen....

ich bin beides, Betroffene und Angehörige. Und auch zuvor war ich einem Depri zusammen.

Wie meine `Vorschreiber´ auch schon ganz richtig getextet haben ist vieles von der (für dich so empfundenen) Ablehnung rein auf die Depri zu begründen.

Und auch ganz wichtig ist das DU auf DICH Acht gibst. Hat keinen Sinn wenn am Schluß beide krank sind - und die Gefahr ist nicht zu unterschätzen! Du kannst außerdem nur dann für ihn stark sein wenn du aus einem Reservoir Kraft schöpfen kannst.

Der Umgang mit uns Depri-Leuten hat ne ganze Menge mit Geduld zu tun. Und mit dem `Lesen´ der Sprüche die wir so bringen. Bezieh sie nicht auf dich, denke daran das sich der Mensch der sie dir gegenüber benutzt meist absolut wertlos fühlt. Also sind diese `Sprüche´ eigentlich ja gegen ihn selbst gerichtet, auch wenn es sich anders anhört.

Ne andere Sache ist die mit der Belastung. In unseren Köpfen schwirren meist so viele unterschiedliche Gedanken herum das man gar nicht mehr eine Richtung findet. Durch dies `Gedankenchaos´ durch zu finden ist ganz schön balastend, zumal man sich dann auch noch heftige Gedanken um absolut belangloses Zeugs macht - der Wust im Kopf wird also noch verschlimmert.

Entlastung ist da angesagt, Druck nehmen. Depri ist Depri.
Leichter wird es wenn man sie hinnimmt (wenn man kann). Es ist jetzt gerade so wie es ist.
Der Druck wird schlimmer wenn man ein schlechtes Gewissen dem Partner gegenüber hat, oder wenn man immer wieder erklären muss, oder den anderen beruhigen muss. (merkst du? Da steckt immer ein "muss" drin)

Hab Geduld mit ihm, ich nenne das "auf Samtpfoten laufen" alles tun was man sonst auch machen würde, aber achtsamer, auch mit Achtung auf dich selbst.

Ihn jetzt im Moment zu einer Thera zu bringen....sei vorsichtig damit. Weißt du, es ist schwer genug vor sich selbst anzuerkennen das man psychisch krank ist, und er hat es ja sogar noch vor dir zugegeben!
Der Weg der kleinen Schritte....

So, nun hab ich genug Müll dazu gegeben

Liebe Grüße


feuerfisch
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feuerfisch
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Re: Zum ersten Mal mit Depressionen konfrontiert. Was passiert nun? Was tu ich?

Beitrag von feuerfisch »

Hai Hina

unsere Beiträge haben sich gerade überschnitten, zeitlich und auch mit der Aussage (hab ich zumindest das Gefühl)

Du hast das gut geschrieben *grins* hätt ich mir ja die Tipperei sparen können

feuerfisch
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Hina1
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Re: Zum ersten Mal mit Depressionen konfrontiert. Was passiert nun? Was tu ich?

Beitrag von Hina1 »

Hallo Feuerfisch,

es ist aber sehr gut, das auch von Betroffenen zu hören. In den seltenen Fällen, wissen ja die Angehörigen, wie sich Depression anfühlt und was da so vor sich geht. Nicht-Depressive versuchen das immer aus ihrer Sicht nachzuvollziehen, was in der Gedankenwelt des Depresiven vor sich geht. Aber das kann man eben nicht. Deshalb wird ja auch so vieles zum Mißveständnis. Ich hatte nach schwerem Trauma zwar auch schon mal in diese Welt blicken dürfen, garniert noch mit einer Angststörung und fand das ziemlich schlimm aber ich kann mich auch kaum noch erinnern, wie ich mich damals wirklich "benommen" habe. Ich weiß nur noch, daß ich mich irgendwie total von meiner Umwelt zurückgezogen habe. Es war mir alles buchstäblich zuviel, auch Menschen, die mir sehr nahe standen aber es war mir auch wiederum sehr wichtig zu wissen, daß sie da sind. Durch sofortige Therapie bin ich wohl zum Glück kein "Dauergast" dieser Welt geworden. Ich weiß aber, daß es die Meinen mit mir auch ziemlich schwer hatten, weil es Ihnen nicht anders ging, als uns im Angehörigen-Forum.

Liebe Grüße
Hina
Pauline24
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Re: Zum ersten Mal mit Depressionen konfrontiert. Was passiert nun? Was tu ich?

Beitrag von Pauline24 »

Liebe Hina, Lieber Tom und auch Feuerfisch ,
Wieder einmal habt ihr mir mit euren Beiträgen sehr gehölfen. Besonders Deine Aussage Hina, dass so etwas zusammenschweißt hat mich sehr ermutigt dass ich den richtigen Weg gehe.
Selbstverständlich habe ich nicht vor, ihn nach unserem Gespräch erneut in seiner Tief-Phase auf einen Arztbesuch anzusprechen. Ich habe ja gemerkt dass er abblockt und bin auch damit zufrieden dass er die Infos von mir haben wollte. Das bedeutet für mich er WILL sich darüber informieren und hat mich mit dem was ich gesagt habe wahrgenommen. Das ist schon ein guter Schritt vorwärts sage ich mir dann. Auch gestern habe ich mir noch einmal alles was passiert ist bis jetzt durch den Kopf gehen lassen. Ich habe ihm Infos gegeben, ihm gesagt dass er nicht allein ist, dass er nicht denken muss dass er verrückt ist und vor allem dass ich auch wenn es jetzt dauert für ihn da sein werde und ich auch wenn er es im Moment nicht erwidern kann ihm alle meine Liebe versichere. Ich denke ich kann jetzt nicht mehr tun. An diesem Wochenende hat er auch zu tun, denn heute steht eine Familienfeier an die ihn hoffentlich ein bißchen ablenken kann.
Dass der Kontakt einseitig ist (gestern ja nicht!!!!) ist natürlich schwierig aber ich habe darüber nachgedacht und für mich bedeutet seine Mail inzwischen: Er hat an mich gedacht und hat versucht mir ein bißchen was zu erzählen. Das ist für mich absolut positiv.
Da habe ich aber auch wieder eine neue Frage. Wie ist das wenn man aus der Tief-Phase raus kommt? Meine Ma sagte mir dass das ganz plötzlich sein kann. Erwarte ich dann zuviel wenn ich denke er sucht dann ganz plötzlich wieder mehr Kontakt? Oder vielmehr: Woher weiß ich wann es denn so ist? Denn z.Zt. bin ich darauf eingestellt ihn bloß nicht mit irgendetwas zu belasten, so dass ich auch meinen Kontakt auf ein Minimum beschränke und auch nach möglichkeit keine Fragen stelle, da er ja darauf antworten "müsste". Da wisst ihr doch bestimmt auch weiter. Oder auch Du Feuerfisch. Was geht da vor? Kann man es beschreiben?
Ich setzte auf jeden Fall meinen Weg fort. Ich freue mich über jede Regung die es seinerseits gibt und gebe ihm immer wieder zu verstehen: Ich bin da und liebe dich und nimm dir alle Zeit die du für dich brauchst denn das ist jetzt wichtig für dich. Ich hoffe damit bin ich auf einem guten weg. Es ist sehr kraftaufwendig aber ich kann es. Auch mit euch. Nun werde ich wohl den heutigen Tag abwarten was passiert und kommt erstmal nichts von ihm, schreibe ich heute abend bevor die Feier los geht eine SMS. Und morgen ist schon wieder ein neuer Tag an dem sich was tun kann. Es kann ja mit jedem Tag der mehr vergeht nur irgendwann ein Ende in Sicht sein. Ich bin halbwegs positiv gestimmt.
Liebe Grüße
Eure Pauline
Hina1
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Re: Zum ersten Mal mit Depressionen konfrontiert. Was passiert nun? Was tu ich?

Beitrag von Hina1 »

Liebe Pauline,

ja, Du kannst im Moment für Deinen Freund nicht mehr tun aber Ihr seid wirklich schon einen ersten großen Schritt gegangen. Ich würde ihn jetzt auch nicht drängen, zum Arzt zu gehen. Er war damit einverstanden, daß Du ihm die Infos zukommen läßt und damit muß er sich natürlich erstmal auseinander setzen und für sich darüber klar werden, wie es weiter gehen kann. Vielleicht ergibt sich dann irgendwann für Euch beide mal die Möglichkeit, darüber zu sprechen, ob ihm die Infos was gebracht haben. Entweder er ist dann bereit, darüber zu reden oder er möchte es nicht. Das wirst Du sicher erkennen.

Wie der Verlauf und das Ende einer depressiven Episode aussieht, ist sicher sehr unterschriedlich. Es mag sein, daß es bei manchen genau so plötzlich aufhört, wie es gekommen ist. Bei meinem Freund gab es immer einen schleichenden Anfang mit ersten Sympthomen, vor allem Durchschlafprobleme, extreme Grübeleien und reichlich Pessimismus. Diesmal war das im September letzten Jahres. Dann steigerte sich das bis Februar in ein Tief, wurde aber bis April wieder besser, bis er Anfang Mai regelrecht abstürzte. Da litt dann auch wieder unsere Beziehung darunter. Im Moment sitzt er halt immer noch ganz tief drin. Beim letzten mal hat es auch extem lange Monate gedauert und besserte sich nur in ganz kleinen Schritten, bis er auch wieder so weit war, die Beziehung ganz normal zu leben. Und da komme ich auf Deine Frage nochmal zurück. Mein Freund hat mir gesagt, daß er wieder für mich die alten Empfindungen hat. Leider scheiterte der Anlauf dann doch noch zwei mal, weil es bei ihm wieder Rückschritte gab. Beim dritten mal, also 19 Monate nach Beginn des akuten Tiefs, war aber die Welt wieder wirklich in Ordnung. Aber wie gesagt, er ist auch gänzlich ohne ärztliche und therapeutische Hilfe bisher gewesen. Ich hoffe, diesmal wird das ein wenig anders, immerhin geht er jetzt regelmäßig zum Arzt. Im Grunde hat er ja schon wieder fast ein Jahr damit zu tun, akut auch schon über 3 Monate. Es gibt auch während der Episode immer mal wieder im Verhältnis recht gute Tage, es sind dann leider aber nur einzelne. Aber wie gesagt, der Krankheitsverlauf dürfte sicher bei jedem anders sein. Bei anderen, z.B. bei meiner Frundin, können die Episoden wesentlich kürzer - bei ihr oft nur 1-3 Wochen -, dafür aber häufiger sein - bei ihr wenigstens alle viertel Jahre. Sie ist aber in Therapie und die Symthome seither nicht mehr so extrem. Laß Dich also auf keinen Fall abschrecken, richte Dich aber innerlich trotzdem lieber auf einen recht langen Weg ein, dann bist Du nicht so enttäuscht, wenn er es nicht in ein paar Wochen schafft. Deshalb sagen wir ja auch immer, Du brauchst unendlich viel Geduld und Dein Freund einen guten Arzt und das ist leider eine Tatsache.

Aber ich denke, Du wirst das schon meistern. Und im Laufe der Zeit wirst Du sicher auch lernen, nicht immer zu warten, denn das strengt auch sehr an und unerfüllte Erwartungen enttäuschen eben auch. Du kommst aber sicher auch noch dahin, daß es eher dann eine überraschende Freude sein wird, wenn Du etwas von ihm hörst oder liest.

Ich wünsche Dir ganz viel Sonnenschein für das Wochenende und gute Ablenkung.

Liebe Grüße
Hina
feuerfisch
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Re: Zum ersten Mal mit Depressionen konfrontiert. Was passiert nun? Was tu ich?

Beitrag von feuerfisch »

Hai Pauline

Leider kann ich dir nichts dazu sagen wie es ist aus der Depri wieder heraus zu kommen, ich bin dauerdepri und kenne nichts anderes.
Meine Depris sehen darum auch anders aus als die der meisten hier.

Vor ca.20 Jahren hatte ich allerdings mal diese "lähmenden" Depris, wie ich sie für mich nenne. Dabei hatte ich mich von allem abgekapselt und auch die Wohnung nicht mehr verlassen. Ich hörte nicht einmal Radio aus lauter Angst das mich jemand hören könnte und wüßte das ich daheim bin.
Aus diesen bin ich dann alleine wieder heraus gekommen, ich hatte keine Hilfe dabei. Ich mußte damals meine Ängste massiv angehen, mußte das Haus verlassen obwohl ich doch sehr Angst hatte. Das hat mich enorm viel Überwindung gekostet - und ich mußte es auf meine Art tun. Es ging nur sehr langsam und in winzigen Schritten. Ich glaube hätte ich damals jemanden neben mir gehabt wäre es nicht möglich gewesen; der Druck, dem ich mich dann ausgesetzt gefühlt hätte (und wäre der Mensch noch so lieb gewesen, bzw. gerade WEIL da jemand gewesen wäre der mich mag) würde es mir unmöglich gemacht haben raus zu gehen. Es dauerte etwa zwei Jahre bis ich mich wieder "frei" bewegen konnte.

Doch das ist mein Fall und nicht zu vergleichen mit anderen, zudem ich ja eigentlich gar nicht aus der Depri raus kam sondern nur das Haus wieder verlassen konnte.

Ich kann dir höchstens mitteilen was ich an anderen beobachten konnte, ich kenne einige Depri-Leute. Die, die manisch-depri sind können zum Teil von jetzt auf gleich "umschalten" - in beide Richtungen. Ansonsten ist es (nicht vergessen, nur mein persönlicher Eindruck) abhängig von der Dauer der Depri, Leute die sie nur kurz haben kommen meist schneller wieder heraus. Ebenso diejenigen die nicht ganz so tief abgerutscht sind. Aber diejenigen die langanhaltende Depris haben (erst recht wenn sie noch verbunden ist mit ner PS) brauchen zum Teil schon länger und sind auch anfangs recht "zurückhaltend", sprich sie stehen sozusagen parat jederzeit die Flucht anzutreten.

Stell dir einen Eisblock vor in dem du eingeschlossen bist. Kommst du in die Wärme und taust so langsam auf, so hast du Angst vor den Schmerzen die du erleiden wirst...und an jeder Stelle die erst einmal befreit ist von dem Eis tut es ja auch erst mal weh...ist ja eine Erfrierung dort, die auf die Wärme mit Schmerz reagiert. Und die Haut ist extrem empfindlich......auch leichte Berührungen tun weh....

Mehr kann ich dir dazu leider nicht schreiben, ich hoffe es hilft dir ein wenig.

Aber ansonsten kann ich dir auch etwas Schönes mit auf den Weg geben - es tut unheimlich gut wenn man weiß das da jemand ist dem man vertrauen kann, jemand der immer für einen da ist.
Mein jetziger Lebensgefährte gibt mir dies Gefühl das er mich annimmt, mitsamt meiner miesen Stimmungen. Und auch obwohl ich ihn manchmal am liebsten davon jagen würde (um ihm nicht zu schaden, um frei zu sein für....), so tut er mir doch gut und hilft mir - auch dabei Selbstvertrauen aufzubauen.

So wie es sich bei dir liest versuchst du das bei deinem Freund auch. Übernimmst den Part des "Felsens in der Brandung" an dem er sich auch festhalten darf.
Nur vergiß nicht, auch so ein Felsen wird ausgehöhlt, von dem dauernden Ansturm des Meeres. Bau dir einen Damm, umgib dich mich Schutz, damit er dich nicht vom Grunde losreissen kann.

Ich hoffe ich hab mich halbwegs verständlich ausgedrückt.

Alles Gute euch!

feuerfisch
Es gibt 1000 Gründe alles beim Alten zu lassen und nur einen einzigen etwas zu ändern - DU HÄLTST ES EINFACH NICHT MEHR AUS!
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