Absturzgefährdet

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datchica
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Registriert: 14. Apr 2013, 18:09

Absturzgefährdet

Beitrag von datchica »

Hallo liebe Forum-Teilnehmer,
ich habe mich hier angemeldet, weil ich dieses Wochenende auf einen Schlag das Bewusstsein bekommen habe, dass es mir noch nicht so gut geht, wie ich dachte.
Ich habe Depressionen schon seit Jahren in Phasen, Phasen von einigen Wochen waren es anfangs, seit April ist es zu einem ganzen Großen geworden. Es fing an mit Bauchschmerzen und "endete" in einem Nervenzusammenbruch, bei dem ich echt nicht mehr konnte. Daraufhin wurde ich im August letzten Jahres krankgeschrieben, war von November bis Januar 8 Wochen in einer psychosomatischen Klinik und bin in wöchentlicher Behandlung bei einer Therapeutin. Seit Mitte Februar setze ich nun meine schulische Ausbildung fort, ca. 30 Stunden im Monat gehe ich noch arbeiten, um ein bisschen Kleingeld dazuzuverdienen. Ich bin ausgezogen (bin 23 J. alt), damit ich nicht mehr mit meiner Mutter aneinandergeraten, und habe es eigentlich bis jetzt ganz gut geschafft.

Jetzt bin ich Freitag kurzfristig "krank" geworden (hab das Essen vom Donnerstagabend nicht vertragen) und bin Freitagmittag in ein tiefes, schwarzes Loch gefallen. Plötzlich ging gar nichts mehr. Dieses kribbelige Gefühl in mir war wieder da, wie damals im August kurz vor meinem Nervenzusammenbruch. Es fühlt sich an, als ob es mich von innen zerreisst, mich auffrisst. Es ist einfach grausam.

Jetzt bin ich ziemlich hilflos. Ich dachte, ich wäre auf einem guten Weg, aber diesen Rückschlag habe ich beim besten Willen nicht erwartet. Dazu kommt, dass ich in drei Wochen Abschlussprüfungen habe!! Jetzt stehe ich total unter Druck, weil ich mir denke, dass ich ja lernen muss und die Prüfungen schreiben muss. Bis einschließlich Donnerstag hatte ich mir deswegen überhaupt keinen Druck gemacht, weil mir das Lernen etc. eigentlich recht leicht fällt. Aber jetzt, wo es mir so schlecht geht, habe ich natürlich Versagensängste.

So, jetzt meine Frage an euch:
Was macht ihr in solchen Situationen des "Absturzes"? Gibt es irgendwelche Sätze, die ihr euch sagt, irgendwelche Beschäftigungen? Es wäre schön, wenn ihr mir helfen könnt.

LG
datchica
Stepha
Beiträge: 47
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Re: Absturzgefährdet

Beitrag von Stepha »

Hallo datchica,
erstmal herzlichen Glückwunsch, dass es dir länger gut ging und du soweit gekommen bist. Das ist ganz viel! Auch toll finde ich, wie aufmerksam du anscheinend mit dir umgehst, dass du merkst, dass eine Gefahr besteht. Das ist schon ein guter Schritt, um aus dem Loch zu kommen.

Mir hilft in solchen Fällen (die aber wahrscheinlich anders gelagert sind als bei dir??) erstmal Pause machen, alle Tätigkeiten zurückfahren. Ich weiß nicht, inwieweit das bei dir hilft, oder ob das nicht den Druck vor der Prüfung erhöht.

Gibt es jemanden, mit dem du darüber reden kannst, der dich gut kennt? Das hilft mir, um festzustellen, ob das Dunkle nur in meinem Kopf ist oder auch von anderen gesehen wird. Dadurch verschiebst sich mein Denken manchmal.
Ansonsten kann ich dir nur raten, dass du deine Therapeutin aufsuchst. Wenn der nächste Termin noch nicht morgen oder übermorgen ist, solltest du um einen Extratermin bitten.

ich wünsche dir alles Gute!
Stepha
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Hinfallen, aufstehen, Krone zurecht rücken, weitergehen.
jep

Re: Absturzgefährdet

Beitrag von jep »

Hallo datchia,

Magen-Darm-Probleme und Prüfungsstress- das es dir damit nicht gut geht, ist verständlich. Ein paar Denkanstösse, vielleicht helfen sie dir.

Bei Stimmungseinbrüchen fürchte ich auch immer den Rückfall- aber du hast sicher wie ich auch einiges in der Therapie gelernt, wie du es wieder aus dem Loch hinausschaffst, und den Rückhalt deiner Therapie- das ist jetzt anders wie beim ersten Zusammenbruch.

Aus unguten Verhältnissen hast du dich auch befreit, indem du von zu Hause ausgezogen bist.

Du bist jetzt ein bißchen angeschlagen-das geht vorbei. Falls du ADs nimmst, werden die bei Magen-Darm-Geschichten nicht gescheit resorbiert- das kann zusätzlich die Stimmung runter schrauben.

Du sagst, lernen fällt dir leicht- musst du unbedingt Einser haben? Wenn nicht, lerne jeden Tag höchstens 1-2 Stunden- und dann sorge dafür, das es dir gut geht.

Liebe Grüße und gute Besserung
annette fee
datchica
Beiträge: 16
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Re: Absturzgefährdet

Beitrag von datchica »

Hallo Stepha,

erst einmal vielen Dank für die schnelle Antwort.

Ich habe am Wochenende viel mit meinen Eltern und einer Freundin geredet. Und dabei habe ich schon feststellen können, dass das Dunkle eigentlich nicht so dunkel ist.
Aber in der Theorie das zu denken und das dann auch zu fühlen, das geht irgendwie nicht gleichzeitig gerade. Das ist das Problem. Eigentlich läuft im Moment nichts Schlimmes, alles ist gut. Das versuche ich mir auch die ganze Zeit zu sagen: und trotzdem fühle ich mich so miserabel
Und da habe ich echt Angst..

Ich hab schon ein bissl was versucht. Bin aus dem Allein-Sein raus und habe zwei Nächte bei meinen Eltern geschlafen. War bei einer Freundin auf der Tupper-Party, mit meinem Vater Kaffee-Trinken, auf dem Flohmarkt heute und hatte Besuch von einer Freundin. Und eben habe ich ein bisschen versucht zu lernen. Aber alles bringt es irgendwie nicht... BWAH!! Und heute muss ich auch definitiv wieder alleine schlafen in meiner eigenen Wohnung!!

Hm, ich hab am Dienstag wieder Therapie.
Ich hab überlegt, morgen zu meiner Psychiaterin zu gehen, damit die mich vielleicht anders medikamentös einstellen kann. Bekomme Citalopram 20 und vielleicht gibt es da ja noch was anderes. Ist zwar vielleicht nicht so richtig, weil man ja selbst daran arbeiten soll, aber für die nächsten drei Wochen wäre ich schon gerne leistungsfähig...


Liebe annette fee,

ich nehme ADs, ja, wie oben geschrieben. Habe auch eine Schilddrüsenunterfunktion, die eigentlich super eingestellt ist, aber dachte auch schon, dass da vllt was verändert ist... letzte Blutuntersuchung war im Jan., morgen ist die Nächste.
Stepha
Beiträge: 47
Registriert: 14. Mär 2013, 20:33

Re: Absturzgefährdet

Beitrag von Stepha »

Hallo datchica,

ein Gedanke geht mir noch durch den Kopf: vielleicht ist das Gefühl schlimm, weil du auch noch Angst davor hast (was ich verstehen kann)?

Vielleicht kannst du versuchen, die Angst etwas zu lösen, indem du versuchst, das Gefühl so anzunehmen, erstmal zu akzeptieren und damit zur Ruhe zu kommen...es ist wie es ist, und ab morgen tust du ja auch wieder ganz viel dagegen.

Ist nicht einfach...
LG Stepha
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datchica
Beiträge: 16
Registriert: 14. Apr 2013, 18:09

Re: Absturzgefährdet

Beitrag von datchica »

Hallo Stepha,

eine Freundin meinte gestern etwas Ähnliches zu mir. Sie sagte:
"Du musst aufhören, die Depression zu hassen, und anfangen, sie zu akzeptieren."

Und da ist mir aufgefallen, dass ich an genau diesem Aspekt noch gar nicht gearbeitet habe. Weil wenn es einem ganz ok geht, dann "vergisst" man das vielleicht einfach mal. Vor allem, weil ich gut im Verdrängen von Negativem bin.

Werde ich auf jeden Fall auch mal bei meiner Thera ansprechen.
datchica
Beiträge: 16
Registriert: 14. Apr 2013, 18:09

Re: Absturzgefährdet

Beitrag von datchica »

Ich bin halt so mega-ungeduldig.
Ich denke, das ist auch ein Problem.
Ich denke da immer gleich schwarz, wenn es nicht nach zwei Stunden weg ist.
Und ich denk dann immer, dass es morgen wieder so schlimm ist wie heute und so weiter... das ist echt ätzend, komme nicht aus diesem Gedankenkreis.

Eigentlich voll doof, ich kann ihn schließlich beschreiben und aufschreiben, aber ihn nicht durchbrechen, obwohl ich genau die Unlogik an der ganzen Sache erkennen... Bwah, das macht mich wahnsinnig!!!
Stepha
Beiträge: 47
Registriert: 14. Mär 2013, 20:33

Re: Absturzgefährdet

Beitrag von Stepha »

Geduld, was ist das?

Um Gedankenkreise zu unterbrechen, habe ich zwei Strategien:
an etwas ganz Anderes denken, etwas Anderes machen.
Wenn sich das Gefühl gar nicht vertreiben lässt, hilft mir, es genauer zu betrachten (wo fühle ich es, wie fühlt es sich genau an,...). Damit schaffe ich etwas Abstand zu dem Gefühl und kann evtl. gegen einzelne Elemente etwas unternehmen.

Außerdem ist kein Tag wie der vorherige - darauf zu achten, was anders ist, verändert auch.
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datchica
Beiträge: 16
Registriert: 14. Apr 2013, 18:09

Re: Absturzgefährdet

Beitrag von datchica »

Ja... mit der Geduld hatte ich schon immer so meine Probleme.

Ich werde jetzt einfach versuchen, noch ein bissl TV zu schauen und mich dann ins Bett legen. Ich muss zum Glück morgen nicht zur Berufsschule, aber wenn ich daran denke, dass ich um 7:40 Uhr schon einen Termin zum Blut abnehmen habe, dann frage ich mich jetzt schon, wie ich aus dem Bett kommen soll.

Blöd, oder? Das man sich da vorher Gedanken drüber macht !? Aber ist echt schwer, nicht drüber nachzudenken...
Insa40
Beiträge: 1189
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Re: Absturzgefährdet

Beitrag von Insa40 »

Hallo datchica,

ich kenne Dein "Gefühl" sehr gut, ich steiger mich dann total rein und denke immer "was ist, wenn es nicht mehr besser wird", "was mach ich nur, was mach ich nur" und werd dann immer panischer.
Das hilft mir natürlich nicht sondern verschlimmert alles, auch meine Magenprobleme oder Kieferschmerzen, die ich hab.

Hast Du vielleicht ein sog. Notfall-Medikament?
Ich nehm, wenn es heftig wird, mein Notfall medi (ist bei mir Tetrazepam).
Das beruhigt mich nicht nur, es entspannt mich innerlich.
Das ganze "zerfressene" ist weg.
So kann ich zumindest meine Abwärtsspirale unterbrechen und oft ist dann am nächsten Tag immer noch alles ruhig und bleibt auch ne Weile so.

Besprech doch mit Deinem Psychiater mal die Möglichkeit eines Notfall-Medi.
Es hilft der Psyche manchmal schon allein dadurch, dass es auf dem Nachttisch steht und man denkt "wenns nicht mehr geht, nehm ich es halt".
Oft beruhigt mich das schon soweit, dass ich es gar nicht brauche

Herzliche Grüße, Insa
datchica
Beiträge: 16
Registriert: 14. Apr 2013, 18:09

Re: Absturzgefährdet

Beitrag von datchica »

Hallo Insa,

ich habe Promethazin, hauptsächlich zum Einschlafen, kann es auch zum Beruhigen nehmen, das Problem ist halt, dass es extrem müde macht und daher für den Alltag absolut untauglich.

Vielen Dank für den Tipp, ich werde meine Psychiaterin darauf ansprechen. Hoffentlich bekomme ich morgen kurzfristig bei ihr einen Termin...
(... davor habe ich nämlich auch schon wieder Angst, dass ich sie nicht sehen kann, weil das wäre ja auch blöde... bwah! ich kann einfach aus jeder Situation eine Angst spinnen... )
datchica
Beiträge: 16
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Re: Absturzgefährdet

Beitrag von datchica »

Hallo liebe Forum-Teilnehmer,

so, ich war jetzt bei meiner Psychiaterin, hatte zum Glück jemand abgesagt, dessen Termin ich dann bekommen habe.

Ein anderes Notfall-Medi bekomme ich nicht, ich soll Promethazin anwenden. Sie meinte, die meisten Notfall-Medis können müde machen und jetzt kurz vor den Prüfungen ein neues zu geben, wäre fatal, da man nie weiß, welche Nebenwirkungen es zeigt. Das sehe ich auch ein.

Citalopram wurde jetzt erstmal auf 30 gesteigert. Vor allem (und da muss ich mir den Schuh wohl selber anziehen) soll ich es morgens nehmen. Ich habe es nämlich vor ein paar Wochen eigenmächtig auf eine abendliche Einnahme umgestellt, damit meine Heißhunger-Attacken hauptsächlich in der Nacht liegen und ich sie dann nicht so spüre. Da das Citalopram ja aber "ausputschend" wirkt, erklärt das vielleicht auch, warum es jetzt zu diesem "Absturz" kam. Die Wirkung war tagsüber ja nicht so gut vorhanden. Hm...
Naja, also jetzt erstmal morgens nehmen, Dosiserhöhung und dann bin ich in drei Wochen nochmal bei ihr. Dann schauen wir weiter.

Was sie mir noch gesagt hat, was ihr ja aber auch schon festgestellt habt: ich muss lernen, diese "Zustände" und die Krankheit im Allgemeinen zu akzeptieren.

Da muss ich echt mächtig dran arbeiten.

Achja, und ich soll meine Rituale nicht vergessen, wenn es mir besser geht. Also Entspannungstraining machen, bewusst Zeit für mich nehmen, Mandalas malen, all das, was ich in der Klinik ja auch eigentlich schon gelernt hatte.

Ich merke: man muss wirklich konsequent und IMMER an dieser Krankheit arbeiten, auch wenn es einem gut geht. Und man muss sie in das Leben integrieren. Ein wichtiger Lernprozess ist da heute bei der Psychiaterin gewesen. Mal schauen, wie es klappt.

Jetzt hoffe ich erstmal, dass mich das schöne Wetter ein bisschen antreibt (und das höhere Citalopram), meine Mutter schleppt mich nachher auf 'ne Radtour...

LG
datchica
Gerbera
Beiträge: 619
Registriert: 31. Mär 2013, 00:24

Re: Absturzgefährdet

Beitrag von Gerbera »

hallo datchica,

wie war die rad-tour? bei dem schönen wetter beneide ich dich fast ein bißchen um die freiheit, einfach so eine radtour machen zu können .

ich habe eine hashimoto-thyreoiditis und damit auch eine schilddrüsenunterfunktion, die mit tabletten (l-thyroxin) ausgeglichen wird. vor etwas mehr als anderthalb jahren ist ein neuer hashimoto-schub aufgetreten und in der folge sind die schilddrüsenwerte total entgleist. zudem habe ich eine schwere depression entwickelt. irgendwie gibt es da achon einen zusammenhang.

warst du inzwischen beim blutabnehmen wg. der schilddrüsenwerte? ich könnte mir gut vorstellen, dass die bei dir im moment nicht stimmen.
unabhängig davon muss die depression behandelt werden, und da scheinst du ja in guten händen zu sein.

viel erfolg bei deinen prüfungen! um den druck etwas rauszunehmen: du bist im augenblick gesundheitlich nicht so ganz auf der höhe und musst deshalb nicht 16 von 15 möglichen punkten erzielen. ein paar weniger tun's auch! und wenn's gar nicht geht mit dem konzentrieren, lass dir ein attest geben und hole die prüfungen nach (falls das geht).

viele grüße
gerbera
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