Kapitän meines Lebens ?! (Teil 2)

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Muriel
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Kapitän meines Lebens ?! (Teil 2)

Beitrag von Muriel »

Freundschaft bedeutet:

Brücken zu bauen,

anstatt Mauern zu errichten.

(Autor unbekannt)





Ich eröffne hiermit feierlich den zweiten Teil des Threads:

Wie werde ich der Kapitän meines Lebens ?

Wer mag das Banderl an der Tür durchschneiden, grins ?


Jetzt müssen meine Hunde ganz dringend Gassi, sonst platzt ihnen das Bläsle !

Ich werde später am Abend nochmal reinsehen.


Einen lieben Gruss an alle

Muriel



..
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sieht sich von zwei Seiten,

und steht somit in der Mitte.
tomroerich
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Re: Kapitän meines Lebens ?! (Teil 2)

Beitrag von tomroerich »

Darf ich das Banderl zerschneiden, Muriel? *bettel* Oh danke!!

Der Link zu Teil1:

http://www.kompetenznetz-depression.de/ ... 1062686863
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tomroerich
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Re: Kapitän meines Lebens ?! (Teil 2)

Beitrag von tomroerich »

Hallo Muriel,

also Kontrolle:
Da muss ich etwas ausholen. Was für ein Bild haben wir von dem/derjenigen, den/die wir in uns selbst mit "Ich" anreden? Wer ist gemeint, wenn man uns beim Namen ruft? Immerhin ist es ja so, dass wir gar kein einheitliches Ich unser eigen nennen können weil wir permanent unsere Ichs wechseln. Mal sind wir gut, dann wieder schlecht gelaunt. Heute nimmt sich Ich/1 vor, morgen das Rauchen aufzugeben und am nächsten Tag entscheidet Ich/2 etwas anderes. Oder wir sind bester Dinge und ein blöder Autofahrer ruft unser Ärger-Ich auf den Plan und schon sind wir jemand anderes. Ein liebeshungriges Ich mag sich für eine Nacht hingeben und alle anderen Ichs dürfen dann den Rest des Lebens die Konsequenzen tragen. So geht das ständig mit uns- wir reagieren permanent auf äußere Reize und die bestimmen dann, was wir tun und wie wir uns fühlen.
Kann man unter diesen Umständen überhaupt davon sprechen, dass wir ein bewusstes und von uns selbst geführtes Leben führen? Oder ist es eher so, dass unsere Leben in erschreckend hohem Maß von zufälligen, äußeren Einflüssen abhängt? Welche Art Identität haben wir denn, wenn unsere Ichs wechseln wie Wolken am Himmel?

In östlichen Lehren findet man oft ein Bild, das den Menschen mit einem Haus vergleicht, in dem viele Diener ohne Anleitung herumrennen. Mal schwingt sich der eine, dann wieder der andere Diener zum Chef auf und bestimmt, wo es lang geht und natürlich kann das Ergebnis nur Chaos sein. Oder nimm ein Schiff, auf dem die Mannschaft herumrennt und niemand weiß, wohin die Reise gehen soll, weil der Kapitän fehlt.

So sieht unser Leben in Wirklichkeit aus. Unser größter Irrtum ist die Einbildung, so etwas wie eine Identität, ein einheitliches Ich zu besitzen. Aber das will niemand hören, weil es eine ungeheure Beleidigung ist. Dabei sehnt sich jeder nach einer solchen Identität und Menschen stellen das verrückteste Zeug an, um eine zu bekommen. Sie wollen Höchstleistungen vollbringen oder sie ziehen sich ausgefallen an, immer in der Annahme, das würde ihnen eine Identität geben.

Dein thread beginnt u.a. mit der Aussage:

Du kannst fast alles in deinem Leben ändern,
wenn du es wirklich willst und dich dafür engagierst.

Gut, aber WIE will man denn und WAS will man denn? Heute will es in mir dies und morgen will es in mir was anderes. Aber ICH kann nichts wollen, weil es nicht existiert. Das ist das Problem mit uns. Der Kapitän ist nicht da, er muss erst gebildet werden, aber welches der vielen Ichs wäre fähig, Kapitän zu sein? Das freundliche oder das entschlossene Ich? Das einfühlsame oder das traurige? Das geizige oder sportliche Ich?
Keines dieser Ichs kann Kapitän sein.

Den Kapitän können wir nur so in uns bilden, indem wir unseren Gedanken und Gefühlen nicht länger erlauben, nach Belieben Kontrolle über uns auszuüben. Wir müssen uns selbst von außen anschauen lernen und sehen, was da alles ist. Wir müssen die Mannschaft kennenlernen und aufhören zu glauben, dass wir die Mannschaft selbst sind. Klingt verrückt, oder? Wir HABEN Gefühle, aber wir sind es nicht und wir HABEN Gedanken und sind es nicht.
Wenn wir den Kapitän in uns gebildet haben, dann wissen wir, dass wir eine Mannschaft in uns haben und die muss uns dienen denn dazu ist sie auch da. Mit ihrer Hilfe treten wir die Reise an und jetzt erst kann man etwas "wollen".

Das meinte ich mit Kontrolle.

Bin gespannt, wie das hier ankommt...

Thomas
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Captain Kirk
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Re: Kapitän meines Lebens ?! (Teil 2)

Beitrag von Captain Kirk »

Eine Folge der massiv externalen Perspektive ist leider, dass nur sehr schwer ein Prozess der Klärung eigener Schemata, Motive, Überzeugungen in Gang kommt. Die Energie ist im Außen.
Ich darf nocheinmal Epiktet zitieren: "Was ist bei mir, was ist nicht bei mir. Was ist drinnen, was ist draußen".
Erst wenn man in der Lage ist, eine internale Persepktive einzunehmen -also in der Lage ist eigene Zustände, Affekte, Emotionen, Gedanken usw. wahrzunehmen, zu beachten und nötigenfalls zu verändern, erst dann ist man frei. Denn das ist das Werkzeug mit dem man sich in der Welt bewegen kann. - Und man ist sogar frei genug, eventuell auch im Außen etwas bewirken zu können. Alles andere ist so, als ob man mit dem kaputten Eimer immer wieder Wasser schöpft und darüber verzweifelt oder depressiv wird, dass nichts im Eimer bleibt.Und dann noch dem Wasser die Schuld dafür gibt. Erst das Loch stopfen, dann Wasser schöpfen.

Gruß
c.
tomroerich
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Re: Kapitän meines Lebens ?! (Teil 2)

Beitrag von tomroerich »

Aber das sag ich doch, Captain! Fiel mir schon auf, dass deine Zitate von Epiktet sich sehr gut mit dem decken, was ich ausdrücken will. Im übrigen ist das uraltes Wissen- Epiktet hatte es und andere.

Gruß

Thomas
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tomroerich
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Re: Kapitän meines Lebens ?! (Teil 2)

Beitrag von tomroerich »

Noch mal ich, Captain,

wo kann man Epiktet nachlesen, wie heißt das Werk, aus dem du zitierst? Ich hoffe doch, das gibts nicht nur in Original-Griechisch?
Trennt er Innen und Außen so, als gäbe es Innen und Außen wirklich oder ist auch für ihn das Außen maßgeblich durch die Eigenschaften des Innen bestimmt?

Meine Darstellung ist sehr von einem Mann mit Namen Gurdijef geprägt. Hast du je von ihm gehört? Seine Begründung dafür, warum wir unsere Energien im Außen lassen, ist sehr interessant:
Er sagt, dass wir zwar glauben, bewusste Wesen zu sein, es aber nicht im eigentlichen Sinne sind, weil wir bei allen unseren Wahrnehmungen uns selbst vergessen. Wenn wir z.B. etwas anschauen, dann ist unsere Aufmerksamkeit NUR bei dem, was wir anschauen aber wir nehmen uns selbst nicht wahr als derjenige, der etwas anschaut, unsere Aufmerksamkeit ist nicht bei uns und den Prozessen, die in uns ablaufen.
Ein Mensch, der wirklich bewusst etwas anschaut, teilt seine Aufmerksamkeit auf das Objekt und sich selbst auf und lernt so in jedem Augenblick der Wahrnehmung auch etwas über sich selbst. Er sieht sich selbst als "Anschauender", er spürt seinen Körper, seinen Atem, seine Gedanken, seine Gefühle und lernt so im Laufe der Zeit, wie er selbst funktioniert und wie alles zusammenhängt. Versuch mal, dir das bewusst zu machen und deine Aufmerksamkeit zu teilen- es ist bermerkenswert, wie genau diese Beschreibung von G. stimmt, aber auch wie schwer es ist, mit sich selbst in Kontakt zu bleiben. Es gelingt immer nur kurz.
Dies sei, so G., Wachheit- der Zustand in dem wir leben, sei dem Schlaf sehr ähnlich.

Jetzt Glotze und Chips!

Thomas
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Muriel
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Re: Kapitän meines Lebens ?! (Teil 2)

Beitrag von Muriel »

In der Einsamkeit hörst Du die Stimmen der Selbsterkenntnis und der Sehnsucht.

(Tibetanisches Sprichwort)





Hallo Christabelle,


hm, wir könnten uns jetzt noch x - mal unsere Zitate hin und her schicken.
Ich weiss was ich meinte, als ich es schrieb und du weisst, was du in meinem Posting gelesen hast.
Damit wären wir beim grossen Thema Kommunikation, beim Sender - und Empfänger - Problem.
Auf einen Nenner kommen wir wohl trotzdem nicht.

Ich möchte es an dieser Stelle gut sein lassen und respektiere deine Meinung, auch wenn ich sie nicht teile.
Wir sind eben einfach unterschiedlicher Meinung und ich kann gut damit leben und du sicher auch.


In diesem Sinne einen herzlichen Gruss

Muriel



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tomroerich
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Re: Kapitän meines Lebens ?! (Teil 2)

Beitrag von tomroerich »

Uff, Christabelle,

das ist mir zu anstrengend mit dir. Du verdrehst und vermutest Dinge, du verstehst ständig etwas anderes als ich meinte und du lässt dich auch nicht auf Gedankengänge ein, die dir fremd sind. Aber ob das was mit Code zu tun hat? Ich weiß nicht, ich glaube eher, du willst einfach nicht, weil deine Meinung ohnehin unverrückbar feststeht. Also das ist einfach so uneffektiv, dass ich das nun lieber aufgebe. Macht ja nichts, hat mir trotzdem geholfen, meine Gedanken aufzuschreiben.

Gruß von

Thomas
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Muriel
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Re: Kapitän meines Lebens ?! (Teil 2)

Beitrag von Muriel »

Wasser ist gleichzeitig geordnet und flexibel.

Es behält seine Identität, doch es passt sich den Umständen um sich herum an.

(Japanische Weisheit)





Hallo Thomas,


ich komm' bei all' den Postings gar nicht mehr hinterher, hecheljaps.

Hm, mein Ich existiert nicht ?
Und mein Leben ist eine wahllose Aneinanderreihung von Zufällen ?
Also mir drängt sich bei den vielen Ichs irgendwie der Gedanke an ein heilloses Durcheinander auf.

Vielleicht schreibe ich hier einfach mal auf, was mir geholfen hat, mit meinen Missbrauchserfahrungen in der Kindheit klar zu kommen.
Mir hat am meisten dieses Ohnmachtsgefühl, die Machtlosigkeit, gepaart mit Hilflosigkeit und Ausgeliefertsein zu schaffen gemacht.
Ich beschäftige mich schon ziemlich lange mit spirituellen Themen aller Art und eines Tages stiess ich dann auf eine Erzählung, die mir weiterhalf.
Und seitdem habe ich mir dazu mein eigenes Bild geschaffen.

Ich gehe davon aus, dass ich vor meiner Geburt in diesem Körper eine Art Vertrag mit dem "Täter" gemacht habe .... auf der Basis von Lernen wollen.
Ich wollte lernen, was Gefühle sind, wie sie entstehen, wie sie sich anfühlen.
In der Welt vor meiner Geburt sind nämlich alle Erfahrungen neutral und ich hatte spielerisches Interesse daran, einmal ein Leben auszuprobieren.
Und so ver - rückt sich das jetzt auch anhören mag, durch dieses Bild bekam ich meine "Macht" zurück .... ich hörte auf, mich so ausgeliefert und hilflos zu fühlen.
Denn das, was ich erlebt hatte, war eine Erfahrung, die ich mir selbst ausgesucht hatte um daraus zu lernen.
Klingt unglaublich, ich weiss, aber mir hat es geholfen.

Insofern glaube ich nicht an Zufälle, eher schon an mir zu fallendes und ich glaube auch nicht an Schicksal.
Ich glaube, ich bin die Schöpferin meiner Realität.
Und ich kann mich nicht mit dem Bild der vielen Ichs anfreunden, die chaosartig in mir herumwuseln sollen, grins .

Allerdings bekomme ich jetzt auch keinen klaren Gedanken mehr zu fassen, ich bin müde .... diskutieren wir morgen weiter, ja ?

Sei mir herzlich gegrüsst

Muriel


P.S.: Jetzt habe ich doch glatt vergessen, mich bei dir für die zwei Links zu bedanken.
Hab' vielen Dank dafür.
Ich hoffe, dir hat das Banderl durchschneiden Spass gemacht .... hast du dir auch verdient für's Links setzen.
Haste übrigens alles ganz wunderbar gemacht.



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_Mary
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Re: Kapitän meines Lebens ?! (Teil 2)

Beitrag von _Mary »

Hallo Thomas,

"Versuch mal, dir das bewusst zu machen und deine Aufmerksamkeit zu teilen"
"wie schwer es ist, mit sich selbst in Kontakt zu bleiben"

Muss das denn ständig gleichzeitig stattfinden? Es gibt ja auch noch die Möglichkeit der Reflektion, für die man sich dann allerdings bewußt die Zeit nehmen müsste.

Mary
_Mary
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Re: Kapitän meines Lebens ?! (Teil 2)

Beitrag von _Mary »

Liebe Muriel,

Schön, dass Du wieder hier bist und dass es Dir etwas besser geht.

"Wir, die wir etwas verändern wollen, kommen aus tausend verschiedenen Richtungen und schaffen es nicht, uns einig zu werden und an einem Strang zu ziehen, obwohl unser aller Ziel dasselbe ist.
Die "Bösen" haben den Vorteil, dass sie sich immer einig sind und an einem Strang ziehen.
Deshalb sind sie immer die Stärkeren."

Ich setze mal diesen Spruch dagegen:
„Wenn viele kleine Leute viele kleine Dinge tun, können sie das Gesicht der Welt verändern!“

Es ist nicht so wichtig, ob die „Bösen“ ihre Vorteile haben und die Stärkeren sind.

Wichtig ist allein, was ich selber tue.
In meinem persönlichen Umfeld gibt es schon so viele Dinge zu beackern, dass ich ein Leben lang damit beschäftigt sein werde.
Was soll ich mir da noch Gedanken über Dinge machen, an denen ich sowieso nichts ändern kann? (kann es zwar nicht lassen, es trotzdem immer wieder zu tun, , aber viel bringt das im Grunde nicht)

„Wie soll sich jemals etwas verändern, in der Welt da draussen, wenn wir es nicht einmal hier schaffen, etwas zu verändern ?“

Die Aggressoren hier im Forum sind offensichtlich nicht in der Lage, zu realisieren, wie sie sich benehmen. Aber sie bieten doch andereseits ungewollt auch ein schönes Beispiel für die besprochenen Themen Projektion des eigenen Handelns, Opferrolle..., typische Deprimuster! Unterschätz mal nicht die positive Wirkung, die solche Auseinandersetzungen haben, sie bringen nur nicht das, was wir uns erhoffen

Liebe Grüße
Mary
Captain Kirk
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Re: Kapitän meines Lebens ?! (Teil 2)

Beitrag von Captain Kirk »

Hallo Thomas,
ja mir ist auch schon aufgefallen, dass sich die Inhalte unserer Postings ähneln. Mit unterschiedlichen Worten. Das finde ich sehr bereichernd. Und eigentlich ist es ja auch der Inhalt der kognitiven -oder aller?- Therapien.
Wie das Büchlein von Epiktet heißt? ... Ich weiß es nicht mehr. Ich glaube es gibt nur eins. Das Handbuch des Epiktet. Ein encheiridion, aber so heißt es glaube ich nicht.
Ich glaube es war auf Deutsch als ich es einst las

Gruß
c.
Captain Kirk
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Re: Kapitän meines Lebens ?! (Teil 2)

Beitrag von Captain Kirk »

Thomas ich nochmal, manchmal ist es verwunderlich. Ich klagte und jammerte, dass ich eigentlich einen Philosophen als Therapeuten bräuchte. Und Philosophie als Therapie. Und habe es doch schon selber längst in der Hand gehalten.
Grade habe ich für Dich im www nach dem Titel gesucht und dabei eine der so oft gerühmten Türen aufgemacht. Das ist schon seltsam manchmal

http://www.uni-rostock.de/fakult/philfa ... iktet.html

c.
tomroerich
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Re: Kapitän meines Lebens ?! (Teil 2)

Beitrag von tomroerich »

Liebe Muriel,

ich gebe es gerne zu, dass diese Ideen schwierig zu verstehen sind und unseren eigenen Eindrücken von uns selbst zu widersprechen scheinen. Ich selbst habe 20 Jahre gebraucht, um zu verstehen, warum sie so wichtig sind und zu erkennen, dass sie stimmen (zumindestens für mich). Und wir müssen dabei immer mit Begriffen operieren wie "Ich", "Zufall", "Schicksal" die es sehr schwer machen, auf eine Linie zu kommen, weil jeder eine andere Vorstellung davon zu haben scheint. Nimm das Wort "Schicksal" von dem du sagst, dass du nicht daran glaubst. In meiner Vorstellung ist "Schöpferin meiner eigenen Realität" eng mit dem Schicksalsbegriff verbunden. Du hast einen Lernvertrag abgeschlossen, sagst du. Und das, was du lernst, wird dein zukünftiges Sein beeinflussen, ist das richtig? Nun, das nenne ich Schicksal.

Oder nimm den Zufall. Man muss genau unterscheiden, wenn man davon redet. Dinge, die um uns herum geschehen, folgen ihren eigenen Gesetzen, die nicht zufällig sind sondern eben Gesetze. Aber sie haben nichts direkt mit uns zu tun. In Bezug auf uns sind sie Zufall und wenn man sagen könnte, dass das Geschehen um uns herum uns wahrnimmt, dann wären auch wir ein Zufall für diese Geschehnisse. Die Wechselwirkungen zwischen diesen Welten haben in der Regel keine ursächlichen Zusammenhänge- das wird erst dann so sein, wenn wir selbst Ursache für unsere Leben geworden sind; die Menschen, die in einem verunglückten Bus ums Leben kommen, teilen nicht ein gemeinsames Schicksal als Verursacher des Unglücks. Deshalb leben wir unter dem Gesetz des Zufalls. Das ist uns natürlich unangenehm, denn wir möchten gerne, dass alles in unserem Leben einen bestimmten Sinn hat und deshalb glauben so viele Menschen nicht an Zufälle auch wenn sie nicht erklären können, wo die Zusammenhänge bestehen. Aber ich sagte ja schon, dass man den Gesetzen des Zufalls entkommen kann, wenn man Kapitän wird und dadurch sein eigenes Gesetz. Aber es ist eben eine Entwicklung dazu nötig. Der Zufall selbst sorgt für diese Entwicklung weil er Ursache für unser Leiden ist. Wir müssen ständig durch Dinge hindurch, die nichts mit uns zu tun haben- das verursacht unser Leiden und zwingt uns dazu, einen Weg jenseits des Leidens zu suchen. Und den finden wir nur, wenn wir unser wahres, einheitliches Ich entwickeln.

Ich kann gut nachvollziehen, dass deine sehr belastenden Kindheitserlebnisse vor allem anderen einen Ausweg aus der erstickenden Hilflosigkeit, dem "Ich-Existiere-Nicht" verlangt. Und der Gedanke, dass du selbst es so wolltest, gibt dir deine Autonomie zurück. Es kommt auch nicht darauf an, ob das mit dem Vertrag nun "wirklich" geschehen ist sondern nur darauf, dass dein autonomes Selbst so stark ist, diesen Ausweg zu ersinnen, dadurch geschieht es "wirklich". Denn wir brauchen ja auch Futter für unser nie rastendes Denken, das alles erklären will und ich habe ebenso meine Erklärungen für das, was mit mir geschah. Ob sie stimmen, das wird sich niemals zweifelsfrei feststellen lassen- wichtig ist nur, dass dadurch die Dinge für mich "in Ordnung" kommen und ich meinen Platz finden kann.

Hmm, man müsste vielleicht auch mal tun für sein Geld. Wie gut, dass ich mein eigener Chef bin- ich habe mit ihm einen Vertrag geschlossen, dass ich während der Arbeitszeit im Forum schreiben darf. Der Gute... hi hi.

Schönen Tag wünsche ich dir!

Thomas
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tomroerich
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Re: Kapitän meines Lebens ?! (Teil 2)

Beitrag von tomroerich »

Hallo Mary,

ich denke, jede Art von "Innenschau" und der Beschäftigung mit sich selbst ist immer ein Gewinn, wenn sie nur ehrlich und ohne Vorbehalte gegen das Unangenehme geschieht. Aber es geschieht ja im Nachhinein und in verarbeitender Weise, also nicht unmittelbar.

Was ich da beschrieben habe, verfolgt aber auch andere Zwecke. Das "Sich-im-Augenblick-erleben" eröffnet dir einen Weg, das Funktionieren deiner eigenen "Maschine" zu erleben- wie entstehen Gefühle, wann entstehen Gefühle, mit welchen Körperempfindungen sind sie verbunden, wie hängen Gedanken und Gefühle zusammen etc.etc. Ich persönlich glaube, dass dem eine immense Bedeutung zukommt und wirklich neu ist es auch nicht. Das "Sich-selbst-wahrnehmen" ist ein alter Hut und wird in allen möglichen Übungen, z.B. Muskelentspannung nach Jacobsen u.ä. angewendet. Neu mag nur der Gedanke sein, das zum Lebensprinzip zu erheben aber mir jedenfalls leuchtet es sehr ein. Gerade in Zeiten, in denen die äußeren Reize ein unerträgliches Maß erreichen und die Menschen wie hypnotisiert davon sind, wäre eine bewusste Wahrnehmung dessen, was da mit einem geschieht, sehr wichtig.

Herzliche Grüße von

Thomas
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_Mary
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Re: Kapitän meines Lebens ?! (Teil 2)

Beitrag von _Mary »

Hallo captain, ich habe mir gerade mal die Seite angeschaut und bin echt verblüfft. So viele Themen, mit denen wir uns mühsam im Forum auseinander setzen und Epiktet hat sie vor langer Zeit schon aufgeschrieben. Diese Seite ist wirklich eine Bereicherung.
Mary
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Re: Kapitän meines Lebens ?! (Teil 2)

Beitrag von tomroerich »

Hallo Mary,

ich wollte noch etwas ergänzen, was mit der Selbstbeobachtung zusammenhängt und das eine ganz praktische Bedeutung hat:

Eine Art, die Depr. zu verstehen oder zu sehen ist, sie als Zusammenbruch persönlicher Energie anzuschauen. Ich habe an mir selbst immer wieder festgestellt, dass es negative Gefühle sind, die diese Energien auffressen. Jedenfalls- seitdem ich sehr bewusst darauf achte, negative Gefühle zu vermeiden, habe ich sehr viel Energie dazugewonnen. Ich meine Gefühle wie Ärger, Verletztheit, Beleidigtsein, Hass,Angst, Neid, Geiz- alle die Gefühle von denen wir sagen, sie nagen an uns.

Man darf sich keinesfalls damit abfinden, dass man solche Gefühle hat und annehmen, dass sie ohnehin unvermeidbar sind. Das ist gerade die Sklaverei, gegen die ich mich wehre. Es ist vielleicht nicht offensichtlich und klar, dass diese Gefühle Unmengen von Energie verschlingen aber das liegt daran, dass wir den Zusammenhang nicht erkennen. Ein heftiger Ärger z.B. kann einem den ganzen Tag versauen, oder? Wenn einem schon morgens einer blöd kommt, dann kann das passieren. Aber möglicherweise vergessen wir ja im Laufe des Tages den Anlass und merken nur noch, dass uns die Energie abhanden gekommen ist.

Ich habe für mich entschieden, dass ich diese Gefühle nicht haben will weil sie keinerlei Nutzen haben sondern nur Schaden anrichten und ich kontrolliere mich darauf, ob ich mich zu ärgern beginne und wende mich dann mit einer bewussten Anstrengung dagegen. Dazu ist es notwendig, sich zu beobachten und das entstehende Gefühl schon in der Entstehung abzufangen denn ist es erst einmal da, überschwemmt es mich sehr schnell (vielleicht werden da ja Stoffe gebildet, die nicht mehr sofort abbaubar sind?). Ich will wirklich nicht behaupten, dass dies immer gelingt und auch nicht mit allen negativen Gefühlen aber allein die Entscheidung gegen diese Gefühle ist ein Schritt vorwärts und ich kann sehr klar sagen, dass dies eines der wichtigsten Entdeckungen für mich war. Viel zu oft suchen wir verzweifelt nach Lösungsansätzen, um ungute Gefühle auf einer sehr tiefen und kausalen Ebene zu analysieren, wo eine ganz praktische Entscheidung vielleicht viel weiter helfen würde.
Sicher kommt jetzt der Einwand 'Dann unterdrücke ich diese Gefühle ja' aber es ist keine Unterdrückung sondern ein sehr bewusstes "Ich-will-das-nicht" .

Feierabendlicher Gruß

Thomas
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_Mary
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Re: Kapitän meines Lebens ?! (Teil 2)

Beitrag von _Mary »

Hallo Thomas,
Ich wollte Dir gerade etwas schicken, da hab ich gesehen, dass Du mir geschrieben hast.
Das schicke ich trotzdem mal vorweg ab, bevor ich auf Dein Schreiben eingehe.

Ich habe mir gerade noch mal in Ruhe durchgelesen, was gestern im Käptain - Thread geschrieben wurde.

Da stand:
„Ein bisschen mehr Sonne wünscht dir“.

Irgendetwas in mir tat weh und ich jetzt weiß ich, warum ich auf so ein Verhalten so anspringe.
Jemand, den ich sehr gern habe und der sehr viel Unterstützung von mir bekommen hat, hat sich nicht mehr bei mir gemeldet, nachdem ich ihr Grenzen gesetzt hatte, weil ich selber damit überfordert war. Von anderer Seite bekam ich damals mit, dass sie alles möglich zum Anlass genommen hat, um mich bei anderen schlecht zu machen.
Wir sind jahrelang sehr distanziert miteinander umgegangen, doch auf einmal stand sie vor einigen Wochen vor meiner Tür. Ich habe mich über ihren Besuch gefreut, aber gemerkt, dass irgendetwas in mir blockierte.
Jetzt weiß ich, was es ist und kann es dahin packen, wo es hingehört: in die Vergangenheit. Es wird zwar noch ein wenig wirken, aber es hat seine Macht verloren.

Danke
Mary
_Mary
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Re: Kapitän meines Lebens ?! (Teil 2)

Beitrag von _Mary »

Fortsetzung:

Mein Einwand ist, dass ich das sehr lange praktiziert habe mit der negativen Folge, dass ich mein gesundes Gespür für meine Gefühle verloren habe.

Gefühle sind aus meiner Sicht naturgegeben und erfühlen ihren Zweck, sowohl die positiv empfundenen Gefühle als auch die negativ empfunden Gefühle. Alle Gefühle sind natürlich, sie dienen uns als Orientierungshilfe.
Seid ich meine Gefühle wieder spüre (gerade auch die negativ empfundenen), spüre ich mich endlich wieder selber, merke, wie die innere Ruhe und Gelassenheit zurückkommt.(klingt z.Z. unglaubwürdig, ist aber so )

Deshalb habe ich mich entschieden, dass ich diese Gefühle haben will, was ich nicht mehr haben will, sind meine Aktionen, die aufgrund dessen hier veranstalte.

Natürlich gebe ich Dir recht, es macht schon viel Sinn, vor Inbetriebnahme des Mundwerks bzw. der Tastatur das Gehirn einzuschalten
Aber in diesem Fall hat es mich so aufgewühlt, dass ich mich nicht mehr bremsen konnte.
Und dann hättest Du nicht dazu geschrieben „Ein bisschen mehr Sonne wünscht dir“....
...ich muss noch mir das erst Mal in Ruhe selber durch den Kopf gehen lassen.

Ich wünsch Dir auch einen Schönen Feierabend
Mary
nimmermehr
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Re: Kapitän meines Lebens ?! (Teil 2)

Beitrag von nimmermehr »

Same to you, Thomas.

Gruß
Christabelle
Muriel
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Re: Kapitän meines Lebens ?! (Teil 2)

Beitrag von Muriel »

Manchmal vermag uns ein durch den Asphalt brechender Löwenzahn

die tägliche Frage nach dem Sinn des Lebens

eindrücklicher und überzeugender zu beantworten,

als eine ganze Bibliothek philosophischer Schriften.

(Unbekannt)





Liebe Mary,


hm, sieht ganz danach aus, als habe ich dem Posting, aus dem du zitierst einen äusserst depressiven Anstrich verpasst.
Da habe ich wohl meinem Weltschmerz zu sehr gefrönt, grins.


°°„Wenn viele kleine Leute viele kleine Dinge tun, können sie das Gesicht der Welt verändern!“
Es ist nicht so wichtig, ob die „Bösen“ ihre Vorteile haben und die Stärkeren sind.
Wichtig ist allein, was ich selber tue.
In meinem persönlichen Umfeld gibt es schon so viele Dinge zu beackern, dass ich ein Leben lang damit beschäftigt sein werde.
Was soll ich mir da noch Gedanken über Dinge machen, an denen ich sowieso nichts ändern kann? (kann es zwar nicht lassen, es trotzdem immer wieder zu tun, , aber viel bringt das im Grunde nicht)
Die Aggressoren hier im Forum sind offensichtlich nicht in der Lage, zu realisieren, wie sie sich benehmen. Aber sie bieten doch andereseits ungewollt auch ein schönes Beispiel für die besprochenen Themen Projektion des eigenen Handelns, Opferrolle..., typische Deprimuster! Unterschätz mal nicht die positive Wirkung, die solche Auseinandersetzungen haben, sie bringen nur nicht das, was wir uns erhoffen.°°


Wo soll ich unterschreiben ?

Tut mir echt leid, dass es durch die extrem depressive Färbung zu Missverständnissen kam.
Ich habe mein Posting nicht als so negativ empfunden.
Ein Sorry auch noch an Christabelle.


Einen lieben Gruss

Muriel



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Muriel
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Re: Kapitän meines Lebens ?! (Teil 2)

Beitrag von Muriel »

Wegweiser können eine Straße in ein Labyrinth verwandeln.

(Stanislaw Jerzy Lec)





Lieber Thomas,


dann will ich einmal probieren meine Antwort zu formulieren. °ärmelhochkrempel°

°°Du hast einen Lernvertrag abgeschlossen, sagst du. Und das, was du lernst, wird dein zukünftiges Sein beeinflussen, ist das richtig? Nun, das nenne ich Schicksal.°°

Schicksal ist für mich das, was die meisten Menschen mit dem Satz: "Es ist halt Schicksal." ausdrücken wollen.
Also etwas, das ihnen widerfährt und wogegen sie machtlos sind.
Daran glaube ich nicht.

Für mich gibt es kein Schicksal, da ich jederzeit die Wahl habe.

Insofern, dass ich eine Art Lernvertrag abgeschlossen habe und das Erlernte mein weiteres Leben beeinflussen wird, gehe ich mit dir konform.

Zufälle sind Ereignisse und Begegnungen, die mir zu - fallen, weil ich diese Erfahrung machen wollte, um daraus zu lernen.
Menschen, die gemeinsam in einem Bus tödlich verunglücken, teilen nicht ein gemeinsames Schicksal als Verursacher des Unglücks, sondern sie teilen eine Erfahrung.
Und sie teilen diesen Schlusspunkt ihres Lebens.

Ich glaube, der Sinn des Lebens liegt im Leben selbst.
Und das Leben ist ein Spiel.
Vor meiner Geburt wusste ich das noch, ich habe mich dazu entschieden, dieses Leben zu durchleben, um Erfahrungen zu machen, um (spielerisch) zu lernen.
Vor diesem Bild wird mir auch klar, was mit dem Begriff: "Unerträgliche Leichtigkeit des Seins" gemeint ist.
Mein Sein könnte von Leichtigkeit geprägt sein .... aber ich mache es mir lieber schwer .... weil ich den Gedanken, all' das, was ich bisher erlebt habe, sei ein Spiel, nicht ertragen will oder kann.
Das mag daher kommen, dass für mich das Wort "Spielen" mittlerweile oft einen negativen Touch bekommen hat.

Ich kann mich aber jederzeit wieder auf die ursprüngliche Bedeutung von "Spielen" besinnen.
Das kindliche, neugierige, konzentrierte und begeisterungsweckende Spielen.
Das man so oft bei Kindern beobachten kann.

°°Wir müssen ständig durch Dinge hindurch, die nichts mit uns zu tun haben- das verursacht unser Leiden und zwingt uns dazu, einen Weg jenseits des Leidens zu suchen.°°

Das sehe ich eben anders.
Für mich hat alles, was mir widerfährt, sehr wohl etwas mit mir zu tun.
Ich begegne den Erfahrungen, die ich mir quasi vor meiner Geburt ausgesucht habe .... und wie ich damit umgehe, macht meine Entwicklung aus.
Und ich lerne mit jeder Erfahrung.
Ich sage oft zu mir selbst: du begegnest deinen Erfahrungen immer solange wieder, bist du die Lektion dahinter begriffen hast.
Und meine Erfahrungen haben das bestätigt.

Daraus ergibt sich dann fast schon von selbst: "Wahr ist, was ich glaube." .... denn: Realität und Wahrheit sind immer subjektiv.


Jetzt möchte ich anfangen, ein wenig näher auf die Schriften von Epiktet einzugehen.

°°Das eine steht in unserer Macht, das andere nicht. In unserer Macht stehen: Annehmen und Auffassen, Handeln, Wollen, Begehren und Ablehnen - alles, was wir selbst in Gang setzen und zu verantworten haben. Nicht in unserer Macht stehen: unser Körper, unser Besitz, unser gesellschaftliches Ansehen, unsere Stellung - kurz: alles, was wir selbst nicht in Gang setzen und zu verantworten haben.°°

Hm, wieso sollte ich keine "Macht" über diese Dinge haben ?
Liegt die Verantwortung letzten Endes nicht immer bei mir ?

Dazu fällt mir gerade noch etwas ein, das ich im Spiritualitäts - Thread gelesen habe.
Ben schrieb:

°°Kurz ein Gedanke aus dem "Vater unser" (bin kein Religionsfanatiker, aber Du weißt ja, prüfe alles, das Gute behalte)
"Dein Wille geschehe" - und wie leben wir? Da müßte es heissen "Mein Wille geschehe", oder?°°

Steht nicht irgendwo in der Bibel: "Und Gott schuf den Menschen nach seinem Abbild" ?
Oder bringe ich da jetzt etwas durcheinander ?
Worauf ich hinaus will, ist folgendes:
"Gott" ist kein Wesen ausserhalb von uns, sondern er ist in uns allen.
All - eins - sein .... jeder einzelne ein Tropfen im Meer des Universums.
Wir sind eins .... sowohl, als auch.
Insofern ist jeder von uns der Schöpfer seines Lebens und seiner Realität.
Deshalb bedeutet für mich: "Dein Wille geschehe" .... "Mein Wille geschehe".
In diesem Sinne gehe ich jetzt Backen.

Ich wünsch' dir auch noch einen schönen Tag

Muriel



..
Wer zugleich seinen Schatten und sein Licht wahrnimmt,

sieht sich von zwei Seiten,

und steht somit in der Mitte.
tomroerich
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Re: Kapitän meines Lebens ?! (Teil 2)

Beitrag von tomroerich »

Hallo Mary,

Teil 1 deines Postings an mich habe ich nicht recht verstanden. Welchen Zusammenhang gibt es zwischen meinem "Sonnenwunsch" und der Bekannten denn? Und du sagtest: "... warum ich auf so ein Verhalten so anspringe". Wessen Verhalten meintest du da?

Noch einmal zur Kontrolle der Gefühle: Ich habe meine Liste der "unguten Gefühle" bewusst so zusammengestellt, denn alle dort aufgezählten Gefühle haben gemeinsam, dass sie uns einengen, klein machen und an uns fressen und nagen. Sie sind keine Orientierungshilfe, sie zeigen uns aber, dass mit unseren Einstellungen etwas nicht stimmt. Nimm den Ärger, besonders den über uns selbst: Lohnt es sich, sich über einen verlorenen Euro zu ärgern, selbst über 1000 verlorene Euro? Sie sind weg und bleiben weg. Oft verhindert Ärger sogar, das Richtige zu tun und eine Situation zu verbessern, wir bleiben stecken im Ärger. Gleiches gilt für die anderen Gefühle- sie behindern uns und kosten unsere Energie. Nicht auf der Liste steht z.B. die Wut, sie ist eine Energie. Wir können nur in uns selbst herausfinden, was uns schadet und was uns nützt.

Große Einwände habe ich dagegen, dass ale Gefühle "natürlich" seien. Gehören sie zu deiner Natur und kennst du deine Natur? Können sie nicht auch sinnlose Wiederholungen alter Muster sein die dich immer wieder zwingen, das gleiche schlechte Gefühl zu haben weil eben immer der gleiche Reiz das auslöst? Nein, ich denke wir kommen nicht darum herum darüber zu entscheiden, welche Gefühle wir wollen und welche nicht, welche wirklich zu uns gehören und welche fremd sind, welche uns nützen und welche schaden.

Was ich sehr gut verstehe ist, dass du froh über jedes Gefühl bist nach einer Zeit der Eiseskälte. Auch für mich war Nichtfühlen das Schlimmste in meiner Krankheit. Und wenn mir damals jemand gesagt hätte 'Kontrolliere deine Gefühle' hätte ich wohl ähnlich geantwortet. Aber heute stehe ich eben ganz woanders und ein Teil der Veränderungen in meinem Leben besteht gerade darin, auf meine Gefühle zu achten und mir z.B. zu sagen "Ärgere dich doch nicht so". Das ist guter Umgang mit sich selbst, sich nicht einfach schlechte Gefühle machen zu lassen. Zu glauben, dass man jedes schlechte Gefühl einfach einzustecken hat, halte ich für ein Grundübel unserer Krankheit bzw. einen entscheidenden Faktor bei ihrer Entstehung.

Viele Grüße!

Thomas
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_Mary
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Re: Kapitän meines Lebens ?! (Teil 2)

Beitrag von _Mary »

Hallo Thomas

Mir war selber nicht klar, warum ich massiv emotional reagiere, wenn ich mitbekomme, dass andere schlechtgemacht werden,
- durch direkte Provokation, die genau in die Schwachstelle des anderen haut,
- durch Verdrehen von Worten zu einem völlig anderen Inhalt
- durch abwertende Postings bei jeder passenden Gelegenheit

Normalerweise interessiert es mich nicht besonders, wenn andere Kleinkrieg gegeneinander führen, deshalb hab ich selbst nicht verstanden, warum ich mich so unkontrolliert darauf reagiert habe.
Als ich Deinen Sonnegruß gelesen habe, ist mir bewusst geworden, dass ich nicht nur wütend, sondern auch traurig bin. Erst da konnte ich mich wieder daran erinnern, was damals vorgefallen ist.
Das hat mich ziemlich aufgewühlt und ich war so froh darüber, dass ich Dir spontan das Chaosschreiben geschickt habe."peinlich"

Es tut mir leid, ich versuche, dieses Spontane wieder in den Griff zu kriegen, bin mir allerdings nicht sicher, ob ich das so schnell schaffe

Auf Deine Schreiben gehe ich morgen ein, ich bin sehr unkonzentriert, weil doch mehr hinter dem Ganzen steckt, als mir gestern klar war.

Ich wünsch Dir noch einen schönen Abend
Mary
_Mary
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Re: Kapitän meines Lebens ?! (Teil 2)

Beitrag von _Mary »

Liebe Muriel,

im Moment krieg ich nichts Vernünftiges zustande, ich melde mich wieder.

Liebe Grüsse
Mary
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