Nach vielen Monaten fängt es wieder an

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Virtual
Beiträge: 3
Registriert: 25. Apr 2012, 21:54

Nach vielen Monaten fängt es wieder an

Beitrag von Virtual »

Hallo zusammen,

bin neu hier im Forum und habe das Problem, dass bei mir nach ca. 6 Monaten Ausschleichen und Absetzen von Citalopram (habe ich 2,5 Jahre genommen, 40 mg/täglich) mein Eindruck ist, dass ich wieder in eine Depression abrutsche.

Ich bin 41, m, habe einen Job und auch Freunde, alles läuft eigentlich. Vor drei Jahren hat sich meine Ex wegen eines anderen von mir getrennt und dann bin ich richtig in die Depression reingeraten, auch wenn ich schon früher einige Phasen hatte. Die dauerten aber nie solange und waren auch nicht so heftig wie nach der Trennung.

Es gab jetzt eigentlich keinen Auslöser, aber ich erinnere mich an ein Wochenende vor ca. 6 Wochen, an dem ich niemanden erreichen konnte und plötzlich Panik bekam, weil ich mich so alleine und plötzlich auch wieder so verloren gefühlt habe. Es bahnte sich langsam an und wurde, weil wirklich niemand erreichbar war, über das Wochenende immer schlimmer, bis es mir richtig mies ging.

Seitdem habe ich mich ein wenig erholt, aber unter der Oberfläche lauert noch immer dieses Gefühl, das mir Angst macht. Es ist ein Kloß in der Magengegend und irrationale Ängste, z.B. über die Steuern, die ich noch zahlen muss, obwohl das alles wie erwartet und richtig läuft, um die Gesundheit meiner Eltern, denen es blendend geht und um meine Zukunft, obwohl ich eine Festanstellung und sogar noch freiberufliche Aufträge habe. Das Alleinsein, das auch so ist wie immer, also v.a. das Alleinewohnen, macht mir auch wieder Angst. Etwas, das ich seit Jahren nicht hatte. Ich denke, das Citalopram hat dafür gesorgt, dass es mir gut ging, in der Zeit habe ich mein Leben auch wieder aufgebaut und gefestigt, aber jetzt weiß ich nicht, wie ich mir vielleicht auch selbst helfen kann.

Hat jemand eine Idee? Noch denke ich, brauche ich keine Medikamente, will ich auch gar nicht, v.a. meine ich, dass es noch in einem Stadium ist, in dem ich das eigentlich schaffen müsste, wenn ich selbst etwas tue. Nur was, weiß ich gerade nicht, meine Strategien beziehen sich darauf, was zu tun ist, wenn es schlimer wird, nicht aber auf dieses latente Vorhandensein.

Was kann ich nur tun? Ich will wenn möglich diese Entwicklung stoppen.

Zur Info vielleicht noch, ich habe kein morgendliches frühes Aufwachen mit den entsprechenden Gefühlen, bin arbeitsfähig und noch relativ fit und aktiv. Grübeln hat zwar angefangen, aber ich kann das noch selbst stoppen. Fühle mich aber schlecht.
FönX
Beiträge: 3370
Registriert: 2. Jul 2008, 11:37

Re: Nach vielen Monaten fängt es wieder an

Beitrag von FönX »

Hallo Gilles,

meine Empfehlung: Achte sehr auf dich, nimm solche Warnsignale ernst. Möglicherweise ist dein Botenstoffwechsel so gestört, dass du - analog zum Diabetiker - dein Antidepressivum mindestens noch ein paar Jahre nehmen musst.

Aber eines ist noch wichtiger: Hattest du eine Psychotherapie? Wenn nein, solltest du die unbedingt in Betracht ziehen. In der Regel helfen ADs selten allein. Die Kombination ist immer vorzuziehen. Vielleicht gelingt es dir dann irgendwann, dauerhaft ohne ADs und ohne Therapie zu leben.

Lieben Gruß
FönX

Bei riesigen Nebenwirkungen essen Sie die Packungsbeilage oder schlagen Sie Ihren Arzt oder Apotheker.
Wolke76
Beiträge: 32
Registriert: 4. Mär 2012, 10:33

Re: Nach vielen Monaten fängt es wieder an

Beitrag von Wolke76 »

Hallo Gilles,

wie Fönx ja schon geschrieben hat, wäre es wichtig zu wissen, ob du eine Therapie gemacht hast. Wenn ja, kannst du da vielleicht nochmal ein paar Stunden nehmen? Hast du einen guten Psychiater? 2,5 Jahre sind nicht sehr lange, vor allen Dingen, wenn es nicht die erste Depression war. Rede doch mal mit deinem Psychiater, vielleicht reicht ja schon eine Mini-Dosis, um dich wieder zu stabilisieren.
Es ist doch sehr gut, dass du die ersten Anzeichen wahrnimmst, bevor es wieder so schlimm wird. Noch kannst du gegensteuern. Nimm Hilfe in Anspruch.

Liebe Grüße
Wolke
paco
Beiträge: 310
Registriert: 19. Jan 2011, 11:06

Re: Nach vielen Monaten fängt es wieder an

Beitrag von paco »

Mir scheint, Gilles, Du hast die letzten Jahre nur Symptome mit AD, nicht aber die Ursache bekämpft. Wenn ich Deinen Text lese, dann klingelt da was an, was ich auch an mir kenne.

Wenn ich meine Erfahrung auf Deinen Fall übertrage, dann meine ich, kommst Du nur weiter, wenn Du Dich –mit therapeutischer Hilfe und evtl auch zwischenzeitlich mit AD- selbst ergründest und die Faktoren in Deinem Leben rausfindest und angehst, die hinter Deiner Depri stecken. Bei mir war das ein mehrjähriger, teils schmerzlicher Prozess der Selbsterkenntnis. Aber es gibt meines Wissens keine Alternative dazu.

Dir bleibt meines Erachtens nur eins: mach Dich auf den Weg zu Dir selbst, dann kannst Du Deine persönliche Art finden, mit der Depri klarzukommen.

Ich wünsch Dir viel Kraft und Mut

paco
Virtual
Beiträge: 3
Registriert: 25. Apr 2012, 21:54

Re: Nach vielen Monaten fängt es wieder an

Beitrag von Virtual »

Vielen Dank für die Beiträge!

Ja ich hatte 2 Psychotherapien, die eine hat 2,5 und die andere 2 Jahre gedauert. Bei der ersten habe ich keine AD genommen, da konnte ich auch so gegensteuern.

Es stimmt schon, ich muss aufpassen, dass ich nicht in alte Muster zurückfalle und nur an der Oberfläche herumdokter, das ist mir in den letzten Tagen durch ein Gespräch mit einem "Leidensgenossen" aufgegangen. Bei mir war immer eine der Ursachen, dass ich gewissen Lebensträumen nachhänge und zu denen ins Grübeln verfalle und dann wie in einer Abwärtsspirale meine Stimmung sinkt bis ich meine, es geht nichts mehr. Ich habe mit dem Grübeln schon wieder angefangen und versuche nun erstmal, mit inneren "Stoppschildern" zu arbeiten und mir bewusst zu machen, was da gerade abläuft.

Dann hat mein Kumpel auch wieder so eine Phase, wo seine Depression sich auch wieder ein wenig meldet, wir haben jetzt am Wochenende viel gemacht und auch andere getroffen und versuchen jetzt auch mal, mit Sport und Aktivität gegenzulenken.

AD sind noch in weiter Ferne, meine auch, ich schaffe es schon, durch Bewusstmachen der Prozesse in meinem Kopf wieder bessere Befindlichkeiten zu erzeugen.

Mal sehen, wie es morgen auf der Arbeit ist. Das ist einer der Punkte, in denen ich Träumen nachhänge, weil ich einen Job habe, den ich absolut nicht gerne tue (habe daneben noch eine Selbständigkeit, die super ist auf der anderen Seite). Hier mehr mein Denken zu kontrollieren, dass mir derzeit der üble Job den Guten ermöglicht und nicht alles mies ist, muss ich probieren...

Ich glaube, ich habe mir das ein bisschen zu einfach vorgestellt, wenn ein Rezidiv an der Haustür klopft und stelle jetzt fest, dass es harte Arbeit ist, dagegen anzugehen und sich nicht in das Loch reinfallen zu lassen. Aber die Gefahr, da so leicht nicht wieder rauszukommen, ist mir natürlich vollkommen bewusst und macht mir auch ganz schön Angst...

/edit/ Was ich derzeit kaum schaffe, ist der Haushalt. Hier siehts schlimm aus, ich kriege das kaum hin und will morgen mit einem "Aktivierungsplan" dem Problem zu Leibe rücken.
Virtual
Beiträge: 3
Registriert: 25. Apr 2012, 21:54

Re: Nach vielen Monaten fängt es wieder an

Beitrag von Virtual »

mal ein Update: Habe mich entschieden, an dem einen Punkt, an dem ich seit Jahren zu knacken habe, der eine Job, etwas zu unternehmen.

Ich habe mein anrollendes Loch bisher weiträumig umfahren und festgestellt, dass ich mich jetzt nicht mehr weiter arrangieren will. Weil ich ja hier nie einen anderen Job gefunden habe, habe ich mit Hilfe eines guten Freundes in der Schweiz recherchiert und dorthin Bewerbungen geschickt und jetzt nächste Woche Mittwoch schon das erste Vorstellungsgespräch.

Die Zeit war jetzt reif, zu handeln. Seitdem ist meine depressive Phase weiter in den Hintergrund gerückt und ich sehe wieder die einen oder anderen Lichtblicke und es geht mir schon wieder besser.

Nur die Wohnung habe ich noch nicht im Griff -trotz Haushaltsplan und ganz vorbei ist das auch noch nicht, das merke ich schon noch.
Lerana
Beiträge: 2088
Registriert: 4. Feb 2012, 18:42

Re: Nach vielen Monaten fängt es wieder an

Beitrag von Lerana »

Hallo Gilles,

>>Die Zeit war jetzt reif, zu handeln.<<
Das klingt gut!!!! Klopf dir mal feste auf die Schulter!

Für das Vorstellungsgespräch drücke ich dir die Daumen!!

Herzliche Grüße
Lerana
Der Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung wechseln kann. (Francis Picabia)
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