Geht's auch ohne Therapie?

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sonntagsfahrer
Beiträge: 64
Registriert: 28. Aug 2012, 10:11

Geht's auch ohne Therapie?

Beitrag von sonntagsfahrer »

Ich habe bisher nur wenig Therapieerfahrung, habe meine erste & letzte nach 1 Jahr abgebrochen, weil ich mit der Arbeitsweise des Therapeuten nicht klar kam. Seit November bin ich (schwere Depr.) also ohne Therapeut... und mir geht's erstaunlich gut. Ich habe auch keine traumatischen Kindheitserlebnisse, die aufgearbeitet werden müssen. Aber manchmal brauche ich jemanden zum Reden, bei dem ich nicht das Gefühl habe, ich dränge mich auf (s. Therapeut, der ja extra dafür bezahlt & ausgebildet wird, mir zuzuhören und zu helfen), würde gerne mein Verhalten professionell analysieren lassen. Denn ich habe Prüfungs-/Versagensängste & mein Selbstwertgefühl ist immer noch schwach ausgeprägt. Aber hey, ich kann meinen Alltag bewältigen, bin auf AD eingestellt.

Soll ich mir jetzt einen Therapeuten suchen? Oder warten? Wenn ja, worauf?
Ich weiß, was sich verbessern könnte, aber nach den ernüchternden Erfahrungen mit meinem ersten Therapeuten glaube ich nicht daran, dass es möglich ist.
jep

Re: Geht's auch ohne Therapie?

Beitrag von jep »

Hallo sonntagsfahrer,
da es eh immer ein bißchen dauert, bis man den richtigen Therapeuten findet, würde ich mich an deiner Stelle balsmöglichst drum kümmern.
Ich mach VT und es hilft mir enorm, gerade fürs Selbstbewusstsein, das bekommen Medis nicht hin, vor allem nicht auf Dauer.
Vielleicht kannst du dann nach deinen Prüfungen( du bist doch die/der kurz vorm Abi?) mit Therapie anfangen, mittendrin ist es glaube ich nicht so toll- am Anfang ist Therapie schon auch mal anstrengend.

Aber wenn du dann was neues anfängst, ist es doch toll, etwas dauerhaft stabiler zu sein....

grüßle
annette fee
chrigu
Beiträge: 2081
Registriert: 20. Mär 2006, 12:20

Re: Geht's auch ohne Therapie?

Beitrag von chrigu »

Hi Sonntagsfahrer,

ich würde Deine Frage ganz klar mit "nein" beantworten. Meine Psychiaterin hat mir damals das AD mit der Auflage verschrieben, dass ich auch eine Therapie parallel zur medikamentösen Behandlung mache.

Das AD kann meiner Meinung nach die akuten Symptome behandeln, aber nicht die Ursache. Ist so, als würdest Du bei einem Auto, das Benzin verliert, immer die Pfütze wegwischen (=AD). Sinnvoller wäre aber, das Leck zu finden und zu flicken (=Therapie). (Irgendwie hat Dein Nickname mich zu diesem Vergleich inspiriert .)

Viele Grüße
Chrigu
Kleiner_Rabe
Beiträge: 71
Registriert: 14. Mär 2013, 17:31

Re: Geht's auch ohne Therapie?

Beitrag von Kleiner_Rabe »

@sonntagsfahrer

Wenn du Rückhalt durch Familie oder wirklich gute Freunde hast, dann könnte es zumindest übergangsweise auch ohne Therapeuten gehen.
Depression ist wie eine Achterbahn, je höher du kommst, um s tiefer ist der Fall.
Glaub mir, ich bin seit mindestens 20 Jahren mittel bis schwer depressiv (in mehreren verdammt langen Episoden), hatte erst keine Hilfe, keine Medikamente, lies mir einreden ich sei nur faul und glaube den Mist dann auch selbst.
Niemand könnte oder wollte mich und mein Verhalten verstehen und ich hab auch irgendwann aufgegeben mich zu erklären.
Ich hatte alles abgebrochen was mir angeboten wurde, ich bildete mir wirklich ein selbst damit klar zu kommen.
Wenn du in ein Loch fällst, erst nach Jahren auf dem Boden aufschlägst und doppelt so lange brauchst um wieder nach oben zu kommen.
Ja wenn du mehr Angst vor dem Leben hast als vor dem Tod
Es ist nicht wirklich witzig, wenn selbst schon Hunde und Straßenkatzen Mitleid mit dir haben !
Spätestens dann solltest du echt Hilfe annehmen, wenn es dann nicht schon zu spät ist !

Ich bin ich Vater einer dreijährigen Tochter und darf mein Kind seit weit über 6 Monaten nicht sehen, weil ich zu unzuverlässig bin.
Mir geht’s eigentlich gut, keine Freunde, keine Familie, keine lästigen Verpflichtungen, kein Kind, keine Verantwortung, kein Stress mit meiner Ex, da ich sie ja auch nicht sehen darf !
Es gibt Tage da vergesse ich sogar dass ich Vater bin und eine Familie habe.
Doch dann höre, sehe ich irgendwo ein Kind und schon schlägt mir die Realität voll ins Gesicht.
Seit meinem 10 Lebensjahr stelle ich mir vor wie es ist eine eigene kleine Familie zu habe und wie ich meine Kinder erziehe.
Ich hatte alles was ich immer wollte und hab es verloren, nur weil ich mich ja eigentlich auch ohne Hilfe gut fühle !
Es geht nicht um die Zeit wo du dich gut fühlst, sondern um die Zeit wo du dich schlecht fühlst.
Glaub mir, der Preis den du und die Menschen denen du noch was bedeutest zahlen, ist viel zu hoch
für ein Stück vermeintliche Freiheit !
Ich bin nun fest entschlossen eine Therapie zu machen, für meine Familie und auch für mich !

Depression ist wie ein Raubtier das dich jagt und mit dir spielt.
Erst wiegt sie dich in Sicherheit und dann, wenn du nur einen Moment nicht aufpasst, wirst du zu ihrer wehrlosen Beute.
Diese Krankheit ist echt so hinterhältig und sadistisch, sie lässt dich dich dabei zusehen wie sie dich bei lebendigen Leibe verschlingt !
Sorry für die bildliche Darstellung, aber es ist doch wirklich so.

LG Rabe


Im Meer der Gesellschaft, den Gezeiten der (Un)Verständnis treib ich dahin.

Stets auf der Suche nach dem Licht es Leuchtturms, das mir den Weg ans rettende Ufer weist.
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