Psychotherapie - wirklich die Methode der Wahl bei Depression???

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QqE3zumawS
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Psychotherapie - wirklich die Methode der Wahl bei Depression???

Beitrag von QqE3zumawS »

Hallo liebes Forum,

Habe seit längerer Zeit mit Interesse Eure Beiträge hier im Forum verfolgt. Mit meinen mindestens 20 Jahren Depressions-Erfahrung fühle ich mich hier direkt „zu Hause“.
Kurz zu meiner Person. Ich bin jetzt 45 Jahre alt und habe mein Leben wirklich gründlich in den Sand gesetzt – und dies obwohl ich ganz objektiv betrachtet über die besten Voraussetzungen verfüge, um in unserer etwas unterkühlten Leistungsgesellschaft richtig Karriere zu machen. Die Depression setzte einschleichend während der Pubertät ein und nahm bis heute sowohl in Intensität als auch Dauer kontinuierlich zu. Nun ist sie seit etwa 3 Jahren mein hartnäckiger Dauerbegleiter mit all ihren hier schon hinlänglich diskutierten Begleiterscheinungen.

Aus letzterem ergibt sich auch das Thema, über dass ich mit Euch gerne in diesem Thread diskutieren würde. Fällt mir nicht gerade leicht, hier etwas zu posten und dann sogar gleich mit einem eigenen Thema einzusteigen – mh, könnte arg egoistisch erscheinen.
Und um dem Ganzen noch die Krone aufzusetzen, handelt es sich auch noch um ein Thema, von dem ich nicht weiß, ob es opportun ist, es hier offen anzusprechen, nämlich „aktuell praktizierte Psychotherapie – wirklich die Methode der Wahl zur Depressionsheilung?!“

Ich halte es allerdings für ziemlich wichtig und wesentlich auf dem Weg zur Entwicklung eines Gefühls von Eigenverantwortung. Und ich habe den Eindruck, dass sich diese Frage wie ein unsichtbarer Geist durch viele Threads in diesem Forum zieht.

Wenn meine Zeit der Psychotherapie Revue passieren lasse, stellen sich mir folgende Fragen.

1. Wie kam ich zur Psychotherapie, was war der Grund?
2. Gab es Alternativen?
3. Was hat die Psychotherapie in den vielen Jahren bewirkt? (Aufwand und Ergebnis)?
4. Wie wäre der Krankheitsverlauf ohne PT? (fiktiv)
5. Welche Konsequenzen ergeben sich aus den eigenen Erfahrungen und aus denen vieler Mitpatienten?

Ich hatte einstmals große Probleme überhaupt zuzugeben, dass ich psychoth. Hilfe nötig hätte – halt!, dieser Satz erscheint mir schon falsch. Besser ist: ich hatte Probleme zuzugeben, dass ich psychische Schwierigkeiten hatte. Nun gibt es hier natürlich viele Hilfsangebote, die man in Anspruch nehmen könnte – z.B. Psychotherapie, Glaube, Esoterik, Naturheilkunde, Familie etc. Da ich Atheist bin, griff auch ich, wie viele andere hier im Forum auch auf das vordergründigste HILFSANGEBOT zu, nämlich die Psychotherapie. Der Verlauf meiner Erkrankung blieb völlig unbeeinflusst von der mehr oder weniger regelmäßigen Psychotherapie der letzten 13 Jahre. Und ich glaube, dass ich dabei, sowohl was die Kliniken als auch was die ambulanten Therapeuten angeht, recht großes Glück hatte.

Die Frustration über ausbleibende Erfolge als auch das zunehmend schwindende Vertrauen in die tatsächlichen Hilfsmöglichkeiten der Psychotherapie wirken sich doch gerade hinsichtlich der Depressionsausprägung verheerend aus, insbesondere, da ich keine Alternative erkennen kann.
Um es klar zu formulieren – nicht der ausbleibende Therapieerfolg selbst ist bei mir die Ursache für diese enorme Frustration, sondern vielmehr zwei andere Gründe:

1. Der allgemeine Tenor der Psychotherapie: WIR KÖNNEN DIR HELFEN! und die tatsächliche Ausübung dieses Hilfsangebotes in der Praxis
2. Dass beim Abzeichnen des Misserfolges alle Therapeuten mir zu verstehen gaben, ich wolle nicht.

Ich werde hier fürs Erste mal besser schließen, ehe ich zu lang werde. Ich habe eh das Gefühl jedem Satz noch zwei zur Erläuterung hinzufügen zu müssen, um nicht missverstanden zu werden.
Nur noch soviel: Inzwischen ist meine große Enttäuschung einer durchaus nichtresignativen Desillusionierung gewichen mit einem leichten Antrieb Richtung Suche nach alternativen (Therapie?)-Formen.

Warte gespannt und ein wenig ängstlich auf Eure Meinungen und Anregungen.

Gruß Siggi
albert
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Re: Psychotherapie - wirklich die Methode der Wahl bei Depression???

Beitrag von albert »

Hallo Siggi,
warum ängstlich?
ich habe das gleiche Problem auch jahrelang mit mir herumgeschleppt, bis ich ein Erlebnis hatte. Danach habe ich mich auf Dinge eingelassen, die Dr. Niedermeier verabscheut und das hat mir gut getan.
Alles Gute für dich!
Gruß
Albert
QqE3zumawS
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Re: Psychotherapie - wirklich die Methode der Wahl bei Depression???

Beitrag von QqE3zumawS »

Hallo Albert,

Danach habe ich mich auf Dinge eingelassen, die Dr. Niedermeier verabscheut und das hat mir gut getan

Was hat Dir gut getan - die Dinge an sich oder dass es Dr. Niedermeier nicht gefallen hat?
Die "Dinge" würden mich schon mal interessieren - so als Alternativanregung.

Gruß Siggi
Marte
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Re: Psychotherapie - wirklich die Methode der Wahl bei Depression???

Beitrag von Marte »

hallo ihr zwei,

na, da bin ich doch etwas skeptisch. ich vertraue nach wie vor den üblichen maßnahmen der therapeuten und ärzte.

aber! mein psychoanalytiker weiß nicht, ob es nützt, dass ich ihn regelmäßig besuche. also: kein heilsversprechen! insofern habe ich dann doch die besten chancen, das es hilft, oder?

mit euphorischen grüßen. marte
albert
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Re: Psychotherapie - wirklich die Methode der Wahl bei Depression???

Beitrag von albert »

Hallo Siggi,
ich will hier nicht wiederholen, was ich schon mal geschrieben habe.
Du kannst meinen Namen und/oder Schamanismus in die Suchfunktion eingeben und findest meine Beiträge, teils im Archiv.
Ich unterschreibe gerne viel von dem, was die Schulmedizin sagt, bin ja selbst Naturwissenschaftler. Aber Lehrmeinungen (=Dogmen) haben ihre Grenzen. Mein Interesse am Geisterglauben kommt aus einer gewissen grenzüberschreitenden Haltung. Auch der Geisterglauben an sich ist ein interessantes Phänomen.
Die schamanische (Traum)Reise kann wohl wissenschaftlich beschrieben und analysiert werden, aber es ist damit wie mit dem Orgasmus. Wer das nicht erlebt hat, kann es nicht in der vollen Breite erfassen.
Eine therapeutische Beziehung kann nur dann erfolgreich sein, wenn zwischen Patient und Therapeut die gleiche Wellenlänge herrscht, egal mit welcher therapeutischen Methode gearbeitet wird. Deshalb ist meine frühere Therapeutin heute mein Schutzengel.
Hallo Marte,
du hast recht, als es kein Heilsversprechen gibt. Ich muss die nötigen Schritte selber tun. Der Therapeut kann nur Anstöße geben. Wenn einer Heilsversprechen gibt, dann darf ich in ihm eine gehörige Portion Sektenwesen oder eine gewisse Überheblichkeit vermuten.
Herzlichen Gruß
Albert
albert
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Re: Psychotherapie - wirklich die Methode der Wahl bei Depression???

Beitrag von albert »

Entschuldigung,
war zweimal abgeschickt.
QqE3zumawS
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Registriert: 21. Mai 2004, 23:12

Re: Psychotherapie - wirklich die Methode der Wahl bei Depression???

Beitrag von QqE3zumawS »

Ja Albert,

Habe mich inzwischen ein wenig mit Deinen Postings vertraut gemacht.
Dein Beitrag gibt mir gerade zu denken, ob meine Überschrift für den Thread nicht eher etwas irreführend ist. Die Psychotherapie an sich ist sicherlich nicht das Problem, sondern eher die Art und Weise, wie sie in der Praxis umgesetzt wird.

...Eine therapeutische Beziehung kann nur dann erfolgreich sein, wenn zwischen Patient und Therapeut die gleiche Wellenlänge herrscht, egal mit welcher therapeutischen Methode gearbeitet wird....

Ein wirklich weiser Satz. Ich denke, dass diese Aussage von Dir den Kern des Problems berührt. Nicht die Methode an sich (Psychotherapie, Schamanismus, fernöstliche Meditationenen etc.) sind der Faktor, der die Erfolgsrate bei der Depressionsheilung bestimmt, sondern vielmehr die (therapeutische) Beziehung zum Helfenden. Du hast offenbar jemand gefunden, der Dich wirkungsvoll auf dem Weg der Heilung unterstützen kann. Ein beneidenswertes Glück, wie ich und viele hier im Forum finden. Nach meinen Erfahrungen gleicht es tatsächlich einem Sechser im Lotto einen solchen Begleiter zu finden. Es wäre in diesem Zusammenhang sehr interessant, mal zu fragen, was wir als Betroffene eigentlich von unseren Therapeuten erwarten und wie wir uns ein effektives therapeutisches Verhältnis eigentlich vorstellen. Hier mal kurz meine Vorstellungen:

1. Sympathie, Vertrauen
Es muß also, wie Albert so schön sagt, die Wellenlänge stimmen. Ich brauche das Gefühl, dass der Therapeut tatsächlich an meinem Schicksal interessiert ist und nicht nur einen Job abarbeitet.
2. Partnerschaft
Ich bin hier nicht ganz sicher. Ich bevorzuge jetzt mit meiner langjährigen Therapieerfahrung zum Therapeuten eher ein gleichberechtigtes partnerschaftliches Verhältnis, in dem beide gemeinsam an einem Ziel arbeiten. Dies ermöglicht es die eigenen Empfindungen und Analysen (wie ich hier im Forum schon erfahren konnte, sind wir Depris ja wahre Meister in dieser Kunst) im Fachwissen des Therapeuten zu überprüfen. Diese Möglichkeit meine subjektiven Erkenntnisse mit den Eindrücken meines Gegenüber zu vergleichen, ist der für mich wertvollste Aspekt des Verhältnisses. Es ermöglicht mir Interesse und Motivation an der Therapie zu entwickeln, Korrekturen an meinen Schlussfolgerungen durchzuführen, Selbstbestätigung durch Anerkennung meiner Selbstwahrnehmung zu erhalten (siehe Grundselbstwertgefühl) usw. Wie ich feststellen konnte, ist diese Arbeitsweise für den Therapeuten ebenso fruchtbar, was sich auch auf dessen Engagement auswirkt.
3. Selbstbestimmung
Mir bleibt die Entscheidung darüber, ob ich bestimmte Schritte in der Therapie gehe oder nicht. Das heißt ich erhalte mir meine Eigenverantwortung. Ich verfüge durch den Therapeuten über alle Informationen über die Folgen meiner Entscheidungen aus seiner fachlichen Sicht und dazu über meine eigenen Erfahrungen – eine gute Grundlage für Entscheidungen, wie ich finde.
4. Der Therapeut steht für das “Versprechen“ seiner Zunft: WIR KÖNNEN HELFEN ein
Ich habe Bauchschmerzen, wenn Therapeuten im Vorfeld schon gleich unaufgefordert eine Erfolgsgarantie ablehnen. Es steht im klaren Widerspruch zum oben angeführten Hilfsversprechen seiner Branche und ich habe oft den Eindruck, dass sich viele damit gleichsam der kritischen Betrachtung ihrer Behandlungsmethodik entziehen. Vernünftige Aufklärung über die Krankheit und deren Behandlungsmöglichkeiten bzw. die dabei auftretende Problematik wären hier nach meinem Dafürhalten der richtigere Weg. Um es klar zu sagen: Ich denke Therapeuten sollten in weit eindeutigerer Weise die Verantwortung für ihr Tun gegenüber dem Patienten tragen und dies auch kommunizieren. Wohl gemerkt – die Verantwortung für ihre Behandlung, und nicht die Verantwortung für den Patienten. Letztere sollten wir als Patienten nie abgeben.

Ich sollte schleunigst zum Ende kommen. Die Überwindung zum Schreiben fällt mir unendlich schwer, insbesondere wenn es sich um derartige Themen handelt. Es baut sich dabei stets ein extremer Widerstand gegen das Vorhaben auf.
Hoffe, dass ich nicht zu ungeordnet oder zu langatmig geworden bin.

Liebe Grüße Siggi
albert
Beiträge: 1284
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52
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Re: Psychotherapie - wirklich die Methode der Wahl bei Depression???

Beitrag von albert »

Hallo Siggi,
ich unterschreibe gerne deine Ausführungen über Verantwortung, Versprechen u. a.
Aus meiner Sicht ist das Wichtigste am Therapeuten die Fähigkeit zur Empathie. Das lässt sich schlecht übersetzen, das Fremdwörterlexikon erklärt dieses Wort als: Bereitschaft und Fähigkeit, sich in die Einstellung anderer Menschen einzufühlen.
Dann hätte ich gerne noch compassion, am ehesten zu übersetzen als Mitgefühl.
In meinen vorigen Postings hatte ich das Wort Wellenlänge gebraucht, nun ja, das ist etwas Griffiges, wir können uns darunter etwas vorstellen, aber es trifft nicht zur Gänze, was ich im Auge habe.
Das ist so eine Sache mit der Therapeutensuche. Ich hatte mir dazu Zeit gelassen, eigentlich habe ich nicht gesucht, sondern war in einer Wartestellung. Dabei bin ich Menschen begegnet. Was tut der Mensch dann mit dem anderen? Man beschnuppert sich, mit manchen gibt es Austausch und in günstigen Fällen erhalte ich Anstöße. Z. Z. habe ich eine Pause eingelegt. Ich kann nicht wissen, wann mal wieder jemand mir begegnen wird. Natürlich kann ich die Wahrscheinlichkeit dazu erhöhen, einfach indem ich gewisse Gelegenheiten aufsuche, also auf Veranstaltungen gehe usw. Auch das Forum ist eine sehr gute Gelegenheit zur Begegnung. Alles Gute weiterhin für dich.
Mit herzlichen Grüßen
Albert
Dilbertina
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Registriert: 21. Aug 2003, 12:14

Re: Psychotherapie - wirklich die Methode der Wahl bei Depression???

Beitrag von Dilbertina »

Hi Siggi,

nun, ich will einfach 'mal meine Erfahrungen
dem Forum mitteilen - und Dir auch...


Zu 1)
Aufgrund eines depressiven Schubes nach einer Brainlight-Behandlung. Ich wußte damals allerdings nicht, was ein depressiver Schub ist.

zu 2)
Ja, das war mir aber nicht klar. Meine Ex-Psychologin hat davon übrigens nix gesagt...

zu 3)
Mit vielen Mühen habe ich mir obendrein auch noch ein paar psychsomatische Probleme (Zähneknischen, Alpträume, Gedankenrasen usw.) eingehandelt.
Sprüche wie "Es ist normal, dass es schlimmer wird, ehe es sich besser" hielten mich allerdings neben meiner wachsenden Verzweiflung bei der Stange.

zu 4)
Ich hätte mir 3 Jahre Leiden gespart - schlicht und ergreifend. Eine sehr, sehr schmerzhafte Selbsterkenntnis!

zu 5)
Tja, gute Frage -
a) für mich: Schadenersatzklage gegen meine Ex-Psychologin? Schwierig wegen der Beweislage - "im Zweifel für den Angeklagten"
b) für den Rest der Welt: Vorsicht! Ganz ganz viel Vorsicht!
Ach ja - und 'nen guten Arzt (Psychiater & Neurologe). Bei mir wirken die Medikamente ein - zugegeben subjektives - Wunder. Besonders das verdammte Morgentief ist weg.

Vielleicht, aber auch nur vielleicht hilft mein Beitrag ja jemandem,
a) sich nicht allein zu fühlen oder
b) seinen eigenen Therapeuten 'mal nachdenklich zu betrachten...

Ciao

Dilbertina
Siggi schrieb:
> Hallo liebes Forum,
>
>
>
> Wenn meine Zeit der Psychotherapie Revue passieren lasse, stellen sich mir folgende Fragen.
>
> 1. Wie kam ich zur Psychotherapie, was war der Grund?
> 2. Gab es Alternativen?
> 3. Was hat die Psychotherapie in den vielen Jahren bewirkt? (Aufwand und Ergebnis)?
> 4. Wie wäre der Krankheitsverlauf ohne PT? (fiktiv)
> 5. Welche Konsequenzen ergeben sich aus den eigenen Erfahrungen und aus denen vieler Mitpatienten?
>
>
> Die Frustration über ausbleibende Erfolge als auch das zunehmend schwindende Vertrauen in die tatsächlichen Hilfsmöglichkeiten der Psychotherapie wirken sich doch gerade hinsichtlich der Depressionsausprägung verheerend aus, insbesondere, da ich keine Alternative erkennen kann.
>
Nico Niedermeier
Moderator
Beiträge: 2846
Registriert: 21. Mär 2003, 11:10

Re: Psychotherapie - wirklich die Methode der Wahl bei Depression???

Beitrag von Nico Niedermeier »

Liebe/r Dilbertina,
was bitte ist den eine brainlight Behandlung.....(Neugier)
Dr. Niedermeier
QqE3zumawS
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Registriert: 21. Mai 2004, 23:12

Re: Psychotherapie - wirklich die Methode der Wahl bei Depression???

Beitrag von QqE3zumawS »

Ja, Dibertina. Die gleiche Frage wie der Doc hatte ich auch. Ist das nicht ne Entspannungstechnik aus dem Wellnessbereich?

Aber was mich am meisten interessiert - wie ging's nach der Enttäuschung mit der ersten Therapeutin weiter. Hast Du dann direkt einen neuen gefunden? Du schreibst von Medikation, das würde eine ärztliche Begleitung voraussetzen. Also laß hören. Interessiert mich mal, wie Du aus dem Schlamassel rausgekommen bist.

Gruß, Siggi
Dilbertina
Beiträge: 35
Registriert: 21. Aug 2003, 12:14

Re: Psychotherapie - wirklich die Methode der Wahl bei Depression???

Beitrag von Dilbertina »

Hallo Siggi,

ja, Brainlight sollte eigentlich so eine Enstpannungstechnik aus dem Wellnessbereich sein - hat aber bei mir eher das Gegenteil bewirkt.
Man sitzt mit einer "Flackerbrille" auf einem Lehnstuhl und hört Geräusche. Das ganze soll irgendwie auf die Hirnströme wirken.

Inzwischen bin ich in ärztlicher Behandlung. Einen neuen Therapeuthen habe ich bisher allerdings nicht.
Als gebranntes Kind fällt es mir auch etwas schwer mich schon wieder 'drauf einzulassen.

Die erste Therapie habe ich nach 3 Jahren aus Trotz & Geiz beendet. Meine Ex-Psychologin wollte den Stundensatz anheben. Damit war ich nicht einverstanden - sie schlug 4 Wochen später vor, das ganze im Sommer 03 zu beenden. Ich ging im Februar 03 zu einer Beratungsstelle. Die rieten mir, sofort aufzuhören. Ich nahm noch zwei "Abschluss-Stunden", versuchte es bei einem Körper-Therapeuthen & Heilprakter, ging wieder zur Beratungsstelle und kam schließlich zum Psychiater. Da bin ich heute und seit ca. 8 Wochen "voll" unter Medikamenten (selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer). Er diagnostizierte im Aug./Sept. 03 eine mittelschwere Depression.

Das Thema "Psychologie" läßt mich aber nicht los, auch wenn das Gedankenrasen schon sehr stark nachgelassen hat.

Ciao

Dilbertina
christa
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Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: Psychotherapie - wirklich die Methode der Wahl bei Depression???

Beitrag von christa »

Also dieser Thread hat auf mich gerade eine heilende Wirkung ausgeübt. Meine Therapeutin hat mich heute, nachdem ich in der 20. Sitzung endlich mal das Gefühl hatte, die Therapie würde helfen, sozusagen ´rausgeschmissen. Ich habe von 25 Terminen 4 oder 5 nicht wahrgenommen. Die Begründung der Psychotherapeutin war, sie könne so ihre Praxis nicht finanzieren.
In einer anderen Sitzung erwähnte sie, sie bräuchte 40 regelmäßig kommende Patienten, um über die Runden zu kommen. Ich kann mir irgendwie nicht recht vorstellen, dass man sich bei 40 Patienten die Woche noch auf die einzelnen Fälle konzentrieren kann. Und tatsächlich hatte ich den Eindruck, die Frau kennt mich nicht, und will mich auch nicht kennen lernen.
Ich habe schon einmal eine Therapie gemacht, und hatte damals eine sehr gute Beziehung zu meinem Therapeuten. Bei ihm hätte ich auch nie freiwillig auf eine Sitzung verzichtet. Als ich heute aus der bewussten Sitzung kam, ging mir einiges durch den Kopf, worauf ich bei meiner neuen Therapeutensuche achten will. Siggis Kriterien scheinen mir sehr sinnvoll.
Die Qualität der Beziehung zum Therapeuten ist auch in einem psychologischen Fachbuch (Grawe) als wichtigstes Kriterium zum Erfolg einer Therapie genannt.
Auch die Unseriösität von Heilungsversprechen scheint mir wichtig zu sein. Meine Therapeutin war im Vergleich zum tatsächlich erzielten Erfolg auch recht großzügig damit. Sie meinte nach einer gewissen Zeit könne ich sicher mein Antidepressivum absetzen. Ein halbes Jahr ist um, mir geht es tatsächlich etwas besser, allerdings nicht wegen der Therapie, aber das Paroxetin abzusetzen, ist wirklich nicht drin. Ich hatte mich allerdings auch gefragt, aufgrund welcher Tatsachen, sie so eine weitreichende Aussage treffen will. Ich habe mich nicht getraut, meinem Gefühl zu vertrauen, weil ich unbedingt eine Therapie machen wollte. Tatsächlich hat mir eine ABM als Altenbetreuerin mehr geholfen als die Therapie.
Ich bin immer noch sehr gekränkt, so dass es mir schwer fällt, auf das eigentliche Thema dieses Threads einzugehen. Ich will auch nicht über meine Therapeutin schimpfen, der Job ist wirklich sehr schwer, und zu einer anderen Patientin passt diese Therapeutin vielleicht ganz gut. Worauf es mir ankommt, ist: Die Beziehung zum Therapeuten scheint wirklich das wichtigste zu sein, und um diese Beziehung beurteilen zu können, braucht die Patientin Selbstvertrauen.
Danke für den Beitrag Siggi, ich wünsche Dir ein paar Sonnenstrahlen in Deinem langen dunklen Tunnel, und womöglich den Mut, einen zu Dir passenden Therapeuten zu suchen.
QqE3zumawS
Beiträge: 29
Registriert: 21. Mai 2004, 23:12

Re: Psychotherapie - wirklich die Methode der Wahl bei Depression???

Beitrag von QqE3zumawS »

Moin, moin

Wenn ich mich schon nicht überwinden kann die notwendigen Behördenbriefe zu verfassen, dann will ich hier wenigstens mal ein paar Aufwärmübungen dafür machen. Vielleicht ein guter Start in einen effektiveren Tag!

@Dilbertina:
Ich hab Dein Posting gelesen und habe ein merkwürdiges Gefühl dabei. Ich beschreib es Dir einfach mal - hoffentlich trete ich Dir dabei nicht zu nahe! Aber ich kann mich ja auch gründlich irren:
Mein Eindruck zwischen den Zeilen ist, dass Du die Therapie vielleicht wie einen Lifestyle - Trend praktizierst. Wie andere eben regelmäßig zum Tennis oder in den Fitnessclub gehen. Es ist gegenwärtig ja schon genau so gesellschaftlich etabliert wie letztere Aktivitäten mit fließenden Übergängen zum Wellnessbereich. Eventuell ist Deine Lebensweise durch Deine Depression noch nicht erheblich bedroht - kann das sein??? Ist es möglich, dass Du es Dir noch leisten kannst, die ganze Sache wie eine Art interessantes, anregendes Hobby zu betreiben?

Das Thema "Psychologie" läßt mich aber nicht los

Was ist es, was Dich so an diesem Thema fesselt? Die neuen Erkenntnisse über Dich und Deine Problematik? Oder das wissenschaftliche Ordnungssystem der Psychologie? Vielleicht sogar das Gefühl, dadurch etwas sinnvolles für Dich zu tun?
Schreib mal, was der Grund ist!

@Lotus:

und um diese Beziehung beurteilen zu können, braucht die Patientin Selbstvertrauen

Eben! Und viel Mut. Für mich war es bei aller Offenheit, die ich in solchen Gesprächen an den Tag lege, stets problematisch dem Therapeuten gegenüber meine Gedanken-Reflexion über den Therapieverlauf selbst zu äußern. Die Beziehung zum Therapeuten, egal wie sie sich gestaltet, ist doch ganz essentieller Art und jede Andeutung von Kritik ist für uns mit größter Gefahr verbunden. Befürchtungen, die ganz unmittelbar an das rühren, was die Ursache unserer Depression ist, nämlich:
- Angst verlassen zu werden,
- Angst vor Entzug von Hilfe und Zuwendung,
- Angst davor Zuneigung einzubüßen,
- Angst, dass wir es nicht wert sind, dass man sich um uns kümmert,
- Angst, dem Druck unseres Umfeldes nun schutzlos ausgeliefert zu sein, usw.
Ich staune immer wieder über mich selbst, dass ich diese Ängste nicht überwinden kann, obwohl ich gar nichts mehr zu verlieren habe und die Therapie ganz offensichtlich zu keinem Ergebnis führt.

Bei meinem jetzigen Therapeuten hatte ich endlich mal den Mut, den Mund aufzumachen. Ich erklärte ihm, daß ich den Eindruck hätte, daß er derzeit nicht wüßte, wie er mir helfen könne. Und ich fragte ihn, warum er mir dies nicht sagen könne.
Ich erhielt keine unumwunden offene Antwort, aber seit diesem Zeitpunkt war unser Verhältnis voller Dynamik. Es war mit einem mal eine große Nähe entstanden, voller gegenseitigem Interesse und Verständnis und erfrischender Offenheit. Mein Therapeut sucht ständig nach gangbaren Ansätzen und ich habe den Eindruck, daß er für sich selbst auch eine neue Motivation entdeckt hat.
... oh ja, Lotus, dazu gehört schon ne Menge Mut! Man riskiert einiges. Aber es kann sich eben auch lohnen. Und von der Gefahr, seinen Therapeuten zu glorifizieren, haben wir noch gar nicht gesprochen.

Ich habe mich nicht getraut, meinem Gefühl zu vertrauen, weil ich unbedingt eine Therapie machen wollte

Diese Erfahrung, dass mich die Therapie eher verunsicherte in dem Selbstbewußtsein meinen eigenen Wahrnehmungen und Gefühlen zu vertrauen, habe ich leider auch machen dürfen. Und der Weg zurück hat viele Jahre gedauert.

Tatsächlich hat mir eine ABM als Altenbetreuerin mehr geholfen als die Therapie

Wie Virginia im Thread "Irgendwie gehts immer weiter ..." schon dargelegt hat. Der Effekt einer beruflichen Tätigkeit (wenn auch nur stundenweise)ist durch nichts zu ersetzen. (Selbstwertgefühl, Kontakt mit anderen Menschen, Gefühl, auf eigenen Füßen stehen zu können, Selbstverantworung etc.)

Vielen Dank noch mal für Deine guten Wünsche, Lotus. und mit dem Therapeuten läuft's derzeit bestens!

Gruß, Siggi
Dilbertina
Beiträge: 35
Registriert: 21. Aug 2003, 12:14

Re: Psychotherapie - wirklich die Methode der Wahl bei Depression???

Beitrag von Dilbertina »

Hallo Siggi,

unter Lifestyle verstehen manche vieles und viel manches...

Mir war es ziemlich peinlich, zu einer Psychologin zu gehen. Ich habe es niemandem erzählt - nichtmal meiner besten Freundin. Der Grund war Scham, die Sorge, nicht richtig zu "ticken".

Mit "nicht mehr loslassen" meine ich eher, dass mich z.T. im Rahmen des Grübelzwanges diverse Erinnerungen und Rachegedanken plagen.
Es hilft mir alleine schon zu sehen, dass andere ähnliche Scherereien haben oder hatten.

Vielleicht veröffentlicht ja jemand mal eine Lösung, die mich einfach anregt, einen ähnlichen Weg zu finden.


Ciao

Dilbertina
Jacko
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Re: Psychotherapie - wirklich die Methode der Wahl bei Depression???

Beitrag von Jacko »

Hallo.
Hab interessiert mitgelesen und muss sagen, dass ich ziemlich am Grübeln bin: Bin seit nem halben Jahr selbst in Thearpie bei nem Analytiker und muss ganz ehrlich sagen, dass ich es total stark finde! Für mich ist es DIE Wahl! Ich kann es nur jedem Empfehlen! Hab mal bissl drüber gelesen und anscheinend gibts zwei grundsätzliche Methoden Depressionen zu behandeln: Die medizinische (Psychiater/Krankenhaus/Medikamente) und eine seelische (Psychotherapeut/-analytiker/Gesprächstherapie). Man kann das Problem also von zwei Richtungen angehen. Mir persönlich gefällt die seelische viel besser, weil ich glaube das die Grundlage zumindest meiner Depression nicht oder falsch verarbeitete Erlebnisse in der Kindheit sind -> also seelischer Natur. Ähnlich verhält es sich bei meiner Mutter (die übrigens auch in Therapie ist).
Hab vorher schon viel versucht: Angwandte Kinesiologie, Heilpraktiker (also Radionik und son Zeug), Atemtherapie .... usw. Bei mir hat NICHTS! nur im geringsten geholfen. Seit dem ich beim Analytiker bin gehts permament aufwärts!
Mit der Therapie hat ich am Anfang auch Probleme: Dachte ich bin verrückt oder so. Aber jetzt weis ich, dass es jedem Menschen ähnlich gegangen wäre, wenn er mein Leben gehabt hätte -> also ist es total normal dass ich zum Therapeuten geh! Viele meiner Freunde wissen auch darüber bescheid. Ich dachte anfangs sie würden mich auslachen, aber die findens zu meinem Erstaunen toll! Denke da braucht man wirklich keine Hemmungen haben hinzugehen, zumals sehr viele Menschen in diesem Land nötig hätten denk ich - nur wissen sie nichts davon.

Also Kopf hoch: Aller Anfang ist schwer, aber mehr als lohnenswert!

MFG u alles Gute!

Chris
woelfe

Re: Psychotherapie - wirklich die Methode der Wahl bei Depression???

Beitrag von woelfe »

Cool!
Endlich mal was Aufbauendes.

Alles Liebe.
Dilbertina
Beiträge: 35
Registriert: 21. Aug 2003, 12:14

Re: Psychotherapie - wirklich die Methode der Wahl bei Depression???

Beitrag von Dilbertina »

Hallo Christoph,

auch ich wuensche Dir viel Glueck und Erfolg!
Tja, das erste Jahr tiefenpsycholgische Grešpraechs-Behandlung fand auch ich gut, sonst waere ich die folgenden negativem zwei Jahre nicht bei der Stange geblieben...

Hinterher bin ICH schlauer, ich hoffe aber, dass es Dir echt besser geht als mir. Die o.g. Fragen sind ein ziemlich guter Massstab.


Ciao

Dičlbertina.
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