@Parson - Altruismus versus Egoismus

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Lerana
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@Parson - Altruismus versus Egoismus

Beitrag von Lerana »

Beginne hier einen neuen Thread, damit ich den von aCiD unter Pharmakotherapie nicht weiter störe:

Liebe Parson,

erstmal vielen Dank für die Tipps zum Kopieren. Jetzt kann ich demnächst auch so schöne Antworten schreiben. Eigentlich wollte ich mich ja hier zurückziehen, aber ich komme einfach nicht los.

Ich finde deine Beiträge spannend. Du scheinst eine Haltung dir und anderen gegenüber zu haben, der ich bass erstaunt gegenüber stehe.

Ich selber neige dazu, mich leider kaum von der Frage „Was mögen die anderen wohl von mir denken?“ freizumachen. Mit Sicherheit hat mich diese Haltung gepaart mit einem schrecklichen Helfersyndrom in meine momentane seelische Krise gebracht. Ich hatte mich wohl in einen altruistischen Größenwahn verstrickt, in dem ich versuchte, so selbstlos wie möglich zu sein. Es war meine einzige Option, denn ich war im wahrsten Sinne des Wortes mein Selbst los. In der Therapie stellet ich fest: „Mich selber gibt es doch gar nicht. Ich bin doch nur die Summe aller Erwartungen, die andere an mich haben.“

Festzustellen, dass ich jedoch nicht selbstlos sondern im Gegenteil sehr selbstbezogen handelte, indem ich andere in Dankbarkeit an mich band, um mein eigenes Selbstwertgefühl aufzupolieren, war mit Sicherheit eine der bittersten Pillen, die ich im letzte Jahr zu schlucken hatte. Daraus entstanden heftige Ängste, ein schlechter und egoistischer Mensch zu sein, die mich dazu antrieben, jetzt möglichst wirklich selbstlos zu sein. Damit ging ich ständig über meine eigenen Bedürfnisse hinweg und landete doch nur wieder am Anfang des Teufelskreises und in der Depression.

Daher verwirren und interessieren mich deine Beiträge gleichermaßen, denn du scheinst vollkommen frei von diesen Mustern. Wenn du erlaubst, würde ich gerne etwas fragen:

Machst du dir wirklich nie Gedanken um deine Wirkung?
Welche Motivation treibt dich, hier „sachlich informieren zu wollen“?
Warum sachlich, wo doch so viele wohl eher empathisches Verständnis suchen?
„Die Nachricht entsteht im Ohr des Empfängers!“ Wie weit ist man verantwortlich, mit seinen Ratschlägen zu versuchen, das richtige Ohr zu treffen? Oder ist der Versuch allein übergriffig und damit kontraproduktiv?

Es sind natürlich sehr persönliche Fragen, aber ich schätze dich so ein, dass du keine Probleme hast, dich abzugrenzen, falls du nicht antworten möchtest.

Ich bin wirklich nur neugierig und möchte dir nicht das Gefühl geben, dich rechtfertigen zu müssen.Habe Inteesse an einer Diskussion über Altruismus versus Egoismus, zu der ich selbstverständlich auch allen anderen Forumteilnehmer herzlich einlade:
Wo hört das vernünftige Beachten eigener Bedürfinsse auf und fängt Egoismus an?
Gibt es Selbstlosigkeit überhaupt oder sind wir stets getrieben von egoistischen, vielleicht nur gut versteckten, Motiven? (War Mutter Theresa gar ein Egoist mit Helfersyndrom? )
Suche halt noch nach meiner Haltung!

Herzliche Grüße
Lerana
Der Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung wechseln kann. (Francis Picabia)
Katharsis
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Re: @Parson - Altruismus versus Egoismus

Beitrag von Katharsis »

Liebe Lerana,
auch wenn Dein Beitrag nicht an mich gerichtet war, so habe ich ihn doch mit Interesse gelesen und möchte einwerfen, dass es so etwas wie Altruismus de facto nicht gibt. Er ist eine Worthülse, ein philosophisches Konstrukt. Denn jedweder Wille, zu jedweder Tat, entspringt dem Individuum (seinem Ich/Ego) und ist darum bereits a priori egoistisch.

Dies nur als kleine Rückmeldung.

MfG
just me
Doscho
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Re: @Parson - Altruismus versus Egoismus

Beitrag von Doscho »

ein sehr interessanter thread lerana...

ich glaubte auch immer, ich müsse mich hilfsbereit zeigen... aber durch dich komme ich jetzt auch erst darauf, daß ich es hauptsächlich deshalb machte, weil ich den menschen mochte, und weil ich mich näher an ihn heranpirschen wollte. ich kann zwar nicht so viele lateinische wörter einfügen.....

aber ich versteh deine haltung voll und ganz... und hab jetzt erst durch deinen beitrag über diese verhaltensform von mir nachgedacht
Wenn Du mal deprimiert bist - Denk dran, - DU warst mal das schnellste Spermium...

Doscho
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Re: @Parson - Altruismus versus Egoismus

Beitrag von Doscho »

jetzt ist mir noch etwas eingefallen zu deinem thema lerana.. möchte ich jetzt unbedingt los werden.

ich war über 30 jahre in ner Bank. da gabs einen unwahrscheinlich netten und zuvorkommenden kollegen, - der wirklich ALLEN immer geholfen hatte. Er war auch sehr kompetent und wußte viel. egal ob es um riester-verträge, oder die bestückung des Geldautomaten ging. er hatte alle Abteilungen durchgelebt - und sein wissen war phänomenal. dies nutzten natürlich die kolleginnen und kollegen aus. wenn sie hilfe brauchten, wanderten Sie zu ihm mit Ihren problemchens. eines Tages übertrug ihm der Marktleiter dann auch noch die Urlaubsplanung und wenig später sollte er auch noch dafür sorgen, daß krankheitsbedingte ausfälle usw. kompensiert werden können. ein wirklich schwieriger job, denn hier musste man oft unliebsame entscheidungen vornehmen...jemanden einen genehmigten urlaub wieder wegnehmen, einen anderen in eine ungeliebte filiale setzen usw... er wurde frustrierter... irgendwann sollte er sogar noch den Marktbereich im Betriebsrat representieren...weil sonst niemand wollte... er jedoch konnte wieder einmal nicht nein sagen....

kurz und gut: er wurde ausgenutzt von Leuten unter seiner Position ebenso wie von Menschen oberhalb seiner Position.
Ich kann dir leider nicht die ganze Geschichte erzählen, weil ich 2008 ausgeschieden bin...jedoch war er damals ein menschliches wrack.... er war absolut ausgepowert... die freundschaftliche Art hatte er nicht mehr drauf...war gestreßt.
für mich war er schon einigermassen depressiv geworden. - ich kann dir leider nicht sagen, inwiefern es ihm heute besser oder schlechter geht... ich kann nur eines sagen:

Seine Hilfsbereitschaft war sein Untergang
Wenn Du mal deprimiert bist - Denk dran, - DU warst mal das schnellste Spermium...

ghm
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Re: @Parson - Altruismus versus Egoismus

Beitrag von ghm »

Hallo Lerana,

leider haben wir in unserer Gesellschaft ein falsches Bild von Egoismus und Altruismus.

Unsere Vorstellung von Altruismus ist eher "Selbstdemütigung", das "Aufgeben" des "sich Selbst Wert sein".

Aber auch "Egoismus" wird falsch erfahren. Was wir Egoismus nennen ist eher Egozentrismus.

Denn richtig gelebter Egoismus lebt davon, dass die anderen Wesen auch ihren Egoismus leben.

In Wahrheit ist Altruismus eine Folge von echtem Egoismus.

Wenn ich, aus freiem Willen auf etwas verzichte, das ich schon gewonnen habe, weil ich lieber will, dass es mein Nächster bekommt.


(Ich hoffe ich konnte mich Verständlich machen)
~~ Göttin, lass es Hirn vom Himmel regnen (und nimm den Menschen die Regenschirme weg) ~~
Spongbob
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Re: @Parson - Altruismus versus Egoismus

Beitrag von Spongbob »

Hallo Lerana,

ich habe auch immer zu allem ja und Amen gesagt, nur damit mich die Kollegen mögen. Doch das hat mich in eine schwere Depression geführt. Ich möchte aber gern so bleiben, nur ohne die schwere Depression. Doch ich weiß, dass das nicht geht, nun sitze ich in der Therapiestunde und versuche daran zu arbeiten und weiß in meinem Inneren das ich noch nicht bereit dazu bin. Doch wie werde ich bereit? Ich will doch so schnell wie möglich gesund werden!

LG Mia
bigappel
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Re: @Parson - Altruismus versus Egoismus

Beitrag von bigappel »

Liebe Mia,

ich verfolge Deinen Weg durch Deine Beiträge hier seit geraumer Zeit, weil sie mich sehr bewegen.

Du bist doch längst bereit .

In der Therapie lernst Du, dass Dein Kern (nämlich DU) gut ist, so wie er ist, dass es aber nicht möglich ist, dass jeder andere Mensch Dich mag und so akzeptiert, wie Du bist, sondern dass Du Dir die Menschen aussuchen kannst, die Dich zu schätzen wissen, so wie Du bist und Du lernst damit zu leben, dass es immer Menschen geben wird, da kannst Du Männchen machen oder Kopfstand, die einen nicht mögen oder im Zweifel sich selber nicht, egal wie "lieb" man ist.

Du bist auf dem Weg; leider braucht aber alles seine Zeit und das zu akzeptieren und geduldig weiter zu gehen, mögliche Rückschritte zu akzeptieren und wieder Geduld zu haben, ist das, was ich als kraftzehrend empfinde.

Ich begleite meinen LG auf diesem Weg seit zwei Jahren und erfahren nur als Angehörige, was es heißt Geduld aufzuweisen.
Da ist der Betroffene nochmal viel mehr gefordert.

Für diesen weiteren Weg wünsche ich Dir alles, alles Liebe & Gute und natürlich
"Geduld".

von Herzen
Pia
Ein Tier zu retten, verändert nicht die Welt, aber die ganze Welt ändert sich für dieses Tier.
Lerana
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Re: @Parson - Altruismus versus Egoismus

Beitrag von Lerana »

Hallo alle zusammen,

vielen Dank für eure Rückmeldungen. Finde sie sehr spannend! Ich denke tasächlich auch über meinen Thread nach (Jetzt bin ich scheinbar auch noch egozentrisch )und mir sind noch mehr Fragen gekommen.

@justme, Gregor und alle: << "dass es so etwas wie Altruismus de facto nicht gibt. Er ist eine Worthülse, ein philosophisches Konstrukt. Denn jedweder Wille, zu jedweder Tat, entspringt dem Individuum (seinem Ich/Ego) und ist darum bereits a priori egoistisch.">>:

Wenn ich Altruismus jedoch als gesellschaftliches Konstrukt betrachte, wird es für mich schon schwieriger.

Ich weiß ja nicht wie es in eurer Therapie so geht, aber bei mir geht es oft um Selbstfürsorge und darum, ob ich meine Bedürfnisse wahrgenommen, geäußert und berücksichtigt habe.

Daher folgendes Gedankenspiel: Schicken wir alle Menschen unserer Gesellschaft in die Therapie und sie kommen heraus als selbstfürsorgliche Individuen.
Funktioniert unserer Gesellschaft dann noch? Oder produzieren wir dann unkompatible Egoisten?

Anders gefragt:
Kann eine Gesellschaft ohne Altruisten leben, oder funktioniert sie nur, weil es immmer die gibt und geben wird, die helfen und die, denen geholfen wird. Bin ich auf dem richtigen Weg oder wechsel ich gerade einfach nur die Seite?

Wie löse ich dieses Dilemma? Die Christen glauben an die Nächsetnliebe (erscheint mir zu nah am Helfersyndrom), die Buddisten versuchen sich durch Meditation möglichst frei von Bedürfnissen und Bindungen zu machen (ist mir zu einsam).
Kants kategorischer Imperativ rät, so zu handeln, dass mein Handeln allgemeingültige Maxime werden kann.
Kann es das, wenn ich mich mehr in den Blick nehme? Sollten das alle tun? Wird unsere Gesellschaft besser, wenn wir alle unsere Bedürfnisse im Blick haben, weil wir dann als refelktierte Indiviuen miteinander umgehen und uns angemessen einigen können?

Ich hoffe sehr, denn diesen Weg habe ich eingeschlagen und hoffe, es ist kein Holzweg!

@Mia: <<"Ich möchte aber gern so bleiben, nur ohne die schwere Depression. Doch ich weiß, dass das nicht geht, nun sitze ich in der Therapiestunde und versuche daran zu arbeiten und weiß in meinem Inneren das ich noch nicht bereit dazu bin.">>

Warum bist du noch nicht bereit?
Ich denke, ohne Veränderung wäre ich einfach umgefallen oder hätte dafür gesorgt, dass ich "umgefallen werde". Ich weiß mittlerweile, ich muss mich ändern und es gibt sie, die Menschen, die mich schätzen, auch wenn ich jetzt hin und wieder nein sage.

@Toni: Als ich erkannt habe, dass ich andere mit meinem Gutmenschgehabe an mich binden wollte, habe ich mich dafür verachtet. Ich hoffe, die Erkenntnis, dich dadurch an andere Menschen "heranzupirschen" ist für dich leichter zu akzeptieren.

Herzliche Grüße und vielen Dank
Lerana
Der Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung wechseln kann. (Francis Picabia)
Katharsis
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Registriert: 26. Mär 2012, 20:56

Re: @Parson - Altruismus versus Egoismus

Beitrag von Katharsis »

Zitat:
__________________________________________

Anders gefragt:
Kann eine Gesellschaft ohne Altruisten leben,(....)

__________________________________________

Aber sicherlich, das tut sie doch bereits. Wie erklärt, ist Altruismus im Grunde nichts anderes als gelebter Egoismus, nur mit mittelbaren Motiven. Gregors Erklärung ist insofern ebenfalls stimmig, dass nämlich, wenn jeder für sich sorgt, für alle gesorgt ist.

Wer gut für sich selbst sorgen lernt, bzw. es kann, der wird Kapazitäten bekommen, die über seine eigenen Bedürfnisse hinausreichen und wird diese dann teilen können (aus dem eigenen inneren Überfluss und Reichtum heraus), ganz freiwillig, was dem gedachten Altruismus am nächsten kommt. Ein Geschenk aus den Vollen, quasi.

Wer jedoch sich selbst vergisst und sich ausbrennt um (s)ein brüchiges Ego zu zementieren (die eigene innere Armut/Tristesse nicht ansehen zu müssen), der wird zum Einen egoistisch handeln (logisch implizit) denn er hat nichs zu verschenken und zum Anderen sich selbst immer mehr aufgeben/verlieren (die Tristesse verstärken bis zum Burnout), bzw. ist das der eigentliche Sinn dahinter. Die eigenen Probleme zu vergessen, indem man sich den Anderen widmet. Ein uralter (äußerst egoistischer) Abwehrmechanismus, verbrämt als Altruismus, respektive ein Zerrbild desselben, das sehr viel häufiger anzutreffen ist, als "echter" Altruismus, bzw. die eigentliche Idee davon, wie sie einmal als philosophisches Konzept erdacht wurde.

LG
just me
ghm
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Re: @Parson - Altruismus versus Egoismus

Beitrag von ghm »

Hallo Lerana,

Du bist in soweit auf der falschen Fährte, dass echter Egoismus die Rechte des Nächsten berücksichtigt und dann daraus erst echter Altruismus entsteht.

(Vielleicht ein schlechtes) Beispiel:
ich bekomme Lohn für meine Arbeit und teile ihn mit meiner Familie

Das was uns als Egoismus zur Zeit verkauft wird ist ein sinnloser Zustand, in dem Jeder nur seinen Vorteil sucht. (ohne sich Gedanken um das Zusammenspiel mit seinen Mitgeschöpfen zu machen)

(Fast ein bischen zu vergleichen mit einer Panik, wenn Menschen sich gegenseitig tod trampeln, nur um schneller weg zu kommen, anstatt sich zu organisieren und gemeinsam einen Weg suchen)
~~ Göttin, lass es Hirn vom Himmel regnen (und nimm den Menschen die Regenschirme weg) ~~
wütend

Re: @Parson - Altruismus versus Egoismus

Beitrag von wütend »

Liebe Lerana


>> „Mich selber gibt es doch gar nicht. Ich bin doch nur die Summe aller Erwartungen, die andere an mich haben.“<<
Bei mir war es das Gefühl, ich darf nicht ich sein, sondern habe mich grundsätzlich immer zuerst nach den Bedürfnissen meines gegenübers zu richten.
Das war schon im meiner Kindheit so. Meine Bedürfnisse hatte ich stehts den Bedürfnissen anderer unter zu ordnen, meine Grenzen wurden sehr oft willkührlich mißachtet.

Als dann vor Jahren mein Mann an Depression erkrankte, entwickelt er eine typische Männerdepression. Er sah die Gründe seines Leidens in mir und unserer Tochter. Er war sehr aggressiv, warf mir alles möglich vor und verlangte von mir, den Verzicht auf alles was mir Freude macht. Ich hatte den Eindruck, er wollte, das ich genau so leide wie er. Er machte mich für seine Zustand vrantwortlich und den Schuh habe ich mir auch angezogen.

Ich versuchte alles mögliche, meinen Mann zu helfen wieder gesund zu werden, inklu. Arzttermin den er nicht war nahm. Mir hat diese Situation meine erste diagnostiziert schwer depressive Episode von 10 Monaten Dauer eingebracht.



>>Machst du dir wirklich nie Gedanken um deine Wirkung?<<
Nein, das habe ich auch noch nie getan.



>>Welche Motivation treibt dich, hier „sachlich informieren zu wollen“?<<
Weil ich oft erkenne, das jehmand ein mir bekannte Info offensichtlich nicht hat und ich vermute, das er sie gebrauchen kann.



>>Warum sachlich, wo doch so viele wohl eher empathisches Verständnis suchen?<<
Ich antworte meistens auf Grund meinenes empathischen Gefühls.



>>„Die Nachricht entsteht im Ohr des Empfängers!“ Wie weit ist man verantwortlich, mit seinen Ratschlägen zu versuchen, das richtige Ohr zu treffen?<<
Meiner Meinung nach sollte ich mich an die durchschnittlichen allgemeinen Komunikationsregeln unserer Kultur halten, um verstanden werden zu können.
Für die weitere Auslegung meiner Antwort und seinen Emotionen ist der Empfänger selber verantwortlich, denn er ist erwachsen.
2304.1900
Beiträge: 260
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Re: @Parson - Altruismus versus Egoismus

Beitrag von 2304.1900 »

Hallo Lerana,

Selbstlosikeit ist so nicht möglich.

Im gegenteil ,um Selbstlos zu sein,musst du über ein aussergewöhnlich Starkes "Selbst" verfügen.


Stell dir eine Wippe vor.
Ein großes Dreieck ,mit einem Brett.

Wenn du ein Gleichgewicht der Kräfte haben möchtest,musst du beide gleich Seiten ausbalancieren ,den deine Wippe steht nicht auf dem festen Boden der Realität -sondern Hängt im abgrund der Illusionen.(das ist völlig normal,als Mensch)


Um Ja sagen zu können,musst du es erst Lernen Nein zu sagen.
Um Helfen zu können ,musst du es erst Lernen Selbst Hilfe anzunehmen.
Um Grenzenlos zu sein ,musst du deine Grenzen kennen.
Um zuhören zu können ,musst du Reden.

Alles was du suchst ist dem "Dualismus" unterworfen.

viele Grüße,Stefan

PS. wusstest du das der "Dalai Lama" mal sagte,das er eigentlich Jähzornig und ungeduldig sei?

Ich glaube ihn.
Lerana
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Re: @Parson - Altruismus versus Egoismus

Beitrag von Lerana »

Hallo an alle!

Ich bin euch so dankbar für diese Antworten. Es ist Munition, die ich gegen meinen inneren Kritiker verwenden kann, der mir wieder und wieder vorwürft, ich würde nur an mich denken und am Ende stünde ich allein da, denn Egoisten enden allein. Er meint, ich könne nichts, außer mich um andere zu kümmern.

Ich widerspreche seit neustem energisch und mach Fortschritte!! Das sagt sogar meine Therapeutin mit der ich eben noch über Egoismus gesprochen habe. Als ich ihr sagte, ich wäre noch nicht ganz überzeugt, ob ich auf dem richtigen Weg sei und genau über diese Frage (Altruismus versus Egoismus) mit ihr sprach, lächelte sie und fragte mich ob ich das auch dächte oder ob vielleicht mein Kritiker ein geschicktes Manöver ausführe, um mich aufs Glatteis zu führen. Wahrscheinlich hat sie recht.
Warum habe ich nur immer solche Angst, ein schlechter Mensch zu sein?

@Parson: Vielen Dank für deine Antwort. Deine Geschichte berührt mich persönlich sehr, da ich meine Symptome unter anderem deswegen entwickelte, weil mein Freund mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ebenfalls an depressiven Symptomen leidet und ich habe lange (12 Jahre!!) versucht, ihn "zu retten". Coabhängigkeit lässt grüßen!! Auch er ist oft wütend, macht mich immer wieder für seine Stimmungen verantwortlich und fühlt sich gekränkt, wenn ich mich nicht angemessen kümmere. Leider ist er noch nicht bereit, eine Therapie zu machen, weshalb es für mich besonders schwer ist, damit umzugehen. Wobei "umgehen" eher meinem alten Muster entspricht. Mittlerweile grenze ich mich ab!!
Bist du mit deinem Mann noch zusammen?

@Gregor, just me, Stefan
Nochmals vielen Dank für eure Rückmeldungen. Mein Kritiker strauchelt! Stefan, das Bild mit der Wippe finde ich sehr einleuchtend und deinen Text toll!
Ich beneide euch ein bisschen um eure Überzeugungen. Kognitiv kann ich ihnen sehr gut folgen und zum Teil erscheinen sie mir so viel weiser, als dieses Kleinmädchen Gerechtigkeitsding, das ich so verfolge, aber gefühlt kommt es noch nicht ganz an.

Mein innere Kritiker ist aber auch ein geschickter Brocken! Also immer her mit der Munition ! Wer mehr hat - ich kann sie gebrauchen!

Ganz liebe Grüße
Lerana
Der Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung wechseln kann. (Francis Picabia)
Lerana
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Re: @Parson - Altruismus versus Egoismus

Beitrag von Lerana »

Gerade kommt mir noch ein Geistesblitz,

vielleicht habe ich gar nicht so eine Angst, ein schelchter Mensch zu sein, sondern nur, dass die anderen denken könnten, ich sei ein schlechter Mensch und sich dann von mir abwenden.

Und dann tobt schon wieder mein Kritiker und sagt, aber solche Gedaken, machen sich nur Feedbackjunkies, die von allen geliebt werden wollen: Siehst du! Du bist ein schlechter Mensch!

Ach sch... ist das schwierig. Wertfrei wahrgenommen ist aber wohl Erkenntnis der erste Weg zur Besserung!

Also vielen Dank noch mal!
Liebe Grüße von einem schlechten Menschen!
Der Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung wechseln kann. (Francis Picabia)
Amy1680
Beiträge: 75
Registriert: 1. Jan 2009, 02:08

Re: @Parson - Altruismus versus Egoismus

Beitrag von Amy1680 »

***
Zuletzt geändert von Amy1680 am 30. Mär 2016, 19:45, insgesamt 1-mal geändert.
jonesy
Beiträge: 546
Registriert: 25. Feb 2011, 17:42

Re: @Parson - Altruismus versus Egoismus

Beitrag von jonesy »

Es ist unglaublich schwierig, zu seinem Kern durch zu dringen. Zu dem, was man wirklich will und braucht.
Wenn man die Bedürfnisse Anderer viel deutlicher spürt, ist es auch viel einfacher, sie zu erfüllen.
Da brauch ich mich nicht mit mir zu befassen, nicht hin zu fühlen und nicht hin zu hören, was ich denn jetzt wohl will.
Ich bin ein Retter, immer schon gewesen. Selbst als Kind habe ich alles angeschleppt, was krank war oder sonst irgend wie angeschlagen. Das zieht sich wie ein roter Faden durch mein Leben.
Nur mich selbst rette ich nicht. Vor Überforderung, vor den unmäßigen Erwartungen Anderer, vor mir selbst.
Ich kenne nur Geben, mit dem Nehmen habe ich so meine Schwierigkeiten.
Das hat auch was mit Macht zu tun, denke ich.
Altruismus halte ich auch eher für ein Gerücht.
Ganz tief im Inneren erwartet jeder für alles eine Gegenleistung und sei es nur in Form von Anerkennung oder eben auch, um vor sich selbst als guter Mensch da zu stehen.
Nur... was ist ein guter Mensch?
Für mich jemand, der in der Balance ist. Der seine dunklen Seiten ebenso integriert hat, wie seine hellen und sich annehmen kann, als das was er ist.
Davon bin ich noch meilenweit entfernt, aber da will ich hin.
LG v. Pauline
anna54
Beiträge: 3713
Registriert: 14. Sep 2010, 15:08

Re: @Parson - Altruismus versus Egoismus

Beitrag von anna54 »

Guten Morgen zusammen
Altruismus,Helfersyndrom----das waren eher für mich Worte,die sagten--- du bist nicht normal.
Dein Handeln ist nicht richtig.
Jetzt bin ich an dem Punkt,wo ich erkannt habe,es war richtig,mein Beruf war richtig,ich bin ein Helfer.
Ich bin wieder stolz,diese meine Fähigkeit, der Empathie genutzt zu haben.
Die Depression hat mich gezwungen meinen Beruf und mein Ehrenamt aufzugeben,das war hart,aber notwendig.
Jetzt hab ich einen Schonraum,bin berentet kann meine Zeit einteilen,die Waage halten.
Sobald ich wieder stark genug bin,geh ich ins Ehrenamt zurück,jeder kennt inzwischen meine Krankheit und meine Pausen.
Ich halte die Kontakte durch Anrufe und bekomme Informationen von Zeit zu Zeit.
Mein Potential ist klein,zuerst meine Familie,mein Wohfühlhaushalt,meine Pflichten.
Dann kann ich auch wieder geben,ohne ----?

Ich gehe durch den Tag,ich entscheide,spreche ich die Nachbarin an,schaff ich die Belastung von ihrer Alkoholabhängigkeit zu erfahren,bittet sie mich um Hilfe,muss ich dann einen Rückzieher machen--- ich weiß es nicht---jeder Tag kann anders sein.
Aber ich bin bereit mein Potenzial wieder einzubringen,ich hab kein Helfersyndrom,nur viel Erfahrung durch einen Helferberuf.
Im Arbeitsleben würde ich überrannt von Anforderungen,aber das liegt hinter mir.
Also keine Angst vor falschen Einschätzungen,immer noch kriege ich die größere Hälfte beim Geben!!!
Immer wenn ich Blumen kaufe,hab ich die Hälfte übrig für jemanden,der an diesem Tag eine Aufmunterung braucht.
Keine Kloster zur Selbstaufgabe,kein Glaube an Selbstlosigkeit,mitten im Alltag den anderen auch sehen,im Kleinen das Große schaffen.
Die Depression überfällt oft Helfermenschen,deren Grenzen übergangen werden,auch gezielt,von Arbeitgebern oder Mitmenschen die sich gut ausruhen im Schatten eines Helfers.Aber Helfen ist kein Krankheitssyndrom,ich erlebe nach einer Krise die ersten Anzeichen meines Wiedererwachens an der Freude des Kümmerns um andere.
Also gehe ich in den Tag,den größten Topf auf den Herd und dann koche ich für alle,schaffe so meinen Tag,meine Familie ist versorgt,und einige liebe Menschen freuen sich mit.
Auf dem Flohmarkt am Wochenende finde ich dann wieder einen so schönen Topf,den ich garantiert an "seinen Platz" bringe,warum muss der in meiner Küche sein?
Klar nicht selbstlos,ich will sie wieder spüren,Freude,Überraschung auch Dankbarkeit ,ein Gefühl von Leben.
anna54
Lerana
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Re: @Parson - Altruismus versus Egoismus

Beitrag von Lerana »

Hallo!

Wieder: vielen Dank für eure Antworten!

@mornings are the worst:
<<"Ich denk eher man macht sich automatisch so ne Gedanken, wenn man zB. ein *gebranntes Kind* ist">>

Da ist auf jeden Fall was dran. Ich kann nach über einem Jahr Therapie auch benennen, woher diese Muster bei mir rühren. Meine Mutter war nach der Trennung von meinem Vater chronisch unglücklich und schon als Kind und noch bis heute bin ich oft ihre Trösterin.
Ich vesuche das wahrzunehmen, um mich zu verstehen und Alternativen zu entwickeln: Doch dann denke ich, dass nur ich alleine für die Einhaltung meiner Grenzen zuständig bin. Die anderen haben ein Recht, zu fragen und ich habe das Recht nein zusagen.
Doch mein Kritiker macht mir das halt so schwer!!

@Anna:
<<"Jetzt bin ich an dem Punkt,wo ich erkannt habe,es war richtig,mein Beruf war richtig,ich bin ein Helfer.>>"

Das finde ich einen sehr schönen Aspekt. Denn es ermöglicht mir, hinter meinem Problemen eine Qualtität zu sehen. Ja auch ich bin eine gute Kümmerin und auch mir kommt das in meinem Beruf zugute. Erstaulicherweise fällt es mir da viel leichter, eine professionelle Haltung anzunehmen und mich abzugrenzen.

@Pauline:
<<"Das hat auch was mit Macht zu tun, denke ich.">>
Das finde ich spannend? Wie meinst du das?
Meine Therapeutin hat mich mal gefragt, was ich vom ständigen Kümmern eigentlich habe und nachdem ich lange überlegt habe musste ich zähneknirschend zugeben: moralische Überlegenheit. Mein Freund sagte immer, dass er sich klein fühle, wenn wir stritten, weil ich mit der Moralkeule daherkam. Meinst du das ähnlich? Überlegenheit und Macht sind ja nahe beinander.

Oh Gott, beim Tippen merke ich gerade, wie ich nervös werde. Das ist eine Art Konfrontationstherapie für mich, oute ich mich doch gerade als dankbarkeitsheischend, übergriffig und überlegenheitssuchend!
Das fällt einem Feedbackjunkie wie mir, den am liebsten alle schrecklich gern haben sollen, aber schwer. Jetzt versuche ich es mal anders und lasse euch an Ausschniten aus der dunklen Seite meiner Seele teilhaben!
Ich hoffe, ihr gruselt euch jetzt nicht vor mir. (Tue ich schon selbst!)

Ganz liebe Grüße an alle
Lerana
Der Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung wechseln kann. (Francis Picabia)
wütend

Re: @Parson - Altruismus versus Egoismus

Beitrag von wütend »

>>Deine Geschichte berührt mich persönlich sehr, da ich meine Symptome unter anderem deswegen entwickelte, weil mein Freund mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ebenfalls an depressiven Symptomen leidet und ich habe lange (12 Jahre!!) versucht, ihn "zu retten". Coabhängigkeit lässt grüßen!! Auch er ist oft wütend, macht mich immer wieder für seine Stimmungen verantwortlich und fühlt sich gekränkt, wenn ich mich nicht angemessen kümmere. Leider ist er noch nicht bereit, eine Therapie zu machen, weshalb es für mich besonders schwer ist, damit umzugehen. Wobei "umgehen" eher meinem alten Muster entspricht. Mittlerweile grenze ich mich ab!!
Bist du mit deinem Mann noch zusammen?<<


Liebe Lerana

Ja, wir sind immer noch zusammen. Mein Mann trägt die Verantwortung für seine Krankheit seit einigen Jahren selber und das ist auch gut so.

Angefamgen seine Einstellung zu seinem Leiden zu ändern hat er vor vielen Jahren, als ich die Situation mit ihm nicht mehr aushielt. Ich war am Ende meiner Kraft und reichte die Scheidung ein. Der Anwalt begründete den Antrag mit der mangelden Krankheitseinsicht und Therapieverweigerung meines Mannes.

Und siehe da, auf einmal war mein Mann bereit psychiatrische Hilfe anzunehmen. Er machte mich zwar gelegendlich noch für seine Situation verantwortlich, aber ich antwortet dann regelmäßig, das ich nicht der Grund für seine Krankheit bin und an dieser auch nichts ändern kann. Zudem habe ich ihn an seinen Arzt verwiesen.
Das hat Wunder bewirkt.
Lerana
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Re: @Parson - Altruismus versus Egoismus

Beitrag von Lerana »

Liebe Parson,

vieln Dank für deine Antwort. Du machst mich zuversichtlich, dass auch wir es schaffen können.

Deine Klarheit habe ich meinem Freund gegenüber noch nicht, obwohl ich seit über einem Jahr immer wieder mit der Trennung ringe. Aber schon dadurch, dass ich mich so vehement abzugrenzen versuche, hat sich schon viel geändert. Teilweise ist er in meine Therapie mit eingebnuden, was uns sehr gut tut.

Es ist einfach aufbauend zu hören, dass man es schaffen kann. Allerdings befürchte ich manchmal, dass er sich wohl erst professionelle Hilfe holen wird, wenn ich tatsächlich gehe.
Nur soweit bin ich noch nicht!

Herzliche Grüße
Lerana
Der Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung wechseln kann. (Francis Picabia)
Lerana
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Re: @Parson - Altruismus versus Egoismus

Beitrag von Lerana »

Hallo an alle!

Wollte noch mal ganz kurz sagen, wie dankbar ich euch bin!! Ohne Quatsch ihr habt mir echt geholfen, diesen Knoten in meinem Kopf zumindest etwas zu lockern (Wenn er auch noch nicht ganz entwirrt ist).

Gestern habe ich jedenfalls im Auto gesessen und gedacht: Das Leben ist schön!
Ich war selber überrascht. Ich glaube das habe ich seit einem Jahr nicht mehr gedacht, geschweige denn empfunden.

Und ich glaube tatsächlich, dass diese Diskussion hier ein kleines Stück dazu beigetragen hat.

Also DANKE!

Wollte auch mal was Positives berichten!

Herzliche Grüße
Lerana
Der Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung wechseln kann. (Francis Picabia)
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