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15 Jahre Therapie

Verfasst: 15. Feb 2005, 07:59
von Ronja3009
Hallo ihr,
ich mache jetzt seit 15 Jahren ambulante Psychotherapie, zwischendurch habe ich 3 stationäre Kuraufenthalte mit Therapie hinter mich gebracht. Ich frage mich, ob mir überhaupt zu helfen ist. Ich weiß, ich kann es nur allein schaffen, Therapie kann höchstens eine Hilfe sein. Aber ich komme aus diesem Sumpf einfach nicht heraus. Ich befürchte, ich werde mein Leben lang darin stecken bleiben. Einmal habe ich es tatsächlich geschafft, dem Sumpf für 6 Jahre zu entfliehen. Aber dann kam der große Rückschlag, und der war um so heftiger. Wie soll man ein Leben leben mit Depressionen, selbstverletzendem, oft lebensgefährlichen Selbstverletzungen und Todessehnsucht? Das kann doch nicht der Sinn meines Daseins sein. Trotzdem ist es mein Lebensinhalt geworden, so paradox sich das auch anhören mag. Ich sollte andere Ziele finden, aber ich suche und suche, schon jahrelang, einen wirklichen Sinn kann ich nicht finden. Interesse habe ich an rein gar nichts, ein Kind wäre eine Aufgabe für mich, aber das bleibt mir versagt. Nebenbei gesagt, durch den unerfüllten Kinderwunsch bin ich auch wieder in diesen Sumpf hineingefallen. Mir geht es so schlecht, dass ich sogar FREIWILLIG in eine Psychiatrie gehen würde. Das habe ich IMMER strikt abgelehnt, ich habe meiner Therapeutin von Anfang an klar gesagt, da kriegen sie mich nur tot hin. Sie hat in den 15 Jahren am Anfang ein einziges Mal eingewiesen und danach nie mehr wieder, egal was passiert war. Und jetzt bin ich so weit, dass ich tatsächlich ganz FREIWILLIG dorthin gehen würde. Ich kann es nicht fassen. Leider steht meine Arbeit dagegen. Ich darf nicht fehlen, sonst droht mir evtl. eine Kündigung. Ich habe zwar einen Schwerbehindertenaus mit 60 %, bin also nur kündbar mit Zustimmung des Integrationsamtes, aber wenn der Arbeitgeber jemanden loswerden will, dann schafft er das auch. Das war schon immer und überall so. Also kann ich nicht in die Klinik gehen. Hinzu kommt, dass ich das ganze letzte Jahr krank war, zuerst wegen einer suizidalen Handlung, dann wegen Bänderriss, dann wegen Herzoperation, und schließlich wegen einer Psychokur. Da kann ich jetzt nicht schon wieder krank sein. Was soll ich nur tun? Es geht mir immer schlechter und ich fürchte, der große Knall ist nicht mehr weit entfernt. Ich würde so gern normal leben, schaffe es aber nicht. Und ich würde auch Hilfe annehmen, aber bisher war die Hilfe irgendwie nicht die richtige. Was soll ich nur tun?
Eine verzweifelte
Ronja

Re: 15 Jahre Therapie

Verfasst: 15. Feb 2005, 12:10
von Dendrit
Hallo Ronja!

Wir können uns fast die Hand geben. Besch... geht’s mir im Moment auch, weshalb ich nicht grad viel Trost geben kann.

Was ich jedoch nicht verstehe, wieso sollte Dir der Arbeitgeber kündigen können, wenn Du krankgeschrieben bist? Besonders mit dem Behindertenausweis? Du kannst vielleicht das I-Amt vorab in Kenntnis setzen, evtl. auch einen Anwalt fürs Arbeitsgericht. Na ja, sofern Du halt kräftemäßig kannst.

Wenn mir auch beim ersten Mal ein Arzt sagte, ich soll in die Psychiatrie gehen, so galt es dennoch als freiwillig. Dann ging ich durch einen Umstand dorthin und blieb gleich dort. Bei meinem letzten Aufenthalt wurde ich zwar eingewiesen, war aber auch ja noch freiwillig. Ich hatte dort aber auch Leute kennen gelernt, die „einfach so“ – also ohne Einweisung oder gerichtlichen Beschluss – vor der Tür standen. Gibt es bei der Psychiatrie in Deiner Nähe eine Krisen-Station? Sprich dort erst mal „vor“. Dann kann sicherlich auch für Dich eine passende Lösung gefunden werden.


LG, Manuela

Re: 15 Jahre Therapie

Verfasst: 17. Feb 2005, 07:52
von Ronja3009
Hallo Manuela,
schön, dass du mir geantwortet hast. Ich habe schon überlegt, freiwillig in die nächste Psychiatrie zu gehen zur Krisenintervention. Aber aus Erfahrung weiß ich, dass mir das nicht hilft. Im Gegenteil, der Impuls, mir etwas anzutun, wird dort immer schlimmer. Therapie wird dort nicht gemacht, man versucht halt nur, die Krise zu überwinden. Aber ich stecke in einer Dauerkrise, wie kann ich erwarten, dass es dort besser wird? Unser Werksarzt meint, ich solle mir überlegen, ob ich nicht doch noch einmal eine richtige stationäre Therapie mache. Er würde auch mit mir zu dem Vorgesetzten meines Vertrauens hier in der Firma gehen und mit ihm sprechen. Trotzdem habe ich schreckliche Angst, meinen Job zu verlieren. Ich war schon so lange krank, und dann dachten alle, jetzt ist es überstanden, und jetzt gehe ich schon wieder in eine Therapie! Irgendwann verliert auch der beste Arbeitgeber mal seine Geduld! Nebenbei, wir können es uns finanziell auch nicht mehr leisten, wenn ich Krankengeld beziehe. Dann können wir unser neu gebautes Haus gleich verkaufen, und das wäre ein echter Albtraum für mich! Unser Haus ist nämlich eines der wenigen Dinge in meinem Leben, die mir wirklich etwas bedeuten. Ich weiß, es ist nur ein Gegenstand, aber ich habe meinen Mann, meinen Hund, meine Arbeit und unser Haus. Das war's. Dafür lebe ich. Andererseits habe ich natürlich schon den Wunsch und die Vorstellung, endlich normal leben zu können wie andere auch. Aber all meine Versuche sind kläglich gescheitert. Ich habe das Gefühl, jetzt vor einer großen Entscheidung zu stehen, fühle mich unter Druck gesetzt. Entweder es ist endgültig aus oder ich tue es nie mehr wieder. Schwierige Entscheidung, die ich immer noch vor mir her schiebe. Bis es zum großen Knall kommt. Ich weiß nicht mehr, was ich tun soll. Ich nehme jetzt seit 4 Wochen Trevilor, habe aber nicht das Gefühl, als ob mir das hilft. Es wirkt weder stimmungsaufhellend noch antriebssteigernd. Ob es das falsche Medikament ist? Ich weiß es nicht. Ich weiß gar nichts mehr.
Manuela, es tut mir leid, dass auch du durch einen unerfüllten Kinderwunsch wieder in diesen Sumpf gefallen bist. Aber ich kann dich sehr gut verstehen und mit dir fühlen, wie das ist. Hast du noch irgendeine Chance auf ein Kind? Hast du auch Depressionen und selbstverletzendes Verhalten, also beides?
LG
Ronja

Re: 15 Jahre Therapie

Verfasst: 17. Feb 2005, 07:52
von Ronja3009
Hallo Manuela,
schön, dass du mir geantwortet hast. Ich habe schon überlegt, freiwillig in die nächste Psychiatrie zu gehen zur Krisenintervention. Aber aus Erfahrung weiß ich, dass mir das nicht hilft. Im Gegenteil, der Impuls, mir etwas anzutun, wird dort immer schlimmer. Therapie wird dort nicht gemacht, man versucht halt nur, die Krise zu überwinden. Aber ich stecke in einer Dauerkrise, wie kann ich erwarten, dass es dort besser wird? Unser Werksarzt meint, ich solle mir überlegen, ob ich nicht doch noch einmal eine richtige stationäre Therapie mache. Er würde auch mit mir zu dem Vorgesetzten meines Vertrauens hier in der Firma gehen und mit ihm sprechen. Trotzdem habe ich schreckliche Angst, meinen Job zu verlieren. Ich war schon so lange krank, und dann dachten alle, jetzt ist es überstanden, und jetzt gehe ich schon wieder in eine Therapie! Irgendwann verliert auch der beste Arbeitgeber mal seine Geduld! Nebenbei, wir können es uns finanziell auch nicht mehr leisten, wenn ich Krankengeld beziehe. Dann können wir unser neu gebautes Haus gleich verkaufen, und das wäre ein echter Albtraum für mich! Unser Haus ist nämlich eines der wenigen Dinge in meinem Leben, die mir wirklich etwas bedeuten. Ich weiß, es ist nur ein Gegenstand, aber ich habe meinen Mann, meinen Hund, meine Arbeit und unser Haus. Das war's. Dafür lebe ich. Andererseits habe ich natürlich schon den Wunsch und die Vorstellung, endlich normal leben zu können wie andere auch. Aber all meine Versuche sind kläglich gescheitert. Ich habe das Gefühl, jetzt vor einer großen Entscheidung zu stehen, fühle mich unter Druck gesetzt. Entweder es ist endgültig aus oder ich tue es nie mehr wieder. Schwierige Entscheidung, die ich immer noch vor mir her schiebe. Bis es zum großen Knall kommt. Ich weiß nicht mehr, was ich tun soll. Ich nehme jetzt seit 4 Wochen Trevilor, habe aber nicht das Gefühl, als ob mir das hilft. Es wirkt weder stimmungsaufhellend noch antriebssteigernd. Ob es das falsche Medikament ist? Ich weiß es nicht. Ich weiß gar nichts mehr.
Manuela, es tut mir leid, dass auch du durch einen unerfüllten Kinderwunsch wieder in diesen Sumpf gefallen bist. Aber ich kann dich sehr gut verstehen und mit dir fühlen, wie das ist. Hast du noch irgendeine Chance auf ein Kind? Hast du auch Depressionen und selbstverletzendes Verhalten, also beides?
LG
Ronja

Re: 15 Jahre Therapie

Verfasst: 17. Feb 2005, 12:34
von Dendrit
Hallo Ronja,

das mit der Krisenstation hatte ich halt so gemeint, eine kleine Auszeit gönnen - nachdem Du ja schon in Therapie bist. Is' doch so: Urlaub oder krank daheim: man hält sich ja doch nicht still. Du versorgst ja auch irgendwie Deinen Mann, pflegst das Haus (mit) und wirst wohl auch mit Deinem Hund was "unternehmen". Und von dem allem Weg. Keinerlei Verpflichtung, brauchst kein Essen machen, Wohnung putzen etc. Dich mal "bedienen" lassen. Und vielleicht wird's durch eine Auszeit leichter, die Krise zu durchbrechen - vermut ich mal, man hört und liest so viel. Schau, und offensichtlich ist sogar der Werksarzt der Meinung, dass Du noch intensiver Hilfe in Anspruch nehmen sollst - wäre ja auf Deiner Seite. Ob der Arbeitgeber seine Geduld verliert oder nicht: in seinem Job muss er immer mit Unvorhergesehenem rechnen. Wenn er jemanden mit einem Behindertenausweis einstellt, bekommt er einmal Zuschüsse und muss mit Fehlzeiten kalkulieren - schließlich hast Du ihn ja nicht umsonst bekommen.

Ich weiß gar nichts mehr. So ähnlich drückte ich meine Unentschlossenheit/Verzweiflung/Wurschtigkeitsgefühl gegenüber den Psychologen in der Klinik aus. Zu wissen, wenn ich "links" gehe, endet es so uns so, bei "rechts" dann anders. Und ich steh vor dem Scheideweg und weiß nicht, ob ich mich überhaupt entscheiden kann, will. Er nannte es das 3. ICH. So ist es irgendwie, und die herrscht dominanter als das, das sagt: so zu gehen/handeln ist vielleicht schwierig aber von Vorteil. Ich weiß, andere sind viel länger unten, aber mir sind die über 3 y am Stück auch viel. OK, ein paar Tage oder Wochen waren schon als Pause drin. Mit dem "Prediger-Syndrom" gebe ich zwar das weiter, was andere sagen, schreiben oder gelesen habe, aber selbst merke ich auch nichts sonderliches. Nur mal ein kurzes Aufatmen und die Hoffnung: ah, jetzt wird's wieder. Entweder ist's am Abend oder ein paar Tage später vorbei.

Trevilor: warte noch ein paar Wochen - vielleicht bist Du zu weit unten, als dass es die Chemie so einigermaßen ordnen kann! Im Ernst, ich nehme Edronax (Reboxetin), merke aber auch keinen Unterschied zu Moclobemid, das ich vor ca. 3/4 Jahr bekam. Mir kommt vor, als dass ich es halt schlucke - mehr nicht. Moclobemid setzte mein Psychiater ab, weil die Suizidgedanken nicht verschwanden - tun sie mit Reboxetin auch nicht.

Hast du noch irgendeine Chance auf ein Kind? Nein. Wohl deswegen war ich schon ca. 24 y Babysitter. Ist auch schön, aber natürlich nicht richtig vergleichbar. Nachdem vor 3 y ein Mädchen mit 6 y an einem Gliom im Hirnstamm starb, war es das letzte Kind. Nach einem regionalen Umzug graut mir, Familien mit Kindern näher kennen zu lernen. Die Angst, wieder ein Kind bzw. Kinder so lieb zu gewinnen und dass es wieder stirbt, an der Nadel hängt, in der Kinderpsychiatrie oder anderen Krankenhäusern landet oder sich die Eltern einfach so zurückziehen und nicht mal den Grund nennen - als wenn nie eine Bande bestanden hätte. Wie ist's bei Dir?

Hast du auch Depressionen und selbstverletzendes Verhalten, also beides? Nein, Depri und Suizidgedanken (oder mehr). Was hast Du genau? Bist Du Borderline? Das ist die einzige Krankheit, die ich damit in Zusammenhang kenne, mir ist aber auch gesagt worden, dass das bei anderen Erkrankungen auch zu selbstverletzenden Verhalten kommen kann, deswegen frage ich.

Da haben sich ja jetzt zwei "Jammerlappen" gefunden! *grins*

LG, Manuela

Re: 15 Jahre Therapie

Verfasst: 18. Feb 2005, 18:06
von gelberosen
Hallo Ronja,

schade daß du nichts dazu schreibst, woher deine Depression kommt und welche Therapie du machst und ob sie dir wirklich hilft. Klingt mir ehrlich gesagt nicht danach.

Du warst im letzten Jahr oft krank und auch vorher schon sehr lange depressiv. Da kann es schon sein, daß du noch ganz schön am letzten Jahr dran knabberst, und daß ein Klinikaufenthalt dir helfen könnte. Es muß ja nicht Psychiatrie sein, obwohl du ja ziemlich heftig depressiv bist. Zu wem hast du denn mehr Vertrauen, zu deiner Therapeutin/ deinem Therapeuten, oder zum Werksarzt? Vielleicht stimmt ja auch die Therapierichtung nicht, oder sie sollte um etwas ergänzt werden?

Auf alle Fälle machst du auf mich den Eindruck, als ob die Hilfe die du bekommst entweder nicht ausreicht oder nicht die richtige ist.

Liebe Grüße
die Besserung
die auch schon einen Marathon an Therapie hinter sich hat