Warum immer schwarz?

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FrauRossi
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Warum immer schwarz?

Beitrag von FrauRossi »

Hallo,

viele nennen die Depression "die Dame in schwarz" oder "der schwarze Hund" Erfahrungsbücher heißen oft etwas in der Richtung "als meine Seele dunkel wurde"

wieso schwarz?
Warum Dame?
Warum Hund?
Warum dunkel?
Warum Nacht?

In der tiefe meiner Depression war die Welt so bunt wie eh und je. Keine Störung an der Netzhaut lies mich nur in schwarz weiß sehen. Auch wurde ich nicht plötzlich blind.

Es kam auch keine Dame vorbei oder erschien mir die Depression besonders oder markant weiblich.

Da war auch kein Hund oder nicht was ich mit Hunden verbinde. Kein Bellen, kein Schwanzwedeln, kein Stöckchen bringen, kein Beißen.

Ich fühlte mich schlecht. Aber sind Damen schlecht? Sind Hunde schlecht? Ist Dunkelheit schlecht?

Und was haben Damen, Hunde, Dunkelheit und Schwarz gemeinsam?

Viele fürchten sich vor Hunden, mehr noch vor der Dunkelheit. Aber fürchtet man auch Damen? Oder eine Farbe.

Der Mensch denkt in Bildern, schon klar und wir assozieren. Mit der Dame in schwarz auch gerne die hier viel genannte Fräulein Rottenmeier. Schwarzgekleidete, strenge Gouvernante, die die persönlichen Freiheiten beschneidet, die ein Stück Freude verbietet. Das tut die Depression auch, ok.

Aber warum? Tag ist einfach Tag und Nacht ist einfach Nacht.
Depression ist einfach Depression und keine Depression ist einfach keine Depression.

Steigert man sich mit derartigen Bezeichnungen nicht noch tiefer hinein? Wäre eine sachliche herangehensweise nicht besser?
Eine faktische Beschreibung des erlebten?

Versteht mich nicht falsch, mein Wunsch von anderen Verstanden zu werden ließ mich auch oft Vergleichende Bilder benutzen.

Nacht, Dunkel USW. scheinen seit je her negativ besetzt und man geht davon aus dass man seinem Gegenüber besser vermitteln kann, wie die persönliche Lage ist, wenn man anhand von kollektiv negativ besetzen Begriffen versucht Gefühle zu transportieren.

Denke ich jedoch an meinen Therapeuten, wird mir klar ihm gegenüber verwende ich solche Begriffe nicht. Ich versuche sachlich und möglichst genau zu beschreiben wie ich mich fühle oder wie die Wahrnehmung verzerrt oder eingeschränkt ist.

Auch im inneren Dialog benutze ich keine der o.g. Begriffe.

Ich Frage mich ob es uns nicht mehr helfen würde diese "Bilder" wegzulassen und uns stattdessen auf eine andere Form der Beschreibung zu verlegen?

Sich selbst immer wieder das "negative" vor Augen zu halten scheint mir unsinnig. Besser erschiene mir, mir und anderenachlich zu beschreiben was gerade passiert. Wahrscheinlich führt das sogar zu besserem Verständnis? Bei anderen?

Der viel zitierte Beinbruch-Vergleich muss wieder her

Da sagt man doch auch: es hat knack gemacht und dann konnte ich nicht mehr auftreten. Jetzt tut es weh.
Man sagt doch da auch nicht: der böse Zwerg hat mit seiner Axt zugeschlagen und jetzt ist mein Knochen ein Bergwerk für böse Zwerge die dort in den weiß-grauen Röhren, die silbernen Lanze des Schmerzes aus meinem Mark heraushohlen wollen. (Ausser man ist Schriftsteller, dann vielleicht doch )

Also warum macht man das so? Nennt man das so?
Macht das Sinn?


LG FrauRossi
FrauRossi
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Re: Warum immer schwarz?

Beitrag von FrauRossi »

Ps. den Tag den ich als Tag des engüktigen Zusammenbruchs benennen würde, erinnere ich noch gut.

Es war ein warmer schöner Sommertag. Die Bäume standen in sattem grün. Die Luft flirrte. Die Vögel sangen um die Wette. Blumen blühten, Insekten schwirrten herum. Ich hatte frei, ich das in einem Garten im Wald, auf einer Terasse im Schatten. Im Haus kochte mein damaliger Freund Kaffe, zu meinen Füßen lag ein Hund. Um die Ecke der Pool und zwischen zwei Bäumen die Hängematte. Die Luft erfüllt von Düften des Sommers, Wald und Blumen.

Ein Tag wie er für mich, schöner nicht sein könnte und dennoch. Ich konnte nichts mehr davon wahrnehmen, das stimmt nicht, ich nahm es ja wahr, denn ich kann es hier jetzt wieder geben. Aber in mir löste das keine guten Gefühle mehr aus. Es entsand keine Entspannung, wie man es bei einem solchen Tag erwarten könnte. Im Gegenteil ich war sehr angespannt. Das Vogelgezwitscher kam mir in meine Ohren zu laut vor. Es hatte nichts erfreuliches sondern es war mehr eine Störquelle die ich gern ausgeschaltet hätte. Die Farben und das Licht erschienen mir zu grell, zu hell, zu leuchtend. Es war eine Reizüberflutung.

Wie gesagt da war nichts dunkles oder schwarzes. Wohl aber konnte ich das alles nichtmehr aufnehmen, weil es für mich zuviel war.

LG Frau Rossi
Phosphor
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Registriert: 5. Dez 2010, 14:19

Re: Warum immer schwarz?

Beitrag von Phosphor »

Hallo Frau Rossi,

da wirfst Du gleich mehrere spannende Fragen auf.

Du schreibst:

---

"Denke ich jedoch an meinen Therapeuten, wird mir klar ihm gegenüber verwende ich solche Begriffe nicht. Ich versuche sachlich und möglichst genau zu beschreiben wie ich mich fühle oder wie die Wahrnehmung verzerrt oder eingeschränkt ist.

Auch im inneren Dialog benutze ich keine der o.g. Begriffe.

Ich Frage mich ob es uns nicht mehr helfen würde diese "Bilder" wegzulassen und uns stattdessen auf eine andere Form der Beschreibung zu verlegen?"

---

Beim Beschreiben meines Krankheits-Erlebens, etwa im Tagebuch oder in der Therapie, bin ich ganz von selbst auf eine bildliche Ebene gekommen und kann mir kaum eine andere (sprachliche) Beschreibungsform vorstellen.

Allerdings wäre ich nie auf den Gedanken gekommen, meine Krankheit als "Dame in Schwarz" oder "schwarzer Hund" zu beschreiben. Bei mir war es ein *Bleimantel*, der mich von dem Leben da draußen abschirmte und mir noch die winzigste Bewegung unendlich erschwerte.

Gewiss, meine Abneigung, die Farbe Schwarz mit meiner Krankheit in Verbindung zu bringen, mag damit zusammenhängen, dass ich Schwarz mag
Jahrelang waren meine meisten Kleidungsstücke schwarz und noch heute trage ich die Farbe, wenn es elegant oder distanziert sein soll. Meine "Damen in Schwarz" waren über Pfingsten auf dem WGT. Und die Nacht finde ich auch toll.

Und der Hund? Hm, bei mir als Katzenmensch ist es eher die "Rudelhierarchie", die mich von Hunden Abstand nehmen lässt. Die Viecher bekommen Befehle und gehorchen (vereinfacht ausgedrückt, liebe Hundefreunde Und genau das tut die Depression nicht.

Warum sich diese Sprachbilder dennoch so eingebürgert haben, würde mich auch interessieren. Vielleicht kann es jemand erklären, der sie für sich passend findet und darin Bedeutungen erkennt, die mir verschlossen bleiben.

Dieses Individuelle ist aus meiner Sicht der Kern, den wir beim Sprechen über unsere Krankheit erreichen müssen. Indem ich das Sprachbild finde, das mein Erleben widerspiegelt, erkenne ich die eigene Befindlichkeit - ein erster, wichtiger Schritt, um etwas zu ändern.
timmie2002
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Re: Warum immer schwarz?

Beitrag von timmie2002 »

der mensch braucht manchmal verbildlichung, um sich dinge anschaulicher vorstellen zu können. es hilft beim verständnis, einprägen und gefühlsmäßigem vertiefen.

gerade die lyrik lebt davon. ein liebes- oder naturgedicht ohne poetische und bildliche sprache?

aber nicht nur in der hohen literatur spielt die metaphorische sprache eine große rolle. sie ist eben auch produkt unserer phantasie. und die kiddys und teenies sind da besonders gut darin. blättert doch mal in einem lexikon der jugendsprache, oder erinnert euch an eure eigene.

auch sonst ist unser alltag durch metaphorik geprägt. manches nehmen wir als solche nicht einmal mehr wahr: stuhlbein z.b. ist eine metapher.

in der psychologie?

phospohr hat es geschrieben. manche menschen benötigen auch hier die verbildlichung. andere, wie frau rossi mögen es eher sachlich.

hier gibt es kein schwarz-weiß, kein richtig oder falsch. jedem so, wie er es mag.

warum sich bestimmte bilder durchgestzt haben?

die meisten menschen verbinden eher mit nacht etwas negatives: dunkelheit, finsternis etc., als mit dem tag.

gerade in der naturlyrik finden wir dann auch solche häufungen: lebensende, sterben, tod assoziieren viele poeten mit abend, nacht, oder mit herbst ,winter. die analogie liegt da wohl nahe, oder? natürlich gibt es durchaus auch gegenbeispiele. die sind dann aber selten.

so, reicht das als sprachkundeunterricht?


glg final
otterchen
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Re: Warum immer schwarz?

Beitrag von otterchen »

Guten Morgen!

Frau Rossi, interessante Fragen!!!

Dass diese Begriffe entstanden sind, ist für mich leicht nachvollziehbar; wurde ja auch schon erklärt.
Ein Faktor wäre vielleicht noch, dass dies bildhaft verdeutlichen soll, wie man sich fühlt, wenn man dies in kurzen Worten einem Nicht-Depressiven beschreiben soll.

Aber warum bleibt man selbst bei diesem Bild?

Ja, ich sehe wie Du die "Gefahr", dass das zu pauschal ist - und undifferenziert - und dass es BLEIBT.
Ich glaube dadurch, dass man das in einem Tief als "Dame in Schwarz" (oder wie auch immer die Wortwahl sein mag) betitelt, merkt man vielleicht nicht, ob und was sich verändert hat.
"Die Depression ist wieder da". Hm. Das wäre auch für mich eine zu pauschale Aussage. Was quält mich denn aktuell, welches Thema holt mich gerade ein, mit welcher "-losigkeit" muss ich mich gerade herumschlagen?
Wenn man die Tiefs immer nur als "Besuch der Dame in Schwarz" bezeichnet, kann ich mir schon vorstellen, dass das direkt Ängste schürt und dass das direkt pauschal zu einer Art Katastrophendenken wird.

HInzu kommt, dass ich die Depression nicht als etwas Schlimmes, Krankhaftes sehe: die Depression ist mein Bremssystem, das mich zum Stillstand bringt, weil ich so sehr an mir, meinem Wesen, meinen Bedürfnissen vorbei lebe.
Insofern hat sie durchaus ihre Berechtigung (für mich, für mein ganz persönliches Empfinden). Sie gehört zu mir, sie ist mein sehr sensibles Bremssystem. Natürlich wäre ich gerne in voller Fahrt, und wenn sie wieder bremst, denk ich mir "oh nein, worum muss ich mich denn jetzt schon wieder kümmern", aber letztendlich will meine Depression nur das Beste für mich. Daher ist sie weder ein schwarz gekleideter Besuch noch ein Hund noch sonst was Externes. Und dadurch, dass ich sie wertschätze und als zu mir gehörig annehme, kann ich viel besser mit ihr arbeiten. Die Depression ist nichts, was mir schaden will - im Gegenteil. Nur: den Umgang mit ihr lernte ich erst in der Therapie. Klar, dass man ohne Therapie die Depression einfach nur als schrecklich empfindet.

Soweit MEINE Definition
mein gelerntes Sammelsurium: https://otterchenblog.wordpress.com/
Zauberland

Re: Warum immer schwarz?

Beitrag von Zauberland »

womöglich ist die Nacht das Unbewusste und der Hund der Führer zur Unterwelt....

soweit zu der Symbolik..

nur die Dame bekomme ich beileibe nicht unter...

danke schön für die interessanten Denkansätze Frau Rossi.

F.
Hoffentlich
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Re: Warum immer schwarz?

Beitrag von Hoffentlich »

Liebe Frau Rossi,

auch ich finde deine Fragen sehr interessant. Für mich ist es einfach die Farbe Schwarz einfach die Assoziation zu der Dunkelheit, in der ich mich (zurzeit gerade wieder) befinde.

Was meinem Partner und irgendwann auch mir aufgefallen ist - ich trage während einer depressiven Phase - unbewusst - IMMER - dunkle Kleidung. Ich fühle mich in hellen Farben dann nicht wohl.

Hab oft überlegt, warum das so ist. Vermutlich glaube ich, dass ich so kaum auffalle. Meine Therapeutin sagte letzte Woche zu mir, dass man mir sofort, wenn ich zur Tür herein komme, ansieht, dass es mir nicht gut geht. Man sieht es u. . an meiner Gesichtsfarbe, die grau ist. Und ich habe an mir herunter geschaut. Ich trug eine schwarze Hose und ein graues Shirt.

L. G.
Ready
Regenwolke
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Re: Warum immer schwarz?

Beitrag von Regenwolke »

Hallo,

die Dame oder der Hund "in schwarz" sind mir als Metaphern für die Depression auch eher fremd.

Aber für mich sind Metaphern bzw. bildhafte Beschreibungen sehr wichtig, weil ich sie oft treffender finde, als andere Beschreibungen. Vielleicht ist das wirklich typbedingt. Würden solche Bilder fehlen, ich hätte das Gefühl, keine Sprache für mein Inneres zu haben.

Dass "schwarz" eine Verbindung zur Depression hat, finde ich nachvollziehbar. Es symbolisiert den Tod, ist physikalisch die Abwesenheit von Licht, d.h. die Abwesenheit von Leben. Das passt m. E. schon gut zur Depression im Sinne einer Erkrankung der "...losigkeit".
Bei mir verändert sich übrigens in einer Depression die Farbwahrnehmung, die Farben verlieren an Leuchtkraft. Ich hab auch schonmal so leichte hypomanische Stimmungen, da sind die Farben dann intensiver, als normal.

LG, Wolke
FrauRossi
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Re: Warum immer schwarz?

Beitrag von FrauRossi »

Hallo,

danke für's "mitdenken"

Die Nacht als Unbewusstes und der Hund als Führer zur Unterwelt hat mir besonders gut gefallen.

Allerdings sehe ich es mehr wie otterchen, die Depri ist für mich nichts schlechtes/ negatives sondern meine Bremse, die mir aufzeigt wann es genug ist, wann ich gegen mich arbeite, wann etwas falsch läuft.
Und da kann ich dann ansetzen.

Mir ist auch klar dass unserer Sprachgebrauch voll ist von Verbildlichungen und Metaphern.
"Beine wie Pudding" "Zittern wie Espenlaub" "Platt wie ne Flunder" "Augen so groß wie Untertasseb" "man fühlt sich wie ausgekotzt" oder "hinmelhochjauchtzend" etc etc etc

ich schrieb ja oben schon dass ich es selbst benutze um Gefühle zu transportieren.

Aber leite ich mich nicht mit solchen Begriffkichkeiteb fehl? "Als meine Seele dunkel wurde" bei mir als Depri macht es da sofort Klick (es gibt kein Klick auch so ne Sache) aber ich weis sofort was gemeint ist.

Aber ein Nichtdepressiver könnte da auch rein interpretieren "als meine Seele böse wurde"

Bildhafte Sprache kann vielleicht auch schneller missverstanden werden.

(ich selbst beschrieb es nicht als Bleimantel sondern als Käseglocke. Ich konnte die Welt noch sehen aber ich war von ihr getrennt, ich konnte sie nicht erreichen und sie mich nicht)

Man könnte auch sagen wie in großer Tiefe, weil der Druck so hatte ich das Gefühl unerträglich war. Jedoch herrscht in der Tiefe kein Druck, es sei denn man befände sich unter Wasser und da würden wieder andere Assoziationen fällig, die auf mich jetzt nicht zuträfen.

Aber ich will garnicht sosehr auf das sprachliche im eigentlichen Sinne hinaus. Obwohl das Zweifelsfrei sehr interresant ist.

Sondern darauf warum wir ausnahmslos negative, dunkle etc Beschreibungen nehmen? Schon klar in der Depri geht es mir schlecht und das ist schlecht und negativ. Aber ein Beinbruch fühlt sich auch nicht gut an.

Ich finde nicht die richtigen Worte um auszudrücken was ich meine, also nehme ich ein Beispiel.

Hier gibt es den "drei gute Dinge" Thread. In meiner eigenen Therapie musste ich ein "Wohlfühlbuch" führen.
Auch da kamen drei gute Dinge vom Tag rein plus eine Sache pro Tag die ich für mich gemacht habe. Dazu gabs eine Bewertung hinter jedem Ding. 1 für das Schlimmste, 10 für das aller Beste. Die Zahlen dazwischen als Staffelung.

Das sollte helfen meinen Blick auf das positive zu lenken, weg von den negativen Deprigedanken.

Das viel mir anfänglich total schwer. Ich hatte Mühe überhaupt etwas zu benennen und ich habe es mehr oder minder rational bewertet, denn Gefühlt war auf der zur Verfügung stehenden Skala von 1 bis 10 alles eher -20 bis -100.

Der Therapeut prophezeite: mit der Zeit fällt es leichter.
Und er hatte recht. Nicht nur das, es trug dazu bei dass ich quasi selbst aktiv wurde und positives schuf.

Ich las damals einen Artikel in Kurzform und stark vereinfacht wiedergegeben ging es darum:

Im Hirn ist der Bereich fürs "positive" verkleinert. Und der fürs "negative" vergrössert. Weil der positve nicht genutzt wird der fürs negative aber sehr.
Botenstoffe fehlen und das Belohnungssystem ist im Eimer.

Wenn ich jetzt also den positiven Bereich dauernd abspreche, durch die drei Guten pro Tag etc. wird dieser wieder aktiver und damit wieder gestärkt.

Also wirklich stark vereinfacht ausgedrückt.

Daher denke ich wenn wir mit unserer Sprache und Bildsprache im negativ behafteten verbleiben um die Depression zu beschreiben, dann stärken wir weiter den negativen Bereich und halten den positiven klein.

LG FrauRossi
Regenwolke
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Re: Warum immer schwarz?

Beitrag von Regenwolke »

Ich habe leider gerade kaum Zeit, aber noch als Ergänzung:
Das Bild der "Dame in Schwarz" stammt von C.G. Jung, im Zitat heißt es:

"Die Depression ist gleich einer Dame in Schwarz. Tritt sie auf, so weise sie nicht weg, sondern bitte sie als Gast zu Tisch und höre, was sie zu sagen hat."
(Quelle z. B. hier: http://www.carossa-klinik.de/indikation.htm)

Das finde ich eigentlich kein so negatives Bild, sondern eher ein Bild für Auseinandersetzung, evtl. auch Wandlung.
otterchen
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Registriert: 3. Jan 2007, 10:43

Re: Warum immer schwarz?

Beitrag von otterchen »

Nicken meinerseits, Frau Rossi,

ja, weg von diesem düster-bildhaften, das BLEIBT.

Es ist wohl wie dieses "ich bin depressiv".
Nein, das bin ich nicht!!
Jedenfalls nicht nur.

Wer ständig denkt "ich bin depressiv", bei dem bestätigt das Unterbewusstsein ständig diese Aussage
- selbst, wenn es einem mal besser gehen sollte, führt das Unterbewusstsein einen wieder dahin zurück.

Wer die Depression nur als "schwarze Dame" sieht, nimmt an ihr auch nur das Negative wahr und will sie weg haben.

Also ich kann Frau Rossis Gedanken gut nachvollziehen:
sich auf das Positive konzentrieren:
welche Chance bekomme ich da gerade? Was gibt es eigentlich Positves in meinem (Er-)Leben?

Danke für diesen Denkanstoss, Frau Rossi!


Hallo Wolke!

Hm, ich fürchte, es sehen nicht alle so wie C.G. Jung...
mein gelerntes Sammelsurium: https://otterchenblog.wordpress.com/
FrauRossi
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Re: Warum immer schwarz?

Beitrag von FrauRossi »

Hallo Wolke,

ich finde das Bild der Dame in schwarz auch garnicht soooo negativ. Es muss ja nicht die strenge Fräulein Rittenmeier sein. Es könnte auch die nette etwas sonderbare Nany MC Fee sein So sehe ich sie lieber und ja so wie Jung das sagt finde ich es passend.
Lade sie ein und höre zu was sie zusagen hat die Depression.

LG FrauRossi
timmie2002
Beiträge: 1706
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Re: Warum immer schwarz?

Beitrag von timmie2002 »

hallo frau rossi,

dieser gedankengang wirkt auf mich ganz logisch. gehört zum annehmen der krankheit dazu, zu lernen, dass die depri nicht nur etwas negatives hat.

ich denke aber auch, dass wir in unserer erkrankung beides brauchen.

zunächst einmal muss ich meine gefühle wahrnehmen, damit ich überhaupt merke, dass ich depressiv bin. das wahrnehmen verbindet sich mit benennen. da können bildhafte ausdrücke hilfreich sein.

zum anderen möchte ich natürlich depressive gedanken und gefühle mildern oder gar vermeiden. das geht vielleicht auch über die sprache, also depression auch mit positivem zu besetzen.

das ,was wir in einer depressiven episode erleben, ist aber nun mal nicht schön.

übrigens, meine analogie zu meiner depri ist das NICHTS aus michael endes unendlicher geschichte. und dieses NICHTS empfinde ich schlimmer als dunkel oder schwarz. das bezieht sich nicht auf die krankheit, sondern auf die episoden, die tiefs, in denen ich das so erlebe und fühle.

glg final
Cuore
Beiträge: 59
Registriert: 18. Apr 2013, 22:04

Re: Warum immer schwarz?

Beitrag von Cuore »

Liebe FrauRossi,

ich selbst habe die Bezeichnung "schwarzer Hund" für meine Depression gewählt.

Das hat mehrere Gründe. Auslöser war das Buch "Mit dem schwarzen Hund leben" von Ainsley Johnstone. Mit Hilfe dieser Zeichnungen konnte ich meinem Mann klar machen, dass ich nicht so bald wieder fit sein werde, dass es nicht wie ein Schnupfen zeitnah vorrübergeht. Mir fiel es damals sehr schwer, zu beschreiben, was mit mir los ist. Dieses Buch hat mir dabei sehr geholfen.

Und da ich schwarze Hunde mag , konnte ich dieses Sinnbild für meine Krankheit wählen. Ich glaube sogar, es hat mir geholfen, diese Krankheit überhaupt erst als meine zu akzeptieren und anzunehmen.
Einen Hund muss man erziehen. Man muss ihm zeigen, dass nicht er sondern man selbst der Rudelführer ist. Und wenn dann der schwarze Hund angeschlichen kommt - mit den Hundeaugen sagend "ich will doch nur spielen", weiß ich ihn besser in die Schranken zu weisen. Um mich daran zu erinnern, habe ich in der Ergotherapie während meines Klinikaufenthaltes mir auch einen solchen schwarzen Hund getöpfert. Ganz niedlich ausschauend, aber in einem übergroßen völlig ausgelatschten Schuh sitzend. Meine Symbolik dafür, dass ich auf die Niedlichkeit (nur mal ein paar Überstunden; na klar kann ich dir heute Nachmittag deinen Sohn abnehmen; ich back noch schnell für die Senioren den Kuchen und und und) acht gebe, dass ich auf MICH achte, damit der Hund nicht mein Rudelchef wird.

Mal eine ganz andere Sichtweise. Liebe Grüße
Rike
Rudi-Reiter
Beiträge: 448
Registriert: 5. Jul 2009, 00:18

Re: Warum immer schwarz?

Beitrag von Rudi-Reiter »

Ich bezeichne die Depri immer als schwarzes Loch, fühle mich
abgeschnitten von der Welt und unfähig am *normalen* Leben
teilzunehmen.

Die meisten Bilder die von Depressiven gemalt werden sind auch
überwiegend Schwarz



Eine Gute Freundin drückte es in Gedichtform so aus:


schwarze engel streicheln mich,
umfangen meine seele.
gedanken, die verfinstern sich,
ich fühle nur noch leere.
schwarze engel wispern leise,
raunen mir ins ohr,
geben sich wissend und sehr weise,
machen mir was vor.
ich höre zu, bin ganz geborgen,
empfinde ruhe, keine sorgen.
die engel rufen, du kannst gehen,
geben mir flügel, um zu "leben".
doch schwarze flügel helfen nicht,
führen weg vom lebenslicht!

Weiße Engel dauern mich,
wollen heut noch fliegen.
Suchen Zugang zu meinem "ICH",
weiß gegen schwarz zu siegen.
Weiße Engel flehen mich an,
lass uns an deine Seele ran.
Höre, wie sie im Innern streiten,
wer wird mir den Weg bereiten.
Schwarze Engel für mehr Qualen,
Weiße für das Licht und Fragen.
Kann und will heut nichts entscheiden,
keine Kraft für neue Leiden.
Meine Gedanken möchten fliegen,
lass die weißen Engel siegen!


Die 3. Strophe hab ich wieder gelöscht, könnte triggern.


Schwarz oder dunkel ist halt eine gebrächliche Beschreibung für
Unangenehmes, Unheimliches und Gefährliches.


LG Rudi
_______________________________________

Die Welt und das Leben können schön sein,

wenn ich es wirklich will!
Zauberland

Re: Warum immer schwarz?

Beitrag von Zauberland »

Danke Wolke,
wieder was gelernt...ein tolles Bild wie ich finde...


F.
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