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Anfängerfragen eines Angehörigen

Verfasst: 11. Dez 2005, 22:33
von Hotzenplotz
Guten Tag,

ich bin neu hier im Forum und habe einige Fragen, weil ich eine Kollegin habe, die sich mit Depressionen (nicht in Behandlung) herum schlägt, und ich mir im Verhalten ihr gegenüber unsicher bin.
Zunächst erst mal vier der Fragen. Im laufe der Zeit kommen sicher noch mehr hinzu.

1) Gibt es so etwas wie 'Verhaltensregeln' für Angehörige? (Ich habe mir gerade das Stiftung-Warentest-Buch 'Depressionen überwinden' besorgt, und suche eigentlich nach einem Ratgeber, der den Schwerpunkt mehr auf Angehörige legt).

2) Soweit ich verstanden habe, kann eine Zurückweisung durch einen Depressiven (ich möchte dies und jenes nicht tun, z.B. nicht mit ins Kino, zum Sport, ...) ihre Ursache in der Depression haben. Wie kann ich so eine Zurückweisung von einer 'normalen' Unterscheiden?
In welchem Maße soll man der Zurückweisung nachgeben, wie weit versuchen, dagegen zu arbeiten? (Wenn sie z.B. Freitags sagt sie möchte am Wochenende nicht unternehmen - darf ich dann trotzdem am Sonntag wegen eines Spaziergangs anrufen - oder fühlt sie sich dann nicht ernst genommen?)
(Dazu muss ich wohl sagen, dass ich mehr für sie empfinde als sie für mich. Ihr soziales Umfeld ist aber nicht so, dass ich mich einfach zurück ziehn und das helfen anderen überlassen kann).

3) Mir scheint gelegentlich ihre Stimmung rasch umzuschlagen (z.B. ist sie bei der Fahrt zum Sport und auch danach Bedrückt, beim Sport selbst schwerzt sie jedoch und unterhält sich unbeschwert (scheint so) mit anderen). Findet sie in solchen Phasen wirklich Entspannung - oder quält sie sich dabei?

4) Können gelegentliche Umarmungen angebracht sein? Oder kommt man damit an das Gefühlt der Einsamkeit nicht heran? Mir ist manchmal danach ihr durch eine Umarmung Geborgenheit zu vermitteln - aber ich weiß nicht ob das 'geht'. Bisher hab ich's mir verkniffen.

Gruss
Hotzenplotz

Re: Anfängerantworten eines Betroffenen

Verfasst: 11. Dez 2005, 23:33
von Schnarchi
Hi Hotzenplotz


Zu 1:
JO, gibt es. Verhaltensregel Nr. 1 lautet z.B.: Achten Sie auf Ihre Kleidung ! ...Ein dickes Fell ist unverzichtbar
(Wer kennt noch mehr ?)

Zu 2:
>>>Wie kann ich so eine Zurückweisung von einer 'normalen' Unterscheiden?<<<
Gannichwirklich. ...Aber auch normale Frauen wollen manchmal am Dienstach nich' mehr, wat noch am Montach OK war
Musst halt schau'n, wie sie drauf ist.

>>>...darf ich dann trotzdem am Sonntag wegen eines Spaziergangs anrufen - oder fühlt sie sich dann nicht ernst genommen?...<<<
Na klar kannste anrufen ! Vielleicht freut sie sich sogar sehr drüber. ...Musst nur damit rechnen, dass sie sich nicht ernst genommen fühlt .
Frag' sie doch am besten selbst..........! ...Genau so wie hier.

Zu 3:
>>>Findet sie in solchen Phasen wirklich Entspannung - oder quält sie sich dabei?<<<
Keene Ahnung.......Kommt wohl drauf an, ob sie dem Angelsport oder dem Gewichtheben fröhnt
Sie "focussiert" einfach auf etwas anderes als auf's Denken. Depression ist in erster Linie denken+denken wo's nix zu denken gibt. Wer primär tut/tun muss bein Spocht (und überhaupt), der denkt unterschwelliger und nimmt der Depri den Raum . .....Zumindest denk' ich mir das so

Zu 4:
>>> Können gelegentliche Umarmungen angebracht sein? <<<
Kommt erstma schonma drauf an, ob Du 'nen Hotzenplotz oder 'ne Hotzenplötzin bist

.......Weisste was mir gerade auffällt ? .....Eigentlich sollteste sie alle Fragen am besten selber fragen.
Daran kann sie dann auch erkennen, dass Du Interesse an ihr und ihrer verzwickten Krankheit hast.

Nur Mut !

Re: Anfängerfragen eines Angehörigen

Verfasst: 12. Dez 2005, 04:51
von Data
Hallo Hotzenpotz,

auf deine "Anfängerfragen" werde ich mal meine "Anfängerantworten" (ohne Anspruch auf Richtigkeit) zum Besten geben:

Ich glaube ganz einfach folgendes: Du bist in deine Kollegin verliebt und sie nicht in dich. Jetzt möchtest du ihr gern helfen, damit sie sieht, wie lieb du bist, um sie damit zu überzeugen. Sowas schaffen aber meines Wissens nur Therapeuten. Mit dem Helfen stehen die Chancen noch schlechter.

Mein Rat an dich: Such dir 'ne Freundin (meinetwegen auch 'ne Depressive , aber vor allem eine, die dich will), und wenn du dann deiner Kollegin immer noch helfen magst, dann versuche es in Gottes Namen. Aber dann wirst du nicht mehr blind sein und dich verheizen, sondern sehen und merken, was es bringt und wie weit deine Kraft reicht. Wenn du es jetzt aus Verliebtheit tust, dann wirst du lediglich selber leiden (und zwar so richtig schön ), aber ansonsten vermutlich nur erreichen, dass sie sich noch mehr zurück zieht.

Einer/m Depressiven zu helfen ist sehr schwierig, denke ich, und es geht gar nicht, solange der/diejenige nicht selbst dermaßen die Schnauze voll hat, dass er sich auch helfen lassen will. Bis dahin kannst du getrost abwarten und sie ihrem helferlosen sozialen Umfeld überlassen. Kannst ihr ja das Depri-Buch zum Lesen geben, wenn sie Bock drauf hat.

Viele Grüße,
Data

Re: Anfängerfragen eines Angehörigen

Verfasst: 12. Dez 2005, 08:03
von Clown


Ich habe das Gefühl, dass du auch für mich etwas Wichtiges gesagt hast, Data...
... und für dich selbst....