Kognitive Therapie/Beck

Captain Kirk
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Kognitive Therapie/Beck

Beitrag von Captain Kirk »

Ich beschäftige mich seit einiger Zeit mit der kognitiven Therapie nach Beck (nachdem Herr Dr. Niedermeier mir diesen Tip gegeben hat).
Ich finde diese Theorie für mich hilfreich und einleuchtend und glaube, es könte auch für den ein oder anderen von euch von Interesse sein kann.
Darum stelle ich meine schriftlichen Zusammenfassungen ins Forum. (Sie haben keinen Anspruch auf Vollständigkeit,sind mehr ein subjektiv verstehender Extrakt).

Aus: "Kognitive Therapie der Depression", Aaron T. Beck, Beltz.



Kognitive Therapie nach Beck
Definition: Sie basiert auf einem grundlegenden theoretischen Gedanken, wonach Affekt und Verhalten eines Menschen weitgehend von der Art bestimmt sind, in der er die Welt strukturiert. Seine Kognitionen gehen auf Einstellungen oder Annahmen (Schemata) zurück, die aus vergangenen Erfahrungen entstanden sind.

Die philosophischen Wurzeln dieser Therapie sind lang. Bekannt ist vor allem Epiktets oft zitierter Spruch: „Die Menschen werden nicht durch die Ereignisse sondern durch ihre Sicht der Dinge beunruhigt“.

In der Therapie werden gestörte Konzeptbildungen und Schemata identifiziert, überprüft und korrigiert. Der P. bestimmt sein Denken neu.

Das kognitive Modell geht dabei von drei Annahmen aus, um das psychische Substrat der Depression zu klären:
1)die kognitive Triade
2)die Schemata
3)die kognitiven Fehler

Das Konzept der kognitiven Triade
besteht aus drei kognitiven Mustern, die den Patienten verleiten, sich selbst, seine Zukunft und seine Erfahrungen verzerrt zu betrachten.
1. das negative Selbstbild
Der P. beurteilt sich selbst als fehlerhaft, unzulänglich, krank oder benachteiligt. Er neigt dazu, seine unangenehmen Erfahrungen einem psychischen, moralischen oder physischen Mangel seiner selbst zuzuschreiben, und hält sich wegen seiner angeblichen Mängel für wertlos. Es folgt eine stetige Selbstunterschätzung und Selbstkritik.

2. Neigung, Erfahrungen ständig negativ zu interpretieren
Der P. erlebt die Welt so, als würde sie außerordentlich viel von ihm verlangen und/oder ihm bei der Verwirklichung seiner Lebensziele unüberwindbare Hindernisse in den Weg legen. Durch die ständige negative Interpretation werden seine vorgefaßten negativen Folgerungen scheinbar bestätigt.

3. negative Zukunftserwartungen
Der P. nimmt bei längerfristigen Vorausplanungen an, dass seine derzeitigen Schwierigkeiten und Leiden ewig weitergehen. Er erwartet ständig Mühsal, Frustration , Benachteiligung und Fehlschläge.

Die Merkmale und Symptome der Depression, wie z.B. Trauer, Ärger, Antriebslosigkeit, Vermeidungswünsche und somatische Störungen, sind eine Konsequenz der negativen Kognitionen. Wenn der P. DENKT, er würde zurückgewiesen, wird er mit dem gleichen negativen Affekt wie bei einer WIRKLICHEN Zurückweisung reagieren.



Fortsetzung folgt
Captain Kirk
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Re: Kognitive Therapie/Beck

Beitrag von Captain Kirk »

2) Schemata
Mit der Annahme von Schemata wird erklärt, warum ein depressiver Mensch trotz objektiver Belege für positive Faktoren in seinem Leben seine depressive Haltung beibehält.

Jede Situation besteht aus einer Fülle von Reizen. Das Individuum achtet selektiv auf bestimmte Reize, kombiniert sie zu einem Muster und bildet ein Konzept der Situation. Dieses stabile kognitive Verarbeitungsmuster wird als SCHEMA bezeichnet.
Das Schema ist so eine Art Matrix mit deren Hilfe Kategorisierungen und Bewertungen stattfinden und die Art dieses Schemas bestimmt direkt, wie die Person sich fühlt und reagiert.

Frühere Erfahrungen wie z.B.: Tod eines Elternteils in der Kindheit können die Grundlage für Entstehung eines negativen Konzeptes sein. Der Zusammenbruch einer Ehe im Hier und Jetzt kann dann dieses Konzept wieder aktivieren und die latente Überzeugung des Menschen neu beleben, dass er immer verlassen wird, irreversible Verluste zu erleiden hat und hilflos zurückbleibt.

Anscheinend wird beim Ausbruch einer Depression ein ganzer Komplex solcher alten dysfunktionalen Schemata neu aktiviert. Sie scheinen dann überaktiv zu sein. Die systematische Anpassung eines geeigneteren Schemas wird durch diese Überaktivität verhindert. Statt Schemaanpassung oder Neubildung erfolgt ein Umkehrschluß: die Realität wird verzerrt, damit sie wieder zu dem vorherrschenden dysfunktionalen Schema passen. Damit scheint die negative Sicht bestätigt. Es besteht Gefahr, dass die problematische kognitive Organisation autonom wird. D.h.: sie ist von äußeren Reizen (wie z.B. objektiver Belege für positive Lebensfaktoren) unabhängig. Es gibt kaum noch einen logischen Zusammenhang zwischen aktuellen Situationen und negativen Interpretationen.



to be coninued
Captain Kirk
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Re: Kognitive Therapie/Beck

Beitrag von Captain Kirk »

3. die kognitiven Fehler

Einige systematische Denkfehler halten den Glauben an die Gültigkeit der negativen Konzepte und damit die Depression aufrecht. Diese Denkmuster sind unebwußt und laufen automatisch ab.

-WILLKÜRLICHE SCHLUSSFOLGERUNGEN
Es werden bestimmte Schlüsse gezogen, obwohl es keine Beweise gibt, die diese Schlüsse rechtfertigen, bzw. obwohl Beweise sogar gegen die Folgerung sprechen.

-SELEKTIVE VERALLGEMEINERUNGEN
Die Person bezieht sich auf ein aus dem Zusammenhang gerissenes Detail (meist eins, das seine negative Überzeugung unterstützt). Dieses Detail wird ohne Beachtung anderer vorhandener Situationsmerkmale als Erfahrung ins Konzept gebracht.

-ÜBERGENERALISIERUNG
Dies ist ein Verarbeitungsmuster, bei der ein oder mehrere voneinander isoliert betrachtete Vorfälle als Basis für eine allgemeine Regel oder Schlussfolgerung herangezogen werden. Dieses so entstandene Konzept wird dann unterschiedslos auf ähnliche oder unähnliche Situationen angewendet.

-MAXIMIERUNG UND MINIMIERUNG
Bei diesem Reaktionsmuster wird die Bedeutung oder Größe eines Ereignisses
sehr ungenau eingschätzt. Es entsteht daraus eine Verzerrung.

-PERSONALISIERUNG
Äußere Ereignisse werden auf sich bezogen. Auch wenn es keine Grundlage dafür gibt, einen solchen Zusammenhang herzustellen.

-VERABSOLUTIERTES, DICHOTOMES DENKEN
Schwarz-Weiss Denken. Zeigt sch in der Neigung, alle Erfahrungen in zwei Kategorien einzuordnen, die sich gegenseitig ausschließen; z.B.: gut und böse.
sauber und schmutzig.


to be continued
Captain Kirk
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Re: Kognitive Therapie/Beck

Beitrag von Captain Kirk »

DIE ZWEI ARTEN VON REALITÄTSORGANISATION

Das kognitive Modell der Depression nimmt zwei Arten von Realitätsorganisation an, um die problematische Denkart zu verstehen.
Eine „primitive“ und eine „reife“ Art. Das depressive Denken wird als „primitiv“ definiert.

Mit „primitiv“ wird die Art bezeichnet, die dazu tendiert, Ereignisse undifferenziert und global zu beurteilen.

Die Bedeutungen die das Bewußtsein beherrschen sind dabei eher EXTREM, NEGATIV, KATEGORISCH, ABSOLUT, VERURTEILEND. Die entsprechende emotionale Reaktion ist daher auch eher negativ und extrem.

Bestimmte Erfahrungen werden z.B.: als totale Enttäuschung/Niederlage bewertet, die irreversibel ist . Der Schmerz der aufgrund dieses Ales-oder-Nichts Denkens erlebt wird ist dementsprechend groß, denn er entspricht dem symbolischen Verlust.

Auf dieses Erlebnis des "totalen Scheiterns" folgt meist eine negative kategorische Selbstverurteilung. "Ich bin ein totaler Versager und das wird auch immer so bleiben."
Teilgewinne, die selbst in Rückschlägen vorhanden sein könen werden nicht gesehen.
Negative Folgen werden als irreversivel betrachtet.


"Reiferes Denken" begreift Lebenssituationen dagegen in vielen Dimensionen. Es benutzt eher quantitative als qualitative Begriffe und legt relative statt absolute Maßstäbe an.
Beispiele:
p: Ich bin ein elender Feigling
r: Ich bin ängstlicher als die meisten Leute die ich kenne.

p: Ich war immer ein Feigling und werde immer einer sein.
r: Meine Angst ändert sich von Zeit zu Zeit und von Situation zu Situation.


p: Ich bin ängstlich.
r: Ich bin ein wenig ängstlich, ziemlich großzügig und ganz intelligent.

Die therapeutische Technik der Selbstbefragung soll helfen, objektiver zu sehen und das Denken auf eine reifere Ebene zu verlagern.

Beispiel:
Absolute Schlussfolgerung des Patienten: Ich bin immer ein totaler Versager gewesen.

Fragen z.B.:
-Wie definieren Sie Versagen?
-Selbst wenn Sie in bestimmten Bereichen gescheitert sind, bedeutet das zwangsläugfig, daß Sie nichts dazulernen und erfolgreicher werden können?
-Werden Sie durch das Nichterreichen eines Ziels als Mensch zu einem Versager?
-Sollten Menschen, die Mißerfolge erlebt haben, von anderen Menschen abgelehntw erden?
-Sollte sich ein Mensch, der eine Niederlage erlebt hat, weitere Pein zufügen, indem er sich selbst ablehnt?
wuschel
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Re: Kognitive Therapie/Beck

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wuschel
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wuschel
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Re: Kognitive Therapie/Beck

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Re: Kognitive Therapie/Beck

Beitrag von Captain Kirk »

Ein kleiner Exkurs

12 irrationale Vorstellungen
(nach Ellis; amerikanischer Psychotherapeut und einer der Vorläufer der kognitiven Therapie).
Ellis hat diese 12 Vorstellungen als wesentlich für Denkgewohnheiten die zu Depressionen führen können befunden.
Manche sind ein bißchen schwer nachzuvollzihen, andere dagegen kommen vielleicht bekannt vor.


1. Jeder Erwachsene muß von jeder wichtigen Person in seinem Umfeld geliebt und respektiert werden.

2. Man muß in jeder Hinsicht kompetent, perfekt und erfolgreich sein, um sich selber zu akzeptieren.

3. Es gibt schlechte Menschen, die man hart anfassen und bestrafen muß.

4. Es ist entsetzlich oder tragisch, wenn die Dinge nicht so laufen wie man es gerne möchte.

5. Menschliches Leid hat äußere Ursachen und es ist kaum möglich, sein Schicksal selber zu steuern.

6. Wenn etwas gefährlich oder schädlich ist oder sein könnte, muß man sich darüber schreckliche Sorgen machen und darauf achten, diese Gefühle zu meiden.

7. Es ist einfacher, Schwierigkeiten und Eigenverantwortung zu vermeiden als zu versuchen, mit ihnen umzugehen.

8. Ich bin von anderen abhängig und brauche jemanden, der stärker ist als ich und dem ich vertrauen kann.

9. Die Vergangenheit einer Person beeinflußt deren heutiges Verhalten entscheidend. Etwas, was jemals einen großen Einfluß auf jemanden gehabt hat, wird diesen Einfluß immer behalten.

10. Man muß sich über Sorgen und Probleme anderer aufregen.

11. Es gibt für jedes menschliche Problem eine unveränderliche, richtige und perfekte Lösung. Es ist katastrophal, wenn man diese Lösung nicht findet.

12. Es ist unmöglich, mit Wahrscheinlichkeiten oder Unsicherheiten zu leben.
Captain Kirk
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Re: Kognitive Therapie/Beck

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wuschel
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Re: Kognitive Therapie/Beck

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Captain Kirk
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Re: Kognitive Therapie/Beck

Beitrag von Captain Kirk »

TECHNIK DER REATTRIBUTIERUNG

Diese Technik dient dazu, die Objektivität des Patienten zu vergrößern. Sie wird angewendet, wenn unrealistischerweise widrige Vorkommnisse einer persönlichen Unfähigkeit zugeschrieben werden, wie z.B.:dem Mangel an Können oder Bemühen.

Die Selbstbezichtigung und das "Ich bin Schuld" Syndrom sind bei Depressiven ja außergewöhnlich stark ausgeprägt.


Es geht bei der Reattributierung nicht darum, jemanden von aller Verantwortung freizusprechen. Es geht darum, unrealistische Selbstbeschuldigungen zu identifizieren und abzulegen.

Wie?
Eine möglichst objektive Erfassung von Fakten geht der Verantwortungsverteilung voraus. Informationen die zur Zeit der Entscheidung vorhanden waren, werden geprüft usw.
Dabei werden möglicherweise äußere Faktoren entdeckt, auf die der P. keinen Einfluss hatte, die er aber fälschlicherweise auf seine Kappe nahm.
Damit können dementsprechende objektivere Verantwortlichkeiten verteilt werden.


Es kann weiterhin untersucht werden, inwieweit der P. verschiedene Kriterien für die Zuweisung von Verantwortung auf sein eigenes Verhalten und auf das Verhalten anderer anwendet.
Es kann auch die Überzeugung in Frage gestellt werden, dass der P. 100% für jede negative Konsequenz verantwortlich sei.

Mt zunehmender Objektivität kann die Last der Selbstvorwürfe verringert werden. Es können Wege zu Rettung vefahrener Situationen gesucht werden. Und Rückfälle können verhindert werden..
Captain Kirk
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Re: Kognitive Therapie/Beck

Beitrag von Captain Kirk »

Es ist erstaunlich wie viel Last es zu identifizieren und umzuverteilen gibt.

Schuld- und Verantwortungspäckchen auf den Tisch, objektiv geprüft -was ist drin? wem gehört es eigentlich? wer hat es abgeschickt? welche Empfängeradresse steht drauf? usw.
Manche Päckchen kriegen den Stempel "return to sender". Manche landen in der Mülltonne. Manche sind leer und tun nur so als ob. Bei manchen steht ein ganz andrer Empfängername drauf als meiner, die werden an die richtige Adresse weitergeleitet. Bei manchen wurde der richtige Empfängername einfach mit meiner Adresse überklebt. Ich habs nicht bemerkt.

Übrig bleibt ein relativ kleiner Haufen mit Schuld- und Verantwortungspäckchen. Der gehört tatsächlich mir. Den kann ich mir in Ruhe angucken und bearbeiten.

Die Übung heißt, tatsächliche Verantwortung und Schuld von scheinbarer zu trennen.
Das fängt schon dabei an, Verantwortung für die eigenen Gefühle zu übernehmen, anstatt zu denken, man sei für die Gefühle anderer verantwortlich. Kleine Übungen die es in sich haben.
Captain Kirk
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Re: Kognitive Therapie/Beck

Beitrag von Captain Kirk »

Vom Symptomkomplex zum Zielsymptom

Bestimmte Symptom- oder Problemkomplexe erscheinen dem depressiven P. als der unangenehmste Aspekt seiner Störung.
Diese Komplexe können in folgende Kategorien unterteilt werden

1. AFFEKTIVE SYMPTOME: Tarurigkeit, Verlust der Zufriedenheit, Apathie, Verlust von gefühlen und Zuneigung anderen gegenüber, Verlust von Heiterkeit, Angst.
2. MOTIVATIONALE SYMPTOME: Der Wunsch, dem Leben zu entfliehen; der Wunsch, gewöhnlichen Alltagsbeschäftigungen aus dem Weg zu eghen.
3. KOGNITIVE SYMPTOME: Konzentrations-, Aufmerksamkeits- und Erinnerungsschwierigkeiten.
4. VERHALTENSSYMPTOME: sie sind häufig Ausdruck der anderen Symptome; dazu gehören Passivität, Rückzug von anderen Menschen, Verlangsamung, Ruhelosigkeit.
5. Physiologische oder vegetative Symptome: z.B. Schlafstörungen, Appetitstörungen.
(Anm. von c. : Schwindel, Kopfschmerzen, Depersonalisation usw.)

Diese Hauptbeschwerden sind ÄUSSERUNGSFORMEN der Depression die durch unlogische kognitive Prozesse, die verzerrte Wahrnehmung der Wirklichkeit und die sich wiederholenden negativen Gedanken entstehen. Dadurch entsteht ein Teufelskreis. Denn durch die Symptome wird die Depression wieder verstärkt usw.

Deswegen liegt ein Hauptziel zu Beginn der kognitive Therapie darin,
eine teilweise Symptomentlastung zu erreichen.

Dazu wird eine „rationale Basis“ aufgebaut. Aus dem Problemkomplex werden „Zielsymptome“ herausgestellt. Diese werden angeschaut und es werden Zusammenhänge zwischen kognitiven Problemen und Symptom herausgearbeitet. Je nach Symptom und dahintersteckender kognitiven Störung lassen sich entsprechende Strategien entwickeln, um Linderung zu erreichen.



Das „emotionale Fiebermessen“ als Form der übermäßigen Beschäftigung mit den Symptomen- inklusive Mitteilung darüber sollte vermieden werden. Denn es verstärkt die Symptome und ist deswegen kontraproduktiv.
Zwar wird durch die Aufmerksamkeit anderer
das Leiden kurzzeitig etwas gemildert, doch langfristig gesehen wird es in Gang gehalten. Denn die verursachenden Gedankenmuster bleiben bestehen. Und das Gefühl Aufmerksamkeit zu bekommen kann als Krankheitsgewinn gewertet werden (Anm. von c.).

Eine Technik, die dabei hilft dieses Verhalten zu ändern, ist, eine bestimmte Zeitspanne des Tages festzulegen, um „sich schlecht zu fühlen“. Der Rest des Tages kann dann dazu genutzt werden, sich auf produktivere Ziele zu konzentrieren.
morius_42
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Re: Kognitive Therapie/Beck

Beitrag von morius_42 »

Hallo Captain,
mein lieber Mann, das ist ja am Anfang schwer verdaulich; nicht mal Brockhaus hat immer weitergeholfen. Aber höchst interessant.Respekt, dass Du diesen Weg alleine gehst. Momentan kann ich noch gar nicht soviel dazu sagen, denn da waren für mich doch einige "Hirnbatzeln" (so sagt man bei uns = mit festem Gegenstand ausgeführter Denkanstoss)dabei; das Wochenende ist jedenfalls verplant. Ich drück Dir für Dich die Daumen. Stehst Du für Rückfragen zur Verfügung?

Viele Grüße
Morius
C.
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Re: Kognitive Therapie/Beck

Beitrag von C. »

Hallo Captain,

ich lese hier immer wieder mit viel Interesse (wie überhaupt in deinen Beiträgen).

<eine bestimmte Zeitspanne des Tages festzulegen, um "sich schlecht zu fühlen". Der Rest des Tages kann dann dazu genutzt werden, sich auf produktivere Ziele zu konzentrieren.>

Das finde ich eine supergute Idee!
Denn sie gibt Raum für beides: die Gefühle zuzulassen und zu erlauben, UND "weiterarbeiten" und "ins Positive schauen" und somit auch verändern zu können.

Ich finde es nicht kontraproduktiv, den "schlechten Gefühlen", den Symptomen auch Raum zu geben, im Gegenteil es erscheint mir sehr wichtig, ihnen Raum zuzugestehen, sie zu erkennen und zuzulassen und die angst davor zu überstehen.
Auch die Mitteilung darüber halte ich für sehr wichtig. Manchmal nimmt dies vielleicht auch allen Raum ein, der grade da ist. Wäre also sicher "übermässig". Auch das kann manchmal not-wendig sein, denke ich.
Allerdings sollte es nicht dabei bleiben, nicht dabei stehenbleiben!
Sondern dann auch wieder Raum für das andere schaffen.
Alles hat seine Zeit.

Hm, tja, vielleicht gehe ich einfach mal wieder von zu anderen Ausgangspunkten aus...? Oder vielleicht ist einfach der Blickwinkel ein anderer...

Ich hoffe ich hab jetzt hier nicht zusehr "dazwischengefunkt"; ich finde deine "Arbeit" hier (und das du sie mit- uns -teilst!) echt gut, nehme viel daraus mit (Danke!) und hoffe du machst weiter so

liebe Grüsse,
Clara
Captain Kirk
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Re: Kognitive Therapie/Beck

Beitrag von Captain Kirk »

albert
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Re: Kognitive Therapie/Beck

Beitrag von albert »

Hallo Captain,
ja, das Jammern und Wehklagen gehört dazu. Es gab auch für mich mal eine Zeit, als ich in Briefen Klagelieder angestimmt habe, so schlimm, dass eine Adressatin mich anrief und mich fragte, ob ich nicht in eine Klinik gehen wolle, weil ich doch so stark leide. Zu jener Zeit war ich aber voll arbeitsfähig und hatte mit doppeltem Pensum gearbeitet.
Ich darf mal Faust (den Psychiater) zitieren, der meint, dass in der Manie der Kranke sich öffnet. Das ist wie, als ob er aus einem Fenster schaut und hinausruft. Man sollte ihm zuhören, denn in diesen Zeiten teilt er mit, was ihn bedrückt.
Bei mir hatte der hypomanische Zustand dazu gereicht, um die Klagelieder anzustimmen.
Heute bin ich soweit, dass ich vor einer Entscheidung und während der Vorbereitung der dazu gehörenden Handlungen mich wochen- und monatelang hin- und herwälze und mich frage, ob ich richtig oder verkehrt liege oder ob der Mist auf der anderen Seite ist. Und wegen der Bipolarität habe ich immer noch eine gewisse manische Gefahr im Hinterkopf. Also denke ich auch daran, was die Folgen meines Tun sein werden, hier und dort, wohin ich mich wende.
Auch muss ich berücksichtigen, dass viele meiner Mitmenschen, das normale, eingeschränkte Blickfeld haben; ich habe ein verschobenes, im günstigen Fall, wenn ich gut beiander bin, ein vollständigeres Blickfeld.
Aber darf ich das gebrauchen?
Heute begreife ich, warum ich in den vielen Jahren zurück eine Fassade eingeübt habe und gelernt habe, eine Maske zu tragen. Ich kann meinen Mitmenschen nicht alle Wahrheiten zumuten, sonst würde ich mir selber auch noch schaden. Also heißt es, Dosierungen setzen.
Herzliche Grüße für heute am sonnigen Sonntag
Albert
albert
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Re: Kognitive Therapie/Beck

Beitrag von albert »

Nachsatz:
das Jammern und Klagen ist als Korrektiv wichtig für den P., weil die Depression ihn drückt und die schwarze Sicht ihn hindert, sich mitzuteilen über sein Befinden.
Ich hatte z. B. Probleme wegen der Einsamkeit. Erst mit den Klageliedern habe ich das Leiden in der Einsamkeit nach außen mitteilen können, und zu sagen, dass da ein Problem besteht.
Captain Kirk
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Re: Kognitive Therapie/Beck

Beitrag von Captain Kirk »

morius_42
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Re: Kognitive Therapie/Beck

Beitrag von morius_42 »

Hallo Captain,
habe übers Wochenende mehrmals die Inhalte der kognitiven Therapie gelesen. Wie gesagt, starker Tobak, für mich vor allem weil ich mich in vielen der Thesen selbst erkannt habe.
Für mich stellt sich nun hinsichtlich meiner eigenen Erfahrungen und Gefühle die Frage, was davon ist „wahr oder echt“ und was davon ist selbstgebasteltes, „falsches“ Denkmuster. Ich weiß „offiziell“ seit drei Jahren von meinen Depris, die Gefühle kenne ich schon seit meiner Kindheit. Sich als Versager zu fühlen, Angst zu haben Tätigkeiten auszuüben, diese bis Ultimo und noch länger zu schieben, zu tricksen und zu vertuschen damit ja nix hochkommt, das alles praktiziere ich mehr oder weniger intensiv seit ich denken kann. So und jetzt kommt die Frage: mache ich das alles weil ich ein verzerrtes Bild der Wirklichkeit habe, d.h. könnte ich eigentlich meine Tätigkeiten erledigen (vielleicht sogar noch erfolgreich) wenn .... ja wenn mein Bild wieder stimmen würde? Oder stimmt die Realität, d.h. wäre Hausmeister eher geeignet für mich (ohne diesem Berufsstand zu nahe treten zu wollen)?
Erst wenn ich diese Entscheidung getroffen habe, kann ich doch erst weiter gehen, oder seh ich da was falsch. Kann ich die Entscheidung selbst treffen, hab ich überhaupt den freien Blick hierfür? Fragen über Fragen. Musst sie nicht beantworten, musste sie nur mal niederschreiben.

Viele Grüße
Morius
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