Ich hatte keine andere Wahl mehr als ihn vor die Tür zu setzen

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Clairedelalune
Beiträge: 181
Registriert: 28. Jul 2011, 13:11

Ich hatte keine andere Wahl mehr als ihn vor die Tür zu setzen

Beitrag von Clairedelalune »



der winkende Smilie lacht zwar, aber tief im Innern ist mir gerade nicht nach Lachen.

Ich habe am Wochenende meinem Sohn die Reisetasche hingestellt und ihn aufgefordert zu gehen.
Er wird bald 21 ist also längst kein Kind mehr, und seine Suchterkrankung ist in einem Stadium jenseits von Gut und Böse angelangt.

Ich hatte keine andere Wahl mehr, sein Verhalten hat mich immer mehr und mehr mitgefährdet.

Ich bin seit Monaten, eher Jaaahren schon nicht mehr zu ihm durchgedrungen, er lehnt jegliche therapeutische Hilfe strikt ab und wir drehten uns in einer endlosen Wiederholungsschleife.
Bis eben vor zwei Tagen, ...
ich merke erstmal welche Last von mir abfällt!

Seine Aggressionen, die Unruhe in unserer Wohnung, wenn immer irgendwelche dubiosen "Kumpel" auftauchten, die Schulden, die sich aufgehäuft haben, ...
die sind noch nicht weg, aber jetzt kann ich anfangen den Berg abzutragen, ich bin radikal aus der Co-Abhängigkeit ausgestiegen.

ich dreh ihm den Schwierigkeiten-Pegel hoch, anders kommt er - wenn über haupt - nicht zur Vernunft.
Es ist der Hammer für mich als Mutter diesen Schritt getan zu haben, es tut so unendlich weh und doch ist es seine einzige Chance und verloren habe ich ihn schon lange, ...

LG
Claire
krimi56
Beiträge: 1919
Registriert: 25. Dez 2011, 11:45

Re: Ich hatte keine andere Wahl mehr als ihn vor die Tür zu setzen

Beitrag von krimi56 »

Oh Claire,

das war wirklich ein schmerzhafter Schritt. Dass dir das Herz blutet kann ich verstehen.

Aber den bist du letztendlich aus Eigenschutz und auch aus Mutterliebe gegangen, nach langem, langem Überlegen und immer wieder Probieren.

Eine gute Bekannte von mir musste vor einigen Jahren auch so einen Schritt gehen, weil selbst ihr eigenes Leben gefährdet war. Sie sagte: „Es tat mir unendlich weh ihn bei der Kälte im Auto hausen zu sehen, weil er nirgendwo unterkam.“

Er hat daraus zum Glück gelernt und hat jetzt eine eigene kleine Wohnung und auch das Verhältnis zu seiner Mutter hat sich wieder normalisiert.

Ich wünsche dir viel Kraft deine Entscheidung nicht zu bereuen. Dass deine Sohn dies richtig versteht und entsprechende Konsequenzen daraus zieht.
Und ich bewundere dich zu diesem Schritt. (Bin ich doch selbst Mutter von 2 erw. Kindern.)

Ganz liebe Grüße

krimi
"Denk nicht daran, wie viel zu tun ist, welche Schwierigkeiten zu bewältigen sind oder welches Ziel erreicht werden soll, ...sondern widme dich gewissenhaft der kleinen Aufgabe, die gerade ansteht."
- Elisabeth Tova Bailey -
elas
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Registriert: 12. Mär 2009, 16:50

Re: Ich hatte keine andere Wahl mehr als ihn vor die Tür zu setzen

Beitrag von elas »

Guten Tag liebe Claire,


viele Deiner Postings habe ich gelesen, Du erscheinst mir als sehr differenziert und vernünftig,
bist/warst in Therapie.

Du schreibst
>ich dreh ihm den Schwierigkeiten-Pegel hoch, anders kommt er.....nicht zur Vernunft.<
und
>Es ist der Hammer für mich als Mutter diesen Schritt getan zu haben, es tut so unendlich weh....<


Dein Sohn ist längst volljährig, lebte bis jetzt noch bei Dir, Du trägst einen Berg Schulden für ihn ab, und er kann und will nicht seine Sucht/Abhängigkeit aufgeben, angehen.

Er hat bisher keine Verantwortung für sein Leben übernommen, so scheint mir.
Ich kann mir vorstellen, Du hast viel mit ihm diskutiert, differenziert, und die Konsequenzen angedeutet.

Seine Sucht scheint aber stärker. Und solange die Komfortzone "Hotel Mama" funktioniert, sowieso.

Ich gratuliere Dir zu dieser Entscheidung.
Auch wenn sie Dir weh tut.
Und Du vielleicht Schuldgefühle bekommst.

Dein Sohn ist noch jung, und er hat gute Chancen aus seiner Sucht und diesem Leben, das er führt, auch wieder auszusteigen.
Er ist noch nicht 40 oder 50, wo alles etwas schwieriger geht.

Es ist richtig, ihm die Daumenschrauben anzuziehen, bzw. den Leidensdruck zu erhöhen.
Anders geht es bei Suchterkrankungen wirklich nicht.

Das weiß ich aus eigener schmerzlicher Erfahrung mit meinem letzten suchtkranken Partner. Erst als ihm sein Liebstes genommen wurde, nämlich ich, als ich defintiv mich getrennt habe, hat er diesen letzten Schritt geschafft, spielfrei zu werden. Endgültig.
Auch im fortgeschrittenen Alter.

Claire, Du hast es richtig gemacht.
Chapeau!!!!

Ich schätze einmal, Du hast Unterstützung in einer eigenen Therapie, oder hast Unterstützung/Beratung in einer Beratungsstelle für Eltern suchtkranker Kinder????


Kinder loslassen stelle ich mir als das Schwierigste vor. Ich bin kinderlos.
Aber Dein Sohn ist volljährig.
Ja, Du hast ihn geboren, ihn aufgezogen, Du liebst ihn nach wie vor.
Aber er ist nicht mehr 7 Jahre alt, und Du musst ihn nicht mehr vor den Konsequenzen seines Handelns bewahren.

Ich wünsche Dir weiterhin diese Klarheit.
Klarheit, die Dein Sohn ja aufgrund seiner Sucht nicht mehr für sich hat.
Du hast diese Klarheit für Dich.
Du willst und darfst nicht kaputt gehen dabei.


Viel Kraft.


Selas
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Clairedelalune
Beiträge: 181
Registriert: 28. Jul 2011, 13:11

Re: Ich hatte keine andere Wahl mehr als ihn vor die Tür zu setzen

Beitrag von Clairedelalune »

Danke Krimi, danke Selas,

es war das einzig Richtige

und ich bin zur Zeit wirklich selbst sehr verletzbar (siehe die wirklich schlimme Klinikerfahrung i.e. der Oberarzt)
von demher trifft es mich schon hart, aber die Zukunft wird es zeigen.

mit die größte Herausvorderung ist es gerade für mich auch die positive Seite daran für mich zu genießen, das scheint mir regelrecht "verboten",
ich genieße die Ruhe,
ich genieße den weit geringeren Aufwand den ich jetzt habe, weniger kochen, weniger Wäsche waschen, ich war echt ein vier Sterne "Fullservice" Hotelmama.

Warum das so war ist eine andere Geschichte.

LG
Claire
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