Verhältnis Oma (depressiv) - Enkelkind (etwas länger)

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Lori
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Verhältnis Oma (depressiv) - Enkelkind (etwas länger)

Beitrag von Lori »

Hallo,

meine Schwiegermutter ist seit 5 Jahren depressiv. Seit ca. 2,5 Jahren bekommt sie Medikamente und war in einer ambulanten psychologischen Behandlung.
Im März diesen Jahres ist nun unsere Tochter geboren. Wir alle hatten das Gefühl, dass das erste Enkelkind meiner Schwiegermutter sehr viel ihrer sonst so fehlenden Freude zurückgebracht hat.

Sie ist wöchentlich einmal zu Besuch gekommen, hat sich auch über mehrere Tage mal zum Besuch angemeldet, hat meine Tochter und mich eingeladen und wir waren ein paar Tage bei ihr.

Leider ist es nun so, dass sie seit ca. 4 Wochen wieder zusehens ruhiger wird, den ganzen Tag "kaputt" ist, sich nicht motivieren kann, grübelnd vor sich hin starrt und an allem etwas negatives findet (z.B. habe ich ihr Bilder von der Kleinen geschickt und sie hat dann geweint, weil die Kleine so weit weg wohnt (100km)).
Anscheinend steckt sie wieder in einem tiefen, schwarzen Loch.

Für die nächste Woche habe ich mich (und die Kleine) bei ihr zum Besuch angemeldet.
Wie kann ich mich ihr gegenüber verhalten, wenn sie so freudlos ist? Im Sommer, als es ihr gut ging haben wir uns mal über ihre Gedanken und Gefühle in der Depression unterhalten und sie hat mir da auch gesagt, dass sie sich immer von allem überfordert fühlt, vom Kochen, vom Putzen, vom Aufstehen und so weiter. Dass sie sich einerseit auf unsere Besuche freut, andererseits auch keinen sehen will.
Wenn ich sie jetzt besuche, vielleicht überfordert sie das dann auch wieder, vielleicht verstärkt das ihr Gefühl überall zu "versagen" noch mehr und es schadet ihr mehr, als es nützt? Andererseits kann meine Tochter ihr doch noch immer ein Lächeln entlocken und sie sagt auch, sie guckt sich jeden Tag Bilder ihrer kleinen Enkelin an.
Leider lässt sie sich bei den "Problemfeldern" auch überhaupt nicht helfen, also beim Kochen oder Putzen. Ich würde gerne für sie kochen oder ihr auch was putzen, aber das blockt sie immer komplett ab, geht oft über das Angebot einfach drüber, als hätt ich nix gesagt.

Ich bin da so ein bißchen ratlos, wer kennt das und kann mir was raten?

Vielen Dank!
feuerfisch
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Re: Verhältnis Oma (depressiv) - Enkelkind (etwas länger)

Beitrag von feuerfisch »

Hai Lori

Ich bin mir sehr sicher das deine Schwiegermutter sich sehr über jeden eurer Besuche freut - auch wenn sie es vielleicht nicht so richtig ausdrücken kann.

Mit dem "überfordern" ist das so eine Sache...weißt du, einerseits ist da zwar schon eine Forderung die an sie gestellt wird, jedoch wiegt die Freude über eueren Besuch das wahrscheinlich auf.

Ich selbst bin Betroffene und kann dir nur sagen das ich mich über einen Besuch meiner Tochter riesig freuen würde.

Liebe Grüße

feuerfisch

P.S.: übrigens sehe ich das Kochen und Putzen, ect. eher als Symptome an denn als "Problemfelder".
Es gibt 1000 Gründe alles beim Alten zu lassen und nur einen einzigen etwas zu ändern - DU HÄLTST ES EINFACH NICHT MEHR AUS!
Lori
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Re: Verhältnis Oma (depressiv) - Enkelkind (etwas länger)

Beitrag von Lori »

Hallo Feuerfisch,

vielen Dank für die Antwort. Eigentlich denke ich ja auch, dass meine Tochter ein "Lichtblick" für die Oma ist.
Wenn du selber betroffen bist, vielleicht kannst du mir dann ja auch einen Rat geben, wie ich mich gegenüber meiner Schwiegermutter verhalten kann, wenn mal ein Problem auftaucht. Wir haben uns zwar gegenseitig gesagt, dass der jeweils andere es ehrlich sagen soll, wenn ihn etwas stört, aber in so einer Phase kann ich nicht wirklich aufrichtig zu meiner Schwiegermutter sein. Ich hab sie sehr gern und dann echt Angst, dass sie sich mit der "Kritik" wieder ewig quält, obwohl das so dramatisch gar nicht ist.
So habe ich letztens mal beim Wickeln der Kleinen gesagt, ich möchte nicht jedesmal Feuchttücher benutzen sondern lieber Wasser, wenn es mal was "Großes" zu beseitigen gibt.
Das hat sie dann gleich als Kritik genommen und sich erstens nicht mehr getraut, die Kleine zu wickeln, anscheinend aus Angst wieder was "falsch" zu machen und andererseits sah sie sich genötigt sich zig mal zu entschuldigen. So hatte ich das gar nicht gemeint und ehrlich auch nicht gesagt.
Ich finde das immer sehr schwierig, etwas so zu sagen, dass sie es nicht falsch versteht. Und wenn wir mehrere Tage "aufeinanderhängen", dann kommt doch schon mal was, was man sich sagen können muss.
Auch sie zeigt sich übrigens mit der Äußerung ihrer Wünsche und Kritiken zurückhaltend. Das ist sicher einerseits die Krankheit, andererseits bin ich eben nur die Schwiegertochter, da geht man schon etwas anders mit um, als wäre ich die Tochter.
Aber, dadurch ist es eben noch schwerer zu merken, ob man sie jetzt zu sehr belastet oder alles noch o.k. ist.

So, wieder viel geschrieben, aber ich (wir) machen uns sehr viele Sorgen und Gedanken um unsere Oma, würden ihr so gerne helfen oder wenigstens ihre Situation nicht noch mehr verschlimmern.

Liebe Grüße,
LORI
feuerfisch
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Re: Verhältnis Oma (depressiv) - Enkelkind (etwas länger)

Beitrag von feuerfisch »

Hai Lori

auweh, was könnt ich dir darauf nur antworten?
Ich stecke nicht in der Haut deiner Schwiegermutter, kenne sie doch nicht einmal. Es gibt da einfach kein "Patentrezept".

Ich kann dir nur von mir erzählen. Mich würde es sehr stören, sogar zurücktreiben, wenn jemand nicht aufrichtig zu mir ist. Man kann doch eigentlich alles sagen, kommt halt auf die "Verpackung" an. Sicher, ich bin auch sehr empfindlich, doch im Zweifelsfall kann man doch auch drüber reden wenn etwas falsch "rüber kam".

Versuch dich, wenn es ihr gerade so arg schlecht geht, vorsichtig auszudrücken. Vermeide Pladitüden ("Das wird schon wieder", "reiß dich mal zusammen", ect). Und üb´ nicht so arg viel Druck auf sie aus.
Ein Horrorwort für mich ist `muss´, da blocke ich sofort.

Dies alles sind nur meine Empfindungen, es kann ihr da ganz anders gehen.

So wirklich kann ich dir da nicht raten, aber ich finde es schön das ihr euch um sie bemüht. Das zu lesen birgt auch für mich ein klein wenig Hoffnung das sich meine Tochter auch mal auf den Weg zu mir macht - danke dafür!

Alles Liebe und viel Freude und Lachen für euch!

feuerfisch
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Lori
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Re: Verhältnis Oma (depressiv) - Enkelkind (etwas länger)

Beitrag von Lori »

Hallo Feuerfisch,

vielen lieben Dank für deine nochmalige Antwort.
Ist klar, die Krankheit ist so verschieden ausgeprägt, wie es wahrscheinlich Menschen gibt, die sie haben. Trotzdem sehr nett von dir, dass du mir die Tips aus deiner Sicht gegeben hast.
Ich werde also am Mittwoch zu meiner Schwiegermutter fahren und hoffen, dass wir ein wenig Licht in ihr Dunkel bringen können.

Wünsche dir ganz ehrlich, dass deine Tochter den Weg zu dir findet. Es ist für Angehörige auch immer sehr schwer mit einer Krankheit umzugehen, die man nicht so kennt wie der Betroffene (meine Mutter hatte Krebs, das war auch sehr schwer für sie und mich). Meine Erfahrung hat mir aber gezeigt, dass man (auch für sich selbst) nur verlieren kann, wenn man versucht, die Krankheit und die daraus entstehenden Probleme zu verdrängen.
Aber, das zu erkennen und dann auch danach zu handeln ist schwer und braucht seine Zeit.
Von daher freut es mich, dass ich dir erstmal etwas Hoffnung geben konnte... dann hast du etwas für mich getan, und ich was für dich .

Ganz liebe Grüße
LORI
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