Zerreißprobe für weitere Freundschaften

Inah
Beiträge: 46
Registriert: 6. Sep 2005, 22:48

Zerreißprobe für weitere Freundschaften

Beitrag von Inah »

Hallo!

Zuerst einmal möchte ich allen danken, deren Geschichten mich in der letzten Zeit begleitet haben und deren Beiträge mich so berührt und unterstützt haben.
Ich denke, dass nun - nach einer Weile des sich passiven Öffnens - auch ich endlich mit meiner Verwirrung, meinem Schmerz, meiner Hilf- und Machtlosigkeit nach außen gehen möchte, nicht mehr ersticken möchte!
Neben meinem persönlichen Drama mit meinem Freund, das sich gerade wieder auf einem Höhepunkt befindet, merke ich, dass sich deshalb auch der Kontakt zu einigen meiner Freunde verschlechtert. Sie reagieren verständnislos auf meine "Treue" zu diesem Mann. Ich fühle mich unentwegt in ihrer Kritik, so dass ich das Thema nur noch auf Nachfrage in Gespräche einbringe - um mir dann Kommentare wie
"Sei doch froh, dass er sich nicht meldet!"
"Dem hätte ich schon längst die Tür vor der Nase zugeknallt..."
anzuhören.
Dabei bräuchte ich genau in diesen Situationen eine starke Schulter.
Kennt ihr das auch?
Ich möchte meine Freunde nicht verlieren, aber ich möchte mich auch nicht stets wegen meiner Gefühle rechtfertigen müssen!

Inah, neu hier und froh, dieses Forum gefunden zu haben
nasy
Beiträge: 104
Registriert: 16. Jun 2005, 10:46

Re: Zerreißprobe für weitere Freundschaften

Beitrag von nasy »

hallo inah,

ich kann deine bedenken, den freunden gegenüber, wirklich nachvollziehen. auch ich habe festgestellt, dass manche freunde, wo man sich dann fragt ob es auch richtige freunde sind, wenn sie in einer schweren zeit nicht zu einem stehen, sich von mir abwenden. und ich kann das auch irgendwie verstehen, ist man mit den gedanken doch nicht wirklich bei der verabredung, oder kann schwer über was anderes reden, außer über den eigenen gemütszustand.
so ist es jedenfalls bei mir.
aber ich habe einen freund, der sich meine worte anhört, egal welche tages oder nachtzeit, ich auch wirklich weiß, dass er sich das auch zu herzen nimmt.
auch wenn ich nicht weiß, wie ich manchmal denken und handeln soll, so steht er doch bei jeder entscheidung von mir, hinter mir und stärkt mir den rücken.

vielleicht hast du ja auch wenigstens eine person, die so für dich da ist, ganz allein zu sein, mit all den gedanken, mit dem nicht-wissen-was-man-tun-soll, ist nicht gut.

lg
nasy
blaufelchen
Beiträge: 19
Registriert: 7. Sep 2005, 12:36

Re: Zerreißprobe für weitere Freundschaften

Beitrag von blaufelchen »

Liebe Inah,
ich muss Nasy Recht geben.
Richtige Freunde bewerten deine Situation nicht und machen dir ein schlechtes Gewissen. Es geht dir ja ohnehin schon schlecht genug. Freunde unterstützen und müssen keine tollen Ratschläge geben, weil sie ja nicht in deiner Lage stecken. Sie sollen für dich da sein, und es akzeptieren, dass du jetzt kämpfst und sehr traurig bist.
Ich selber habe eine Freundin, die sich immer ohne jegliche schlauen KOmmentare meine Probleme anhört. Ich kann sie anrufen oder zu ihr fahren wann immer ich sie brauche. Das nenne ich Freundschaft. Alle anderen sind keine wahren Freunde.
Aber es ist schwer für beide Seiten.

Ich wünsche dir noch viel Kraft in deiner Beziehung.
Liebe Grüße
Sylvia
BeAk

Re: Zerreißprobe für weitere Freundschaften

Beitrag von BeAk »

Liebe Inah,

nehmen wir mal an, deine Freunde würden die selben Sprüche los lassen, wenn eine von Euch einen Alkoholiker lieben würde. "Der ist schon wieder sturzbesoffen, den hätte ich schon längst vor die Tür gesetzt." Würdest Du solche Sprüche für gerechtfertigt halten?
Es kann durchaus sein, das Dich Deine Freunde darauf aufmerksam machen wollen, das die Beziehung mit Deinem Freund vollkommen einseitig abläuft. Du gibst und er nimmt, nicht nur gelegendlich sondern als Dauerzustand.

Meine persöhnliche Ansicht, gewachsen durch die Depression meines Mannes, eine Beziehung mit einem Depri kann auf Dauer nur bestehen, wenn der Depri sich in fachärztliche Behandlung begibt. Nur so ist es möglich, das auch der Depri in Zukunft Verantwortung für die Beziehung übernimmt.
Inah
Beiträge: 46
Registriert: 6. Sep 2005, 22:48

Re: Zerreißprobe für weitere Freundschaften

Beitrag von Inah »

Liebe Bea, liebe nasy und silvia,

habt Dank für eure Beiträge. SIe haben meinem NAchdenken verschiedene Richtungen klar gemacht.
Klar, Menschen, denen es zu viel ist es mitzutragen, wenn ein Freund verwirrt, durcheinander und verzeifelt ist, zählen nicht zu den Freunden. Weitere Gedanken dazu erübrigen sich.
Und natürlich ist auch klar, dass meine Verfassung nicht immer ein Quell der Freude für andere ist. Aber gerade weil mir das klar ist, gebe ich mir Mühe, mein Sorgen und Ängste nicht in die Begegnungen einzubringen. Verletzt hat mich die Bemerkung einer Freundin, die aus eigenen Erfahrungen weiß, was Sache ist, dass man dies merken würde und meine Leichtigkeit verloren sei. Deshalb müsse ich mich nicht wundern... Zack!
Aber sicher meinen auch wirkliche Freunde durch solche Beiträge weiterzuhelfen. Ich kann mir vorstellen, dass sie mir dadurch eine gue Unterstützung geben wollen. Sie sehen, wie es mir geht, sehen meinen Freund als Ursache (Ist das wirklich so?) und gehen davon aus, dass das Ende dieser Beziehung auch die Lösung der Probleme mit sich bringt.
Wenn es so einfach wäre? Wenn da nicht diese tiefen Gefühle wären! Wenn da nicht die vielen schönen Erinnerungen wären... Deshalb machen mich dann einige Bemerkungen völlig konfus und verletzen mich fast genauso wie die letzten Worte meines Freundes: "Du musst anscheinend so lange gegen das Brett laufen bis du kapiert hast, dass es ganz egal ist, ob er nicht will oder nicht kann!"
Genau das ist mir nicht egal und der entscheidende Unterschied für mich. Bei aller Verletzung bin ich bis heute nicht verärgert oder wütend auf meinen Freund!
Bea, du hast das Thema Therapie angesprochen. Gut ist, dass mein Freund schon langjährige therapeutische Erfahrung hat, die Hilfe auch nutzt und aus meiner Sicht auch Wege gefunden hat, sich mit dieser Hilfe selbst zu managen. Ich weiß auch, dass das Thema Beziehung in der Therapie ein wichtiges, heißes Thema ist. Gelegentlich hat mich mein Freund ein bisschen durchs Erzählen teilhaben lassen. Allerdings ist mir aufgefallen, dass er seit einiger Zeit die Zeiten zwischen den Sitzungen immer länger werden ließ und sich RAt bei jemandem anderen mit Therapieausbildung holte. Jemanden, der ihn in seinen Augen in seinem SO-Sein stärker bestätigte.
Besonders nach deinem Beitrag scheint es mir so, dass die Überforderung zu groß wurde, Vermeidung und dann Abbruch die Folge waren. Jetzt habe ich ihn schon über einen Monat nicht mehr gesehen, zuletzt vor 2 Wochen etwas gehört. So weiß ich nicht, was gerade passiert, wie es ihm geht! Ich versuche, diese MAchtlosigkeit zu akzeptieren, abzuwarten und dem Leben zu vertrauen. Für mich ist es der Mann, der es wert ist! Aber es stimmt, der Preis ist verdammt hoch!

Liebe Grüße aus einem verregneten Sonntag, dem ich jetzt versuchen werde, etwas Struktur abzugewinnen. Die besten Wünsche, dass euch das auch gelingen möge!

Inah
BeAk

Re: Zerreißprobe für weitere Freundschaften

Beitrag von BeAk »

Inah,

Du leidest unter der Beziehung, die keine ist. Es ist eine Salamibeziehung, heute mal ein paar Scheibchen, dann wieder Tage oder Wochen nichts. Solange sich seine Krankeit nicht bessert und danach sieht es nicht aus, wird das immer so weiter gehen. Dein Freund ist nicht beziehungsfähig.
Kannst Du damit auf Dauer leben? Ist es das was Du Dir für Deine Zukunft vorstellen kannst?
Und ich gebe Deinem Freund recht, es ist egal ob der Depri keine Beziehung führen kann, oder will, das Ergebnis ist das gleiche.
Tine
Beiträge: 214
Registriert: 11. Okt 2004, 19:57

Re: Zerreißprobe für weitere Freundschaften

Beitrag von Tine »

Hallo Bea,

es ist sicher richtig, dass es im Ergebnis das gleiche ist, ob jemand nicht will oder nicht kann. Im Falle der Beziehungsunwilligkeit oder -fähigkeit wird dann einfach keine tragfähige Beziehung wachsen können.
Dennoch, für die Partnerin (ich glaube, hier kann ich für die meisten von uns sprechen) ist es von großer Bedeutung, den Unterschied zwischen nicht wollen und nicht können festmachen zu können.
Es ist für den persönlichen Umgang mit der Situation sehr wichtig, welchen Grund man für das Scheitern annehmen muss. Ausgehend von dem Tatbestand, dass er vermutlich will, aber aus irgendwelchen Gründen nicht kann, macht die Sache zwar tragischer, aber es erwächst daraus auch die Chance auf eine andere Art der Trauer, die vielleicht auch gemeinsam stattfinden kann.
Wenn er nicht will, muss man sich zusätzlich noch die Frage stellen, warum zum Teufel er dann manchmal will. Die Art der Trauer, die sich an diese Erkenntnis anschließt ist eine ganz andere.
Liebe Grüße
Tine
BeAk

Re: Zerreißprobe für weitere Freundschaften

Beitrag von BeAk »

Hollo ihr Lieben,

ich denke es macht nur dann einen Unterschied, wenn es warscheinlich oder möglich ist, das aus den nicht beziehungsfähig sein können, ein beziehungsfähig wird.
tommi
Beiträge: 1008
Registriert: 22. Sep 2004, 17:38

Re: Zerreißprobe für weitere Freundschaften

Beitrag von tommi »

Liebe Inah,

es tut mir leid, dass deine Freunde so reagieren. Sie helfen dir kein Stück weiter damit. Hast du ihnen das mal gesagt? Sie meinen es gut, aber sie haben keine Ahnung, was sie da sagen. Sie kennen die Krankheit n und leider auch deine Gefühle nicht.

Als Außenstehender kann man nicht erahnen, was sich an Gefühle mit einem sensibelen Menschen ansammelt. Die Tiefe der Beziehung geht weiter als die Oberflächlichkeit mancher. Viele denken, sie führen eine gute Beziehung und stehen irgendwann vor dem Nichts, weil sie nur oberflächlich geführt wurde.
Klar, das kannst du ihnen nicht sagen, aber deine Gefühle zu ihm kanst du deinen Freunden erklären.

Wenn man sich nie mit dem Thema Depressionen auseinandergesetzt hat, reagiert man eben so darauf. Natürlich kann man auch deine Freunde verstehen, wenn es sich in den Gesprächen nur noch um ihn dreht. Aber da müssen Freunde eben durch . Das habe ich auch schon öfter erfahren können, wenn sich gute Freunde getrennt haben. Zwei Paare konnten wir wieder zusammenbringen - da lohnt sich das Zuhören richtig .

Ich hoffe, du findest jemanden in deinem Umfeld, der dir zuhört.

Gruß
Tom
Inah
Beiträge: 46
Registriert: 6. Sep 2005, 22:48

Re: Zerreißprobe für weitere Freundschaften

Beitrag von Inah »

Hallo,

erst einmal herzlichen Dank für eure Beiträge und eure Bereitschaft, sich mit meinen Fragen auseinanderzusetzen. Das ist toll!

Als ich begonnen hatte, bei euch mitzulesen, hatte ich das Gefühl, das jemand einen Schleier hebt. Nicht, dass ich mich nicht schon intensiv mit dem Thema Depression auseinandergesetzt hatte, aber dem Thema "Angehöriger" sein hatte ich nur unter einem Sichtwinkel berührt. Ihr kennt ja diese Literatur: Verhalte dich so oder so als Angehöriger...
NAtürlich macht man sich über sein eigenes Verhalten unentwegt Gedanken, aber das die ganze verdrehte Gefühlswelt der Mitbetroffenen so transparent ist...
Ich habe die ganze Zeit gedacht, ich sei übersensibel, besonders empfindlich, andere könnten sicher gelassener sein in Krisensituationen. Und ich dachte, mein Freund hat eine Tendenz zu Depressionen und ein Problem mit Beziehungen/Frauen. Dass das so eng zusammenhängt, war mir nicht klar und ich kann mir vorstellen, dass ihm das auch nicht so deutlich ist. Es war immer ein "und"

Aber inzwischen häufen sich die Fragen und Unsicherheiten wieder. Ich glaube, die einzelnen Infos zu verstehen, aber sie ergeben kein GAnzes:

? Eine Beziehung zu einem Depressiven ist eine einseitige Sache, eine Scheibchenbeziehung! Man wird immer wieder vom Zug gestoßen, darf vielleicht wieder aufspringen. Es wird sich wiederholen.Man verletzt sich selbst, zahlt drauf. Es ist wichtig, zu lernen, auf sich selbst zu achten, die eigene Zukunft im Auge zu behalten!

? Der depressive Partner braucht Unterstützung. Es ist möglich, ihn zu unterstützen. Dazu ist das Kennen der eigenen Grenzen wichtig. In Krisensituationen erfolgte Verletzungen sind aus dem Protokoll zu streichen. Unterstützung ist vor allen Dingen in den nichtdepressiven Zeiten möglich. Auch in Krisenzeiten ist es gut, Konatkt, auf den nicht eingegangen werden muss, zu halten, auch wenn der abgelehnt wird. Streichen.

? Es ist keine gute Idee, den depressiven Partner zu schonen. Fordern wäre eine gute Alternative!

? Die Beziehung hat nur dann eine Chance, wenn der depressive Partner ebenfalls die Verantwortung dafür übernimmt, sich seiner Krankheit stellt, eine Therapie macht und wenn sich die Depression verbessert. Doch voran erkennt man dies? DAran, das man eben nicht alleine gibt? An den längeren Phasen zwischen den Krisen? An deren Intensität? Ich dachte, wir seien auf einem guten Weg!

Ich weiß, dass es keine Patentrezepte und -antworten gibt. Ich weiß, dass ich mich auf einem individuellen Weg befinde, aber halt in einem Wald, den ihr gut kennt. Ich habe einfach nur versucht, das Durcheinander in meinem Kopf ein wenig zu ordnen, so dass sich vielleicht doch ein Weg klarer zeigen kann.

Inah
BeAk

Re: Zerreißprobe für weitere Freundschaften

Beitrag von BeAk »

Liebe Inah,

da hast schon ganz fleißig geordnet.
Mit dem auskennen im Wald der Depression ist das so eine Sache, jeder von uns steht in einem anderen Wald und mußte sich seinen Weg suchen, lernt so seinen Wald kennen, aber nicht unbedingt den der anderen Foris.

Zu den Partner schonen oder fordern.
Werde Dir über das Minimum an Anforderungen in einer Beziehung klar, die Du erfüllt haben mußt. Dieses Minimun forerst Du von deinem Partner kompromislos und konsequent ein, denn darunter ist Dir das führen der Beziehung nicht möglich.
Allerdings kann es durchaus sein das Dein Partner nicht darauf eingeht, da es ihm sowieso zuviel ist eine Beziehung zu führen. Und damit wären wir wieder bei der Beziehungsunfähigkeit.

Nimmt Dein Patner Antidepressiva, befindet er sich in psychiaterischer Behandlung?
Prinzessin-Horst
Beiträge: 50
Registriert: 9. Sep 2005, 17:35

Re: Zerreißprobe für weitere Freundschaften

Beitrag von Prinzessin-Horst »

Hallo Inah,

auch ich kenne Deine Probleme und sie kommen mir sehr bekannt vor. Habe auch schmerzliche Erfahrungen mit "Freunden" gemacht, die sich teilweise über meinen Freund(viell. auch für immer Ex) lustig gemacht haben. Er solle doch mal besser in seiner Therapie aufpassen und die Dosis erhöhen...ziemlich heftig...aber man lernt, wer dir als Freund gegenüber tritt und wer nicht. Als es mir beim letzten mal so richtig schlecht ging(wir hatten uns gerade getrennt) und ich bei meinen Freunden Ablenkung suchte, wurde in einer Bierlaune gemeinschaftlich darüber diskutiert, dass ich doch mal seine Tabletten nehmen könnte um besser drauf zu sein.Es traf mich wie ein Schlag...denn eigentlich hatte ich nur meiner ziemlich guten Freundin das jemals anvertraut. Seitdem habe ich keinen Kontakt mehr zu ihr und der Rest kann mir auch gestohlen bleiben.
Tja, gerade wenn man Freunde eigentlich am Nötigsten hat, fällt der Vorhang und Deine wahren Freunde bekommen ein Gesicht. Die dann letztendlich an Deiner Seite bleiben , werden Dich wahrscheinlich auch noch einen langen Weg lang begleiten. Gott sei Dank hab ich davon auch noch ein paar

Das von Dir geschilderte über den Zusammenhang von Depression und Beziehungsunfähigkeit/ Problemen mit Frauen habe ich auch erst hier in dem Forum so richtig realisieren können. Ich dachte zuvor auch nicht, dass beides so eng miteinander verbunden ist. Habe stets zuerst die Fehler bei mir gesucht und in der Beziehung als solche, bis ich den Zusammenhang begreifen konnte.

Na ja, ich wünsche Dir weiterhin viel Kraft und das es Freunde an Deiner Seite gibt, die Dir Halt geben...ansonsten hast Du ja noch das Forum

LG Flo
tommi
Beiträge: 1008
Registriert: 22. Sep 2004, 17:38

Re: Zerreißprobe für weitere Freundschaften

Beitrag von tommi »

Liebe Inah,

ich finde deine Gedankenordnung schon richtig.

Ich bin aber nicht der Meinung, dass die Beziehung mit einem Depressiven einseitig ist. Es wäre dann nämlich keine mehr. Grundsätzlich gilt für alle Beziehungen doch das gleiche - geben und nehmen. Mal mehr mal weniger.

Ich denke, wenn eine Beziehung nur einseitig geführt wird, investiert der Gebende zu viel und führt sich in die Abhängigkeit.

Ich bin mir sicher, dass eine Beziehung mit einem Depressiven viel intensiver gelebt wird. Daran müssen aber beide arbeiten. Die Tiefs, die eine Beziehung sehr belasten, bieten die Chance in den guten Phasen die intensität der Partnerschaft zu spüren.

Du schreibst, dass dein Freund mit dir über seine Thera gesprochen hat. Das finde ich gut. Es zeigt, dass er sich dir gegenüber öffnet. Hier liegt die Chance, durch viele Gespräche zu verstehen und ein gegenseitiges Vertrauen aufzubauen. Nutze solche Gespräche, wenn du wieder die Möglichkeit dazu hast. Dann wird die Beziehung auch nicht mehr einseitig geführt.

Gruß
Tom
Inah
Beiträge: 46
Registriert: 6. Sep 2005, 22:48

Re: Zerreißprobe für weitere Freundschaften

Beitrag von Inah »

Liebe Beatrix,

du hast nach dem Behandlungsstatus meines Freundes gefragt: Antidepressiva hat er genommen - zu Beginn seiner Erstbehandlung und zu seinen Hochzeiten. Später dann in akuteren Phasen angstdämpfende Mittel. Im Moment nimmt er keine Medikamente. Eine psychiatrische Behandlung hat er jahrelang gemacht (Analyse). Zurzeit macht er eine Gesprächstherapie und scheint im Vergleich zu seinen Hochzeiten ein gutes Selbstmanagement gefunden zu haben - mit viel Disziplin, Sport und guttuenden Interessen.
Tja, so ist das!

Inah
Inah
Beiträge: 46
Registriert: 6. Sep 2005, 22:48

Re: Zerreißprobe für weitere Freundschaften

Beitrag von Inah »

Hallo Tom,

danke für deine Zeilen.
Ich finde auch nicht, dass die Beziehung zu meinem Freund eine einseitge war/ist. Ich habe viel durch sie gewonnen. Umso schmerzhafter natürlich das momentane absolute Nichts!
Aber natürlich mache ich mir viele Gedanken! Und die gehen nicht geradeaus und sind kraus.
Es kostet mich jeden Tag viel Kraft, nicht in das Rad zu geraten, mich als Ursache seines Befindens zu sehen. AUch wenn mein Verstand weiß, dass es nicht den richtigen Weg gibt und dass Fehler dazugehören, versucht mein Herz, das "Richtige" zu finden. Ich bin so durcheinander.
Aus meiner Sicht gibt es so viel, das mir diese Beziehung gibt. Aber sie absolut keine "normale" Beziehung. Das ist ersteinmal kein Verlust für mich, die Bereicherung steht im Vordergrund. Außer in den Abbruchzeiten, die sind unendlich hart.
Nachdem ich eine Weile hier mitgelesen habe, habe ich bemerkt, dass unser Drama "sanfter" verläuft, weniger dramatisch, nicht so extrem. Die jetzige Episode ist die "dramatischste", mit mehr oder weniger konkreter Trennung und gezeigten Aggressionen mir gegenüber. (Trotz allem habe ich jetzt den Eindruck, dass mich mein Freund geschont hat, dass es vermutlich noch ganz anders aussah in ihm.) Sie dauert am längsten!Schon über einen Monat und es schnürt mir den Hals zu!
Allerdings war auch ein langer Zeitraum davor, der mir den Eindruck gab, wir finden einen Weg.
Mein Freund ist in Therapie, hat Erfahrung im Umgang mit dieser Krankheit und spricht darüber. Doch von einer wirklich guten Kommunikation, besonders, was dies für unsere Beziehung bedeutet, waren wir weit entfernt. Ich bin beeindruckt, wenn ich von deinen Auseinandersetzungen mit deiner Frau lese. Nicht nur mein Freund vermied das Thema weitgehend, auch meine große Vorsicht und Angst hat dazu beigetragen.
Auch fange ich gerade erst an, mir über das Thema "maßvolles Fordern" Gedanken zu machen.
Es gibt Tage, da habe ich ein großes Vertrauen und es gibt Tage wie heute: Ich traue mir eine richtige Einschätzung der Situation nicht zu und flattere hin und her. Ich glaube - wie Tine und Nasy es im Moment auch erfahren - dass der Abstand auch mir helfen kann zu mir zurückzufinden. Aber ich weiß auch nicht, was gerade ist, passiert! Seit über einem Monat bin ich abgeschnitten. Wir wohnen in verschiedenen Städten, es gibt keine Berührungspunkte, weder Freunde noch Familie melden sich mal bei mir. DAs gibt Raum für Fantasie, die ich versuche mir zu verbieten. Das hat mich die Vergangenheit gelehrt: Das bringt nichts, nützt nicht und stimmt sowieso nicht!
Also gibt es vieles, was neben meinen Gefühlen, dafür spricht, dass es einen Weg geben könnte und vieles, das so traurig und schwer ist: Angst, Sprachlosigkeit, Hilflosigkeit!

Ein kleiner Gruß von Inah
Lusie
Beiträge: 28
Registriert: 29. Aug 2005, 11:01

Re: Zerreißprobe für weitere Freundschaften

Beitrag von Lusie »

Liebe Inah,
ich kann Dir gut nachfühlen, was in Deinem Inneren abläuft. Das Hin- und Hergerissensein zwischen Hoffnung und Liebe auf der einen Seite verbunden mit dem Wunsch auszuhalten bis zum "guten" Ende. Andererseits die Angst, den geliebten Menschen vielleicht schon längst verloren zu haben. Ich befinde mich auch gerade in der Situation, wo mein Partner in geradezu radikaler Weise die Trennung herbeigeführt hat. Du kannst meine Geschichte nachlesen unter dem Stichwort "Ratlos". Ich habe bisher mit aller mir zur Verfügung stehenden Energie versucht ihm zu zeigen, dass er mir vertrauen kann, wir hatten sehr gute Gespräche über uns, über die Krankheit, und doch, in der akuten Krise, kommt es immer und immer wieder zu der von ihm gewünschten, und diesmal mit Nachdruck eingeforderten Trennung.

Liebe Inah, nachdem ich jetzt schon mehrfach dieses Hoch und Tief mitgemacht habe, habe ich jetzt für mich beschlossen, die Trennung zu akzeptieren. Vielleicht wird er nach der Krise von sich aus auf mich zu kommen, vielleicht auch nicht. Ich habe mir vorgenommen, nicht mehr darauf zu hoffen. Und ich habe mir vorgenommen, mein eigenes Leben zu leben. Beruf, Sport und gute Freunde werden mir - hoffentlich - dabei helfen. Aber es ist nicht leicht.
Und trotzdem, liebe Inah: aus den Gesprächen mit meinem Freund weiß ich, wie wichtig es stets für ihn war zu wissen, dass ich trotz seiner Krankheit mit meinem Leben klar komme, dass er sich nicht (auch noch) Sorgen um mich machen muss. Deshalb glaube ich, dass meine Entscheidung, die Trennung anzunehmen, auch für ihn derzeit die richtige Hilfe ist. Sieh zu, dass auch Du "Dein" Leben weiterlebst. Sieh zu, dass Dir Dein Leben auch ohne ihn wieder Spaß macht. Lass Dich nicht auffressen von der Angst, Du könntest ihn verloren haben. Ich denke, das ist es, was Du derzeit für Dich UND ihn tun kannst. Finde Deinen Weg, das Leben - notfalls - auch ohne ihn zu genießen. Versuch es zumindest, so wie ich es jetzt auch versuche. Ohne zu wissen, wie es mir gelingen wird.

Alles Liebe für Dich von
bear
tommi
Beiträge: 1008
Registriert: 22. Sep 2004, 17:38

Re: Zerreißprobe für weitere Freundschaften

Beitrag von tommi »

Liebe Inah,

warum rufst du ihn nicht einfach mal an?

Ich habe die Erfahrung gamacht, dass der Betroffene sich nicht von selbst meldet. Ihr habt nun schon so lange keinen Kontakt mehr, dass es mir erscheint jeder denkt, der andere will es nicht mehr.

Warum er sich nicht meldet, kann ich mir vorstellen. Er hat ein so geringes Selbstwertgefühl, dass er glaubt, er sei nicht liebenswert und wenn er dich kontaktieren würde, könnte ein "ich will nicht mehr mit dir" ihn nur weiter herunterziehen. Er fühlt sich bestätigt in der Annahme, dass er nicht geliebt wird. Dieses spielt sich in seinem Kopf ab.

Genauso reagiertst auch du gerade. Du hast Angst, du könntest ihn bedrängen und er würde dann gänzlich Schluss machen. Das ist die falsche Kommunikation, nämlich die Kommunikation mit sich. Interpretertionen über die Gefühle und Gedanken des anderen sind schädlich. Die müssen ausgetauscht werden, damit sich Mißverständnisse vermeinden lassen.

Stell dir vor er sitzt vor dem Telefon und fragt sich, warum ruft sie mich nicht an. Du sitzt deinerseits davor und fragst dich, warum ruft er mich nicht an. Beide kommen zu dem Schluss, der andere empfindet nichts mehr für einen.

Du willst wissen wie es ihm geht? Dann frage ihn. Von bedrängen, kann hier keine Rede sein. Du kannst auch keine Fehler machen.
Woher soll er wissen, was du empfindest, wenn du es ihm nicht sagst?

Frag doch per Sms an, ob du ihn anrufen darfst und du ihn vermisst. Es gibt nichts zu verlieren.

Gruß
Tom
Inah
Beiträge: 46
Registriert: 6. Sep 2005, 22:48

Re: Zerreißprobe für weitere Freundschaften

Beitrag von Inah »

Liebe Flo,

die Bemerkungen deiner "Freunde" sind unentschuldbar, denn sie zeugen von Nullverständnis und - das finde ich noch viel schlimmer - sind respektlos. Deinem Freund gegenüber und dir gegenüber.
Ich habe das Thema Zerreißprobe noch ein wenig bewegt in meinen Gedanken und denke, dass es zwar durchaus zu schmerzlichen Situationen kommen kann, weil man sich nicht verstanden fühlt in der Loyalität zu jemandem, der scheinbar so unzuverlässig ist und verletzend sein kann. Schwer ist es auch immer, mit Meinungen oder Ratschlägen konfrontiert zu sein, die vielleicht schlicht Murks sind, die vielleicht nicht das sind, was man so gerne hören mag ... Entscheidend für ein Wieder-aufeinander-zu-gehen ist doch die Absicht, die der "Ratgeber" hat. Viele "Zuschauer" können das Leid nicht mehr sehen und glauben den Weg, der leider jeder immer (fast) alleine geht, beschleunigen zu können. Ich bin mir sicher, dass hier auch wieder ungezwungene Kontakte möglich sein werden.
Flo, es tut mir sehr leid, dass du dir neben all dem anderen Unglück auch noch solch pubertären Worte anhören musstest und ich wünsche dir mehr von den unterstützenden und hilfreichen Worten.

Lieben Gruß, Inah
Inah
Beiträge: 46
Registriert: 6. Sep 2005, 22:48

Re: Zerreißprobe für weitere Freundschaften

Beitrag von Inah »

Lieber Tom,

warum rufe ich ihn nicht einfach mal an?
Du hast den Nagel auf den Kopf getroffen.
Es stimmt:
Ich habe Angst, denn immer noch oder immer wieder schließe ich aus seinem Verhalten, dass ich nicht liebeswert genug oder doch zumindest nicht "richtig" genug für ihn bin. Zum Glück ist mir das zwar klar, aber emotional rutsche ich doch immer wieder in diese Schiene.
Gesprochen habe ich mit meinem Freund auch schon darüber - außerhalb der Krise! Er konnte das gut nachvollziehen und hatte auch eine Zeit, in der in seinen Botschaften klarer waren.
Ich habe in den Krisenzeiten immer das Gefühl, ihn zu bedrängen. Auch ganz klar in der Kommunikation mit mir selbst! Denn tatsächlich ist es so, dass wir dann kaum Kontakt haben, höchstens eine unpersönliche Rundmail von ihm, ein kleines vorsichtiges Zettelchen und eine aufmunternde Antwort von mir in mehreren Wochen. Ich bin mir meiner Anteile bewusst, auch wenn ich es nur sehr langsam schaffe, mein Verhalten hier zu ändern.

Es ist aber auch so, dass wir einmal nach einer heftigen Krise (vor einem Jahr, gleiche Zeit - Gibt es eigentlich einen jahreszeitlichen Zyklus bei Depressionen, sehr hier einen Zusammenhang?) über diese Funkstille gesprochen haben. Ich wollte wissen, ob er sich denn nicht einmal gefragt habe, warum ich mich denn nicht melde, wenn er abtaucht. Nein, dieses Bedürfnis habe er nicht (vielleicht eine Ausnahme), es sei genau richtig so.
Bisher war es immer so, das einfach der Kontakt still stand - mal mehr, mal weniger vorher ahnbar für mich. Er meldete sich nicht, ich aus der Ahnung heraus auch nicht bis er wieder auftauchte. Keine Trennungsgespräche, keine Szenen - auch nicht beim Auftauchen. Meist war ich halt traurig...
DAs ist jetzt länger nicht mehr vorgekommen. Das war viel Bemühen von beiden Seiten bis jetzt die Dinge diesen Verlauf nahmen. Die depressive Episode bahnte sich langsam an und es schien, dass wir das in einem ganz guten Kontakt bewältigen können. Dann fuhr ich ein paar Tage weg, allerdings hätten wir uns auch sonst nicht gesehen, da wir in verschiedenen Städten leben. Noch eine wirklich verbundene Nachricht von ihm. Doch als ich zurück war, war der Kontakt schon fast nicht mehr herzustellen. Ein Telefongespräch noch, in dem klar wurde, wie es ihm geht. Etwas für ihn tun könne ich nicht! Okay!
Für das folgende Wochenende waren wir verabredet. Kein Kontakt! DA ich mich wirklich bemühe, solchen unklaren Situationen für mich besser zu regeln, habe ich angerufen, um Klarheit zu bekommen und mein Da-Sein zu signalisieren. Und in diesem Gespräch, hat er die "Qualität" unserer Beziehung beendet, verändert - also keine Paarbeziehung mehr. Er fühlt sich verschlungen, hat Angst vor der Nähe. Also hat sich bei mir der Schalter rumgedreht: Schuldgefühle.
Das Gespräch wollte ich mit einer klaren Vereinbarung beenden, da sowieso nichts mehr möglich war. Schweigen...
Er sagte: "Wir vereinbaren, dass ich dich anrufe!" "Wirklich?" (Ich weiß, blöde Frage, aber ich war durch!) "Wer so etwas fragt, will entweder verletzt oder belogen werden..."

Diese Situation ist neu für mich, der Boden ist brüchig und ich bin es auch!

Aber ich werde über deine Vorschläge nachdenken!

Vielen Dank von Inah
tommi
Beiträge: 1008
Registriert: 22. Sep 2004, 17:38

Re: Zerreißprobe für weitere Freundschaften

Beitrag von tommi »

Liebe Inah,

mache dich von dem Gedanken frei, dass du für seine Depressionen verantwortlich bist. Auch dein Verhalten lösen diese Tiefphasen nicht aus. Du kannst nichts dafür, deswegen solltest du dir keine Schuldgefühle einreden.

Ich denke, dass es nicht nur um ihn geht, wenn es um den Rückzug geht. Es geht dir dabei nicht gut und ich denke, dass er auch dir gegenüber eine Verantwortung hat.

Ich bin der Meinung, du solltest mit ihm über deine Gefühle während dieser Auszeit reden und mit ihm diesbezüglich Absprachen für die Zukunft treffen.

Gruß
Tom
Tine
Beiträge: 214
Registriert: 11. Okt 2004, 19:57

Re: Zerreißprobe für weitere Freundschaften

Beitrag von Tine »

Hallo Inah,

dass du die Reaktionen deines Freundes nicht losgelöst von dir selbst betrachten kannst, ist doch irgendwie klar. Wir messen halt mit andern (normalen?) Maßstäben, und danach würden wir uns nur so distanziert verhalten, wenn wir ein heftiges Problem mit unserem Partner oder der Beziehung hätten.

Du musst einfach für dich entscheiden, was du aushalten kannst. Wenn du es schaffst, ihn und eure Beziehung so zu nehmen, wie es halt nun mal ist, ist dagegen nichts zu sagen. Es entspricht vielleicht nicht den gängigen Beziehungsmodellen, aber das muss es doch auch nicht. Es gibt viele Möglichkeiten, eine Beziehung zu führen, wichtig ist nur, dass es beiden im Querschnitt gut damit geht. Wenn du es gut schaffst, auch mal Wochen ohne ihn auszukommen und dir in den Phasen relativ unbeschadet sagen kannst 'Gut, es ist mal wieder so weit, nutze ich also die Zeit für mich', dann ist das doch in Ordnung. Wer soll dir das verwehren? Nur weil andere sich das nicht vorstellen können? Es ist dein Leben, wie du es gestaltest ist deine Sache.

Wenn du klar für dich sagen kannst, dass du so kannst, dann solltest du auf ihn zugehen und wenn ihr euch wieder nahe seid, Klartext reden.

Bei uns hat das eine zeitlang funktioniert. Wir hatten konkrete Abmachungen. Leider hat er die vergessen als es ganz schlimm wurde und hat die Beziehung wieder einmal (zum fünften und letzten Mal?) beendet. Es liegt nun also gar nicht mehr an mir, zu überlegen, was ich kann oder will.

Du hast vielleicht noch die Entscheidung. Also nutze sie. Aber dazu musst du ehrlich sein. Wenn du merkst, dass du eine Beziehung nach diesem Modell nicht führen kannst, dann solltest du den Absprung wagen. Und früher ist dann allemale besser als später.

Liebe Grüße
Tine
Inah
Beiträge: 46
Registriert: 6. Sep 2005, 22:48

Re: Zerreißprobe für weitere Freundschaften

Beitrag von Inah »

Lieber Tom, liebe Tine und liebe bear,

eure posts habe ich aufmerksam gelesen, vielen Dank für eure sensiblen und klugen Worte. Sie erreichen meinen Kopf, doch emotional sitze ich, glaube ich, im Moment in einem ganz schön tiefen Loch. Die letzten Tage waren so anstrengend für mich und wenn ich auch nach außen funktioniere - und mein Job fordert sehr - so bricht doch innen alles zusammen.
Dann stelle ich mir vor, dass sich mein Freund oft so schrecklich fühlt und mir kommen alle Abwehrhandlungen berechtigt vor. Wie kann man in einem solchen Moment auch noch gefordert werden!
Das ist natürlich der Beitrag der kleinen, verwirrten Gefühlsseite. Der Kopf tickt anders, aber wie bringt man beides zusammen?
Manchmal vermute ich, dass ich zu streng zu mir sein könnte: Die Krise gut überwinden, klug und gelassen reagieren, die Krisenzeit gut nutzen, Vertrauen haben....Der Schmerz und die Angst wehren sich, wollen wohl auch gehört werden.
Vielleicht muss ich mich für diese Tage damit abfinden und es aushalten, damit dann wieder anderes möglich ist?
Tom, deine Worte für deine Frau, deine Gelassenheit, deine Fähigkeit, nach dir und ihr und nach euren Kindern gleichermaßen zu schauen beeindrucken und berühren mich sehr. Konntest du das im Umgang mit deiner Frau lernen oder ruhst du einfach mehr in dir selbst? Meine eigene "Zartheit" in manchen Lebenssituationen macht mich einfach anfällig für das Hin-und Hergeworfensein in den Depriphasen und ich weiß, dass viele Anteile für meine jetztige Verfassung in mir begründet liegen und für die nicht mein Freund verantwortlich ist. Hier lasse ich mich von einer Therapeutin unterstützen, die wohl auch der Meinung ist, dass ich mich zu sehr in meinen Ängsten zensiere.
Meine bisher unausgesprochene große Angst begründet sich darauf, dass ich bisher noch keine Erfahrung mit in Krisenzeiten ausgesprochenen Trennungen habe. Auch wenn ich lese, dass sie anscheinend durchaus oft wieder zurückgenommen werden, scheint es mir endgültig. Und der Tag an dem dies sich zementieren könnte, rückt näher. Wir wären demnächst gemeinsam auf einer Familienfeier, also "veröffentlicht" sich hier der Schritt.
Point-of-no-return?
Ich weiß, dass das mein eigenes Gedanken/Gefühlskino ist, dass sich hier dreht, aber obwohl ich diesen M*** dumm finde, erlaube ich ihm jetzt herauszukommen, vielleicht kann er dann Ruhe geben.
Tine, dein letzter Beitrag hat mir gut getan. Er bestärkt das, was in mir klar ist. Ich war bereit diese Beziehung unter diesen Vorzeichen zu führen und mit ihr zu wachsen. Ich dachte, dass wir auf einem guten Weg waren, sie so zu nehmen, wie sie ist und das hat mich reich und stärker gemacht. Viele Verhaltensweisen meines Freundes waren einordenbarer und es war eine schöne Zeit (für mich). Wie für euch ist mein Freund mehr für mich als seine Depression - viel mehr!Aber jetzt liegt es ja nun leider auch nicht mehr an mir, zu überlegen, was ich kann oder will.
Tine, was meintest du damit, dass ich vielleicht noch die Entscheidung habe? DAs habe ich nicht ganz verstanden.

Liebe Grüße verbunden mit dem Wunsch, dass euch die Kraft nicht ausgeht auf euren Wegen

Inah
Tine
Beiträge: 214
Registriert: 11. Okt 2004, 19:57

Re: Zerreißprobe für weitere Freundschaften

Beitrag von Tine »

Liebe Inah,

glaube mir, ein Brief könnte genauso auch von mir stammen.
Ich kenne diese Situationen, verstehe dich gut. Man glaubt, einen Weg gefunden zu haben, glaubt zurecht zu kommen und genau dann, spricht er die Trennung aus.
Bei uns war es so, dass ich glaubte, die Situation für mich einigermaßen im Griff zu haben. Ich habe oft gelitten, wenn er mich alleine ließ, habe aber gerade auch bei den letzten Malen gesehen, dass es Zeiten in denen ich Hilfe brauche, auch andere Menschen für mich gibt, die da sind, wenn er nicht kann oder will. Das war eine wichtige Erfahrung. Leider kann ich sie in Bezug auf unsere Beziehung nicht mehr anwenden.

Dein Gefühlschaos verstehe ich. Der Verstand weiß was los ist, aber das Herz kann ihm nicht folgen. Meine Therapeutin meinte dazu, dass es überflüssig sei, darüber zu sprechen, was man tun müsste. Der Verstand würde sich in der Regel nicht durchsetzen, wenn das Herz in die andere Richtung zieht. Erst wenn der Zug des Herzens nachlässt, kann der Verstand sich Geltung verschaffen.

Im Moment bin ich nahe daran, wieder auf ihn zuzugehen. Aber ich habe noch keine geeignete Form gefunden. Ich will zu ihm in Kontakt treten, aber nicht signalisieren, dass ich dort weitermachen möchte, wo wir aufgehört haben. Einen Abschiedsbrief möchte ich allerdings auch nicht schreiben.
Was will ich denn? Ich will einfach wieder mit ihm sprechen.

Bei meinem letzten Satz (dass du vielleicht noch die Entscheidung hast) bin ich davon ausgegangen, dass eure Trennung keine endgültige ist. Im Grund liegt es an dir zu bejahen oder zu verneinen. Fälle du eine Entscheidung. Willst du die Beziehung, so wie sie ist, dann geh auf ihn zu. Willst du die Beziehung so wie sie ist nicht, dann halte die Distanz und bleibe dabei.

Gut gesprochen? Klar, geht ja auch nicht um mich. Ich weiß, wie schwer es nach einer so zermürbenden Zeit ist, sich der eigenen Möglichkeiten bewusst zu werden, die eigenen Wünsche zu spüren. Im Grunde wollen wir alle nur, dass dieser so schmerzhafte Zustand irgendwie ein Ende findet.

Liebe Grüße
Tine
tommi
Beiträge: 1008
Registriert: 22. Sep 2004, 17:38

Re: Zerreißprobe für weitere Freundschaften

Beitrag von tommi »

Liebe Inah,

die Gelassenheit habe ich gelehrnt.
Als die Diagnose feststand und ich viel über Depressionen gelesen und gehört habe, fielen mir viele Streitgespräche ein, die mit diesem Wissen weniger eskaliert wären.
Ich denke, dass die Erfahrungen hier eine große Rolle gespielt haben, diese Gelassenheit zu leben, auch wenn es nicht immer gelingt.
Aber das wichtigste sind(ich wiederhole mich ständig, werde aber darum nicht müde)die vielen Gespräche, die wir geführt haben. Sie zeigen mir, dass ich geliebt werde, auch wenn es in Kriesensituationen nicht so aussieht. Deshalb kann ich gelassen sein.

Ich wünsche dir, dass du deine Angst gegen Gelassenheit tauschen kannst.
Gruß
Tom
Birgit49
Beiträge: 452
Registriert: 22. Jun 2005, 17:19

Re: Zerreißprobe für weitere Freundschaften

Beitrag von Birgit49 »

Hallo Angehörige,

ja, Gelassenheit im Umgang mit depressiv und anderen psychisch Erkrankten kann man lernen, wenn es oft im ersten und auch zweiten Moment schwer fällt.

Ich selber bin depressiv erkrankt und war 2001/2002 zum ersten Mal für 3 Monate auf der Akutstation einer Psychiatrie. Wie man sich denken kann, hatte ich in dieser Zeit Mitpatienten mit den verschiedensten Syptomen der Depression, Manie und Psychose. Manche Mitpatienten waren wirklich schwer zu "erleben", da sie Verhalten an den Tag legten, die kaum zu tolerieren waren und unter denen die ganze Station "litt". Als ich mich einmal im Rahmen einer Gesprächsrunde darüber beklagte, dass die ganze Station unter einer Mitpatientin litt, erhielt ich folgende Antwort:

das gehört zum Krankheitsbild und ändert sich wieder

und die Ärztin hatte recht.

Seit diesem Zeitpunkt läßt mich dieser Satz gelassen mit den vielen Symptomen der Erkrankungen umgehen, jedenfalls bei anderen.

Und ich hatte viel Gelegenheit dieses festzustellen und zwar während 12 1/2 Monaten Tagesklinik und noch einmal während fast 6 Monaten Aufenthaltes auf "meiner" Akutstation in der Psychiatrie.

Ich wünsche Euch allen einen ganz großen Schuß Gelassenheit im Umgang mit der Erkrankung Depression.

Birgit
Die Fähigkeit das Wort “Nein“ auszusprechen, ist der erste Schritt zur Freiheit.
(Nicolas Sebastién Chamfort)
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