Wie sollte ein Therapeut auf Suizidgedanken reagieren?

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jolanda
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Wie sollte ein Therapeut auf Suizidgedanken reagieren?

Beitrag von jolanda »

Hallo!

Ja, ich weiß, ich schneide hier ein unheimlich heikles Thema an.
Ich hatte aber diese Woche eine Situation in der Therapie, die ich nachträglich überhaupt nicht einordnen kann. Auch wie mein Therapeut sich vehalten hat ist mir nicht ganz verständlich.
Aber vielleicht der Reihe nach.
Schon das ganze vergangene Wochenende (vor einer Woche)wurde ich von heftigen S-Gedanken geplagt. Irgendwie hatte ich das Gefühl, alles nicht mehr auszuhalten und es einfach nicht zu schaffen, je wieder aus der Dunkelheit hinauszukommen. Naja, irgendwie kam es dann soweit, dass ich auch schon angefangen hatte zu planen...
Am vergangenen Montag in der Therapie habe ich das dann angesprochen. Schließlich erwartet mein Therapeut das ja auch von mir (ist sogar vertraglich zwischen uns festgelegt), dass ich solche Gedanken sage, wenn ich sie habe. Ich sagte ihm auch, dass ich eigentlich beschlossen hatte, es auch zu tun (dachte ich da wirklich). Irgendwas in meinem Innern muß aber noch darauf gehofft haben, dass mich jemand davon abhält, sonst hätte ich es ihm ja auch nicht gesagt.
Die Stunde ist dann total unglücklich verlaufen. Zunächst hat er mir gesagt, dass er ja die nächsten zwei Wochen nicht da sei. Ich dacht ich höre nicht recht. Er war der Meinung, ich wüßte das schon, aber er hatte wirklich versäumt mir rechtzeitig Bescheid zu sagen. Dann hat er das Thema gewechselt, mich gezwungen was zu erzählen, worüber ich garnicht reden wollte. Er hat halt nicht locker gelassen und ich hatte keine Kraft, mich zu wehren, obwohl ich zunächst sagte, darüber wolle ich jetzt nicht sprechen.
Dann bin ich wieder auf meine S-Pläne zu sprechen gekommen. Alles was, er mir zu bieten hatte, war der Hinweis, dass wir vereinbart haben, dass ich das nicht tue und mich notfalls beim Krisendienst bzw. in der Klinik melde. Ich meinte dann nur solche Abmachungen seien mir in dem Moment dann auch egal. Er wollte dann noch einen weiteren Termin in der Woche mit mir ausmachen und ich meinte, den würde ich wohl nicht (mehr) brauchen. Ich war wirklich verzweifelt. Ich weiß nicht, was ich in dieser Situation von ihm erwartet habe, aber irgendwie bin ich enttäuscht. Nur, hätte er überhaupt etwas richtig machen können, aus meiner damaligen Sicht heraus? Ich wollte dann auch garnicht gehen, denn ich war so verzweifelt und hoffte er würde irgendwas unternehmen, mir irgendwie helfen, aber da kam nichts. Er schickte mich dann raus, weil schon der nächste Patient vor der Tür stand.
Kaum war ich zur Tür draussen, rief er meinen Mann an und informierte ihn, ich solle jetzt keine Kurzschlusstat begehen. Mein Mann war natürlich total schockiert, er hatte richtig Angst um mich, ist ja klar. Ich habe mich dann bei meinem Mann ausgeheult und meine Bedarfsmedizin genommen und 13 Stunden geschlafen. Dann waren diese Gedanken fast weg. Ich kann mich im Nachhinein selbst nicht verstehen. Mir war es wirklich ernst, dabei will ich es überhaupt nicht tun. Das erschreckt mich. Aber auch der Vorwurf meines Therapeuten (hatte dann doch am Freitag nochmal einen Termin, jetzt ist er drei Wochen weg) ich hätte ihn erpressen wollen kränkt mich. Mir ist klar, dass er sich in der Situation berdoht und vielleicht auch hilflos gefühlt haben muss, aber ich habe das NICHT inszeniert um ihn irgendwie unter Druck zu setzten, das war schon echt.
Im Nachhinein ist es ja gut gegangen und es war sicherlich auch richtig von ihm, meinen Mann zu informieren. Und er hat es wohl auch richtig eingeschätzt, dass ich noch heil zuhause ankomme. Aber ich fand seine Reaktion doch irgendwie schwach. Nur was hätte er tun können oder sollen?
Ist es einfach so, dass es Situationen gibt, in denen auch Therapeuten überfordert sind? Und wieso kann er das dann nicht einfach hinterher zugeben, sondern redet davon, dass ich damit ja versuchen würde unsere Beziehung zu beeinflussen und zu kontrollieren?
Ich hoffe, ich darf dieses Thema hier überhaupt in dieser Deutlichkeit ansprechen. Es liegt mir aber wirklich am Herzen, ein paar Meinungen oder andere Erfahrungen dazu zu bekommen.
Ich betone nochmals ausdrücklich, dass ich im Moment keine S-Pläne habe. Und bisher habe ich mir auch immer, wenn diese Gedanken zu mächtig wurden rechtzeitig Hilfe (Klinik)geholt. Nur dieses eine mal wollte ich (fast) nicht mehr.

Liebe Grüße, Jolanda


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Feedom's just another word for nothing left to lose (Janis Joplin)
Caroline1
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Registriert: 19. Mär 2003, 16:48

Re: Wie sollte ein Therapeut auf Suizidgedanken reagieren?

Beitrag von Caroline1 »

Hallo Jolanda

Ich denke, dein Therapeut hat schon so gehandelt, wie er sollte und konnte. Es erscheint dir irgendwie schwach, aber was wäre denn eine "starke" Haltung gewesen? Dass er "zugeben" müsse, er wisse nicht, was er tun solle? Ich glaube, er wusste schon, was er tun sollte, überfordert war er wahrscheinlich nicht, deshalb gabs da auch nichts zuzugeben für ihn. Und was hätte dieses Zugeben dir dann gebracht? Du hättest dich doch dann gar nicht mehr sicher fühlen können.

Ich gehe mal davon aus, dass er selber nicht Arzt ist, dich also nicht selber in ein Krankenhaus einweisen konnte. Ein Arzt hätte das in meinen Augen in einer solchen Situation tun müssen. Ein Therapeut kann also nur jemand anders darüber in Kenntnis setzen, und da ist es für mich naheliegend, dass er sich an den nächsten Angehörigen, deinen Mann eben, wendet. Und er gibt dir noch einen zusätzlichen Termin vor seinem Urlaub. Mehr kann er nicht tun. In Urlaub gehen ist auch OK, hat ers dir nun rechtzeitig gesagt oder nicht, das ist auch eine subjektive Frage. Er hätte dir eventuell noch Ersatzadressen angeben können für die Zeit seiner Abwesenheit. Dass du ihn "erpresst", ist auf den ersten Blick vielleicht ein starkes Wort, ich könnte mir aber schon vorstellen, dass da ein sicher unbewusstes Manipulieren deinerseits dahintergesteckt hat. Wobei ich gar nicht in Zweifel stelle, dass deine Gefühle zu dem Zeitpunkt wirklich echt waren. Aber allein die Tatsache, dass du auch jetzt nach diesem ganzen Intermezzo noch immer sein Verhalten hinterfragst, und ihn eben "schwach" findest, lässt mich doch eher auch in die Richtung von Manipulation denken. Ich habe das übrigens einmal ähnlich gehändelt, was mich damals alles dazu antrieb, konnte ich aber auch erst später nach sehr viel Selbstreflexion erkennen. Nicht dass du denkst, ich theoretisiere hier jetzt nur. Ich erwartete mir damals auch irgendwie eine Art Wunder von meinem Therapeuten und war in gewisser Weise dann enttäuscht, als er mich nur ganz nüchtern ins Krankenhaus einwies.

Herzliche Grüße von

Caroline
Marte
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Registriert: 13. Apr 2004, 18:07

Re: Wie sollte ein Therapeut auf Suizidgedanken reagieren?

Beitrag von Marte »

Hallo Jolanda,

ich kann Deine Enttäuschung über die Reaktion Deines Therapeuten gut vestehen. Obwohl ich Carolines Argumente auch gut nachvollziehen kann, sind es aber eben (nur) rationale Erklärungen. Das kann helfen, Situationen besser zu verstehen, und vielleicht auch allmählich den Schmerz zu reduzieren. Aber erstmal ist nur Gefühl, Enttäuschung da.

Ich fühle mich bei so "kalten" Reaktionen meines Therapeuten unendlich einsam. Ich weiß aber und spüre es auch zu anderen Zeiten, dass er sehr einfühlsam und besorgt um mich ist. Wenn ich mich von ihm verletzt fühle, versuche ich immer mich an Situationen mit ihm zu erinnern, die ich als fürsorglich erlebt habe -auch eher ein rationaler Ansatz . Naja, aber es hilft mir machnmal.

Ob Dein Therapeut sich wirklich richtig verhalten hat? Wer weiß. Der Vorwurf, Du hättest ihn erpressen wollen, finde ich auch sehr unsensibel, besonders, da er jetzt im Urlaub ist. Ich habe aber das Gefühl, dass Du ihm sonst vertraust und dich bei ihm wohl fühlst??! Das ist jetzt wichtig!!

Ich wünsche Dir, dass Du die drei Wochen ohne ihn gut überstehst.

Liebe Grüße Marte
Lee
Beiträge: 1074
Registriert: 5. Jul 2004, 16:42

Re: Wie sollte ein Therapeut auf Suizidgedanken reagieren?

Beitrag von Lee »

Hi Jolanda,

ich habe erlebt, dass ein Therapeut sagte: "Aber, das tun Sie nicht!", und das Thema damit erledigt war. In einem Kriseninterventions-Suizid-Zentrum hieß es: "Und wenn Ihnen gar nichts mehr einfällt, dann sagen Sie das. Sie erpressen." Und ich habe auch ganz einfühlsame Fragen erlebt. "Richtig" ist in einem solchen Fall wohl, nicht zu delegieren (in deinem Fall an deinen Mann...), sondern den passenden Ansprechpartner zu benennen oder zumindest dabei zu helfen, ihn zu finden. Abblocken finde ich wenig hilfreich. Allerdings sind Theras auch nur Menschen, die manchmal mit den gleichen Ängsten und Vorurteilen behaftet sind, wie ihre Patienten - das aber nicht zugeben wollen. (Lies mal auf der Seite von Dr. Dorrmann unter www.krisenintervention.de in der Abteilung für Therapeuten den Artikel zu Ängsten von Therapeuten in Sachen Suizid...).

Viele Grüße
Lee
DepriXX
Beiträge: 1498
Registriert: 5. Feb 2004, 10:57

Re: Wie sollte ein Therapeut auf Suizidgedanken reagieren?

Beitrag von DepriXX »

hallo

bei akuten suizidgedanken kannst du sofort in die nächstgelegene psychiatrie gehen und mit dem avd (=arzt vom dienst) reden!
oder auch den notruf wählen!

was soll den dein therapeut machen? ich kann mit meinem therapeuten darüber reden!
er würde mich im fall der fälle, auch garantiert sofort einweisen lassen!

wenn es mir zu kritisch wird, dann lass ich mich selber einweisen!
--

liebe grüße

.::. DepriXX .::.



Data

Re: Wie sollte ein Therapeut auf Suizidgedanken reagieren?

Beitrag von Data »

Hallo Jolanda,

sehr interessantes Thema!


Hallo Lee,

schön, dich mal wieder zu lesen, hatte dich schon vermisst. Deinem obigen Beitrag stimme ich zu. Leider habe ich die von dir genannte Seite nicht gefunden, kannst du einen genauen Link angeben?


Gruß, Data
Lee
Beiträge: 1074
Registriert: 5. Jul 2004, 16:42

Re: Wie sollte ein Therapeut auf Suizidgedanken reagieren?

Beitrag von Lee »

Hi Data!

Dr. Dorrmann hat seinen Webauftritt leider umgestaltet.

Hier findest du den Beitrag:

1) www.krisen-intervention.de
2) links oben "Suizidprophylaxe" anklicken
3) ziemlich weit unten steht dann der Link "Ängste von Therapeuten"

Viele Grüße
Lee
jolanda
Beiträge: 1147
Registriert: 16. Okt 2003, 10:29

Re: Wie sollte ein Therapeut auf Suizidgedanken reagieren?

Beitrag von jolanda »

Hallo!

Erstmal Danke für Eure Antworten und das rege Interesse an diesem Thema.
Mein Therapuet ist kein Arzt, er hätte mich also nicht einweisen können. Seine einzige Möglichkeit wäre vielleicht gewesen, mich in ein Taxi zu setztn und schon mal die Klinik zu verständigen. Aber ob ich das mitgemacht hätte weiß ich garnicht. Wie gesagt, ich weiß eigentlich nicht genau, was ich von ihm erwartet habe. Da liegt dann doch der Verdacht, dass ich ihn in irgendeiner Weise "testen" oder meinetwegen auch manipulieren wollte schon nahe. Nur ist mir das ganicht bewußt.Mir ist nicht klar was mein Unterbewußtes da vorhatte. Es war mir wirklich ernst, das erschreckt mich so. Normalerweise wende ich mich in solchen Situaionen ja auch an den Krisendienst oder die Klinik - und spreche dann hinterher in der Therapie darüber. Beim lezten mal habe ich von der Klinik sogar einen Brief für meinen Therapeuten mitbekommen, nicht nur für die Ärztin. Nur diesmal wollte ich ja garkeine wirkliche Intevention, ich wollte es ja tun und dann doch wieder nicht, weil ich ja hoffte, er würde irgendwie reagieren.
Aber was mir wirklich unheimlich ist, ist dass sich da offenbar irgendwas in mir so stark gegen den Therapeuten auflehnt (oder was immer das auch ist), dass es mich - unbewußt- in echte Suizidpläne treibt.
Ich habe ja grundsätzlich Vertrauen zu ihm, aber in manchen Dingen bin ich mit dem, wie er mit mir umgeht nicht einverstanden. Meist schreibe ich ihm dann zur Beziehungsklärung Briefe (darüber habe ich hier auch schon geschrieben). Sicherlich gehört vieles davon auch zum therapeutischen Prozess. Aber das darf doch nicht soweit gehen, dass ich mir das Leben nehmen will. Ich verstehe mich da selber nicht und stehe mir irgendwie selbst kopfschüttelnd gegenüber. Und jetzt ist er drei Wochen nicht da, was sein gutes Recht ist, das weiß ich auch. Nur ich stehe nun da mit diesen Fragen und kann sie mit ihm nicht klären. Ich bin total verunsichert, weil ich nicht verstehe, was da gelaufen ist. Und zur Zeit bin ich sowieso schon so labil. Und ich finde es doch irgendwie ein bisschen wenig,wenn er sich lediglich darauf beruft, dass wir ja eine Vereinbarung hätten, dass ich mir nichts antue.
Er hat mir erst in der lezten Stunde vor seinem Urlaub gesagt, dass er dann nicht da sei und eben just in dem Moment, als ich ihm von meinen S-Gedanken erzählte. Den Termin am Freitag hat er mir erst später dann doch noch angeboten. Das finde ich definitiv zu kurzfristig, ich erwarte doch, dass er mir das rechtzeitig sagt und mit mir gemeinsam überlegt, wie ich die Zeit überbrücken kann. Seine Antwort auf diese Frage war lediglich ich solle mich eben notfalls an die Klinik wenden. Aber ich kann mich doch nicht einweisen, nur weil ich mal jemanden zum Reden brauche. Jetzt springt meine Ärztin mit Terminen ein, aber für die wäre es auch besser gewesen, das etwas früher zu wissen.
Erst nachdem ich dreimal darauf hingewiesen habe, dass ich das so nicht gut fand, hat er sich entschuldigt. Ich finde es gehört auch dazu, dass Therapeuten Fehler eingestehen. Es ist nicht alles nur meine "kranke" Sichtweise oder Wahrnehmung.
Klar, ich merke schon, dass mich das jetzt wütend macht, mehr als angemessen wäre. Und damit muss ich mich eben nun die nächsten drei Wochen rumplagen. Drum warte ich zur Zeit auch ganz bewußt noch, bevor ich ihm schreibe (was er mir auch erneut angeboten hat, dass ich das darf) damit ich dabei etwas reflektierter bin.
Es ist bei mir eben gerade ein furchtbares zerissen sein zwischen Gefühlen und Verstand (der auch nicht alles bereift).
Da ich vor lauter Grübeln die letzte Nach garnicht geschlafen habe, gehts jetzt ab ins Bett.

Liebe Grüße, Jolanda


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Feedom's just another word for nothing left to lose (Janis Joplin)
Nelia
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Registriert: 29. Sep 2004, 12:20

Re: Wie sollte ein Therapeut auf Suizidgedanken reagieren?

Beitrag von Nelia »

Liebe Jolanda,

wie Du ja weißt, bin ich auch schwer mit diesem Thema beschäftigt. Deine Geschichte hat mich sehr berührt. Ich kann sehr gut verstehen, dass Dich die Reaktion Deines Therapeuten sehr erschrocken hat. Das wäre mir wahrscheinlich auch so gegangen.
Aus genau diesem Grund ist es auch für mich mit Angst behaftet, dieses Thema in der Therapie anzusprechen.
Aber um auf Deine Ausgangsfrage einzugehen: Wie sollte ein Therapeut reagieren? Ich denke, das kommt einerseits darauf an, wie man das Thema anspricht - also ob vielleicht versteckte Drohungen enthalten sind oder konkrete Pläne - auf der anderen Seite kommt es darauf an, was man überhaupt besprechen will.
Ich frage mich z.B. andauernd, warum ich diese Gedanken habe. Es sind nur Gedanken, keine Pläne und ich würde von der Therapie erwarten, dass wir dahinterkommen, warum ich diese Gedanken ständig habe, warum ich diese Hintertürchen brauche und wie ich sie schließen kann. Dahinter stecken natürlich dann alle anderen Probleme, die sowieso andauernd in der Therapie aufkommen, denke ich. Vielleicht erwarte ich auch, dass endlich mal jemand meine Verzweiflung versteht und ihr den Wind aus den Segeln nimmt – schon allein dadurch, dass man über das Thema mal offen sprechen kann und so auch die irrationalen Gedankengänge bemerkt. Ich erwarte also, dass eine Besserung eintritt, sprich, diese Gedanken zu vertreiben oder wenigstens zu verstehen.

Eine weitere Frage, die auch dahintersteckt, ist die nach versteckten, unbewussten Absichten. Wollen wir den anderen manipulieren? Brauchen wir mehr Mitleid? Verständnis? Vielleicht einen Retter? So eine Phase hatte ich vor 14 Jahren, zum Glück ist das abgeschlossen. Die Gedanken, ein wertloser und lebensunfähiger Mensch zu sein, kommen bei mir trotzdem noch regelmäßig auf.

Wie ist das bei Dir? Kannst Du vielleicht versuchen, dahinterzukommen, was Du genau erwartet hast von Deinem Therapeuten? Wenn Du noch wütend bist: warum? Wenn Du enttäuscht bist, was hätte er anders machen sollen? Ich denke, so als Laie auf dem Gebiet der Behandlung von psychisch „kranken“ Patienten, dass er nicht angemessen reagiert hat. Interessant wäre die Frage gewesen, was genau gerade bei Dir los ist. Auch hätte er Dich viel früher mit seinem Urlaub konfrontieren müssen.

Ich hoffe, es geht Dir mittlerweile ein wenig besser und Du hast Dich wieder ein wenig aufgerappelt.

Liebe Grüße,
Nelia
DepriXX
Beiträge: 1498
Registriert: 5. Feb 2004, 10:57

Re: Wie sollte ein Therapeut auf Suizidgedanken reagieren?

Beitrag von DepriXX »

hallo jolanda

du schriebst: "Mein Therapuet ist kein Arzt, er hätte mich also nicht einweisen können. "

da irrst du dich aber gewaltig. wenn du akute suizidgedanken und gefahr für dein leben besteht, kann er eine einweisung veranlassen!
--

liebe grüße

.::. DepriXX .::.



Life
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Registriert: 12. Okt 2004, 18:27

Re: Wie sollte ein Therapeut auf Suizidgedanken reagieren?

Beitrag von Life »

Hallo Jolanda!

Ich befinde mich seit fast zwei Jahren in Psychotherapie und kann von meinen Therapeuten leider auch nicht behaupten, dass ich mich komplett bei ihm aufgehoben fühle. Ich habe bisher auch immer alle möglichen Themen und Gedanken offen ausgesprochen, die in meinem Kopf rumgeistern und mir das Leben zur Hölle machen. Leider musste ich dabei auch oft feststellen, dass mein Therapeut damit überfordert zu sein scheint. Oftmals hört er sich die Dinge nur an, ist dann irgendwie entsetzt und möchte ein neues Medikament verordnen. Jemanden über das entsetzt zu sehen, was ich denke, bringt mich jedoch keineswegs weiter, sondern macht mich im Gegenteil mit meinen Ängsten noch viel einsamer.

Ich denke also schon, dass viele ambulante Therapeuten mit solch heiklen Themen überfordert sind und oftmals nicht angemessen reagieren können, was dann widerrum oftmals zur Folge hat, dass man sich in der Therapie verschließt und GEdanken und Gefühle hinterm Berg hält, um nicht "aufzufallen". Die Therapie verliert so ihren Sinn.

Aber mal alle Hand aufs Herz: Sind solche Gedanken nicht auch vollkommmen menschlich, wenn man sich in die Ecke gedrängt fühlt und das GEfühl hat, mit dem Rücken an der Wand zu stehen. Was wird von wirklich kranken Menschen erwartet? Dass sie noch weiterhin freudig ihren Lebensalltag bestreiten, so also ob nichts wäre?

Freue mich über Feedback,
Life!
Just be!
rapunzel12

Re: Wie sollte ein Therapeut auf Suizidgedanken reagieren?

Beitrag von rapunzel12 »

Hallo Jolanda,

ich finde das Verhalten Deines Therapeuten auch recht seltsam. Du erzählst ihm, von Deinen ganz konkreten S-Gedanken und er wischt so darüber weg, als hätte er es nicht gehört, alamiert dann aber doch Deinen Mann. Warum konnte er Dir nicht zeigen, daß er sich echt Sorgen um Dich gemacht hat? Er hätte dieses Thema und Deine Gründe dafür hinterfragen sollen und auch Dich direkt fragen, ob es so schlimm ist, ob Du Dich genug im Griff hast, oder eine Einweisung ins Krankenhaus not tut. Dabei ruft er hinter Deinen Rücken Deinen Mann an, ohne es Dir vorher zu sagen.
Dann die Sache mit dem unangekündigten Urlaub, echt mies!
Ich würde mich langsam nach einem anderen Therapeuten umsehen.
Ich selbst plage mich seit meiner Jugend mehr oder weniger mit S-Gedanken. Hab auch schon ernsthafte Versuche hinter mir. Mein jetziger Therapeut hat gesagt, daß er etwa ein Jahr brauchen wird, um mich von diesen Gedanken, daß ich mir immer gern die Hintertür offenhalte, abzubringen. Wenn ich ihm zwischendurch von meinen S-Gedanken erzähle, dann nimmt er es immer ernst. Allerdings habe ich dann auch manchmal das Gefühl, daß er von mir enttäuscht ist, weil ich noch immer mit dem Tod flirte. Das macht ihn aber doch nicht zu einem schlechten Therapeuten, ich bin halt sehr hartnäckig.

Ich hoffe das Beste für Dich und vielleicht fragst Du mal Deine Ärztin, wie Sie die Reaktion Deines Therapeuten einschätzt.

Liebe Grüße
jolanda
Beiträge: 1147
Registriert: 16. Okt 2003, 10:29

Re: Wie sollte ein Therapeut auf Suizidgedanken reagieren?

Beitrag von jolanda »

Hallo!

Also, damit hier kein falscher Eindruck entsteht. Ich fühle mich immer noch bei meinem Therapeuten richtig. Ein Grund warum ich mich für ihn entschieden habe war, weil ich beim ersten Kennenlernen gleich ein gutes Gefühl hatte und auch den Eindruck, dass er sehr viel Erfahrung hat. Manchmal schafft er es mit ein paar scheinbar aus der Luft gegriffenen Fragen wirklich den Kern eines Problems zu treffen.
Wenn ich nun auf die ganze Geschichte zurückblicke bin ich mittlerweile auch unsicher, ob er nicht doch genau richtig reagiert hat.
Ich bin zwar immer noch enttäuscht aber mir es hat auch eine Entwicklung ausgelöst. Ich bin mir mittlerweile ziemlich sicher, dass ich da sehr sehr unterbewusst eine Grenze ausgetestet habe. Vielleicht hat er das gemerkt und vielleicht hat er es ja doch richtig eingeschätzt, dass ich es nicht tun werde, obwohl ich mir da selber nicht sicher war in dem Moment.
Jedenfalls ist es inzwischen so, dass ich merke, dass ich da an einer Grenze in unserer Beziehung war und dass es gut war, dass er sich nicht in Panik hat versetzten lassen. Ich glaube, ich wollte ihn aus der Reserve locken und das ist nicht gelungen und nun verspüre ich fast soetwas wie Erleichterung, denn nun sind die Grenzen geklärt und vielleicht habe ich soetwas nun nicht mehr "nötig". Er hat mir am Freitag danach nämlich duraus gesagt, dass er meine Empfindungen ernst nimmt, nur habe ich das in meiner Wut fast überhört.
Tatsache ist, dass mittlerweile die Suizidgedanken wie weggeblasen sind und das ist richtig befreiend. Kann schon sein, dass sie wieder auftauchen, sie begleiten mich ja auch schon sehr lange, aber im Moment sind sie weg und das ist gut.
Es ist schwierig zu beschreiben, was gerade in mir vorgeht, ich glaube aber da findet gerade eine ganz wichtige Entwicklung statt.
Er ist jetzt drei Wochen nicht für mich da (dass er das zu spät gesagt hat ist doof, aber das hat er ja eingestanden) und ich muss jetzt einfach vieles alleine mit mir ausmachen. Natürlich kann ich mit meinem Mann sprechen oder mit Freunden, aber das ist was anderes. Ich ertappe mich oft dabei wie ich denke, dies oder jenes würde ich jetzt gerne mit dem Therapeuten besprechen aber es geht nicht und nach einer Weile kriege ich es selber klar oder kann mir eine mentale Notiz machen (oder sogar schriftlich) damit ich es später ansprechen kann und dann ist es ok. Das ist neu für mich aber es fühlt sich gut an.
Ich merke auch, dass es für mich tatsächlich gut zu sein scheint, dass er nicht sonderlich empathisch ist. Er nimmt mich ernst, das merke ich, aber er bleibt dabei meistens sehr professionel distanziert bzw. sachlich. So meinte er z.B. mal ich müsse nicht übertreiben, nur damit er mir glaubt. Ich denke, wenn jemand sehr mitfühlsam wäre, dann wäre das zwar oft durchaus sehr wohltuend aber ich würde auch dazu neigen, mich eben nur noch auszuheulen. So bringt er mich doch immer wieder auf den Boden zurück, bzw. auf die Spur unseres therapeutischen Weges. Das ist manchmal sehr hart und ich glaube in ganz extremer Form ist das auch mit dieser suizidalen Krise so gewesen.
Das sind alles Dinge, die mir erst in den letzten Tagen bewusst geworden sind, auch dadurch, dass ich hier darüber geschrieben habe. Also danke nochmal für Eure Antworten, auch wenn ich nicht auf jeden einzeln eingehe.
Meine Ärztin fand an seiner Reaktion nicht unbedingt was auszusetzten.
Was auch ein seltsamer Mechanismus bei mir ist, ist dass ich ja selber hier schon über meinen Therapeuten geschimpft habe und auch durchaus schon den Impuls hatte, die Therapie abzubrechen, aber wenn mir jemand empfiehlt, den Therapeuten zu wechseln, dann merke ich, dass ich das garnicht ernsthaft will und dass ich sogar anfange, ihn zu verteidigen.
Das ist jetzt doch lang geworden, wollte mich eigentlich nur kurz zu Wort melden, bevor ich ins Bett gehe. Durch das Schreiben sehe ich aber nun manches klarer. Schön, dass es dieses Forum gibt.

Liebe Grüße, Jolanda


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Feedom's just another word for nothing left to lose (Janis Joplin)
Sarah
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Beitrag von Sarah »

kleine-lady
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Re: Wie sollte ein Therapeut auf Suizidgedanken reagieren?

Beitrag von kleine-lady »

also,ich wollte auch nicht mehr.......
Da sagte mein Arzt: SOFORT ab in die Klinik,ich muß Sie einweisen!!!

Ich mußte versprechen,dass ich mir nix antue,
und so durfte ich dann in der Stadt zur Psycho-Therapie!

Die Psychaterin sagte auch:Sie müssen mir versprechen.....das Sie nicht,
sonst muß ich Sie sofort einweisen,denn die Verantwortung übernehme ich nicht.

Ich hatte Ihr auch versprochen,das ich mir nichts antue und so durfte ich dann bei Ihr in Behandlung bleiben.
Ich merkte das Sie mir helfen kann,ich hatte sofort Vertrauen zu Ihr,und das war gut so.

In die Klinik wollte ich auf gar keinen Fall,
aber - was soll den der Arzt sonst machen ? Er kann doch gar nicht anders,und ich denke das ist auch verantwortungsbewußt.
In der Klinik ist man halt ständig unter Aufsicht,was ja manche echt brauchen.
! - " ich bekämpfe meine Krankheit nicht, ich toleriere sie und lasse mich von ihr nicht bestimmen."


! - "niemand hat uns versprochen, dass das Leben einfach ist."
LadyDepresse
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Re: Wie sollte ein Therapeut auf Suizidgedanken reagieren?

Beitrag von LadyDepresse »

Hallo Jolanda,

auch ich hatte schon S-Gedanken und habe mit meiner Therpeutin gesprochen.
Es wurde dann thematisiert. Sogar wie ich es machen wollen wuerde. Sie ht mich gefragt welches Gefuehl mich dazu bewegt und welches Gefuehl ich dadurch befreien wollen wuerde.
Haeufig hat es bei mir damit zu tun mic zu kontrollieren, und diese Leere durch einen großen Schmerz zu ersetzen.
Dieses auseinanderklamuesern hilft mir diese Gedanken zu verstehen und besser dagegen anzugehen.
Ich denke, sowas sollt ein Therapeut druaf haben!

Liebe Grueße
Lady Depresse
gelberosen
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Registriert: 26. Jul 2003, 08:20

Re: Wie sollte ein Therapeut auf Suizidgedanken reagieren?

Beitrag von gelberosen »

Ein ehemaliger Arzt wollte mich auch gleich in die Klinik einweisen, als ich von Selbstmordgedanken erzählt habe. Ich habe mich so über seine Aussage erschreckt, denn in eine Klinik wollte ich auch nicht, und ich hätte es auch nicht gemußt. Erst als ich ihm gesagt habe, daß ich mir ja gar nichts antun will, meinte er auch, daß ich nicht unbedingt in eine Klinik muß. Bei der anschließenden Beratung im Frauentherapiezentrum hat mir die Psychologin gesagt, daß die Ärzte sehr schnell damit sind, einen in eine Klinik schicken zu wollen und daß das gar nicht immer nötig ist, daß man ambulant sehr viel auffangen kann. Sie gab mir die Adresse einer anderen Ärztin, zu der ich mich aber aufgrund meiner Trägheit erst viel später hingetraut habe. Heute bin ich sehr zufrieden mit ihr und würde zu meinem alten Arzt nie wieder hingehen.

Im letzen Frühjahr hatte ich wieder Selbstmordgedanken. Ich habe mich so erschreckt darüber. Ich habe noch am gleichen Tag meine Therapeutin angerufen und ihr schon am Telefon davon erzählt. Ich habe gleich am selben Tag noch einen Termin bei mir bekommen. Ohne Umschweife ging sie sofort darauf ein: Zuerst einmal fragte sie mich, ob die Gedanken flüchtig oder drängend waren. Ich sagte ihr, daß sie flüchtig waren, daß ich sowas selten habe und mich mehr darüber erschreckt habe, daß ich sie überhaupt wieder habe. Sie fragte mich noch, woran ich zuerst in Verbindung mit den Selbstmordgedanken denke. Ich erzählte von der Reaktion des Arztes. Sie sagte darauf, daß es vom Gedanken bis zur Tat ein langer Weg ist. Von Klinik war keine Rede. Einige Zeit später wurde dann selbstzerstörerisches Verhalten so langsam zum Thema. Bei der Therapeutin bin ich heute noch, und ich bin sehr zufrieden mit ihr.


@ Sarah:
Dein Therapeut hilft dir nicht, daß es dir besser geht? Hast du hier nur Frust abgelassen, oder hilft er dir wirklich nicht?


Gruß
die Besserung
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