Angst vor Abhängigkeit vom Therapeuten

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Sophia
Beiträge: 49
Registriert: 22. Mär 2005, 17:56

Angst vor Abhängigkeit vom Therapeuten

Beitrag von Sophia »

Ich bin seit ungefähr einem Monat in therapeutischer Behandlung wegen meinen Depressionen. Zuerst hatte ich mich gegen eine Therapie entschieden und wollte nur ein Medikament nehmen, aber mittlerweile habe ich gemerkt, dass das Medikament nicht ausreichend ist, und mein Psychiater hat mir auch sehr zu einer Therapie geraten. Ich habe auch eingesehen, dass ich, wenn ich meine Situation grundlegend ändern will, eine Therapie machen sollte, aber trotzdem habe ich irgendwie Angst davor. Ich befürchte, dass ich von meinem Psychiater „abhängig“ werden könnte, dass ich ohne Therapie nicht mehr klarkomme, es kommt mir so vor, als würde ich durch eine Therapie meine Selbständigkeit aufgeben. Außerdem habe ich auch Angst, ich könnte mich an meinen Therapeuten emotional zu stark zu binden, obwohl ich das nicht will. Eigentlich ist es das, wovor ich am meisten Angst habe, vor einer zu starken emotionalen Bindung zu meinem Therapeuten.
Zwar habe ich mich jetzt mehr oder weniger zu der Therapie entschlossen, aber ich glaube auch, dass es nicht viel bringen wird, wenn ich mich meinem Therapeuten aufgrund meiner Ängste nicht wirklich anvertraue.
Aber ich will auch nicht mit ihm darüber reden, es hört sich so lächerlich an. Ich habe zwar schon mal angedeutet, dass ich befürchte, dass ich, wenn ich eine Therapie mache, ohne Therapie nicht mehr allein klarkommen werde, aber ich habe mich nicht getraut, es wirklich auf den Punkt zu bringen und zu sagen, wovor ich wirklich Angst hab.

Kennt ihr diese Befürchtungen? Was soll ich denn tun? Ich will eigentlich nicht mit meinem Therapeuten darüber reden müssen.

Vielen Danke im Voraus,
Viele Grüße, Sophia
Sadness
Beiträge: 812
Registriert: 5. Apr 2003, 19:56

Re: Angst vor Abhängigkeit vom Therapeuten

Beitrag von Sadness »

Hallo Sophia,

diese Angst ist -das muss ich aus meiner Erfahrung sagen- berechtigt. ABER: Wenn Du das schon so weißt oder spürst im Vorfeld, ist es mit Sicherheit ein zentrales Thema bei Dir, sprich es gehört zu Deiner Problematik und gehört unbedingt in die Therapie. Die therapeutische Beziehung ist wirklich sehr, sehr wichtig, es ist quasi oft spiegelbildlich für Dein sonstiges Beziehungsverhalten oder zumindest ähnliche, frühere Situationen. Gibt es bei Dir Probleme mit Bindung, Beziehung, Nähe, Verlassenwerden etc? Du solltest das unbedingt offen ansprechen. Der Therapeut kann damit umgehen, für ihn ist das nichts Ungewöhnliches. Nur, dagegen machen kannst Du meiner Meinung nach eh nichts. Es wird sich so entwickeln, wie es "muss". Ich hatte ganz genau dieselben Ängste, von den ersten Stunden an, da ich sehr schnell merkte, wie wichtig diese Stunden und auch dieser Mensch für mich wurde. Ich habe das auch meiner Therapeutin gegenüber früh angesprochen, aber an meinen Gefühlen hat es nichts geändert. Bei mir hängt das alles sehr eng mit meiner Problematik zusammen. Da wiederholen sich Kindheitsängste und -muster. Das ist normal, schmerzhaft, aber normal. Und wie gesagt, wenn Du jetzt schon fühlst, "auf der Hut" sein zu müssen, ist das unbedingt beachtenswert! Setz Dich nicht unter Druck. Lass es auf Dich zukommen. Nimm die Zeit und den Menschen, der Dich ein Stück begleitet, als Geschenk und versuch es als "Spielwiese" zu sehen. Dort kannst Du alles (naja fast alles) ausprobieren, hinterfragen, reflektieren. Und Dein Therapeut kann umso besser auf Dich und Deine Probleme eingehen, je offener Du bist. Aber das braucht halt auch seine Zeit, bis so ein Vertrauen da ist, über bestimmte Dinge reden zu können. Du bist ja erst einen Monat bei ihm. Vielleicht versuchst Du mal, ein bisschen in Dir zu forschen, woher diese Angst kommt. Beobachte Dich mal ein bisschen dabei. Vielleicht bringt Dich das auch auf den ein oder anderen Punkt, den Du in der Therapie ansprechen kannst.

Also ich wünsch Dir alles Gute! Das wird schon!

Lieben Gruß
Sadness
Sophia
Beiträge: 49
Registriert: 22. Mär 2005, 17:56

Re: Angst vor Abhängigkeit vom Therapeuten

Beitrag von Sophia »

Hallo Sadness,

erst einmal vielen Dank für deine schnelle und ausführliche Antwort. Ich glaube, du hast nur zu Recht mit dem was du schreibst. Probleme mit Bindung und Nähe hab ich wohl, und vor allem das mit dem Spiegelbild für meine früheren Beziehungen kommt hin. Es war schon früher so, dass ich mich emotional sehr an andere Menschen gebunden hab, und genau deshalb hab ich ja jetzt so Angst, dass es wieder so sein wird.
Momentan ist es noch nicht so, dass ich von meinem Therapeuten „abhängig“ bin, zumindest rede ich mir das erfolgreich ein Nein, eigentlich wirklich nicht. Aber was mir jetzt schon auffällt, ist dass ich nach den Sitzungen zu oft an die Therapie denke. Nach ein paar Tagen lässt das zwar nach, aber trotzdem will ich nicht so oft daran denken müssen. Aber gegen Gedanken und Gefühle kann man wohl nichts machen…
Ich weiß zwar, dass es vernünftig wäre, mit meinem Therapeuten darüber zu reden, und deine Begründungen, warum ich es ansprechen sollte sind auch wirklich sehr einleuchtend, aber ich hab trotzdem irgendwie Angst davor. Ich befürchte, dass er meine könnte, ich sei in ihn verliebt, und dass ist ganz bestimmt nicht der Fall! Mit der zu starken emotionalen Bindung meine ich eher Vertrauen und das Gefühl des Verstanden- und Angenommenseins, und das hat ja nichts mit Liebe zu tun.

Naja, werd mir das Ganze noch mal durch den Kopf gehen lassen.
Danke noch mal für deine liebe Antwort und ich wünsch dir auch alles, alles Gute.

Liebe Grüße, Sophia
Sadness
Beiträge: 812
Registriert: 5. Apr 2003, 19:56

Re: Angst vor Abhängigkeit vom Therapeuten

Beitrag von Sadness »

Hallo Sophia,

Du kannst ihm das doch genauso erklären wie jetzt hier. Ich finde es abolut einleuchtend und dann wird ein "Profi" das auch tun. Glaub mir, er kennt diese Thematik sicher! Du bist nicht die einzige, die davor Angst hat. Und mit Verliebtheit muss das ja auch nicht direkt was zu tun haben. Ich bin ja bei einer Therapeutin und mir geht es da genauso.

Naja, denk mal drüber nach. Für die Therapie wäre es wirklich von Vorteil, wenn Du über solche Ängste sprichst!

Alles Gute!
Sadness
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