lebenslänglich

jolanda
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lebenslänglich

Beitrag von jolanda »

Hallo!

Nachdem ich noch vor einigen Wochen so positiv berichtet habe, ist die gute Zeit nun wieder vorbei.

Meine Therapeutin (sowie auch meine Ärztin) sagen, dass es wohl immer wieder depressive Phasen geben wird.
Mittlerweile habe ich die Diagnose Bipolar II und damit hat sich wohl auch die Prognose etwas verändert.

Ich habe sozusagen lebenslänglich bekommen. Und ich kann nichts dagegen tun.
Klar, man kann einiges tun, damit es nicht ganz so schlimm wird, aber selbst das hilft nicht immer.
Gegen die Disposition kann man eben nichts tun.

Ich solle das so sehen: wenn ich denn wieder mal depressiv werde (so wie jetzt), dann müsse ich mir zumindest keine Vorwürfe machen, dass ich zuwenig dagegen getan hätte.

Schwacher Trost

Das ist doch ein riesen Mist.

Ich weiß einfach nicht, wie ich das immer wieder und wieder durchhalten soll.

Noch zwei Tage arbeiten, dann habe ich Urlaub, da kann ich mich dann wenigstens verkriechen.

Sorry, wollte einfach mal jammern

LG, jolanda


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aikido_1987
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Re: lebenslänglich

Beitrag von aikido_1987 »

Liebe Jolanda,

ich kann mir vorstellen, dass es schwer ist, die Diagnose zu erhalten, nicht mehr vollkommen gesund zu werden. Es fühlt sich für dich sicher so entgültig ein. Bisher hattest du immer noch die Hoffnung auf Heilung und das hat dir Mut gemacht und dich angetrieben.

Aber vielleicht kannst du darin auch etwas positives sehen:
Du weißt nun, woran du bist und wirst nicht mehr enttäuscht, weil du dir falsche Hoffnungen machst. Du kennst deine Erkrankung und kannst versuchen, so gut wie möglich damit umzugehen.
Mit all den Hilfsmitteln, die zur Verfügung stehen (Ärzte, Medikamente, Therapeuten, persönliche Bewältigungsstrategien, Freunde, Forum, Bücher ect.) kannst du möglicher Weise gut eingestellt werden und hast Lebensqualität. Auch wenn es ab und an mal eine depressive Episode geben wird.

Eines solltest du wissen: Du bist nicht allein, wir sind alle für dich da!

liebe Grüße
aikido
anna54
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Re: lebenslänglich

Beitrag von anna54 »

Liebe Jolanda
Lebenslänglich---,wie eine Strafe klingt ein Wort,dass keiner aussprechen mag.
Ich habe erst nach mehr als 10Jahren irgendwann begriffen,du hast auch lebenslänglich.
Ich versuche damit zu leben,jeden Tag,jeden Monat,der positiv beginnt,freudig zu begrüßen.
Auf Zeit leben,wissend die Depression kommt zurück,das ist schwer.
Aber ich habe jede Episode geschafft,jetzt auch ambulant,das Leiden geht immer wieder vorbei,das ist ganz sicher.
Hoffnung,ein ganz wichtiger Schatz,ich trage ihn ganz nah am Herzen,Mut trotz allem,das wünsche ich dir.
Du bist nicht allein!
anna54
icingsugar80
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Re: lebenslänglich

Beitrag von icingsugar80 »

hallo jolanda,
tja...auch ich hab nun begriffen, dass ich dauerhaft erkrankt bin.
mir fällt es ebenfalls sehr schwer, diese tatsache zu akzeptieren, aber ich habe die hoffnung, dass ich mit der zeit einfach lerne, mit der krankheit umzugehen! das bedeutet auch, dass ICH die erkrankung in der hand habe und nicht SIE mich.
desweiteren hoffe ich, dass krankenhausaufenthalte nicht mehr nötig sein werden. 13 episoden hatte ich nun...6 davon in der klinik durchgemacht.
was ich aber eigentlich sagen wollte:
die erkrankung hat auch gute seiten (für mich)!
die sensibilität, der tiefgang, die toleranz, die demut, die vielen freunde und bekannte aus der psychiatrie, die schönen momente mit meinen mitpatienten (und den "gesunden" mitmenschen)
UND DIE DANKBARKEIT FÜR JEDE SCHÖNE STUNDE, IN DER ES MIR GUT GEHT!!!! unbeschreiblich, wie schön es ist, die zeit zu genießen...
SOOO fühlt sicher keiner, der nicht auch diese dunkle seite kennt...
lg,
y.
katyfel
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Re: lebenslänglich

Beitrag von katyfel »

Hallo Jolanda,

ich kann mir nur schemenhaft vorstellen, was so eine Nachricht bedeuten und auslösen mag,
aber ich glaube, dass viele hier (ich auch) die Angst vor eben dieser Perspektive kennen und möchte dir deswegen auch nochmal Mut zusprechen.

Du selber schilderst ja auch schon einige "positive Seiten", wenn man das in dem Zusammenhang sagen kann
und vielleicht hilft die verhältnismäßige Sicherheit, dass es eben immer mal wieder vorkommen kann, auch, damit zu leben und immer besser damit klarzukommen, dass es auch mal wieder abwärts gehen wird.

Ich wünsche dir auf jeden Fall erstmal eine große Portion Zuversicht- und nebenbei noch eine hoffentlich besinnliche Weihnachtszeit!
Liebe Grüße, Sinfonia
So ist das Leben, sagte der Clown und malte sich ein Lächeln auf
pero
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Re: lebenslänglich

Beitrag von pero »

>Sorry, wollte einfach mal jammern

Ist doch okay. Manchmal braucht man jemanden der einen versteht und einfach mal in den Arm nimmt.
Und hier gibt es viele die Dich wirklich, aus eigener Erfahrung, verstehen können.

Zum Thema lebenslänglich:
Ich glaube jeder Mensch hat sein Päckchen zu tragen und manchmal möchte man nur noch heulen.
Da ist es wichtig zu verstehen warum es mir/dir so geht. Und wenn der Grund eine depressive Phase ist finde ich den Gedanken tröstlich das diese auch wieder vorbei gehen wird.
Dabei finde ich es hilfreich ein Umfeld zu haben das einen auffangen kann. Zur Not auch dieses Forum

lg
pero
Was die Raupe Ende der Welt nennt, nennt der Rest der Welt Schmetterling.
jolanda
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Re: lebenslänglich

Beitrag von jolanda »

Hallo!

Vielen Dank für Eure lieben Antworten.

Das miese an der Sachen ist eben genau das, dass ich nie die Krankheit in der Hand haben werde, sondern sie mich. Weil die Phasen kommen, so wie andere eine Grippe bekommen. Die kriege ich wenigstens so gut wie nie, ich würde aber mein robustes Immunsystem gerne gegen Nicht-Depression tauschen.
Ich kann es nur bedingt beeinflussen.

Medikamente nehme ich. Ich hatte das viele frustrierende Fehlversuchen. Derzeit nehme ich Elontril, da setze ich schon Hoffnung drauf, weil es mir im Sommer scheinbar schnell aus der Depression heraus geholfen hat und jetzt ist es zwar schlecht, aber es war schon (dramatisch) schlimmer.
Lamotrigin nehme ich seit Jahren, aber da glaube ich nicht recht dran.

Meine Psychotherapie ist in ca. 20 Stunden zu Ende. Es wird auch keine Verlängerung mehr geben, da war die Kasse recht deutlich. Ich habe über die 100 Stunden hinaus nochmal 25 bekommen.

Wie viele Episoden ich schon hatte kann ich gar nicht sagen. Es fing schon im Kindesalter an, spätestens mit der Pubertät, wurde aber mit der Zeit immer schlimmer.
Vor ca. 4 Jahren kamen dann auch gelegentliche hypomanen Phasen dazu.
Seit ich mich vor acht Jahren in Behandlung begeben habe, waren es ca. 15 depressive Episoden, jedes mal so zwischen 3-4 Monate.
Insgesamt war ich seit dem 17 mal stationär, insgesamt in der Summe über ein Jahr.
Das letzte mal war vor 21 Monaten, das ist immerhin ein Rekord, dass es so lange ohne ging, auch wenn ich ein paarmal kurz davor war.
Fehlzeiten deswegen in den letzten 15 Monaten seit ich meinen jetzigen Job habe waren nur zwei Wochen.
Mehr als 4 bis 5 gute Monate am Stück gibt es nicht.

Was mir so schwer fällt, ist momentan auch, mir ein zu gestehen, dass ich depressiv bin. Weil es eher "nur" mittelschwer bis schwer ist und nicht superschwer, wie sonst schon so oft.

Klar weiß ich, dass es vorbei geht. Derzeit kann ich das sogar noch etwas glauben. Nur weiß ich auch, dass ich in einem richtig tiefen Loch das nicht mehr glauben kann, dann kommt es einfach nicht an. Und ich weiß dass ich mit jedem mal, das ich so tief drin stecke suizidaler werde. Einfach weil ich dann denke, dass ich es nicht nochmal schaffe und auch nicht mehr leben möchte, wenn es immer wieder so kommt. Diese Gewissheit ist so unerträglich.

Keine Angst, momentan bin ich nicht suizidal. Das ist sogar erstaunlich, dass es derzeit so wie es mir geht nicht mal den kleinsten Impuls dahingehend gibt. War sonst immer so, aber ist ja gut, wenn nicht.

Heute war ich nochmal bei meiner Psychiaterin. Das war gut so. Sie sagt, ich soll es mir gönnen, jetzt im Urlaub einfach mal alle viere von mir zu strecken und mir nicht irgendwas vornehmen, was unbedingt erledigt werden muss. Vielleicht ziehe ich mir auch einfach mal die Decke über den Kopf.

Wegfahren geht leider nicht, da mein Mann arbeiten muss.

Liebe Grüße, jolanda


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icingsugar80
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Re: lebenslänglich

Beitrag von icingsugar80 »

ich kann dich echt sehr gut verstehen!!!
in jeder episode denke ich "nicht noch einmal, diesmal schaff ich es wirklich nicht...nicht nochmal!!!"...
aber...wir sind immer noch da!
keine ahnung, wie das immer geht...aber irgendwie scheint es ja zu gehen.
ich hab das übrigens nicht ganz so wörtlich gemeint, als ich schroeb, dass man die krankheit im griff hat.
eher, dass sie nicht mehr soviel raum hat!
das sie das bedrohliche verliert und unsere gesunden anteile wieder stärker werden, um die noch kommenden episoden gut zu überstehen.
weisst du, was ich meine?!
jedenfalls lag es für mich auf der hand, dass sich die sache chronifiziert hat...
schon alleine die berentung! ha!
und da musste mir erst ein spezialist in mainz die tatsache vor augen führen.
hammer! was gung es mir nach dem gespräch mit ihm schlecht! musste erstmal kotzen.
krass...naja, ich denke, dass dauert noch ne ganze weile, bis ich das auch TATSÄCHLICH akzeptiert habe.
akzeptieren heisst ja nicht, es gut zu finden, sondern zu lernen, damit zu leben.
und dieser prozess dauert...vielleicht ein leben lang?
nun, wenn das meine lebensaufgabe sein soll...nehm ich sie an.
Y.
anna54
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Re: lebenslänglich

Beitrag von anna54 »

Hallo zusammen
liebe Jolanda
gestern bei einem Gespräch in der Klinik,habe ich die Frage gestellt,seit wann die Ärzte wissen,dass ich Bipolar bin oder eine chron.Depression habe.
Man sagte mir deutlich,dass die amb.Fachärztin mich glatt angelogen hätte mit ihrer Aussage: ich könne wieder gesund werden.
Das hat mich ziemlich umgehauen,zumal ich durch die Erkrankung meiner Schwerster zur Zeit sehr belastet bin.
Meine Frage ist,wie erkenne ich manische Phasen,ich kann das zwar bei anderen Patienten sehen,habe allgemeine Informationen dazu,nur bei mir kann ich das nicht erkennen,ebenso sagt meine erw.Tochter,sie habe mich nicht manisch erlebt.
Ich kenne Zeiten wo ich sehr ängstlich und überfordert bin--- aber was ist Manie?

Ganz schlimm empfinde ich die Schublade,in die man irgendwann gesteckt wird,ohne dass ausführliche Diagnostik und Information des Patienten erfolgt.
Im Schnitt erkranke ich zweimal jährlich depressiv,zuletzt habe ich es ambulant geschafft,die stationären Behandlungen kann ich nicht mehr zählen.
Meine erste depressive Episode hatte ich mit 18Jahren,dann wieder erst Mitte 40,wenn die bipolare Erkrankung mein ganzes Leben bestimmt hat,warum hab ich mich dann ganz allein durch ein schwerstes Leben bekämpft,um mit Mitte 50 dann in die Diagnose zu bekommen.
Und auch nur zufällig,da ich eine Überweisung in die Hand gedrückt bekam
,auf der diese Diagnose stand.
anna54
no name
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Re: lebenslänglich

Beitrag von no name »

Ja, lebenslänglich, so empfinde ich es auch.
Ich bin zwar nicht bipolar, hab es aber seit einigen Monaten von meinem Arzt schwarz auf weiß, dass meine Depression chronisch ist.
Da bin ich damals schon sehr erschrocken, wobei ich es schon vermutet hatte.
Dachte mir, na gut, dann muss ich damit leben und zu sehen, wie ich am besten damit zurecht komme, bzw. was ich tun kann, um stabil zu bleiben.
Hatte den Eindruck, dass es auch ganz gut funktioniert und ich mir evtl. durch meine Einstellung, besser gesagt durch die Einsicht, dass die Depression mich mein Leben lang begleiten wird, ein Gefühl verschafft habe, mit einem gewissen Maß an Leichtigkeit mit der Erkrankung umzugehen.
Aber dieses Gefühl hat mich wohl getäuscht oder es hat eben nur solange funktioniert, wie es mir gut ging.
Nun, vor 4 Wochen wieder ein Einbruch, ohne Auslöser und wie immer ist es ein regelrechter Absturz. Ich fühle mich gefesselt und geknebelt. Verurteilt zu lebenslänglich.
Nein, dass will ich nicht und ich kann auch nicht mehr. Es raubt mir jedes Mal meine ganze Kraft. Die Kraft um wieder auf die Beine zu kommen.
Dann die Vorstellung, dass dies für den Rest meines Lebens so weiter gehen wird, nein danke.

Sicher hab ich nach den vielen Jahren mit der Erkrankung auch genügend Erfahrung damit, weiß, dass es Episoden sind, die vorübergehen, dass in letzter Zeit die Abstände dazwischen sich verlängert haben, dass ich die berufliche Weiterbildung durchgezogen hab, dass etc. etc.
Viele Leute in meinem Umfeld bestärken mich und sagen mir immer wieder, ich soll meinen Blick auf das lenken, was ich bereits geschafft habe.
Eigentlich will ich es gar nicht (mehr) hören, denn prinzipiell weiß ich es selbst.
Ich will auch nicht mehr darüber reden, ich will mich nicht mehr erklären müssen, ich will einfach nichts mehr, es ist mir alles egal.
Irgendwie spüre ich mich selbst nicht mehr und habe das Gefühl mich innerlich in meine Einzelteile aufzulösen.

Vielleicht hätte ich das jetzt gar nicht schreiben sollen, ich weiß es nicht. Vor allen Dingen, da morgen Weihnachten ist.

no name
icingsugar80
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Re: lebenslänglich

Beitrag von icingsugar80 »

hallo no name,
ich ganz sehr gut nachvollziehen, was du durchmachst.
auch ich denke in den stabilen phasen recht positiv und bin bezgl. der erkrankung optimistisch...aber wenn es dann wieder "los geht"?! jaaaa, dann weiss ich auch nicht weiter.
schon krass, die ganze sache!
hoffe einfach, dass es mit den jahren doch noch besser wird, auch wenn jetzt schon 20 jahre rum sind.
wünsch dir alles gute und durchhaltevermögen.
tja, meisstens is es dann doch nur "aushalten",
nicht wahr?!
lg,
y.
Tonja
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Re: lebenslänglich

Beitrag von Tonja »

hallo, das gefühl lebenslänglich zu haben kenne ich auch und leider noch ganz ohne gute phasen.warscheinlich ist der unterschied heftiger wenn es wiederkommt aber dauernd,jahrelang im tief ist auch nicht schön.null lebensqualität.erst recht nicht ganz allein.

ich bin so froh wenn weihnachten und silvester vorbei ist,noch dazu hab ich in der zeit geburtstag und bin komplett allein,keine familie zu der kontakt besteht,keine freunde.wenigstens kann ich arbeiten.

euch allen alles gute,tonja
jolanda
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Re: lebenslänglich

Beitrag von jolanda »

Hallo!

Das was noname schreibt trifft so ziemlich wie es mir auch geht.
Drum weiß ich auch nicht, was ich dir tröstendes sagen soll.
Genau wie du kann ich dieses "Sie haben doch so viel erreicht" "es geht vorbei" nicht mehr hören.

In meiner letzten Therapiestunde vor Weihnachten letzte Woche fragte mich meine Therapeutin, was ich denn jemanden in meiner Situation sagen würde. Und das erste was mir einfiel war genau das, was ich oben gesagt habe.
Ich würde sagen, dass ich weiß, wie es ist. Dass ich weiß wie schlimm es sein kann. Und dass ich NICHT sagen würde "es geht vorbei" weil man das sowieso selber weiß, aber nicht spürt und dass solche Sprüche irgendwann echt nerven.

Gerade auch immer wieder drauf zu verweisen, was ich denn alles schon geschafft habe, auf die Reihe bekommen habe setzt mich eher unter Druck, als dass es mir hilft.
Dann soll ich also weiter so toll funktionieren....
Immer weiter kämpfen, es ist so ermüdend und wie ein Kampf gegen Windmühlen, den man bestenfalls kurzfristig gewinnen kann - nämlich bei Windstille.

Die hypomanen Phasen sehe ich nicht als Problem, sondern als gerechten Ausgleich. Meine Ärztin meinte auch, solange ich nicht extrem abhebe, solle ich es genießen.

Angenehme Aktivitäten schaffen. Ja klar, und wenn das zu anstrengend ist? Ich schaffe es sogar, Dinge zu tun, die ich normalerweise tun würde. Aber das gute Gefühl dazu bleibt aus. Es ist wie Zähneputzen, man macht es halt, weil es eine Gewohnheit ist und weil es gut für einen ist.


Immerhin machen wir uns nicht so den riesen Weihnachtsstress. Aber ein wenig Arbeit ist es auch.

Morgen (ja Heiligabend) wollen bei uns Nazis demonstrieren. Da möchte ich zur Gegendemo gehen, aber ich weiß nicht ob ich das verkrafte, solche Menschenmengen. Es werden 1000de Gegendemonstranten erwartet.


Naja, jetzt noch etwas Putzen, Wäsche aufhängen und dann werde ich nur noch rumgammeln.

LG, jolanda


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Feedom's just another word for nothing left to lose (Janis Joplin)
no name
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Re: lebenslänglich

Beitrag von no name »

Hallo jolanda,

es tut schon gut verstanden zu werden!

Gerade auch immer wieder drauf zu verweisen, was ich denn alles schon geschafft habe, auf die Reihe bekommen habe setzt mich eher unter Druck, als dass es mir hilft.
Dann soll ich also weiter so toll funktionieren....

Genau, so geht es mir auch, du hast es auf den Punkt gebracht!
Ich kann zwar irgendwo nachvollziehen, dass auch Therapeuten, Psychologen und sogar, so meine Erfahrung, Psychiater auf das bereits Erreichte hinweisen, um den Blick, gerade während einer depressiven Phase, in die richtige, bzw. andere Richtung zu lenken.
Das kann sicher hilfreich sein und vielleicht hat es auch mir über so manche Wegstrecken innerhalb der Erkrankung Hoffnung und Kraft gegeben, weiter zu machen, nach vorne zu schauen.
Doch inzwischen kann und will ich es nicht mehr hören, da ich eben das Gefühl habe, dass es mir nicht weiterhilft, sondern, wie bei dir, Druck auslöst.

Das mit dem Kampf ist bei mir so eine Sache, auf der einen Seite denke ich, es macht keinen Sinn und kostet unnötige Energie und frage mich schon seit langem, ob das überhaupt der richtige Weg ist, gerade wenn sich mal wieder ein Loch auftut und mich sowieso das Aufrechterhalten meines Alltags unendlich viel Kraft kostet.
Und dann ist da trotz dieses tiefen Lochs wie im Moment eine Stimme in meinem Hinterkopf, die mir sagt, ich soll nicht aufhören zu kämpfen und z. B. Dem Bedürfnis nicht mehr aufzustehen und einfach alles laufen zu lassen, nicht nachgeben.
Dadurch entsteht bei mir von alleine viel Druck, hat aber evtl. auch damit zu tun, dass diese Stimme schon auch angstbesetzt ist. Angst, was ohne diesen Kampf, diesem Bemühen passieren würde.

Tja, und dann wieder dieses Bewusstsein, dass mich dieser Mist für den Rest meines Lebens begleiten wird, ich damit immer und immer wieder konfrontiert sein werde. Wird meine Kraft dafür ausreichen?

Ich wünsche dir und allen anderen hier ein gesegnetes und friedvolles Weihnachtsfest!

Viele Grüße

no name
overandout
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Re: lebenslänglich

Beitrag von overandout »

@Tonja:

Ich bin /fühle mich auch sehr alleine, v.a. über die WeihnachtsTage...
Wenn du möchtest können wir gerne chatten oder telefonieren.

siehe auch meinen Thread "Hilfe, wie überstehe ich Weihnachten"

LG vom Jo
Nalia
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Re: lebenslänglich

Beitrag von Nalia »

Hallo zusammen,

ich weiß dass die Diagnose "lebenslänglich depressiv" einen erstmal schockiert weil man denkt dass es nun nie wieder eine Aussicht auf dauerhafte Besserung gibt.

Aber ich möchte euch Mut machen, auch so eine Diagnose ist nicht immer endgültig.

Ich habe diese Diagnose vor Jahren auch bekommen, damals schon hatte ich über 30 Jahre mal mehr und mal weniger starke Depressionen gehabt und die Ärztin meinte dass sich das auch nicht mehr ändern würde.

Durch ein sehr einschneidendes Ereignis im vorigen Jahr hat sich die Depression bei mir buchstäblich in Luft aufgelöst und ich bin ein lebensfroher Mensch geworden. Geblieben ist bei mir die Insomnie die ich aber schon als Kind hatte und natürlich die Disposition zur Depression aber das weiß ich und ich gehe sorgsam mit mir um, halte mich, wo immer es geht, von Situationen und Menschen fern die mir nicht gut tun und so bin ich bisher stabil geblieben und habe nach Ansicht meines Arztes beste Chancen stabil zu bleiben.

Damit wollte ich nur sagen dass so eine Diagnose nicht immer endgültig ist, auch Ärzte können irren...

Alles Gute,
Nalia




In der Mitte der Nacht beginnt der neue Tag.
rockme
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Re: lebenslänglich

Beitrag von rockme »

heike56
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Re: lebenslänglich

Beitrag von heike56 »

Hallo zusammen,

seit 20 Jahren wechseln sich bei mir im Jahr zwei Phasen mit normaler und zwei Phasen mit schlechterem Befinden ab ab, auch mit Antriebsarmut. Leider bin ich in den Phasen mit guter Stimmung dann nicht dagegen gewappnet, dass noch anderes quer kommt. Das macht die Sache dann noch anstrengender.

Irgendwo habe ich noch ein ganz klein bißchen Hoffnung, dass in den nächsten Jahren sich Behandlungsmöglichkeiten finden, die der Depression ihren Schrecken nehmnen.

Deshalb versuche ich, diesen so endgültigen Ausdruck "lebenslänglich", in ein "in absehbarer Zeit noch nicht" umzuwandeln.

Alles Gute und angenehme Weihnachtstage noch

Heike 47
3193e42
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Re: lebenslänglich

Beitrag von 3193e42 »

Liebe Lebenslängliche!

Sorry, den musste ich einfach rauslassen. (Ich entschuldige mich, war NICHT beleidigend oder angreifend gemeint, ich gehöre wohl auch dazu, reine Selbstironie!)

Habe vor kurzem im Newsletter der Deutschen DepressionsLiga gelesen, dass gerade eine neue Behandlungsmethode erforscht wird, die Langzeit-Depressiven, die auch schlecht auf Medis (Psychopharmaka/Antidepressiva) ansprechen, wohl in Zukunft geholfen werden kann!

Den Newsletter kann man hier bestellen, in der linken unteren Ecke der Hauptseite,

http://www.depressionsliga.de

Die Studie wird in Canada durchgeführt, und die kann man hier nachlesen,

http://www.aerztezeitung.de/medizin/kra ... sid=679683


Muss man natürlich noch abwarten, was weitere Ergebnisse bringen, aber es geht vorwärts, Hilfe ist in Sicht, auch für Langzeit-Betroffene!

Den passenden Sketch dazu, gibt's hier!

http://www.youtube.com/watch?v=PdYefBoU ... re=related

Viel Spaß dabei, Weihnachten das Fest der Liebe und der Freude, also freut Euch an Ruthe!



Henry
^^^^^^^^^^^^^^^^^

Mein Blog http://www.depressionselbsthilfe.blogger.de



*** Selbstwert ist die Basis aller Emotionen! ***



Deutsche DepressionsLiga eV

http://www.depressionsliga.de
rockme
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Re: lebenslänglich

Beitrag von rockme »

LaLeLu

Re: lebenslänglich

Beitrag von LaLeLu »

Hallo rockme

so gut verstehe ich, was Du schreibst und wie Du Dich fühlst! Leider fehlt hier im Forum ein bitterlich weinendes Smilie.

Du bist nicht allein.

Sehr traurige und verzweifelte Grüße
rockme
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Re: lebenslänglich

Beitrag von rockme »

jolanda
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Re: lebenslänglich

Beitrag von jolanda »

Hallo!

Durch die Betitelung Lebenslängliche fühle ich mich nicht beleidigt. Soviel Humor/Ironie darf schon sein. Ohne Selbstironie würde es mir z.B. noch schlechter gehen.

Irgendwie tut es gut, dass nicht nur ich mit dieser Prognose zu kämpfen habe. Damit meine ich nicht, dass ich es gut finde, dass es anderen auch so geht, sondern dass ich mich damit halt nicht alleine fühle.

@ nalia: ein Jahr ohne Depression würde sich für mich noch nicht wirklich sicher anfühlen. Aber damit möchte ich dir deine Zuversicht auch nicht nehmen.

In diesem Sommer ging es mir auch richtig gut. Nach einer etwas zu guten Phase stellte sich eine normal gute Stimmung ein. Das war schon echt toll, so gut ging es mir schon seit Jahren nicht mehr. Und es hatte sich auch durch die Therapie einiges in meinem Denken geändert, es gab neue Erkenntnisse. Da dachte ich, es hat sich wirklich grundlegend was geändert, dass es nun vielleicht so bleiben könnte.
War dann eben doch nicht so.

Ich habe hier dann sogar damals geschrieben, dass es so gut ist, um anderen Mut zu machen. Um zu sagen, es kann sich auch ändern. Und nun muss ich berichten, dass es sich eben nicht geändert hat. Das macht mich schon sehr traurig.

Das fiese ist ja, dass meine Lebensumstände kaum besser sein könnten. In allen Bereichen ist es gut. Beziehung, Familie, Freunde, Beruf, Haus... alles bestens.
Trotzdem geht es mir schlecht. Da komme ich mir auch noch undankbar vor.

Gestern hatte ich den absoluten Tiefpunkt. Aber dann Abends haben wir schön Heiligabend gefeiert mit einer Freundin noch dazu und es war richtig schön.

@rockme: vielleicht schaffst du ja doch nochmal einen Anlauf zum Arzt und/oder Therapeuten.
Ich kenne es auch, dass ich untertreibe. Aber mit der Zeit in der Therapie kommt dann doch so einiges raus und gute Therapeuten lesen auch zwischen den Zeilen.

Es ist ja nicht so, dass die Behandlung gar nicht hilft, es ist nur so, dass sie eben nicht unbedingt heilt. Ohne Behandlung wäre ich wahrscheinlich nicht mehr am Leben.

@Heike 47: in den letzten Jahren war es bei mir auch immer zweimal im Jahr. Davor seltener, eher nur einmal, meist im Frühsommer.
Ich glaube wir kennen uns? A8 2003/2004?

LG, Jolanda


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Feedom's just another word for nothing left to lose (Janis Joplin)
Nalia
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Re: lebenslänglich

Beitrag von Nalia »

@jolanda

ich gebe Dir Recht, ein Jahr ist noch nicht viel und mit Sicherheit kann auch keiner sagen dass die Depression nicht vielleicht doch wiederkehrt.

Ich habe aber gemerkt dass sich in meinem Inneren etwas entscheidend verändert hat denn ich habe nicht mehr die negative Sicht wie früher sondern mein Blick hat sich auf das Positive hingewendet und so kann ich mich am Leben erfreuen was ich früher nur sehr eingeschränkt konnte. Das heißt nicht dass es nicht auch Tage gibt an denen die Lebensfreude nicht so ausgeprägt ist aber meine Einstellung dem Leben als solches gegenüber hat sich grundlegend geändert.

Alles Gute,
Gruß, Nalia




In der Mitte der Nacht beginnt der neue Tag.
heike56
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Re: lebenslänglich

Beitrag von heike56 »

Hallo Jolanda,

mit deiner Bezeichnung kann ich im Moment nicht viel anfangen. Ich war eine zeitlang fast bei jedem Chattertreffen in Backnang dabei.
Sorry, falls ich mich an dich nicht erinnern sollte.

Aber auf jeden Fall liebe Grüße

Heike 47
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