Lebensuntüchtig

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jonesy
Beiträge: 546
Registriert: 25. Feb 2011, 17:42

Lebensuntüchtig

Beitrag von jonesy »

Hallo Ihrs,

manchmal habe ich so Tage, an denen ich das Gefühl habe, ich kriege nichts auf die Reihe.
Einfach das ganz normale Leben mit seinen Aufs und Abs.
Es fühlt sich so an, als würde ich über ganz dünnes Eis schlittern und nur ein Schritt zu weit links oder rechts ließe mich einbrechen.
Gerade immer so viel Geld, dass ich halbwegs über die Runden komme, gerade immer so halbwegs Ordnung , dass ich noch was wieder finde, usw. usw. usw.
Immer am Rand, immer kurz vor dem Absturz und gerade noch rechtzeitig zurück gesprungen.
So als würde ich das Leben auffordern, mir mal richtig um die Ohren zu fliegen.
Ich überweise immer am allerletzten Termin, hangele mich so von Ast zu Ast in meinem Leben und nix ist sicher.
Wenn ich alles richtig und pünktlich machen würde, wäre mein Leben viel entspannter.
Ich mach mir einen Plan für den nächsten Tag, nur um am nächsten Tag fest zu stellen, nö, da habe ich jetzt gar keine Lust zu.
Ich will das Bücherregal abstauben, finde irgend ein interessantes Buch und schon sitze ich auf dem Boden, lese und bin praktisch nicht mehr da.
Warum bin ich bloß immer so chaotisch, so vertrottelt, vergesse immer die Hälfte und treffe drei Verabredungen zur gleichen Zeit?
Manchmal habe ich das Gefühl, ich bin mit meinen Gedanken sonst wo, aber nie da, wo ich gerade sein sollte.
Mit Achtsamkeitsübungen habe ich es schon probiert, klappt gerade mal 10 Minuten und dann nicht mehr.
Bin ich einfach so? Ich glaube, dass war auch schon vor der Depression so.
Kann man so leben? Sollte man so leben?
Und wer bestimmt überhaupt, wie einer leben sollte?
Tut mir leid, dass ich euch hier so zu quake. Eigentlich geht es mir ziemlich gut mit der Depri, aber ich stelle mich gerade mal wieder ungemein in Frage.
Meine Arbeitskollegen finden es lustig, wenn ich mal wieder meinen Klinikschlüssel hab stecken lassen oder meine Jacke vergessen habe.
Sie nennen mich die Chaosqueen.
Ich fahre auch schon mal zwei Stationen weiter, weil das Gespräch hinter mir im Bus gerade so interessant ist.
Manchmal muss ich selber über mich lachen, weil ich so zerstreut bin, aber manchmal macht es mir auch Angst.
Wie viel ist normal, wo ist Grenze zum Pathologischen?
Was denkt Ihr?
Gerade habe ich gelernt,für mich selbst verantwortlich zu sein. Dazu gehört doch auch sich Sicherheit zu vermitteln.
Wenn ich mich dann so mit meinen Freundinnen vergleiche, die haben geputzt, die haben gebügelt, die wissen immer , wo alles ist und ich?
War im Yoga-Kurs, habe mit der Katze gespielt, mich mit `ner Freundin besoffen, die Liebeskummer hat,zu ACDC gegröhlt und kann die Rechnung für meinen Kühlschrank nicht wieder finden.
Herrje, ich bin doch keine 15 und weiß, dass das Leben kein Spielplatz ist.
Der Satz könnte auch von meiner Mutter stammen. Stammt er vermutlich auch.
Gerade stelle ich mir vor, wie ich mit 70 immer noch meinen Haustürschlüssel suche und dann noch die Alterdemenz dazu kommt.
Warum kann ich nicht einfach sagen, es ist ok, Pauline, wie du bist?
Vermutlich weil ich heute wieder mit meiner Mutter telefoniert habe.
"Ja, Mama, nein, Mama, du hast völlig Recht, Mama, ich bin unzuverlässig und ne Lusche".
Wo liegt der Schlüssel zu Selbstannahme, nicht mal den kann ich finden.
Schick ich das jetzt ab? Ist das nicht peinlich?
Nö, ja, doch, vielleicht, weiß nicht.
LG v. Pauline, mamageschädigt und verwirrt
sicknurse
Beiträge: 12
Registriert: 26. Feb 2012, 21:02

Re: Lebensuntüchtig

Beitrag von sicknurse »

grins...
ich meine du schreibst über mich.
der einzig unterschied ist, dass meine mutter 2003 die augen geschlossen hat für immer und ich trotzdem ihre ewigen vorwürfe und missbilligenden blicke oder "pieckigen" antworten höre und spüre.

ja ich bin auch ein chaot.
ich ziehe die jacken meiner kollegen an, die mir 20 nummern zu gross sind, vergesse patientenschlüssel und nehme falsche autoschlüssel mit und wundere mich, warum sich die tür nicht öffnen lässt.

prinbzipiell ist das alles sehr lustig und ich würde mich gar nicht so sehr darüber ärgern oder kopfkino machen.
nur meime sch.... chefin die das alles noch forciert (ich weiss immer was ich tue, zu tun ist oä. bin 1000 proz. zuverlässig) weil sie bosst...macht das kraut fett und ich fühle mich dann absolut unfähig.

BIN ICH ABER NICHT!!!!!

du bist nicht allein, aber liebenswert witzig.

lg

kitty
Insa40
Beiträge: 1195
Registriert: 25. Mär 2011, 20:44

Re: Lebensuntüchtig

Beitrag von Insa40 »

Hallo Pauline,

gute Güte, vielen Dank für Deinen Thread.

Versteh das nicht falsch, ich habe ihn gerade gelesen und konnte das erste Mal heute lachen.
Das tat total gut.

Leider kann ich grad nicht mehr schreiben, weil ich etwas durchhänge, morgen gehts vielleicht besser.

Nur soviel, dass ich diese Schussligkeit auch gut kenne.
Bei Deiner Beschreibung mit dem Buch mußte ich schon grinsen, und dann beim Rest richtig lachen.
Ich weiß, dass es für einen selber oft nicht zum Lachen ist, da es sehr sehr anstrengend ist, alles halbwegs hin zu kriegen und neulich hab ich sogar mein handy in den kühlschrank gelegt und statt dessen die Butter draußen stundenlang draußen stehen lassen :-/



Liebe Grüße, insa
jonesy
Beiträge: 546
Registriert: 25. Feb 2011, 17:42

Re: Lebensuntüchtig

Beitrag von jonesy »

Hallo ihr Beiden,
ich weiß, dass sich das eigentlich witzig anhört. Ist es auch manchmal, aber oft denke ich auch, ich hab sie nicht mehr alle.
Und ich mache mir Vorwürfe ohne Ende, wenn ich sehe, was Andere alles ohne Mühe hin bekommen.
Ich scheine in meinem Kopf andere Prioritäten zu haben, was wichtig ist.
Heute fühle ich mich ungenügend, faul und irgend wie nicht richtig, so wie ich bin.
LG Pauline
MissSunshine
Beiträge: 81
Registriert: 28. Mai 2008, 21:16

Re: Lebensuntüchtig

Beitrag von MissSunshine »

Hallo Pauline,

also ich habe meine Fehler angenommen und lebe damit. Ich weiß aber auch, dass ich es irgendwann immer schaffe, mich aufzuraffen und was zu tun. Manchmal suche ich auch Sachen und ärgere mich dann, dass ich die Dinge nicht an den richtigen Platz gelegt habe, wo diese hingehören. Normalerweise versuche ich Schlüssel immer an die gleiche Stelle zu hängen/legen, damit ich auch weiß, wenn der Platz leer ist, welcher Schlüssel fehlt und dann fängt das überlegen an, wo hab ich den zuletzt gehabt...?
Du bist wie Du bist. Zwing dich nicht zu etwas, wenn es dir danach schlechter geht. Nimm dir die Zeit und versinke in einem Buch, wenn dir danach ist...Und such dir bestimmte Orte, für die Schlüssel o.ä. und leg die möglichst immer gleich dahin. Ist mein Tipp. Eine Freundin von mir ist auch ziemlich chaotisch, weiß das aber auch. Ich finde das nicht schlimm, man darf sich nur nicht wundern, wenn man etwas vergisst oder verlegt. Wenn du weißt, dass du so bist, sollte es dich aber auch nicht ärgern, wenn man dir das sagt, denn es scheint ja zu stimmen...

Entspann dich und les ein Buch
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