Hallo,
jetzt steh ich wieder mal vor dem Problem, mich richtig auszudrücken. Aber ich trau mich mal.
Ich habe in den letzten Monaten sehr oft gehört: Du musst auch die Anderen verstehen. Verständnis haben für Ärzte, Bekannte, Freunde, Familie...im Prinzip für Alle. Also habe ich mich fast nur noch darauf konzentriert: In die Lage des Anderen versetzen und verstehen, was im Gegenüber so ab geht.
Ich habe Verständnis dafür, dass man mit einem Menschen der ständig n Hoch und Tiefs lebt nicht klar kommt.
Ich habe Verständnis, dass man meine Ängste nicht teilen kann und/oder will.
Ich habe Verständnis, dass man nicht versteht, dass ich fast nicht mehr schlafe.
Ich habe Verständnis für eine Krankenkasse, die nicht gerne zahlt. Usw.
Langsam komme ich mir so vor, als wäre ich das Verständnis selbst.
Aus meinem Verständnis heraus ziehe ich mich zurück, will niemanden belasten und nehme Rücksicht. Aber es ist auch Selbstschutz. Weil manchmal ist es schwer, das Verständnis für andere mit dem Verständnis für sich selbst in Einklang zu bringen.
Ändert sich etwas wenn wir Verständnis haben oder kann ich mir diese Anstrengung sparen, weil es eh nichts ändert? Gehts mir dadurch besser? Ich habe nicht das Gefühl, es macht mich eher wütend, so ehrlich bin ich mal.
Verständnis für Andere haben
Re: Verständnis für Andere haben
***
Zuletzt geändert von Amy1680 am 30. Mär 2016, 17:49, insgesamt 1-mal geändert.
Re: Verständnis für Andere haben
Hallo loveandlive,
>Verständnis haben ...im Prinzip für Alle. Also habe ich mich fast nur noch darauf konzentriert: In die Lage des Anderen versetzen...
Das ist das ideale Rezept um depressiv zu werden.
Leider sind die Ratschläge unserer Mitmenschen oft kontraproduktiv.
Und gerade in der Familie sind (unbewusst) alle darauf bedacht, dass sich das System nicht verändert. Und das bedeutet, dass wir bitteschön auch weiterhin unsere Rolle spielen sollen.
LG,
Norbert
>Verständnis haben ...im Prinzip für Alle. Also habe ich mich fast nur noch darauf konzentriert: In die Lage des Anderen versetzen...
Das ist das ideale Rezept um depressiv zu werden.
Leider sind die Ratschläge unserer Mitmenschen oft kontraproduktiv.
Und gerade in der Familie sind (unbewusst) alle darauf bedacht, dass sich das System nicht verändert. Und das bedeutet, dass wir bitteschön auch weiterhin unsere Rolle spielen sollen.
LG,
Norbert
Re: Verständnis für Andere haben
Hallo love,
alles ist eine Sache der Definition. Was du beschreibst, klingt für mich jetzt nicht so als hättest du wirklich "Verständnis" für die Dinge, die du auflistest. Vielmehr scheint es mir, als hättest du sie (bisher) mit einem unangenehmen Gefühl resigniert so hingenommen.
"Verständnis haben" bedeutet für mich nicht, sich selbst aus den Augen zu verlieren. Sondern zu erkennen und zu akzeptieren, dass ich nicht der Mittelpunkt der Welt bin. Dass es meiner Gesundung genauso wenig förderlich ist, mit meinen Gedanken nur um mich zu kreisen wie ausschließlich mit meinen Gedanken um andere zu kreisen.
Dabei geht es aber nicht darum, Ungerechtigkeiten wehrlos hinzunehmen. Kann dir doch egal sein, ob die KK "nicht gerne" zahlt. Die Rechte des Patienten sind bis ins Kleinste definiert, wenn du ein (gesetzlich verbürgtes) Recht auf Behandlung hast, dann muss die KK zahlen, auch wenn sie das zunächst aus Kostengründen abwimmeln will.
Im sozialen Miteinander ist das Ganze natürlich viel kompliziert, da sind die Rechte und Pflichten nicht so genau definiert.
Und trotzdem hast du ein Recht darauf, wütend oder enttäuscht zu sein. Und natürlich gibt es auch Menschen, die sich einen feuchten Kehrricht um dich scheren und denen es egal ist, was mit dir ist. Ist das tatsächlich so, warum probierst du es dann bei den immer selben Menschen mit dem immer selben Ergebnis?
Warum löst du dich nicht, wenn du schlecht behandelt wirst und eine Klärung nicht (mehr?) möglich ist?
Ich kann von mir selbst sagen, dass ich in der Depression extrem ich-bezogen bin. Ein Beispiel aus jüngster Vergangenheit: Meine langjährige beste Freundin hatte sich für eine Theaterabsage von mir überhaupt nicht interessiert und auch nicht nachgefragt - ich war enttäuscht, fühlte mich "egal". In einer ruhigen Minute habe ich mit ihr gesprochen und noch ehe ich etwas über mich sagen konnte erzählte sie mir, dass ihr Vater die Familie spektakulär hintergangen hatte, inkl. riesigem Polizei- und Feuerwehreinsatz, der sie im Dorf im Nachhinein zum Gesprächsthema Nr. 1 und Ziel von Gespött gemacht hat.
Ich hatte davon keine Ahnung gehabt, alles was ich denken und fühlen konnte war: Meine beste Freundin nimmt mich in meiner Not nicht wahr.
ICH hatte sie aber in IHRER Not ebenso nicht wahrgenommen, hatte ja selbst (zuerst) nicht nachgefragt, woher ihr Desinteresse kommen könnte. Auf die Idee, dass etwas mit ihr sein könnte, bin ich überhaupt nicht gekommen.
Ich bin froh, dass wir das geklärt haben, denn jetzt ist zwischen uns wieder alles in Ordnung.
Nein, Verständnis, das keins ist, bringt niemanden weiter sondern schürt nur destruktive Gedanken und Gefühle.
Manchmal tut Akzeptanz ganz gut. Wenn du dich selbst nicht akzeptieren kannst, wieso verlangst du es dann von anderen?
Lg, Salvatore
alles ist eine Sache der Definition. Was du beschreibst, klingt für mich jetzt nicht so als hättest du wirklich "Verständnis" für die Dinge, die du auflistest. Vielmehr scheint es mir, als hättest du sie (bisher) mit einem unangenehmen Gefühl resigniert so hingenommen.
"Verständnis haben" bedeutet für mich nicht, sich selbst aus den Augen zu verlieren. Sondern zu erkennen und zu akzeptieren, dass ich nicht der Mittelpunkt der Welt bin. Dass es meiner Gesundung genauso wenig förderlich ist, mit meinen Gedanken nur um mich zu kreisen wie ausschließlich mit meinen Gedanken um andere zu kreisen.
Dabei geht es aber nicht darum, Ungerechtigkeiten wehrlos hinzunehmen. Kann dir doch egal sein, ob die KK "nicht gerne" zahlt. Die Rechte des Patienten sind bis ins Kleinste definiert, wenn du ein (gesetzlich verbürgtes) Recht auf Behandlung hast, dann muss die KK zahlen, auch wenn sie das zunächst aus Kostengründen abwimmeln will.
Im sozialen Miteinander ist das Ganze natürlich viel kompliziert, da sind die Rechte und Pflichten nicht so genau definiert.
Und trotzdem hast du ein Recht darauf, wütend oder enttäuscht zu sein. Und natürlich gibt es auch Menschen, die sich einen feuchten Kehrricht um dich scheren und denen es egal ist, was mit dir ist. Ist das tatsächlich so, warum probierst du es dann bei den immer selben Menschen mit dem immer selben Ergebnis?
Warum löst du dich nicht, wenn du schlecht behandelt wirst und eine Klärung nicht (mehr?) möglich ist?
Ich kann von mir selbst sagen, dass ich in der Depression extrem ich-bezogen bin. Ein Beispiel aus jüngster Vergangenheit: Meine langjährige beste Freundin hatte sich für eine Theaterabsage von mir überhaupt nicht interessiert und auch nicht nachgefragt - ich war enttäuscht, fühlte mich "egal". In einer ruhigen Minute habe ich mit ihr gesprochen und noch ehe ich etwas über mich sagen konnte erzählte sie mir, dass ihr Vater die Familie spektakulär hintergangen hatte, inkl. riesigem Polizei- und Feuerwehreinsatz, der sie im Dorf im Nachhinein zum Gesprächsthema Nr. 1 und Ziel von Gespött gemacht hat.
Ich hatte davon keine Ahnung gehabt, alles was ich denken und fühlen konnte war: Meine beste Freundin nimmt mich in meiner Not nicht wahr.
ICH hatte sie aber in IHRER Not ebenso nicht wahrgenommen, hatte ja selbst (zuerst) nicht nachgefragt, woher ihr Desinteresse kommen könnte. Auf die Idee, dass etwas mit ihr sein könnte, bin ich überhaupt nicht gekommen.
Ich bin froh, dass wir das geklärt haben, denn jetzt ist zwischen uns wieder alles in Ordnung.
Nein, Verständnis, das keins ist, bringt niemanden weiter sondern schürt nur destruktive Gedanken und Gefühle.
Manchmal tut Akzeptanz ganz gut. Wenn du dich selbst nicht akzeptieren kannst, wieso verlangst du es dann von anderen?
Lg, Salvatore
Re: Verständnis für Andere haben
Hallo Salvatore,
danke für Deine Antwort.
Du schreibst:
Warum löst du dich nicht, wenn du schlecht behandelt wirst und eine Klärung nicht (mehr?) möglich ist?
Schlecht behandelt ist nicht das, was ich empfinde, es trifft eher zu: ungerecht behandelt. Aber egal wie das Kind auch heißt: Ich bin eifrig dabei! 3 Geschwister, zu denen ich keinen Kontakt habe und noch einige mehr. Es ist ein Teufelskreis, man will nicht einsam werden und tut alles dafür. Sch..... Krankheit. Das macht mich so wütend, so traurig, dass sie so viel Kraft hat und über mich die Macht hat. Ich einfach zu schwach bin, um ihr Contra zu geben.
Du schreibst: Wenn Du Dich nicht akzeptieren kannst, wieso verlangst Du es von anderen?
Verlangen tu ich gar nichts, ich habe nur einen Wunsch, ich würde es als Geschenk empfinden, wenn nur ein Mensch, ein einziger mich durch diese Zeit begleiten würde. Träumen ist das Einzige, was ich mich noch getraue.
Aber Du hast Recht: Ich akzeptiere mich so nicht, ich kann mich so nicht leiden, ich... da käme jetzt noch einiges.
Alles Liebe
danke für Deine Antwort.
Du schreibst:
Warum löst du dich nicht, wenn du schlecht behandelt wirst und eine Klärung nicht (mehr?) möglich ist?
Schlecht behandelt ist nicht das, was ich empfinde, es trifft eher zu: ungerecht behandelt. Aber egal wie das Kind auch heißt: Ich bin eifrig dabei! 3 Geschwister, zu denen ich keinen Kontakt habe und noch einige mehr. Es ist ein Teufelskreis, man will nicht einsam werden und tut alles dafür. Sch..... Krankheit. Das macht mich so wütend, so traurig, dass sie so viel Kraft hat und über mich die Macht hat. Ich einfach zu schwach bin, um ihr Contra zu geben.
Du schreibst: Wenn Du Dich nicht akzeptieren kannst, wieso verlangst Du es von anderen?
Verlangen tu ich gar nichts, ich habe nur einen Wunsch, ich würde es als Geschenk empfinden, wenn nur ein Mensch, ein einziger mich durch diese Zeit begleiten würde. Träumen ist das Einzige, was ich mich noch getraue.
Aber Du hast Recht: Ich akzeptiere mich so nicht, ich kann mich so nicht leiden, ich... da käme jetzt noch einiges.
Alles Liebe