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Suche Ratschläge

Verfasst: 2. Jan 2005, 15:45
von Fran
Mein Freund hat seit zwei, drei Monaten Depressionen, die zum Teil dadurch hervorgerufen werden, dass er beruflich sehr unter Druck steht und einfach unglaublich viel zu tun hat. Wir leben nicht in derselben Stadt, Besuche sind nun nicht mehr möglich, denn mein Freund igelt sich vollkommen ein. Wir telefonieren nur noch sehr selten, meine SMS und E-Mails bleiben meistens unbeantwortet. Natürlich schmerzt mich das, doch ich kann es auch verstehen. Leider kann ich nichts für ihn tun, ihm nicht wirklich helfen. Ich versuche bloß, den Kontakt zu erhalten und biete meine Hilfe zumindest an.
Ich frage mich, was besser ist: Seine Situation zu erwähnen, wenn wir mal miteinander sprechen, also zu fragen, wie er mit seinen Aufgaben fertig wird, was der blöde Chef macht usw. oder dieses Thema lieber ausklammern und über schönere Dinge sprechen, dann allerdings mit der Befürchtung im Nacken, er glaubt, ich nehme seine Probleme nicht ernst. Was meint ihr dazu? Wie geht ihr damit um?

Danke und viele Grüße
Fran

Re: Suche Ratschläge

Verfasst: 2. Jan 2005, 18:06
von Tine
Hallo Fran,

das Problem, das du schilderst ist den meisten von uns Angehörigen nur zu gut bekannt. Leider gibt es keine allgemein gültige Lösung. Zumindest ist mir keine bekannt.
Es ist wohl meistens so, dass du sowieso kaum an deinen Partner herankommst, wenn er in einer wirklichen schlimmen Phase steckt.
Dann noch zu versuchen über Probleme zu sprechen ist wohl aussichtslos. Wenn er wirklich in einer Depression steckt ist es für ihn schon schwer genug über irgendetwas zu sprechen. Ich mache es mittlerweile so, dass ich in den schlimmsten Phasen einfach nur versuche da zu sein und über alltägliche Dinge zu sprechen. Meinem Partner tut es gut, wenn er feststellt, dass die Welt sich weiterdreht, auch wenn er das Gefühl hat, er dreht sich nicht mit. Wenn die schlimmste Erstarrung fällt, ist es möglich die Probleme anzusprechen. Ich tue dies nur zaghaft, indem ich Angebote mache in der Art, dass ich ihm sage, dass ich spüre, dass es ihm schlecht geht, dass wohl wieder viel los war. Wenn er dazu bereit ist, nimmt er dieses Angebot wahr.
In Phasen, in denen es ihm zwar, aufgrund seiner beruflichen Siutation schlecht geht, er aber nicht in einer depressiven Phase steckt, suche ich direkt das Thema. Das geht aber wirklich nur, wenn er nicht in einer akuten Phase steckt.
Ich glaube, man muss sehr auf sein eigenes Gefühl hören, das einem sagt, was gerade angesagt ist. Sicher gehört auch etwas Erfahrung dazu und der Erfolg ist nicht garantiert. Taste dich langsam vor und beobachte seine Reaktion, dann wirst du merken, ob du in der gleichen Richtung weiter gehen kannst oder besser innehalten solltest.
Ich hoffe, ich konnte dir wenigstens ein bisschen helfen.
Liebe Grüße
Tine

Re: Suche Ratschläge

Verfasst: 3. Jan 2005, 20:30
von Fran
Hallo Tine!

Vielen Dank für deine Antwort. Ja, solche Gespräche sind immer hochkompliziert und erfordern einiges an Improvisationsgeschick. Auch wenn wir nicht über wirklich „gefährliche“ Themen sprechen, habe ich immer tausend Antennen auf Empfang, um jedes seiner Worte nach verborgenen Bedeutungen abzuscannen, kontrolliere möglichst genau, was ich sage, versuche dabei noch die netteste aller Gesprächspartnerinnen zu sein und das Gespräch möglichst auszudehnen. Puh! Und das Schlimmste sind ja die Stunden danach, wenn immer wieder und wieder jeder Satz gedanklich durchgekaut wird. Ich wünschte, man könnte Gedankenblocker einnehmen ....

Viele Grüße
Fran

Re: Suche Ratschläge

Verfasst: 3. Jan 2005, 21:09
von Tine
Hallo Fran,
ja das beschreibst du gut. Geht mir genauso, dass ich zu bestimmten Phasen jeden Satz zigmal überdenke bevor ich ihn sage und dann wieder nachdem ich ihn gesagt habe.
Im Moment ist bei uns wieder so eine Phase, wo er andeutet, dass es ihm schlecht geht, aber mir gleichzeitig sagt, dass er mir nichts darüber erzählen kann. Manchmal würde ich ihm am liebsten sagen, dass er, wenn er schon nicht darüber reden kann, mir doch gar nicht erst zu sagen braucht, dass es ihm schlecht geht.
Wir als Angehörige laufen wirklich in Gefahr, den Privatanimateur zu gegen. Immer nett sein, immer gute Laune verbreiten, immer vorsichtig. Man muss wirklich aufpassen, dass man nicht in falsche Muster fällt und die Natürlichkeit einer Beziehung darüber verloren geht. Es ist wirklich nicht einfach und man muss sehr stark sein, dass man sich nicht selbst verliert. Diese Grenzziehung fällt mir immer noch schwer.
Liebe Grüße an dich, Kopf hoch
Tine

Re: Suche Ratschläge

Verfasst: 6. Jan 2005, 01:00
von Fran
This could be heaven! Wir hatten ein ganz wunderbares Gespräch, das einfach völlig locker und normal war. Über uns sprechen wir nie, aber die Probleme meines Freundes kamen schon ein wenig zur Sprache. Jetzt hat er auch noch Rückenschmerzen. Ist das nicht ein absolut typisches psychosomatisches Zeichen dafür, dass etwas nicht stimmt und jemand unter einer Last leidet? Von einem Arztbesuch will er jedoch nichts hören, dazu fehlt ihm die Zeit. Ich kann ihn ja nicht hinprügeln. Leider.
Ansonsten verhält er sich genauso wie die vielen anderen Partner, die hier im Forum beschrieben werden. Manchmal hab ich schon fast den Eindruck ein schizophrenes Ich hätte diese Threads über uns geschrieben. Aber es tut mir immer wieder gut zu lesen, dass die vielen anderen sich genauso verhalten, alles folglich von den Depressionen herrührt und weniger mit uns zu tun hat.
Leider wird seine Arbeitsbelastung auch noch einige Wochen länger anhalten, als zuerst befürchtet. Mitte Februar kommt bloß eine kleine Entlastung. Zur Zeit mache ich mir viele Gedanken darüber, wie wir wieder auf den richtigen Kurs kommen. Vielleicht ist er auch ein waschechter Workaholic und wird nie weniger Arbeitsbelastung haben.

Dieses nicht viel sagende Geplapper musste ich mal kurz herauslassen, es stand zwischen mir und dem mich wieder beruhigen. Nun gute Nacht.

Re: Suche Ratschläge

Verfasst: 9. Jan 2005, 20:42
von Fran
Hallo!

Ich bin auf der Suche nach Büchern, die mir weiterhelfen könnten. Über den Titel "Wenn der Mensch, den du liebst, depressiv ist" hab ich hier schon viel Gutes gelesen. Gibt es noch weitere Bücher, die man kennen sollte?
Vor allem: Ich suche auch Titel, die sich damit beschäftigen, wie man eine Beziehung aus der Krise und wieder in die rechte Spur befördert. Habt ihr darüber mal etwas gelesen??? (Falls es doch nicht nur die Depression ist, die uns zu schaffen macht, möchte ich vorbereitet sein.)
Vielen Dank. Gruß Fran

Re: Suche Ratschläge

Verfasst: 9. Jan 2005, 21:19
von Tim_Pfeiffer
Hallo Frances,
ein paar Hinweise finden sich auf der Homepage des Kompetenznetzes und ich meine mich daran zu erinnern, dass es hier auch einmal einen thread dazu gab... vielleicht über die "suchen"-Funktion probieren.

Viele Grüße
Tim Pfeiffer

Re: Suche Ratschläge

Verfasst: 10. Jan 2005, 09:53
von Libero05
Liebe Fran,
ich bin in der gleichen Situation wie Du - mein Freund wohnt in einer anderen Stadt und wir können uns nur jede zweite Woche für 4-6 Tage sehen.
Auch er ist beruflich (seit 13 Jahren Nachtwache) stark gefordert, wenn nicht überfordert.
Zur Zeit steckt er wieder in einem Tief und er und ich leiden!
Deine Postings haben mich sehr bewegt und da ich als Leseratte bekannt bin (auch beruflich enorm vorbelastet bin ) möchte ich Dir auf Deine Frage nach Literatur antworten:
Das von Dir zitierte Werk habe ich gelesen und viel gelernt - ich kann es nur empfehlen.
Zu allgemeinen Partnerproblemen lese ich immer wieder gerne: Männer sind anders. Frauen auch von John Gray
Falls Du noch weitere Titel brauchst, melde Dich einfach.
Alles Gute für Dich und Deinen Partner!

Re: Suche Ratschläge

Verfasst: 10. Jan 2005, 18:32
von Fran
Liebe Selja,

vielen Dank für deinen Hinweis. Meinen Freund hat dieses Buch in seinem Regal. Leider komme ich da ja im Moment nicht heran und werde es nun in der Bücherei versuchen.

Ich könnte das alles sehr viel leichter ertragen, wenn mein Freund mir nicht vor zwei Monaten gesagt hätte, dass er die Beziehung beenden möchte. Ich habe das einfach „nicht zugelassen“ und ihn bequatscht, erst mal bis Februar abzuwarten (dann wird der Stress geringer) und dann noch einmal darüber zu reden. Natürlich war ich am Boden zerstört, aber es hilft mir sehr hier immer wieder von Fällen zu lesen, die das gleiche Verhaltensmuster zeigen. Ich glaube ihm auch einfach nicht, dass er wirklich eine Trennung will. In den Wochen und Monaten vor der Krise waren wir besonders glücklich, was er selbst mir auch immer wieder gesagt und geschrieben hat. Außerdem kenne ich das schon, dass er sich in sich zurück zieht, wenn er unter Druck steht. Dieses mal ist der Druck ganz besonders groß, also ist auch das zurückziehen drastisch. Außerdem hat er an jenem Nachmittag selber gesagt, dass er nicht weiß, wie er in ein paar Wochen darüber denkt. (Das nur noch mal, um mich jetzt wieder zu beruhigen)

Überlegt sich dein Freund, ob er sich einen anderen Job sucht, wenn darin doch der Auslöser seiner Probleme liegt? Nachtschichten stelle ich mir auf die Dauer extrem höllisch vor. Mein Freund ist, glaube ich, noch längst nicht so weit, dass er etwas ändern will.

Wenn du noch weitere Buchtitel kennst, immer her damit! Der Februar steht vor der Tür.
Bist du zufällig Germanistin oder Buchhändlerin? Wegen der beruflichen Vorbelastung.

Viele Grüße von
Fran

Re: Suche Ratschläge

Verfasst: 10. Jan 2005, 20:56
von Libero05
Ach, Fran, das finde ich auch ganz besonders belastend - dieses Zurückziehen.
Vor einigen Monaten bekam ich ein Mail in dem stand, dass mein Freund wieder alleine leben will, dass er sich für unzumutbar hält und mich nicht mit runter ziehen will.
Damals wurde ich zum ersten Mal mit seiner Depression konfrontiert und meine erste Reaktion war: das ist nicht er, der dort spricht.
Am Telefon habe ich ihm gesagt, dass ich keine Entscheidung akzeptiere, die in einer so tiefen Krankheitsphase gefällt wurde. Schon am nächsten Tag war er heilfroh über meine Reaktion - das, was er nämlich ebensowenig wie ich möchte ist, wieder allein zu sein.
Vor Weihnachten war die zweite tiefe Depression - aber diesmal war ich bei ihm, konnte lange Zeit nur neben ihm liegen und ihn nicht erreichen. Irgendwann kamen die Tränen und die alten Sätze: ich will alleine leben, ich kann dich doch da nicht mit reinziehen und ich bin ein Versager!
Mein Satz: und was wird dann aus mir - dann sind wir beide wieder allein! hat ich dann ein bisschen heraus gebracht.
Im Moment ist es besonders schlimm: die Arbeit überlastet ihn, seine Ex hat sich das Leben genommen, seine Tochter ist gerade ausgezogen und er hat das Gefühl, alles nicht mehr zu schaffen.
Ich hätte er gerne, wenn er in den Tagdienst ginge, denn die Nächte schlauchen furchtbar und er schläft in der restlichen Zeit miserabel, aber er fürchtet sich auch vor der Veränderung, dass er dem Tagdienst nicht gewachsen ist und dass wir uns dann nicht mehr so regelmäßig sehen können.
Sorry, fürs Zuschreiben - ich bin noch ganz neu hier und habe meine Geschichte noch nie erzählt.
Aber ich will mich informieren und den Austausch mit Betroffenen suchen, denn das hilft mir und somit auch meinem Schatz!
Ich lese übrigens gerade: Die neue Medizin der Emotionen - Stress, Angst, Depressionen - gesund werden ohne Medikamente. David Servan-Schreiber beschreibt darin hochinteressante Erkenntnisse aus der Hirnforschung

Re: Suche Ratschläge

Verfasst: 10. Jan 2005, 21:03
von Libero05
P.S.
Wegen der Vorbelastung: ich bin Bibliothekarin
Du schreibst, Dein Freund sei wohl noch nicht weit genug, sich helfen zu lassen. Mein Freund hat eine tiefe Abneigung gegen Psychiater und Psychologen und er will auf keinen Fall Medikamente nehmen.
Vor Weihnachten als es so schlimm war, hat er gesagt, er möchte eine Therapie machen, aber gestern meinte er zu dem Thema, diese Psychologen könnten ihm sowieso nicht helfen.
Er will es selber schaffen!
Weihnachten hat er noch geschrieben: hab Geduld, ich kämpfe und kämpfe!
Und das glaube ich ihm auch, niemals würde er sich hängen lassen, aber ich wünschte er würde einsehen, dass man manches eben nicht alleine schaffen kann ...

Re: Suche Ratschläge

Verfasst: 11. Jan 2005, 14:27
von gloria
Hallo Fran!
Ich bin ja erst kurz in diesem Forum und habe jetzt schon das Gefühl nicht allein zu sein. Ich bin froh, daß es nicht nur mir so geht. Bis jetzt habe ich mich allein mit den Depressionen meines Partners durgeschlagen.
Mir haben dabei die Bücher von Phyllis Krystal gut geholfen. Es gibt viele von ihr gaz gut finde ich "Die Liebesenergie freisetzen"
Ich werde mir heute noch das Buch von Dir besorgen.
Danke Dir für den Titel!

alles Liebe

Re: Suche Ratschläge

Verfasst: 11. Jan 2005, 19:18
von Fran
Selja, ich freue mich zu lesen, dass dein Freund schon am anderen Tag einen Rückzieher von seinem Wunsch nach räumlicher Trennung gemacht hat.
Das sind ja harte Brocken, die dein Freund, also ihr beide, bewältigen müsst. Selbst wenn man nicht in eine depressive Schieflage gerät, braucht man in so einer Situation doch sicher Hilfe. Da du von Selbsthilfegruppen schriebst, wäre das nicht was für deinen Freund? Das ist ja nicht so ein drohendes Etwas wie eine Therapie. Aber für manche klingt es vielleicht zu sehr nach Birkenstock ... Man kann ja für alles eine Ausrede entwickeln.
Das Buch, das Wege ohne Medikamente offeriert, trifft für mich genau den richtigen Punkt. Für ein paar Monate habe ich selbst mal etwas genommen, die Einnahme jedoch abgebrochen, da die Pillen keine Probleme für mich lösen können, langfristig aber möglicherweise selbst eins werden. Ja, ich weiß, für manche ist es notwendig sie zu nehmen, aber für mich bleiben sie der allerletzte Ausweg. Meinen Freund würde ich nicht beeinflussen, wenn er Tabletten verschrieben bekäme, aber ich glaube sowieso nicht, dass er etwas nehmen würde.

Übrigens: Das ist doch kein Zuschreiben. Dafür samma ja da.

Vielen Dank, für den Buchtitel, Petra. Das klingt sehr interessant.
Ich lese gerade „Die Mitternachtskrankheit“ von Alice Flaherty. Es geht nur teilweise um Depressionen, alles wird neurologisch genau beschrieben und es werden noch andere Krankheiten erläutert, von denen ich manche lieber nicht kennen möchte, aber trotz des Themas ist es ein ausgesprochen amüsantes Buch.

Noch’n Buch: „Die Venus streikt. Gesund durch die Kraft der Poesie“ (von Felizitas Leitner). Ehrlich gesagt, kenne ich das buch noch nicht selber. Aber was ich darüber gelesen habe klingt, als ob es zumindest uns aufheitern könnte.

Re: Suche Ratschläge

Verfasst: 11. Jan 2005, 20:40
von Libero05
Hallo Fran,
ja - eine Selbsthilfegruppe wäre genau das Richtige für meinen Freund, aber auch da muss er eigentlich selber drauf kommen! Ich kann ihm immer nur sagen, wie wohl mir meine tut (ich bin adoptiert und in einer Selbsthilfegruppe Erwachsener Adoptierter). Er hört auch ganz begeistert zu, wenn ich von den Treffen erzähle, aber so richtig scheint der Funke noch nicht übergesprungen zu sein.
Ich wünschte, er würde sich nicht weiter so überfordern. Auch das "Nicht-zum-Arzt-gehen" halte ich für eine Überforderung, denn er will es unbedingt alleine schaffen. Ist das typisch männlich?

Re: Suche Ratschläge

Verfasst: 23. Jan 2005, 17:03
von Fran
Hallo, ich bins mal wieder. Unsere Lage hat sich nicht verändert, jedoch wird in wenigen Wochen ein Teil des Drucks, der die Depressionen mitverursacht hat, von meinem Freund genommen. Statt mich einfach nur zu freuen, mache ich mir Gedanken, was dann wohl wird. Ich trau mich nicht darauf zu hoffen, dass ein reibungsloser Übergang zur Normalität stattfinden wird. Deswegen meine Bitte an euch: Natürlich ist mir klar, dass es keine Patentrezepte gibt, aber hat jemand vielleicht schon mal die Situation erlebt, dass arbeitsbedingte Depressionen vorlagen? Ich würde mich freuen, von euch zu hören, wie man mit diesem Druck umgehen kann und auch mit dem Druckwegfall. Wie habt ihr den Neubeginn gestaltet?

Euch dankend und mit einem Seufzer
Fran

Re: Suche Ratschläge

Verfasst: 25. Jan 2005, 12:04
von tommi
Liebe Fran,

ich kann deine Gedanken gut nachvollziehen. Ich denke, du hast nicht die Angst vor der "Normalität", sondern dass sich die Situation nicht entspannt?.

Mit arbeitsbedingten Depressionen kenne ich mich nicht aus. Allerdings glaube ich, dass es wichtig ist, miteinander für die Zukunft Vereinbarungen zu treffen, wie ihr mit der Krankheit umgehen sollt, damit eure Beziehung am wenigsten leidet. Sprecht miteinander, zeigt eure Gefühle, so ist schon viel gewonnen. Vielleicht ist es dann auch möglich, den Weg zur Therapie nochmals anklingen zu lassen, damit dein Freund in Zukunft mit dem Druck zurechtkommt. Ich glaube auch, dass er es alleine schwer schaffen wird.

Ich hoffe, dass ich dir trotzdem einwenig helfen konnte.
Gruß
Tom

Re: Suche Ratschläge

Verfasst: 26. Jan 2005, 07:55
von Libero05
Hallo Fran,
ich kenne Deine Situation, da mein Freund auch sehr abhängig von beruflicher Belastung ist. Geht es ihm auf der Arbeit gut, kann er auch leichter mit seinen Depressionen umgehen und umgekehrt drückt ihn Stress und Überlastung auf der Arbeit immer noch mehr hinunter.
Bei ihm war es vor einiger Zeit so, dass eine sehr schwierige Patientin verlegt wurde und er danach sichtbar aufatmen konnte.
Ich habe ihn aber noch eine Weile belauert, aber dann war es mir zu blöd, und ich habe ihn direkt darauf angesprochen, wie er die schwierige Phase erlebt hat. Ich habe ihm auch gesagt, dass ich bemerkt habe, wie ihn die Arbeitssituation belastet und wir haben darüber gesprochen, wie es wohl ist, wenn diese Patientin zurück kommt.
Uns/mir hilft das Reden sehr, denn ich kann ihm auch meine Ängste mitteilen.
Wir haben früh in unserer Beziehung vereinbart, dass wir möglichst nicht aufhören zu reden. In der Depression ist es nicht möglich, aber danach können wir es.
Dann kann ich auch mit Vorschlägen zur Therapie kommen, die er sonst strikt ablehnt.
Bei uns funktioniert es auch über Literatur, da wir beide gerne lesen und uns darüber austauschen. So bleibt das Thema Depression kein Tabu, denn dann würde sich alles zu einem unüberschaubaren Berg auftürmen.

Re: Suche Ratschläge

Verfasst: 30. Mär 2005, 19:37
von Fran
Hallo! Ich war schon lange nicht mehr im Forum, möchte aber jetzt die Gelegenheit nutzen, positive Entwicklungen zu vermelden, die vielleicht dem ein oder anderen beim Durchhalten helfen.
Ein paar Wochen lang ging es mir so schlecht, dass ich es nicht mehr ertragen habe, hier auch noch weitere traurige Geschichten zu lesen. Mein Freund hat mich vollkommen abgeblockt, auf keinen Anruf reagiert, obwohl er mir versprochen hatte, es zu tun. Nichts kam zurück. Eigentlich wusste ich, dass es ihm eben sehr schlecht geht, aber in der Stille können sich ganz leicht schreckliche Vorstellungen aufbauen, im Geiste sah ich ihn schon erholt, aber mit einer Neuen vor mir. Aber es lohnt sich dann doch hartnäckig zu bleiben. Seit einer Woche telefonieren wir wieder regelmäßig, Was mich besonders freut ist, dass das sein eigener Wunsch ist. Seit November dauert die schreckliche Zeit jetzt schon an. Sie wird auch lange noch nicht vorbei sein, doch immerhin war mein Freund inzwischen bei einem Arzt und sieht zumindest ein, dass er sein Leben ändern muss. Jetzt gibt es wieder ein bisschen mehr Hoffnung für uns, das wollte ich euch nur mitteilen, damit ihr euch in den ganz schlimmen Zeiten daran erinnert, dass durchhalten lohnt. Viele Grüße von Fran

Re: Suche Ratschläge

Verfasst: 30. Mär 2005, 21:56
von Tine
Hallo Fran,
wie schön, dass sich die Situation wieder etwas entspannt. Ich freue mich für dich.
Dass du die Stärke besitzt, solange auf ihn zu warten, finde ich großartig.
Schön ist auch, dass du uns die Verbesserung der Situation mitteilst, es ist sehr wichtig für diejenigen, die noch in der schlimmsten Phase stecken, zu sehen, dass man es schaffen kann, so oder so.
Viele Grüße und weiterhin viel Kraft
Tine

Re: Suche Ratschläge

Verfasst: 4. Apr 2005, 16:57
von tommi
Liebe Frances,

auch ich freue mich, wieder von dir zu hören. Es ist schön, dass er nach so langer Zeit wieder auf dich zugekommen ist und sogar von sich aus ärztliche Hilfe in Anspruch genommen hat .
Deine weit strapazierte Gedult hat sich ausgezahlt. Wie hast du Zwischenzeit überbrückt. Hast du weiter an der Beziehung festgehalten?

Ich wünsche euch, dass ihr bald nicht nur den telefonischen Kontakt habt.

Gruß
Tom

Re: Suche Ratschläge

Verfasst: 5. Apr 2005, 13:26
von Libero05
Hallo Fran,
Du warst und bist sehr stark, wenn Du so lange ausgehalten hast.
Hast Du denn Hilfe gehabt und auch an Dich selbst gedacht?
Ich hoffe für Dich, dass es weiter aufwärts geht. Wie wird Dein Freund denn behandelt?
Es ist ja wirklich ein großer Fortschritt, dass er zu einem Arzt gegangen ist.
Danke, dass Du Dich wieder gemeldet hast - Deine Geschichte kann Anderen sicher Mut machen.
Alles Liebe und Gute für Dich / für Euch

Re: Suche Ratschläge

Verfasst: 8. Apr 2005, 16:52
von Fran
Vielen Dank für eure lieben Worte. Wir haben gerade wieder telefoniert. Fast hätte es auch mit einem Treffen nächste Woche geklappt, doch er ist leider geschäftlich unterwegs. Vielleicht stellt ihr euch etwas zu viel darunter vor, wenn ich sage, dass er zu einem Arzt gegangen ist. Er ist nicht in therapeutischer Behandlung, sondern war bei seinem Hausarzt, da er unter seiner Dauerbelastung auch ständig körperlich krank ist. Der hat ihm dringend geraten, seinen Lebensstil zu ändern. Viel ist davon noch nicht zu merken, aber ich freue mich auch schon über den allerersten Erkenntnisansatz. In den vergangenen Monaten hab ich versucht in seinem Leben zu bleiben, Kontakt zu halten, ohne zu aufdringlich zu sein. Dazu gehörten dann auch immer wieder zweiwöchige „Ruhephasen“, die mich völlig fertig gemacht haben. Wenn ich zum Beispiel wusste, dass bei ihm etwas besonderes anliegt, hab ich per SMS viel Glück gewünscht, ungeachtet der Tatsache, dass er meine letzten drei Anrufe ignoriert hatte. So etwas erwähne ich gar nicht.
Mir selber ging es sehr, sehr schlecht. Glücklicherweise fiel mir dann ein, dass unsere Beziehung nie wieder eine Chance haben wird, wenn ich wie ein Häufchen Elend da sitze und kraftlos jammere, dass er mich doch bitte wieder lieben soll. Unsere einzige Chance liegt darin, dass ich ihm zeige, dass ich stark genug für uns zwei bin, dass ich das alles mit ihm durchstehen kann. Ich weiß auch, dass er erfolgreiche Menschen bewundert, also strenge ich mich noch ein bisschen mehr an, um ein paar große Knochen auszubuddeln, sprich Erfolge zu verbuchen, die ich ihm vor die Füße legen kann. Vielleicht kommt euch der letzte Punkt nicht so gesund vor, aber mir tut er ausgesprochen gut. Zufälligerweise arbeiten wir im selben Beruf und er hat mich immer schon inspiriert und angespornt.
Über das Thema Beziehung haben wir noch nicht wieder gesprochen. Der Arme ist aber im Moment auch so mit Arbeit zugeschüttet, dass es ein Fehler wäre, das jetzt anzusprechen. Stattdessen winke ich mit zwei Zaunpfählen „Hallo, ich bin für dich da!“
Demnächst werden wir uns – auch berufsbedingt – öfter sehen. Er klang nicht so, als ob er etwas dagegen hätte. Also, drückt uns bitte die Daumen. Gruß Fran

Re: Suche Ratschläge

Verfasst: 8. Apr 2005, 17:15
von tommi
Liebe Fran,

natürlich drücke ich euch die Daumen .

Schon Wahnsinn, was du alles machst, damit die Beziehung wieder anläuft. Aber ich glaube, dass es nicht nur für ihn gut ist, dass du dich aus deinem Loch befreit hast, sondern gerade auch für dich.
Ich hoffe, dass du dich nicht damit übernimmst, die Starke zu spielen, nur weil es ihm gefallen würde. Ich hoffe vielmehr, dass du durch deine positive Einstellung für dich Kraft geschöpft hast; diesen Eindruck vermittelst du mir eher und deswegen geht es dir auch besser.

Also, ich wünsche dir mit deinem Freund nicht nur den beruflichen Erfolg .

Gruß
Tom

Re: Suche Ratschläge

Verfasst: 12. Apr 2005, 16:14
von Fran
Überraschung! Es hat doch noch mit dem Treffen gestern geklappt. Er rief mich extra an, was ich schon als Sensation betrachte. Es war sehr schön und ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass ihm jede Minute wichtig war. Um mich nicht falschen Hoffnungen hinzugeben, bin ich sehr misstrauisch, aber trotzdem hat mich der Tag gestern darin bestärkt, dass wir sehr gute Chancen haben. Mitten im Gespräch sagte er plötzlich „Ich bin nur so depressiv, weil ich so allein bin.“ Ich Depp habs vergeigt und bin nicht richtig darauf eingegangen. Das kam aber auch völlig unvermittelt, so als sollte ich das unbedingt wissen.

Kennt ihr übrigens Andersens „Schneekönigin“? Ich habe nie eine bessere Veranschaulichung der Depression gefunden. Ein Splitter vom Spiegel des Teufels dringt ins Auge und lässt das Herz zu Eis werden. In der Kurzform. Hab ich meinem Freund gestern als Hörspiel geschenkt. Bin gespannt, ob er versteht, was ich damit sagen wollte.

Re: Suche Ratschläge

Verfasst: 12. Apr 2005, 16:39
von tommi
Liebe Fran,

ich freue mich für dich.
Was du ihm gestern nicht sagen konntest, kannst du ja heute nachholen .

Ja, manchmal sieht man den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr.

Wie seid ihr denn jetzt verblieben?

Freudigen Gruß
Tom