Depressiven Freunden helfen, aber wie ?

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sternchen_blue
Beiträge: 0
Registriert: 23. Jul 2004, 08:32

Depressiven Freunden helfen, aber wie ?

Beitrag von sternchen_blue »



Hallo, ich weiß langsam nicht mehr was ich tun und/oder denken soll.

Ich habe einen Freund der depressiv ist.
Als ich ihn vor einigen Jahren kennenlernte war er noch ganz anders.

Seine Depressionen steigern anscheinend noch..immer häufiger treten diese auf, die Abstände dazwischen werden anscheinend immer kürzer.

Anfangs habe ich das noch nicht so ernst genommen aber seit nun einiger Zeit mache ich mir echt Sorgen. Oft habe ich versucht ihm zu helfen, aber meißtens hat er abgeblockt, sogar gesagt, dass ich ihn in Ruhe lassen soll.

Er wacht früh auf, kann schlecht schlafen und ist generell sehr launenhaft.
Wenn er schreibt oder anruft geht das nicht ohne dass er seine pessimistischen Äußerungen von sich gibt und beinahe rumjammert.

Des weitere zeigt sich anscheinend in vielen Situationen, dass er scheinbar mit sich selbst nicht "im Reinen" ist und nicht weiß was er will.
Er sagt im einen Moment Sachen, die er dann im nächsten wieder zurücknimmt.

Langsam weiß ich nicht was ich noch glauben soll. Ich habe z.Bsp. versucht auf ihn einzureden, im Alternativen zu bieten, aber er fühlte sich zu schnell unter Druck gesetzt.

Viele Sachen redet er sich meiner Meinung nach nur ein.
Er meint, seine Freunde hätten kein Interesse an ihm, wir wollten ihn nicht debei haben..usw. usf.
Damit macht er es eigentlich jedoch nur schlimmer.

Sehr lange bin ich "Hinter ihm hergelaufen" und habe immer versucht ihm bei seinen Depressionen zu helfen..zu forschen, woher das kommt und was wir tun könnten.

Aber oft hat er meine Hilfe fehlinterpretiert und gemeint ich würde ihn für komplett bekloppt halten.

Was erst so schien als bade er hin und wieder einfach mal im Selbstmitleid ist mittlerweile zu einem großen Problem geworden. Und das wollte er nie. Er weiß, dass das andere belasten kann und wollte auch deshalb meine Hilfe nicht. Ich habe ihm versucht klar zu machen, dass ich damit umgehen könnte, aber er hat den Kontakt erstmal abgebrochen.

Es war für mich als gingen wir einen Schritt nach vorn und zwei zurück.

Was ich nun krass finde ist auch, dass viele seiner Freunde sich langsam abwenden, weil er leider auch sehr ungerecht werden kann.
Er gibt seinen Freunden die Schuld für seine depressionen und behauptet er würde bei Streitigkeiten immer die ganze Schuld auf sich nehmen... Und das stimmt nicht.

Er verlangt von seinen Mitmenschen, dass Sie sich in Vielerlei Hinsicht ändern, ist aber selbst kein STück weit bereit dies zu tun.

Mir liegt sehr viel an ihm, und so mancher hätte die Freundschaft vermutlich schon aufgegeben. Viele haben schon auf mich eingeredet, dass ich ihn in ruhe lassen soll und ich so besser leben könnte.

Ich weiß langsam echt nicht mehr was ich tun soll...ich will ihn nur nicht verlieren.

Vielleicht habt ihr ja ein paar Ratschläge, habt eigene Erfahrungen und könnt mir sagen wo ich sonst noch Hilfe und Unterstützung finde und wo ich mich informieren kann.

Ciao
Sternchen
sternchen_blue
Beiträge: 0
Registriert: 23. Jul 2004, 08:32

Re: Depressiven Freunden helfen, aber wie ?

Beitrag von sternchen_blue »

Mélange
Beiträge: 18
Registriert: 23. Jul 2004, 10:22

Re: Depressiven Freunden helfen, aber wie ?

Beitrag von Mélange »

hallo sternchen, ich bin ganz neu hier bei euch, habe aber früher schon einmal an einem Forum Teil genommen und leide selber seit vielen Jahren unter einer schweren Depression, die ich allerdings inzwischen mit Medikamenten, ärztlicher und therapeutischer Hilfe so weit in den Griff bekommen habe, dass ich ein lebenswertes Leben führen kann. Durch Klinikaufenthalte bin ich auch in die Situation gekommen, Menschen kennen zu lernen, denen ich gern helfen wollte. Nach allen Erfahrungen in dieser Hinsicht muss ich inzwischen sagen: wenn jemand wirklich depressiv krank ist, können ihm nur Fachleute helfen. Freunde und Familie können Unterstützung geben, wenn er den ersten Schritt tut und die Depression akzeptiert und sich professionelle Hilfe holt. Liebe und Freundschaft allein heilen nicht, sie führen eher dazu, dass auch der engagierte Helfer eines Tages krank wird.
Die Frage ist deshalb: wie bringt man einen Menschen zu der Einsicht, dass er professionelle Hilfe annehmen muss, wenn es ihm wirklich besser gehen soll? Auch hier muss man sehr behutsam vorgehen, ich finde das sehr schwierig.

Gespräche entlasten nur kurz, die Depression kehrt schon bald in voller Stärke zurück. Private Helfer machen dich nur selbst kaputt.
Mich interessieren wirklich die Meinungen der anderen.
Mélange
sternchen schrieb:
>
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> Hallo, ich weiß langsam nicht mehr was ich tun und/oder denken soll.
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> Ich habe einen Freund der depressiv ist.
> Als ich ihn vor einigen Jahren kennenlernte war er noch ganz anders.
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> Seine Depressionen steigern anscheinend noch..immer häufiger treten diese auf, die Abstände dazwischen werden anscheinend immer kürzer.
>
> Anfangs habe ich das noch nicht so ernst genommen aber seit nun einiger Zeit mache ich mir echt Sorgen. Oft habe ich versucht ihm zu helfen, aber meißtens hat er abgeblockt, sogar gesagt, dass ich ihn in Ruhe lassen soll.
>
> Er wacht früh auf, kann schlecht schlafen und ist generell sehr launenhaft.
> Wenn er schreibt oder anruft geht das nicht ohne dass er seine pessimistischen Äußerungen von sich gibt und beinahe rumjammert.
>
> Des weitere zeigt sich anscheinend in vielen Situationen, dass er scheinbar mit sich selbst nicht "im Reinen" ist und nicht weiß was er will.
> Er sagt im einen Moment Sachen, die er dann im nächsten wieder zurücknimmt.
>
> Langsam weiß ich nicht was ich noch glauben soll. Ich habe z.Bsp. versucht auf ihn einzureden, im Alternativen zu bieten, aber er fühlte sich zu schnell unter Druck gesetzt.
>
> Viele Sachen redet er sich meiner Meinung nach nur ein.
> Er meint, seine Freunde hätten kein Interesse an ihm, wir wollten ihn nicht debei haben..usw. usf.
> Damit macht er es eigentlich jedoch nur schlimmer.
>
> Sehr lange bin ich "Hinter ihm hergelaufen" und habe immer versucht ihm bei seinen Depressionen zu helfen..zu forschen, woher das kommt und was wir tun könnten.
>
> Aber oft hat er meine Hilfe fehlinterpretiert und gemeint ich würde ihn für komplett bekloppt halten.
>
> Was erst so schien als bade er hin und wieder einfach mal im Selbstmitleid ist mittlerweile zu einem großen Problem geworden. Und das wollte er nie. Er weiß, dass das andere belasten kann und wollte auch deshalb meine Hilfe nicht. Ich habe ihm versucht klar zu machen, dass ich damit umgehen könnte, aber er hat den Kontakt erstmal abgebrochen.
>
> Es war für mich als gingen wir einen Schritt nach vorn und zwei zurück.
>
> Was ich nun krass finde ist auch, dass viele seiner Freunde sich langsam abwenden, weil er leider auch sehr ungerecht werden kann.
> Er gibt seinen Freunden die Schuld für seine depressionen und behauptet er würde bei Streitigkeiten immer die ganze Schuld auf sich nehmen... Und das stimmt nicht.
>
> Er verlangt von seinen Mitmenschen, dass Sie sich in Vielerlei Hinsicht ändern, ist aber selbst kein STück weit bereit dies zu tun.
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> Mir liegt sehr viel an ihm, und so mancher hätte die Freundschaft vermutlich schon aufgegeben. Viele haben schon auf mich eingeredet, dass ich ihn in ruhe lassen soll und ich so besser leben könnte.
>
> Ich weiß langsam echt nicht mehr was ich tun soll...ich will ihn nur nicht verlieren.
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> Vielleicht habt ihr ja ein paar Ratschläge, habt eigene Erfahrungen und könnt mir sagen wo ich sonst noch Hilfe und Unterstützung finde und wo ich mich informieren kann.
>
> Ciao
> Sternchen
Martina71
Beiträge: 315
Registriert: 27. Jun 2003, 01:35
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Re: Depressiven Freunden helfen, aber wie ?

Beitrag von Martina71 »

Hallo Sternchen,

das ist ein echtes Problem. Wenn man eine Depression hat, zieht man sich zurück, bis man selbst bereit ist, etwas zu tun. Wenn dein Freund noch nicht soweit ist, kannst du eigentlich nicht sehr viel tun. Ist leider so. Als es bei mir anfing, stand mein Freund auch hilflos der ganzen Sache gegenüber. Aber er ist bei mir geblieben und war für mich da. Wenn ich mich zurückgezogen habe, hat er es akzeptiert- was ihm nicht immer leicht gefallen ist. Heute tut mir das auch verdammt weh, wenn ich so zurückdenke, wie ich ihn zeitweise "behandelt" habe. Und der Freundeskreis schrumpft drastisch. Das kennen wir... leider.
Was eine Möglichkeit ist, an ihn ranzukommen, schreib ihm deine Gefühle auf. Gib ihm den Brief dann und er kann selbst entscheiden, wann er ihn lesen wird und auch, wann er mit dir darüber reden will. Ich denke mal, wenn er es liest, ist der "Druck" nicht so groß wie wenn du ihn darauf ansprichtst. (ich war immer nur genervt ohne Ende, wenn mein Freund oder auch meine Eltern mich darauf angesprochen haben- wollte nur meine Ruhe haben.) Das Problem ist, das man sich in diesen Phasen selbst nicht leiden kann- und da kommen die Gedanken wie: wenn ich das schon nicht kann, wie können das dann andere? Und so gehen die Gedankengänge weiter. Es ist ein Teufelskreis- bis hin zum Verfolgungswahn (alle denken schlecht über mich, lachen über mich, die sind schuld daran, weil sie mich so behandeln.... usw)
Biete ihm an, das du für ihn da bist wenn er dazu bereit ist. Erkundige dich nach guten Ärzten (Neurologe) und einem guten Psychologen. Hilf ihm dabei, eine Thera zu machen, fahr ihn zu den Terminen (natürlich muss er das auch alles wollen) und lass ihm aber auch Zeit wenn er sie braucht. Es geht nicht von heut auf morgen.
Wünsch dir und ihm viel Erfolg- er kann froh sein, jemanden wie dich zu haben... wirklich wahr.
VLG Martina
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Das menschliche Dasein ist zu beschwerlich, darum will man es wenigstens in der Phantasie abschütteln!



(Franz Kafka)
doxi
Beiträge: 6
Registriert: 26. Jul 2004, 11:03

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Beitrag von doxi »

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bs

Re: Depressiven Freunden helfen, aber wie ?

Beitrag von bs »

Hallo Sternchen,

(mein Mann nennt mich auch Sternchen, hier bin ich aber Lieschen)

Die Idee mit der professionellen Hilfe und Therapie ist m.E gut. Die Frage ist nur, wie das einem Betroffenen schmackhaft machen.

Ich selbst ahnte seit ca. 20 Jahren, dass ich eine Psychotherpie gebrauchen könnte, (Magersucht, soziale Unsicherheit, unangemessenes Verhalten, Isolation, immer müde) aber ich habe in jeder Krise, in der das Thema wieder an die Oberfläche kam, Scham und Angst bekommen und mich selbst beschwichtigt: Ach, so´n Quatsch, das kriegst Du auch alleine in den Griff, habe die Schuld für Konflikte grundsätzlich bei anderen gesucht und ernsthaft gelaubt, dass mich niemand wirklich leiden kann (wie Dein Freund).

Dann kam ein Zusammenbruch, bei dem ich mich von meinem Hausarzt erstmals habe krankschreiben lassen. Mir dämmerte auch so langsam, dass sie anderen schon okay sind, dass aber mit mir etwas nicht stimmt. (Möglicherweise eine wichtige Voraussetzung, um Hilfe anzunehmen?)
Der Arzt sagte dann das Wort Depression. Daraufhin habe ich mich darüber informiert, was eine Depression ist, wie sie entsteht etc.

Die ausschlaggebenden Informationen waren für mich:

a) dass die Depression eine Krankheit ist und

b) dass bei Depressiven ein veränderter Gehirnstoffwechsel vorliegt

dass nämlich durch den Mangel an Neurotransmittern (wie Serotonin) gar nicht erst positive Gefühle entstehen können, selbst wenn man sich noch so anstrengt und die gutgemeintgen Ratschläge der Mitmenschen (Sie dürfen das alles nicht so negativ sehen!) auch gerne annehmen möchte.

Alle Bücher, die ich las, sagten, dass einem Depressiven das wegen der Gehirnchemie einfach nicht möglich ist!!!

Durch diese Information hatte ich auf einmal keine Schuld mehr. Ich bin krank, die Krankheit hat einen Namen und: sie ist behandelbar.

Daher konnte ich ohne Scham einen Psychiater aufsuchen und um Hilfe bitten.
Inzwischen habe habe ich ein passendes Medikament, habe eine verbesserte Grundstimmung und mache dadurch Fortschritte in sozialen Situationen. Alle Menschen erscheinen mir viel netter als früher.


Vielleicht hilft Dir das einwenig bei der Überzeugungsarbeit.
Ich wünsche Dir viel Erfolg dabei.

Lieschen
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