Zulassung zum Referendariat trotz Depression?

Silvie
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Zulassung zum Referendariat trotz Depression?

Beitrag von Silvie »

Hallo,

vor ein paar Jahren habe ich mein erstes Staatsexamen gemacht, aber seitdem nicht in der Schule, sondern als Angestellte in einem anderen Berufszweig (freie Wirtschaft) gearbeitet.

Nun überlege ich, mich doch noch fürs Referendariat anzumelden, um auch das zweite Staatsexamen zu erwerben. Soviel ich weiß, muss aber jeder Bewerber für das Referendariat vor der Zulassung eine Untersuchung beim Gesundheitsamt (Amtsarzt) über sich ergehen lassen.

Da bei mir in der Zwischenzeit eine Depression diagnostiziert wurde und ich deswegen auch in Behandlung war (bzw. zurzeit auch wieder bin), weiß ich nun nicht, ob ich überhaupt eine Chance auf die Zulassung zum Referendariat habe (also meine Zukunft entsprechend planen kann). Muss ich denn bei dieser Untersuchung beim Amtsarzt auf meine Depressionen eingehen? Kann ich - falls entsprechende Fragen kommen - einfach behaupten, ich sei psychisch gesund? Oder erfährt der Amtsarzt ohnehin von der Krankenkasse, welche Untersuchungen und Behandlungen in den letzten Jahren liefen? Ich weiß da wirklich nicht Bescheid! Auch nicht, ob Depressionen ein Ausschlusskriterium sind für die Zulassung zum Referendariat??

Hat jemand von euch eine Ahnung? Es scheinen ja hier im Forum mehrere Lehrerinnen, ehemalige Lehrerinnen und Lehramtsstudentinnen zu posten. Vielleicht habt ihr für mich eine Antwort.

Danke, sagt schon mal

Silvie
ghana
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Re: Zulassung zum Referendariat trotz Depression?

Beitrag von ghana »

Liebe Sylvie,

ich stand vor zwei Jahren vor einem ganz ähnlichen Problem wie du, da bei mir während des Lehramtsstudiums eine Depression diagnostiziert wurde.
Bei der amtsärztlichen Untersuchung (die tatsächlich Pflicht ist), habe ich mich über meine Erkrankung ausgeschwiegen. Ich wurde dazu auch nicht direkt gefragt, sondern musste einen Fragebogen ausfüllen, wo u. a. nach Medikamenten gefragt wurde, die man nimmt und ob bei einem selbst oder in der engeren Verwandschaft psychische Erkrankungen vorliegen bzw. -lagen. Letzteres habe ich verneint und entsprechend auch nicht angegeben, dass ich ein AD nehme. Übrigens: ADs sind in den einfachen Blut- und Urintests, die dort gemacht werden, nicht nachweisbar. Bei dem Fragebogen muss man auch seine Ärzte nicht von der Schweigepflicht entrbinden; d. h., dass von ihnen keine vertraulichen Infos an das Amt gehen können.

Während des Refs hatte ich eine zweite depressive Episode. Auch diese habe ich bei der kürzlich stattfindenden amtsärztlichen Einstellungsuntersuchung für meine neue Stelle nicht angegeben. Übrigens waren beide Untersuchungen auf dem Gesundheitsamt bei mir so oberflächlich, dass ich schon mit dem Kopf unter dem Arm hätte kommen müssen um aufzufallen. Mache dir da also keine Sorgen.

Ob man trotz Depression zum Ref zugelassen wird, weiß ich nicht sicher. Vorsichtshalber würde ich an deiner Stelle die Erkrankung jedoch nicht erwähnen.

Wie geht es dir denn momentan?

LG
Stefanie
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Cecil
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Re: Zulassung zum Referendariat trotz Depression?

Beitrag von Cecil »

Hallo Ihr Beiden,

ehrlichgesagt finde ich es unverantwortlich (gegenüber Euch selbst, gegenüber den Schülern, den Ausbildern, den Lehrern und den anderen Anwärtern) im Zustand der Depression ein Referendariat zu beginnen.

Ein Referendariat ist sehr sehr stressig. Das soll es auch sein, denn es ist eine Belastungsprüfung für zukünftige Lehrkräfte. Es ist für Gesunde schon sehr schwer diese Zeit gesundheitlich gut zu überstehen. Für an Depressionen erkrankte ist es 100 mal schwerer. Denkt an Eure Gesundheit.

Ich würde Euch raten die Krankheit ersteinmal richtig auszuheilen und dann das Referendariat anzutreten.

best wishes
Cecil
Lioness
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Re: Zulassung zum Referendariat trotz Depression?

Beitrag von Lioness »

Hallo Cecil,

"die Krankheit erst einmal richtig auszuheilen" - das ist bei dem überwiegenden Teil der depressiv Erkrankten leider nicht möglich, da die Depression rezidivierend / chronisch ist. Es gibt Experten, die vertreten die Meinung, eine Depression ist per se nicht heilbar, und die Lebens- und Krankheitsgeschichte vieler Forumsteilnehmer hier scheint dies zu untermauern. Wie lange soll man also darauf warten, dass die Depression abheilt und nicht wiederkommt? Und wovon lebt man in der Zwischenzeit? Und wie soll man eine Wartezeit zwischen Uni-Abschluss und Referendariatsbeginn begründen?

Mein Referendariat neigt sich dem Ende zu, und ich habe es bislang ganz gut überstanden, und meine SchülerInnen auch!

Gruß
Lioness



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Silvie
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Re: Zulassung zum Referendariat trotz Depression?

Beitrag von Silvie »

Hallo Lionness,

ja, ich möchte dir zustimmen.

Und an Cecil: Wenn ich mich JETZT für das Referendariat anmelde, dann beginne ich im September 2007 mit der Arbeit in der Schule.

Was meinst du? Bin ich bis dahin wieder ganz gesund? Ist meine Depression bis dahin vollständig ausgeheilt?? Oder sollte ich lieber bis September 2008 warten oder bis September 2009? Lässt sich schlecht sagen, oder?

Danke, für deine Antwort, Stefanie. Ja, ist wohl besser, erst mal Stillschweigen zu bewahren. Macht man bei anderen Arbeitgebern ja auch und erzählt weder beim Vorstellungsgespräch noch beim Betriebsarzt von depressiven Phasen.

Zu deiner Frage: Ja, mir geht's so weit (mit AD) ganz gut.

Und dir? Hast du schon eine neue Stelle und weißt du deinen neuen Einsatzort (erfährt man ja, wie ich gehört habe, oft erst sehr spät) und konntest dich schon auf das neue Schuljahr einstellen?

LG

Silvie
ghana
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Re: Zulassung zum Referendariat trotz Depression?

Beitrag von ghana »

Hallo Cecil,

<< ehrlich gesagt finde ich es unverantwortlich (gegenüber Euch selbst, gegenüber den Schülern, den Ausbildern, den Lehrern und den anderen Anwärtern) im Zustand der Depression ein Referendariat zu beginnen.>>

Offenbar hast du mein post nicht genau gelesen. ich habe nicht "im Zustand der Depression" mein Ref begonnen, sondern als ich wieder seit über einem Jahr aus der Phase raus war und es mir richtig gut ging (so sah das auch mein Arzt). WÄHREND des Ref bin ich in eine zweite depressive Phase gekommen - du hast schon recht damit, dass es eine harte Zeit ist. Auch einige vorher "gesunde" (so weit ich weiß!)Mitreferendare von mir hat es ordentlich gebeutelt. Alle unsere Schüler, Lehrer und Ausbilder haben uns aber überlebt. Meine Schüler haben es schließlich auch bedauert, dass mein Ref nun zu Ende ist und ich gehen musste.
Und was meintest du eigentlich damit, dass es den anderen Referendaren gegenüber unverantwortlich sei, depressiv zu sein?

Übrigens habe ich nach meiner ersten Episode auch so gedacht wie du und habe mir ernshaft überlegt, das Referendariat gar nicht erst anzutreten (so was wie mich kann man ja Schülern nicht zumuten ... ). Diese Gedanken habe ich einer meiner Dozentinen (sie hat selbst mehrjährige Unterrichtserfahrung)anvertraut. Sie fand diese Einschätzung völlig daneben.
Meine Psychiaterin, der ich die selbe Frage gestellt habe, auch.

MFG
Stefanie
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ghana
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Re: Zulassung zum Referendariat trotz Depression?

Beitrag von ghana »

Liebe Silvie,

Schön, dass es dir soweit gut geht. Ich drücke dir die Daumen, mdass es weiterhin so bleibt oder - noch besser - noch weiter aufwärts geht. Denn darin hat Cecil recht: Für das Ref braucht man (JEDER!) eine Menge Kraft.
Aber die Mehrheit schafft es!

Ich habe zwar eine Stelle in BW, wo ich meine Ausbildung gemacht habe, angeboten bekommen, habe diese aber aus persönlichen Gründen abgelehnt und statt dessen eine Stelle in NRW angenommen.
Vor einer Woche bin ich umgezogen und wir stecken noch bis zum Hals im Renovierungschaos. Auch an meienr neuen Schule herrscht noch das Chaos. Wegen Krankheitsfällen (Mensch, wie unverantwortlich, ! )und noch nicht geregelter Vertretung konnte man mir bisher noch nicht einmal 100 %-ig sagen, in welchen Klassen in unterrichten werde, geschweige denn, welche Fächer. Und das, obwohl es in wenigen Tagen schon mit dem Unterricht wieder losgeht! Das macht mich schon etwas hibbelig. Ansonsten geht es mir aber seit längerem wieder gut.

Liebe Grüße
Stefanie
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winnie
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Re: Zulassung zum Referendariat trotz Depression?

Beitrag von winnie »

Hallo Silvie und ihr anderen!

Ich bin jetzt natürlich keine Lehrerin (Hut ab, vor denen, die's freiwillig werden wollen, hab selber Kinder!!!), kann also nichts definitiv Fachliches über diese amtliche Untersuchung beitragen. Ich setze das jetzt einfach mal vor den rechtlichen Hintergrund eines Vorstellungsgespräches um einen "normalen" Arbeitsplatz.

Tatsache ist, es gibt bei solchen Bewerbungen um einen Job Dinge, die MUSS man ehrlich angeben, und andere die darf man mit voller Berechtigung verschweigen, selbst wenn man explizit danach gefragt wird.
WELCHE Dinge das sind, das hängt in aller Regel von dem Job ab, um den man sich bewirbt.
Soll heißen: bewirbt man sich um einen Job als Briefträger, darf man es durchaus verschweigen, daß man immer wieder unter depressiven Episoden leidet - eine chronische Fußkrankheit oder Analphabetismus darf man hier allerdings AUF KEINEN FALL verschweigen. Tut man es doch, ist das ein Grund für eine fristlose Kündigung.
Für einen Bankjob zB ist es sicher völlig unnötig, anzugeben, daß man unter Schlafapnoe leidet - bewirbt man sich aber als Busfahrer, MUSS man das angeben, weil bei Schlafapnoe ein extrem erhöhtes Risiko für Sekundenschlaf besteht. Die Logik ist klar.
Oder: Eine Schwangerschaft braucht man natürlich nicht anzugeben - ausgenommen man bewirbt sich um eine Stelle als Röntgenassistentin oder sowas, wo von vorherein klar ist, daß man die Arbeit als Schwangere nicht ausüben kann bzw. darf.
Usw., usf.

Das gilt ja im übrigen auch für andere Bereiche als nur die Gesundheit:
Vorstrafen darf man immer verschweigen, ausgenommen sie sind für die spezielle Tätigkeit relevant (Eine Vorstrafe wegen Trunkenheit am Steuer ist für einen Bankkassiererposten vollkommen unwichtig, eine wegen Unterschlagung hingegen MUSS angegeben werden. Umgekehrt darf der Busfahrer die Vorstrafe wegen Trunkenheit am Steuer NICHT verschweigen, braucht allerdings die Strafe wegen Unterschlagung nicht zu erwähnen).

Was man an Vorerkrankungen etc. angeben oder nicht angeben muß, hängt einzig davon ab, ob es sich im jeweiligen Fall um eine die Ausübung der angestrebten Tätigkeit u.U. durchaus beeinträchtigende Gesundheitseinschränkung handelt oder nicht.

Und deshalb stellt sich wohl auch die Frage, ob man es bei der Bewerbung um einen seelisch derartig anstrengenden, anspruchs- und verantwortungsvollen Posten wie dem des Lehrers tatsächlich verschweigen darf, daß man psychisch angeschlagen und nicht vollkommen belastbar ist.

Wie gesagt, ich hab keine Ahnung, inwieweit das auch auf den Gesundheitscheck für einen Referendarposten zutrifft. Aber so vollkommen unlogisch wäre es wohl nicht.
Ich würde das jetzt nicht so hart ausdrücken wie Cecil, aber so ganz unrecht hat er nicht, meine ich. Die Tätigkeit eines Lehrers dürfte wohl eine der psychisch belastendsten Berufe überhaupt sein - einschließlich die immense Verantwortung für die Formung und Entwicklung unzähliger junger Menschen.
Nicht ohne Grund erkranken im Lauf ihrer Berufstätigkeit zahllose Lehrer an Depressionen und Magengeschwüren und gehen dann fix und fertig mit 50 in Pension. Schlimm genug, wenn es so kommt. Aber was, wenn man schon VORHER krank ist?
Vielleicht sollte man es sich daher wirklich sehr gut überlegen, ob man sowas einfach unter den Tisch kehren und sich und den Kindern das alles langfristig wirklich antun will?

Grübelnd,
Winnie
ghana
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Re: Zulassung zum Referendariat trotz Depression?

Beitrag von ghana »

Liebe Winnie,

ich denke, ich habe es mir überlegt. Ich war auch mehrmals auf dem Arbeitsamt, um mich nach einer Alternative zu erkundigen und habe entsprechend Infomaterial gewälzt. Fazit war: Erstens ist es mit einem Lehramtsstudium alles andere als einfach, in einen anderen Beruf hereinzukommen. Man muss sich gegen Mitbewerber durchsetzen, die eine deutlich "passendere" Ausbildung haben. Zweitens: In vielen der in Frage kommenden Jobs hat man eine ähnlich große Verantwortung anderen gegenüber (z. B. Heilerziehungspflegerin, Sozialarbeiterin usw.). Diese Berufe sind zudem psychisch auch belastend.

Eine zweite Ausbildung kann ich mir nicht leisten. Und will es eigentlich auch nicht. Ich habe mich sehr über die positiven Rückmeldung der Schüler, Lehrer, Eltern, Ausbilder und außerschulischen Partner gefreut, die ich während und v. a. zu Ende meines Refs erhalten habe. Endlich habe ich mal nicht mehr so gezweifelt, ob ich dem Beruf gewachsen bin. Eins ist sicher: So ein Zweifel und die ständige Angst davor, dass ich im Lehrberuf eine Zumutung bin, hebt sicher nicht meine berufliche Eignung.

Falls sich das jetzt alles trotzig und angepisst anhört, liegt es nicht an DIESER Diskussion. Zumindest nicht alleine. Ich bin nur gerade über meine handwerklichen Fähigkeiten frustriert. DIE Jobalternative fällt schon mal sicher flach.

LG Stefanie
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winnie
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Re: Zulassung zum Referendariat trotz Depression?

Beitrag von winnie »

Liebe Stefanie,

nein, so meinte ich es auch nicht.
Meine Antwort bezog sich ja auf Silvies Frage, ob man eine psychische Erkrankung beim Gesundheitscheck fürs Lehramtsreferendariat ohne rechtliche Konsequenzen so einfach verschweigen könne - und DA bin ich mir eben nicht so sicher. Bei einer "normalen" Bewerbung um einen "normalen" Job darf man das nämlich nicht ganz so einfach. Wenn sich hinterher rausstellt, daß man eine einem bereits bekannte und für die entsprechende Tätigkeit essentielle Beeinträchtigung verschwiegen hat, kann das nämlich unter Umständen dazu führen, daß der Arbeitsvertrag wegen arglistiger Täuschung annuliert wird, dh fristlose Kündigung.
Aber, wie gesagt, ich weiß natürlich nicht, ob das in eurer Situation ähnlich läuft. Bei euch ists ja keine "richtige Bewerbung" um einen Job, sondern "bloß" um einen weiteren Schritt in eurer Ausbildung.

Ob man sich den zukünftigen Lehrerberuf trotz bekannter Depressionen zutraut, das ist ja wieder was anderes. Ich denke, die meisten von so etwas Betroffenen haben sich sicherlich ausgiebig Gedanken darüber gemacht - gerade auch Du, wie ich aus Deinen bisherigen Postings heraus schließe. Meine "Warnung zur Vorsicht" war also mit Sicherheit nicht an Personen wie Dich gerichtet, Du MACHST Dir schließlich Gedanken und gehst nicht blind und blauäugig drauf los, das hab ich aus Deinen Beiträgen hier schon herausgelesen. Laß Dich da also bitte nicht verunsichern - Du weißt schließlich, auf was Du Dich einläßt, kennst die Risiken UND Deine Grenzen, und genau deshalb WIRST Du es schaffen, da bin ich mir ziemlich sicher.

Magengrimmen hätte ich eher bei denen, die ihre Depressionen und eine geplante Berufslaufbahn, in der sie große Verantwortung für andere Menschen tragen werden, nicht im Zusammenhang sehen können. Die sich eben KEINE Gedanken darüber machen, ob sich das miteinander vereinbaren lassen wird. Von denen hab ich hier im Forum nämlich auch schon welche gelesen. DAS halte ich für problematisch, um nicht zu sagen, ziemlich verantwortungslos. Gegenüber sich selbst UND denen, mit denen sie später zu tun haben werden.

Aber solche wie Du oder Lioness usw. - da hab ich keine Sorge.

Lieben Gruß,
Winnie
Nachttaube
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Re: Zulassung zum Referendariat trotz Depression?

Beitrag von Nachttaube »

ob angehende Beamte in der Referendariatszeit ander Rechte, als andere Arbeitnehmer haben, weiß ich nicht. Ich möchte aber nochmal auf Winnies postig eingehen, bzw. es ergänzen.

Auch die Frage nach Medikamenten, Krankenhausaufenhalten und Krankheiten sind zum Schutz des Arbeitsnehmers nicht gestattet. Und ob eine psychische Krankheit berufsrelevant ist, bzw. als chronisch interpretiert werden kann, befragt man wohl eher einen Rechtsanwalt mit Arbeitsrechtlichen Hintergrund.

Meine Erfahrung (freie Wirtschaft):
Ende März habe ich den Arbeitgeber gewechselt. Vor Vertragsunterschreibung gab es auch so einen Fragebogen + betriebsärztlicher Untersuchung. Ich habe jegliche Frage nach Medis, Krankheiten, Klinikaufenthalt mit Nein beantwortet. Bei der betriebs.-Untersuchung wurde der Arzt auf meine Vernarbung aufmerksam, sah auch die frischen Narben. Er sprach mich an, sagte aber gleichzeitig, dass das nicht Einstellungsrelevant ist....Mh, naja wer es glaubt?... ich wurde dennoch eingestellt.
Lioness
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Re: Zulassung zum Referendariat trotz Depression?

Beitrag von Lioness »

Hallo Ihrs,

nun möchte ich mich nochmals in die Diskussion einklinken! Winnie, vielen Dank für das mir ausgesprochene Vertrauen........ Ich habe nunmehr dreieinhalb Jahre im Schuldienst meine Frau gestanden (zwei Jahre davon als Elternzeitvertretung ohne jegliche Lehrerinnenausbildung, 1,5 davon im Referendariat) und war während der ganzen Zeit in therapeutischer und medikamentöser Behandlung. Ähnlich wie Stefanie habe ich durchweg positives Feedback bekommen.

Natürlich ist mir vollkommen bewusst, welche Verantwortung ich trage, und welche Belastung der Lehrerinnenberuf darstellt. Ich arbeite mit reduzierter Stundenzahl und kann mir im Moment auch nicht vorstellen, jemals die vollen 28 Stunden (Haupt-, Real-, Gesamtschule NRW) pro Woche zu unterrichten. Die finanzielle Einbuße ist zu verkraften, da der Job ja nun auch nicht soooo schlecht bezahlt wird

Aber gerade das Wissen um meine psychische Erkrankung ist ja, wie Winnie schon sagte, ein ganz wichtiger Faktor: die Bewältigungsstrategien, die frau so nach und nach entwickelt hat, eine halbwegs vernünftige Ausgewogenheit zwischen Anspannung und Erholung, die eingesehene Notwendigkeit von Ruhepausen (d.h. ganz konkret manchmal auch der Verzicht auf schöne Unternehmungen, die einfach zu viel oder zu stressig wären) und die allmählich gewachsene Kompetenz, sich abgrenzen zu können (worunter ich auch die Fähigkeit zähle, Ärger in der Schule zu lassen und nicht mit nach Hause zu nehmen) - all das trägt dazu bei, auch mit einer depressiven Erkrankung durchaus den Lehrerinnenberuf ausüben zu können.

UND nicht vergessen darf man, dass man durch die Psychotherapie ein ganz anderes Bewusstsein auch für die Belange der Kinder bekommt - Zusammenhänge versteht, die an "gesunden" Kollegen komplett vorübergehen, oder die ihnen egal sind. Ein viel tieferes Verständnis für verletzte Kinderseelen und die verschiedenen Arten, wie sich diese Verletzungen artikulieren können - und eine Ahnung davon, wie wie man damit umgehen kann. Durch den Umgang mit dem eigenen verletzten inneren kind ein weiteres, offeneres Herz für die Kinder zu haben - und ihnen Verständnis und Trost zukommen lassen zu können, wozu so manche KollegInnen, denen ich begegnet bin, gar nie nicht in der Lage wären. Schließlich ein sehr hohes Maß an Eigen- und auch Fremdreflektion, und die Fähigkeit, Dinge auch mal von der anderen Seite, aus einer neutralen Perspektive zu sehen (Dank, VT!!!!)

Eines ist sicher: Eine griesgrämige, verbitterte Lehrerin, die Schüler wie Eltern als alleinige Ursache ihrer miserablen Befindlichkeit ansieht, und dies an den Schülern auslässt, wird aus mir nie nicht werden!!

Schönen Gruß
Lioness



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Lioness
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Re: Zulassung zum Referendariat trotz Depression?

Beitrag von Lioness »

Hallo Silvie,

an Dich nochmal extra ein Posting, damit es in meinem vorangehenden Sermon nicht untergeht.....

Ich kann Deinen Zwiespalt und Deine Ängste sehr gut verstehen, ging und geht es mir doch nicht anders! Vor der Einstellung in den Schuldienst habe ich beim Amtsarzt die bereits bestehende Angsterkrankung sowie Therapie und AD verschwiegen - es wurde ganz konkret nach derartigen Erkrankungen und einer Psychotherapie sowie nach den Medikamenten gefragt....... Ich hatte einen Heidenbammel, dass es rauskommt, aber noch mehr Angst davor, nicht eingestellt zu werden.... Nun bin ich in der Ausbildung zusammengeklappt, was ich aber glücklicherweise auf die bekannte Mobbing-Situation an der Ausbildungsschule schieben kann (ich war nicht die erste und werde wohl auch nicht die letzte sein....). Gleichwohl muss ich vor der Festanstellung erneut zum Amtsarzt. Diesmal werde ich mich nicht trauen, meine Erkrankung zu verschweigen, da sie inoffiziell bekannt ist (hat viel mit den Umständen und der Versetzung zu tun). Ich hoffe halt, dass sich ein einigermaßen akzeptables Examen und die Tatsache, dass ich seit der Versetzung meinen Dienst zur Zufriedenheit und ohne depressionsbedingte Krankentage (ich habe immer nur dann die Erkältung, wenn alle anderen sie auch haben) versehe, positiv auswirkt, so dass ich ins Angestelltenverhältnis übernommen werde. Dies soll es auch auf Probe geben, so dass der Arbeitgeber ein geringeres Risiko eingeht.

Eine Verbeamtung kann ich mir allerdings komplett von der Backe schmieren. Mit einer diagnostizierten Depression nimmt einen auch keine Privatkrankenkasse mehr auf.

Ich werde mich diesbezüglich aber auch noch mal beim Personalrat und der GEW erkundigen. Vielleicht wäre das auch für Dich der Weg? Wie Winnie schon sagte, sollte man sich zumindest über die rechtlichen Konsequenzen des Verschweigens im Klaren sein. Spätestens wenn man nach längerem / wiederholtem depribedingten Krankheitsfall beim Amtsarzt, der Gutachten der behandelnden Ärzte einholen möchte, eine Schweigepflichtentbindung unterschreiben soll und dies verweigern möchte, weil dann alles ans Licht käme, kann es extrem unangenehm werden....

Ich kann für mich die Situation auch dadurch relativieren, dass meine Depression in allererster Linie lebensgeschichtlich bedingt ist. Wie meine Psychiaterin schon sagte: "Die Arbeit wirkt sich ja auch sehr stabilisierend auf Ihre Psyche aus." Die Tatsache, wie Stefanie schon schreibt, endlich einen Beruf gefunden zu haben, den man gerne und auch ganz gut ausübt (und du kannst mir glauben, ich habe mich letztes Jahr nach dem Zusammenbruch sehr lange und sehr gründlich gefragt, ob ich überhaupt weitermachen will oder soll, und vor allem, aus welchen Gründen....), endlich meinen "erwachsenen" Platz im Leben gefunden zu haben, trägt sicherlich dazu bei, einem Rückfall entgegenzuwirken. Die stressige Ausbildung ist in einem halben Jahr vorbei, das schaffe ich wohl auch noch! Es IST zu schaffen, siehe auch Stefanies Beispiel!

Alles Gute Dir
Lioness



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ghana
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Re: Zulassung zum Referendariat trotz Depression?

Beitrag von ghana »

Liebe Winnie,

danke für deine Erklärung .

Wie gesagt, ich weiß nicht, ob es rechtlich zulässig ist oder nicht, eine psychische Erkrankung bei der Einstellungsuntersuchung zu verschweigen, aber ich habe es eben pragmatisch gesehen: Würde man es von vornherein angeben, bekäme man (vermutlich) gar nicht erst die Chance, in den Beruf einzusteigen. Jedenfalls habe ich so die vage Bemerkung dazu im bw. Schulgesetz interpretiert.
Wenn man "es" nicht angibt, kann es zwar sein, dass "es" ein Kündigungsgrund ist, wenn "es" rauskommt - aber vielleicht kommt es ja nicht raus? Möglicherweise, weil man seine Arbeit genauso gut bzw. manchmal auch ebenso schlecht macht wie die anderen Refs / Lehrer?

Zumindest scheint das Verschweigen eine nicht selten gewählte Strategie zu sein: Von meinem Kurs weiß ich, dass außer mir noch mind. zwei Kolleginnen (von insgesamt 17)auch schon in psychotherapeutischer Behandlung waren und dies NICHT angegeben haben...

Liebe Grüße
Stefanie
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ghana
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Re: Zulassung zum Referendariat trotz Depression?

Beitrag von ghana »

Liebe Lioness,

klar schaffst du das!

Stefanie
"Am dunkelsten ist es immer vor der Dämmerung." (Eoin Colfer)
Lioness
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Re: Zulassung zum Referendariat trotz Depression?

Beitrag von Lioness »

Liebe Stefanie,

DANKE...!!!!!

LG
Lioness



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Silvie
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Re: Zulassung zum Referendariat trotz Depression?

Beitrag von Silvie »

Hallo an alle,

danke für eure Antworten und die rege Diskussion.

Natürlich habe auch ich mich schon oft und lange mit der Frage auseinandergesetzt, ob ich überhaupt für das Referendariat bzw. eben für den Lehrerberuf geeignet bin.

Und ich weiß aus meinem Freundes- und Bekanntenkreis ebenfalls, welch großer Stress im Referendariat auf einen zukommt.

Froh bin ich nun von zwei positiven Beispielen zu hören - danke an Lionness und Stefanie für eure Erfahrungsberichte! Alles Gute für euch beide bei eurer weiteren Tätigkeit in der Schule!!

Ich denke, die Frage, ob man sich das Referendariat zumuten kann und will, kann nur jeder für sich ganz persönlich beantworten.

Lionness, mich haben folgende Sätze von dir sehr angesprochen: "dass man durch die Psychotherapie ein ganz anderes Bewusstsein auch für die Belange der Kinder bekommt - Zusammenhänge versteht, die an "gesunden" Kollegen komplett vorübergehen, oder die ihnen egal sind. Ein viel tieferes Verständnis für verletzte Kinderseelen und die verschiedenen Arten, wie sich diese Verletzungen artikulieren können - und eine Ahnung davon, wie wie man damit umgehen kann. Durch den Umgang mit dem eigenen verletzten inneren kind ein weiteres, offeneres Herz für die Kinder zu haben - und ihnen Verständnis und Trost zukommen lassen zu können."

So viel Empathie beeindruckt mich - meine Befürchtung (bzgl. Lehrertätigkeit) geht in die Richtung, dass man sich als Lehrerin, bei viel Empathie für einzelne Kinder/Jugendliche beim Unterrichten selbst sozusagen "im Weg" steht.

Kannst du dir vorstellen, wie ich das meine?
Wie ist deine Erfahrung?

LG

Silvie
Lioness
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Re: Zulassung zum Referendariat trotz Depression?

Beitrag von Lioness »

Hallo Silvie,

danke für Dein Feedback. Was ich versucht habe zu beschreiben ist natürlich ein hehrer Ansatz - es gibt Tage in meinem LehrerInnendasein, da könnte ich sie alle aus dem Fenster schmeißen..... Das nur noch zur Erläuterung, dass ich auch kein Übermensch bin und keine pure Idealistin.......

Und ich kann gut nachvollziehen, was Du meinst. Das ist ja genau die Kunst - empathisch zu bleiben, ohne alles zu nah an sich ran zu lassen. Offen zu sein - und sich gleichzeitig abgrenzen zu können. Engagiert zu sein - und doch zu Hause abschalten zu können. Die Gefahr des Burn Outs einerseits und des Abstumpfens und verbittert werden andererseits ist immer gegeben.

Das Abgrenzen ist gerade auch zentrales Thema in meiner Therapie, und zeitigt erste Früchte. Der berühmte "sichere Ort" für meine verletzten Anteile ist da fundamental wichtig. UND meine Wohnung = mein Refugium, der sichere äußere Ort, in dem ich mich pudelwohl fühle. Mittlerweile klappt es ganz gut, mir vorzustellen, dass ich die "Sorgenpakete" aus der Schule vorher in imaginäre Container packe. Auch das alles nicht einfach angesichts der Tatsache, dass wir LehrerInnen ja einen Teil der Arbeit zu Hause erledigen und daher zwangsläufig an die Schule denken müssen....

Und doch bin ich heute mit einem guten Bauchgefühl in die Schule marschiert und merke: Da ist mein Platz, da gehöre ich hin. Ein tolles Gefühl (mal sehen, ob es sich bis freitags in der 6. Stunde konservieren lässt - da habe ich das stundenplanmäßige Highlight der Woche: Förderenglisch in einer Klasse 10 Hauptschule, die ich ansonsten nicht im Unterricht habe........ da kann ich nur sagen: FORZA!)

Lieben Gruß
Lioness



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Cecil
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Re: Zulassung zum Referendariat trotz Depression?

Beitrag von Cecil »

Liebe Leute,

ich würde gerne noch etwas zum Thema sagen.

>in die Richtung, dass man sich als Lehrerin, bei viel Empathie für einzelne Kinder/Jugendliche beim Unterrichten selbst sozusagen "im Weg" steht.<


Wollt Ihr es hören? Obwohl ich eine andere Meinung als Ihr vertrete?


best wishes
Cecil
ghana
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Re: Zulassung zum Referendariat trotz Depression?

Beitrag von ghana »

Hallo Cecil,

Diskussionen leben davon, dass die Diskussionspartner andere Meinungen vertreten, diese ausführen und begründen. Wenn alle gleicher Meinung sind, ist es ein netter Kaffeeklatsch.

Lass also hören, was du zu sagen hast!

LG
Stefanie
"Am dunkelsten ist es immer vor der Dämmerung." (Eoin Colfer)
Rosenquarz1964
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Re: Zulassung zum Referendariat trotz Depression?

Beitrag von Rosenquarz1964 »

Hallo Stefanie,

Depressionen sind eine ernstzunehmende Krankheit, die auch Folgen haben kann.

Wenn dann mehrere Episoden kommen, dauern die AU-Zeiten auch dementsprechend an und die können am besten nur mit der WAHRHEIT begründet werden. Es ist Pflicht, dem Arbeitgeber, oder anderen Vorgesetzten reinen Wein einzuschenken. Mit einem Schnupfen wird man kaum 3-4 Monate fehlen, mit einer Depression schon...Und dann muß das Ganze verständlich sein.

Amtsärzte müssen auch informiert werden. Das Untersuchen auf Psychopharmaka kann in jedem Labor erfolgen, man muß nur die entsprechenden Testkits haben und kann so ziemlich die populärsten AD`s, Neuroleptika und Ähnliches bestimmen....

Wenn die Krankheit unterschlagen wird, ist das wegen arglistiger Täuschung ein Kündigungsgrund...

Man kann beim Versorgungsamt einen Antrag auf Schwerbehinderung stellen.

Der Schwerbeschädigtenausweis ist dann ein Schutz für den Arbeitsplatz. Die können einen Schwerbehinderten nicht so einfach kündigen und man kann durch den Integrationsfachdienst betreut werden.

Man fährt mit der WAHRHEIT immer am Besten.

Rosenquarz
ghana
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Re: Zulassung zum Referendariat trotz Depression?

Beitrag von ghana »

Liebe(r) Rosenquarz,

Vom allgemein-moralischen Standpunkt her hast du sicher recht, dass der Wahrheit den Vorzug zu geben ist.
Aber lass mich mal beschreiben, was passiert wäre, wenn ich von Anfang an die Wahrheit gesagt hätte: Damit wäre ich höchstwahrscheinlich gar nicht zur Ausbildung zugelassen worden bzw. mit Sicherheit NICHT nach der Ausbildung übernommen worden.
Einen anderen Job gekommt man auch nicht auf dem Silbertablett serviert, wenn man sich als psychisch krank outet. Schon "Gesunde" haben ja heutzutage zunehmend Schwierigkeiten, einen Ausbildungsplatz zu finden.
Denkst du, es wäre besser, ich hätte die Wahrheit gesagt und würde nun arbeitslos dem Staat auf der Tasche liegen??? Wahrscheinlich wären meine Depressionen dann auch noch stärker ausgeprägtund andauernder, denn was hätte ich als junger Mensch ohne Ausbildung und Job für Perspektiven? Das wären weitere Kosten für den Staat ...

Außerdem: Sicher ist eine Depression eine ernst zu nehmende Krankheit, aber sie führt NICHT in JEDEM Fall zur Behinderung. Ich empfinde es schon fast als diskriminierend, wenn man mir wegen meiner Veranlagung zu depressiven Episoden nicht zutraut, in meinem Beruf arbeiten zu können.
Ich möchte doch wenigstens die Chance haben, es auszuprobieren und nicht von vorneweg "aussortiert" werden.
Übrigens: Bisher habe ich an meinem Arbeitsplatz exakt 1 Tag krankheitsbedingt gefehlt und das NICHT wegen der Depression!

Der Schwerbehindertenausweis schützt im übrigen nur, wenn man bereits in einem Arbeitsverhältnis ist. Die meisten Betriebe zahlen 100x lieber die Pflichtabgabe, als einen Mensch mit Behinderung neu einzustellen.
Außerdem bekommt man den Ausweis auch nicht wegen einer "einfachen" Depression. Dazu kann dir Lioness z. B. was sagen ...

MFG
Stefanie
"Am dunkelsten ist es immer vor der Dämmerung." (Eoin Colfer)
Lioness
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Registriert: 29. Mai 2005, 23:21

Re: Zulassung zum Referendariat trotz Depression?

Beitrag von Lioness »

Hallo,

kann Stefanies Meinung nur voll unterstreichen!

Ebensogut könnte man argumentieren, dass RaucherInnen nicht als LehrerInnen arbeiten dürfen, denn das Risiko von ernsthaften Erkrankungen bis hin zu Lungenkrebs ist schließlich auch nicht zu verachten..... Von der postulierten Vorbildfunktion einer Lehrkraft ganz zu schweigen.

Kenne auch KollegInnen, die Wochen / Monate wegen somatischer Krankheiten ausgefallen sind. Wo will man da die Grenze ziehen? Weibliche Lehrkräfte fallen nach Schwangerschaft und Geburt z.T. Jahre aus und müssen vertreten werden (und damit will ich nicht gesagt haben, dass Lehrerinnen keine Kinder bekommen sollten!), und so manche Schwangerschaft und Geburt soll eher außerplanmäßig erfolgen und keine Rücksichten auf die Belange von Schule und Schülern nehmen!

Wo ist in der Praxis der Unterschied zwischen einem Lehrer, der wegen einer depressiven Episode sukzessive ein halbes Jahr krankgeschrieben wird und einer jungen Mutter (auch hier: Ich setze nicht Depressive und junge Mütter gleich!!!!)? In beiden Fällen muss die Schulleitung eine Vertretung organisieren. Und bevor jemand sagt, dass nach Bekanntwerden der Schwangerschaft der Zeitraum von Mutterschutz etc. ja feststeht, bei einer Depression hingegen nicht: Eine Elternzeitvertretung wird in Realita (jedenfalls in NRW) tatsächlich erst dann von der Schulaufsicht bearbeitet und genehmigt, wenn das Kind geboren ist und lebt (weil vorher könnte es ja immer noch eine Fehl, Früh- oder Totgeburt werden, und dann kommt die Mutter unter Umständen doch früher in den Schuldienst zurück). Ist leider kein Witz!

Und natürlich hat Rosenquarz schon recht, dass die Wahrheit immer am Besten ist - theoretisch! Tritt eine Depression erneut auf, bedeutet das nicht automatisch Arbeitsunfähigkeit auf Wochen hinaus. Das Risiko, dass bei einem erneuten Auftreten "herauskommt", dass die Krankheit schon vor Einstellung bestanden hat, habe ich und wohl auch Stefanie als deutlich geringer gegenüber dem Risiko gewertet, bei "Bekennen" in der Einstellungsuntersuchung erst gar keine Stelle zu bekommen.

Über dieses Thema kann man, wie man sieht, ausgiebig diskutieren, für heute soll es mir genügen....

Gruß
Lioness



Wir brauchen den Blick nach hinten, um unser Leben zu verstehen. Wir brauchen den Blick nach vorne, um unser Leben zu LEBEN!
Cecil
Beiträge: 187
Registriert: 22. Mai 2006, 12:55

Re: Zulassung zum Referendariat trotz Depression?

Beitrag von Cecil »

Hallo,

vielleicht solltet Ihr den Begriff "Depression" definieren. Mir scheint hier wird mit unterschiedlichen Definitionen gearbeitet.

Silvie, Lioness, Stefanie argumentieren möglicherweise aus einer Position der leichten depressiven Verstimmung heraus. Ich definierte Depression als sehr schwere Erkrankung, die das Leben so beeinflusst, dass ein normaler Tagesablauf nicht möglich ist. Und damit ist auch ein kompetentes Unterrichten de facto nicht möglich. Vielleicht liegt da ein Mißverständnis vor?

Und noch ein Wort zur Diskussionskultur. Vielleicht wäre es möglich, anstatt sofortiger emotionaler Selbstrechtfertigungspostings einfach mal über ein den eigenen Erwartungen nicht entsprechendes Posting nachzudenken und in aller Ruhe mit etwas Distanz und differenzierter darauf zu reagieren. Sonst bleibt es einfach beim Beharren auf der eigenen Meinung. Das ist keine Diskussion und kann auch für Diskussionen mit Schülern nicht genügen.


Das war nur mal eine kleine Meta Anmerkung. Vielleicht könnt Ihr etwas daraus machen ...


best wishes
Cecil
ghana
Beiträge: 686
Registriert: 6. Feb 2006, 20:22

Re: Zulassung zum Referendariat trotz Depression?

Beitrag von ghana »

Hallo Cecil,

<< vielleicht solltet Ihr den Begriff "Depression" definieren. >>

Ich denke nicht, dass es nötig ist, das WIR den Begriff Depression definieren. Schließlich gibt es bereits die allgemein gültigen Definitionen nach ICD-10 und DSM-V.
Die ICD-10 arbeitet dabei mit den Begriffen depressive Episode bzw. rezidivierende depressive Störung, welche beide depressive Erkrankungen in UNTERSCHIEDLICHEN Schweregraden umfassen.

<< Mir scheint hier wird mit unterschiedlichen Definitionen gearbeitet.>>

Dazu kann ich natürlich nur etwas von meinem Standpunkt aus sagen. Meine Aussagen habe ich vor dem Hintergrund MEINER persönlichen Krankheitserfahrung getroffen. Das scheint mir angemessen, da wir hier ja auch über persönliche Entscheidungen diskutieren. Bei mir lag beides Mal eine mittelgradige Episode vor. Dass ich trotzdem keine längeren Fehlzeiten am Studien-/Arbeitsplatz hatte, liegt an zwei Umständen:
1. Glück: Das Abrutschen fing bei mir jeweils so richtig mit Beginn der Semester- bzw. Sommerferien an, so dass ich zu Arbeitsbeginn schon etwas von der Episode "hinter" mir hatte und bereits in Behandlung war.
2. Unterstützung: Auch nach den Ferien war ich jeweils für einige Wochen nicht voll arbeitsfähig. Den Alltag geschafft habe ich jeweils mit tatkräftiger sachlicher Unterstützung von anderen.
Trotzdem, das gebe ich zu, hatte ich den Eindruck, dass die Qualität meines Unterrichts unter meinem Zustand gelitten hat. Dementsprechend hatte ich auch ein schlechtes Gewissen meinen Schülern gegenüber. Ich habe in der Zeit vermehrt andere um Feedback und Kritik gebeten. Die verschiedenen Leute, die in meinem Unterricht hospitiert haben, fanden mein Unterrichtshandeln jedoch insgesamt angemessen.

Natürlich kann ich nicht darauf bauen, dass ich bei einer möglichen weiteren Episode wieder so viel "Glück" haben werde. Falls es dazu kommt, werde ich mit Sicherheit neu über meine berufliche Zukunft nachdenken (müssen).

Zum Thema "Diskussionskultur":
Meiner Ansicht nach muss eine Diskussion nicht unbedingt eine Meinungsänderung bei den Diskussionspartnern bewirken. Wenn man sich GEGENSEITIG annähert und zu einer Art Kompromiss kommt, ist das natürlich schön. Aber auch eine Diskussion, bei der sich die Partner nicht annähern können, ist für mich nicht zwangsläufig verlorene Zeit. Diese Diskussion bewirkt z. B. für mich, dass meine (durchaus vorhandenen!) Zweifel an der Richtigkeit und Vertretbarkeit meiner Entscheidung kleiner werden, WEIL ich sie hier euch gegenüber begründe.

Emotionalität an sich finde ich auch in einer Diskussion angemessen, vorausgesetzt, man greift seine Diskussionspartner nicht persönlich an.
Zur nicht-emotionalen Diskussion bin ich nur bei Themen in der Lage, die keine weitreichende Bedeutung für mich persönlich haben.

Mir stellt sich die Frage, Cecil, ob DU einen und wenn ja, welchen Beruf ausübst. Da diese Frage deine Privatsphäre beftrifft, verstehe ich aber, wenn du nicht darauf eingehen willst.

MFG
Stefanie
"Am dunkelsten ist es immer vor der Dämmerung." (Eoin Colfer)
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