Starre

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Schwedentraum
Beiträge: 26
Registriert: 10. Okt 2011, 12:36

Starre

Beitrag von Schwedentraum »

Hallo,
ich lese so oft von Euch, dass Ihr viel weinen müsst(könnt). Mir geht es so, dass ich zu Beginn meiner jetzigen depressiven Episode einen Tag lang geweint habe, es gab auch einen konkreten Auslöser, eine Riesen-Enttäuschung, darüber habe ich geweint.
Jetzt ist es so, dass ich SAGE, dass es mir schlecht geht, dass ich dauernd grüble u. nicht weiß, wie es weitergehen soll, aber ich habe den Eindruck, dass meine Gefühle total eingemauert sind. Ich möchte eigentlich gerne weinen, weil es mir bestimmt etwas von meinem riesigen inneren Druck, den ich in der Brust und im Nacken spüre, nehmen würde.
Und ich weiß, dass ich morgen, wenn ich zu meinem Facharzt gehe, so sachlich und distanziert rüberkomme, dass auch er den Eindruck haben wird, dass alles doch gar nicht so schlimm ist.
Ich habe mir einen Spickzettel für den Termin dort gemacht, in dem ich meine jetzige Befindlichkeit aufgelistet habe, komme mir aber total blöd vor, den dann rauszuholen. Vor allem, weil das dann ja auch wieder so "kopfgesteuert" rüberkommt.
Kennt Ihr das auch, diese Starre, wo man doch eigentlich völlig am Boden ist
Und kennt jemand von Euch auch die stabile Mauer, die einen umgibt und die so stabil scheint, dass keiner die riesigen Risse drin sieht?

Lieben Gruß von der ratlosen und -suchenden
Anna13
jonojo

Re: Starre

Beitrag von jonojo »

katyfel
Beiträge: 1181
Registriert: 21. Aug 2011, 18:08

Re: Starre

Beitrag von katyfel »

Hallo Anna,

genau diese Situation kenne ich auch;
das "Gefühl der Gefhllosigkeit" (wie das in der psychotherapeutischen Literatur genannt wird, das Problem des Nicht-Weinen-Könnens, die "perfekte Fassade" und so...

Auch dass Ärzte und Therapeuten (sowie hier in der Klinik auch das Pflegeteam) sich von dieser "Maske" täuschen lassen, dass man nach außen einfach stabiler und gefasster wirkt, als man sich innerlich fühlt, erlebe ich im Moment.

Ich würde mich allerdings anschließen in der Empfehlung, vielleicht diesen Beitrag von dir zum Arzt mitzunehmen, ich finde auch nicht, dass ein "Spickzettel" blöd wirkt, vor allem, wenn du erläuterst, warum du den mitnimmst.

Hoffentlich findest du jetzt einen Weg, damit umzugehen,
Ich wünsch dir erstmal Alles Gute!
Sinfonia
So ist das Leben, sagte der Clown und malte sich ein Lächeln auf
Sprotte
Beiträge: 202
Registriert: 6. Sep 2011, 23:00

Re: Starre

Beitrag von Sprotte »

Liebe Anna,

du bist nicht allein mit dem Gefühl nicht-weinen-zu-können! Das geht hier mehr Leuten so, als es vielleicht auf den ersten Blick scheint. Für mich fühlt es sich so an als würde sich ein riesiger See in mir ansammeln und ich schimme, um innerlich nicht zu ertrinken.

Ob ich weinen kann oder nicht hängt von meinem Zustand ab, das heißt aber auch: Es geht wieder irgendwann. Ich denke die Mauer ist ein Schutz, der unbewusst aufgebaut wird.

Die Idee den Beitrag auszudrucken finde ich auch gut, aber auch, deinen Spickzettel mitzunehmen. Ich habe das schon mal gemacht, weil ich oft da sitze und gar nicht mehr weiß, in welcher Reihenfolge ich wie was sagen wollte und habe damit eine gute Erfahrung gemacht.

Allerdings habe ich diese Woche auch noch so ein Gespräch vor mir und kann deine Angst gut nachvollziehen- denn letzlich weiß man natürlich nicht wie das Gegenüber reagieren wird.
Aber wir schaffen das schon!

Liebe Grüße
Sprotte
reiffuerdieinsel
Beiträge: 4
Registriert: 6. Nov 2011, 17:09

Re: Starre

Beitrag von reiffuerdieinsel »

hallo Anna,
ich schließ mich da an, nimm deinen Zettel auf jeden Fall mit. Es geht ja um dich, da kann es gar nicht zu ausführlich sein, dein Arzt kann nicht Gedanken lesen. Aber wenn du es ihm ausführlich beschreibst, kommst du schneller zum Ziel.

OdR
PinkFrog
Beiträge: 14
Registriert: 22. Okt 2011, 12:47

Re: Starre

Beitrag von PinkFrog »

Hallo,

das mit den Spickzetteln scheint am Namen zu liegen... ich habe bei meinem letzten Besuch bei der Psychiaterin auch einen Spickzettel mitgenommen... mein Kopf ist zur Zeit ein einziger Sieb und ich vergesse immer die Hälfte... die Psychiaterin fand es gut, dass ich mir alles aufgeschrieben haben, weil ich so auch nicht raus gehe und mir sofort noch ein paar Dinge einfallen. Also einfach mitnehmen und erklären warum du dir einen Spicker geschrieben hast.

Viele Grüße Anna
FrauRossi
Beiträge: 3165
Registriert: 2. Jul 2011, 11:23

Re: Starre

Beitrag von FrauRossi »

Hallo Anna,

ich habe für meinen neuen Therapeuten quasi schon ein ganzes Spickheft angelegt.

Weil es mir auch so vor kommt als könnte ich nicht rüberbringen wie schlecht es mir geht.

Meine letzte Therapeutin hat das definitiv nicht gerafft. Ich denke heute es lag zum Teil daran dass sie eine selbstverliebte egozentrische Kuh ist, zum anderen aber auch daran dass ich nicht rüberbringen kann wie mies es mir geht.

Also nimm deinen Zettel ruhig mit, das kann Gold wert sein.

LG FrauRossi
Schwedentraum
Beiträge: 26
Registriert: 10. Okt 2011, 12:36

Re: Starre

Beitrag von Schwedentraum »

Danke an Euch alle für Eure aufmunternden und unterstützenden Worte. Ich werde mich trauen und den "Spickzettel" mitnehmen und auch benutzen. Eure positiven Erfahrungen damit, machen mir Mut.
Und ich bin froh, mit meiner Starre nicht allein zu sein und überhaupt bin ich sehr froh, dieses Forum gefunden zu haben!
Ich berichte Euch, wie mein Arztbesuch verlaufen ist.
Erstmal liebe Grüße
Anna13
Schwedentraum
Beiträge: 26
Registriert: 10. Okt 2011, 12:36

Re: Starre

Beitrag von Schwedentraum »

Wie versprochen, ein kurzer Bericht über meinen gestrigen Arztbesuch:
es war sehr hilfreich, Euren Rat den "Spickzettel" mitzunehmen, zu befolgen.
Ich habe meinem Arzt gesagt, dass ich ihn dabei habe und er hat mich aufgefordert, ihn zu benutzen. Wir sind dann aber gar nicht dazu gekommen, ihn komplett zu besprechen, weil sich ein sehr gutes und hilfreiches Gespräch ergab, das mir bis heute viel zu denken gegeben hat und immer noch tut.
Ich bin auf viel Verständnis für meine derzeitige Unfähigkeit, in meinen Job zurückzukehren gestoßen, bzw. er selbst hat es zu diesem Zeitpunkt völlig ausgeschlossen und mich langfristig (vorerst 4Wochen) weiter krank geschrieben. Er wird auch den Arztbogen für die Reha ausfüllen und den Antrag dann abschicken und wird mir auch im Falle der Nachfrage meiner Krankenkasse (die mich schon mal nach "Aktenlage"--welche Akte???" wieder gesund geschrieben hat, unterstützen.
Mir ist dadurch wirklich ganz viel Druck genommen und ich kann mich jetzt erstmal in Ruhe auf mich und meine momentanen Bedürfnisse konzentrieren.
So, das war der verprochene Bericht.

Danke nochmal an Euch für die Tipps und das Verständnis im Vorfeld!

Anna13
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