Rollentausch und die Frage: schaffe ich das?

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Papillon
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Registriert: 21. Nov 2008, 16:45

Rollentausch und die Frage: schaffe ich das?

Beitrag von Papillon »

Bevor ich zum eigentlichen Punkt komme, muss ich etwas ausholen:
Ich litt selbst viele Jahre unter schweren bis mittelschweren Episoden, war zuletzt auch im Februar diesen Jahres in einer Klinik in der ich super auf Medikamente eingestellt wurde, so dass ich seit dieser Zeit zum ersten Mal in meinem Leben wirklich stabil bin und mich gesund fühle.
Ich habe in dieser Klinik einen Mann kennengelernt, der mitten in einer Trennung steckte. Daraus ist Liebe geworden und wir ziehen kommendes Wochenende auch zusammen, nach nun 8 Monaten Beziehung.
Er leidet noch unter der Trennung, sagt, dass er die alten Zeiten vermisst, nicht aber seine Frau, einfach dieses Gefühl der Stabilität und Gleichförmigkeit. Er sieht jedes 2. Wochenende seine Kinder (4 und 9) und nachdem er sie jedesmal abgeben muss, bricht er zusammen. Er sagt, es ist weil ihm alles zuviel wird. Er freut sich zwar auf die Kinder, aber sie belasten ihn dann leider auch noch, weil er einfach noch nicht so fit ist.
Gestern habe ich nun zum ersten Mal so einen Zusammenbruch erlebt, er konnte die Tränen nicht mehr zurückhalten und sagte, es sei ihm alles zuviel, das ganze Leben wäre sinnlos, er wüsste nicht mehr wofür er überhaupt noch leben soll, er sieht in nichts mehr einen Sinn, seine Ex würde sich einen Dreck um ihn scheren und hätte ihn schon längst vergessen, etc.
Ich war einfach nur bei ihm und habe ihn gehalten. Ich war einfach nur da und hab ihm gut zugeredet.
Es waren vertauschte Rollen.
Ich selbst habe eine 9 jährige Beziehung hinter mir, in der ich immer die Schwache war und in der ich regelmäßig solche Zusammenbrüche hatte. Mein Ex war immer an meiner Seite und hat mich ebenso gehalten.

Ist das nun Schicksal? So etwas wie ausgleichende Gerechtigkeit, dass ich nun stabil bin und mich gesund fühle, damit ich meinen Freund nun stützen kann und halten kann und für ihn da sein kann? Kann ich ihm nun all das zurückgeben was ich jahrelang bekommen habe?

Ich würde es gern. Ich würde gern für uns beide so stark sein und ich hoffe, ich bleibe so stabil und ich hoffe, mein Gefühl des Gesundseins hält an. Ich muss für ihn stark sein.

Ich hoffe ich stehe das mit ihm durch. Ich weiß das eine Trennung viel Zeit zum Verarbeiten braucht. Das habe ich ihm auch gesagt, aber ihm geht es nicht schnell genug.

Jetzt, wo der Umzug immer näher rückt, frage ich mich, ob es eine gute Idee war, ob ich ihn damit nicht überrumple... aber er meinte, er will mich bei sich haben, er will jeden Abend neben mir einschlafen und er denkt, dass ich ihm einen wieder normalen Alltag ermöglichen kann.
Ich hoffe es ja so sehr, dass ich ihm wirklich auf diese Art und Weise gut tun kann. Aber da ist trotzdem die Angst, es könnte ihn überfordern.

Und wenn es ihn überfordert, überfordert es mich dann auch irgendwann?
Was ich mir wünsche ist, dass ich einfach ankommen kann... dass ich ein Zuhause habe in dem ich endlich Wurzeln schlagen kann. Ich weiß das wir beide füreinander bestimmt sind, wir verstehen uns so gut, wir haben ähnliches erlebt.

Und trotzdem ist da diese Angst dass ich ihm und der ganzen Situation nicht gerecht werden kann. Dass ich es nicht packe... dass ich nicht so stark bin wie ich mich momentan fühle und das wieder eine kleine Welt zusammenbricht...

Hm...

Ich denke ich schaffe das. Für uns beide. Der Vorteil ist ja, dass ich genau weiß wie er sich in dem Moment des Zusammenbruchs fühlt... ich bin eine Betroffene, die zu einer Angehörigen wurde.
Ich hoffe nur ich bleibe so stark wie bisher.
Bummel
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Registriert: 5. Jul 2011, 19:06

Re: Rollentausch und die Frage: schaffe ich das?

Beitrag von Bummel »

Hallo Papillon,

zu erst: weiterhin viel positive Energie.

Euere Chance? Weiß nicht, nach dem Lesen ist in mir so "neblig" ein Gefühl von: er ist noch nicht wirklich fertig mit der Trennung, hm ist da ein Anflug von Eifersucht?

Es sind nur so kurze Gedanken. Höre in Dich selbst.
Beides sind keine Gründe den Schritt nicht zu wagen, sondern, zu überlegen wie ihr damit umgehen könnt.
Vielleicht solltet ihr ein paar Stunden Paartherapie machen, damit jeder noch einmal seinen "platz" artikulieren und abgrenzen kann.

Laßt Euch nicht vom Alltag unterkriegen.
Ein Bekannter hat vor unsserer Heirat zu mir und meinem Mann gesagt: " Und vergesst nie Liebe will gepflegt werden und nicht als selbstverständlich in den Schrank geschoben werden.

Liebe Grüße

Bummel
Rosenkranz
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Re: Rollentausch und die Frage: schaffe ich das?

Beitrag von Rosenkranz »

hALLO

Ich würde es euch ja von ganzen Herzen gönnen, das ihr beide glücklich werdet, aber ich habe auch bedenken.

Du hast es geschafft endlich stabil zu sein, es ist auch schön daß du so viel verständnis hast und sehr mitfühlend bist, weil du das ja schon alles selber durchgemacht hast, du solltes dir zumindest klare Grenzen setzen und nicht nur für ihn dasein, du mußt auch auf dich achten, sonst bist du schneller wieder unten als du denkst.

Ich habe auch das Gefühl, das ihr hättet vielleicht noch etwas warten sollen mit dem zusammenziehen, es klingt irgendwie ein bißchen wie abhängig machen, das er dich brauch, damit es ihm besser geht, das ist nicht dasselbe wie Liebe, damit will ich aber nicht sagen, daß ihr euch nicht liebt und nimm mir es nicht übel, wenn es nicht so ist, ist zumindest bei mir so angekommen als ich das gelesen habe. Glaube dein Partner ist noch lange nicht fertig mit seiner alten Beziehung und wie du selber schreibst, es braucht eben seine Zeit und er sollte erstmal die alte Beziehung beenden, damit meine ich die seelischen Qualen die auch erstmal verkraftet werden müssen und dann könnt ihr unbeschwert euch ein eigenes Leben aufbauen. Es ist leider sehr schwer das alles zu verkraften, gerade weil auch Kinder mit betroffen sind und mit dem immer wieder abgeben werden die Wunden immer wieder aufgerissen werden, es sind eben auch seine Kinder und ein Teil bisherigen Lebens.

Ich wünsche dir alles Gute und viel Kraft das alles durchzustehen, vergiß dich aber nicht dabei

lg Rosalie
Papillon
Beiträge: 117
Registriert: 21. Nov 2008, 16:45

Re: Rollentausch und die Frage: schaffe ich das?

Beitrag von Papillon »

Danke für euren Zuspruch.
Ja, es stimmt, er ist mit seiner letzten Beziehung noch lange nicht fertig, er hat vieles noch nicht abgeschlossen und manchmal habe ich das Gefühl, er hängt noch an seiner Exfrau. Er aber beteuert, dass er nicht an ihr hängt, dass er sie als Person nicht vermisst, sondern vielmehr alten Zeiten hinterher trauert. Vielleicht wünscht er sich diese selbstverständliche naive Leichtigkeit zurück die man in der ersten Beziehung erlebt. Hinterher, als gebranntes Kind, ist das nicht mehr so einfach.
Ich will ihn dabei unterstützen zu verarbeiten, so gut ich kann. Und ich denke, unser Zusammenziehen ist nicht zu früh wenn wir für klare Verhältnisse sorgen, so dass daraus eben keine Abhängigkeit entsteht. Ich denke, er nutzt die Situation auch nicht aus. Wir haben schon öfter darüber gesprochen und er meinte auch, auf keinen Fall bin ich ein Lückenfüller für ihn.
Ich denke wir packen das... ich bin jetzt einfach mal gnadenlos zuversichtlich Beziehung ist immer Arbeit, unsere vielleicht in anbetracht der ganzen Situation etwas mehr...
Ich werde auch versuchen bei mir zu bleiben, auf mich zu achten und zu hören, damit ich nicht abrutsche. Ich kenne die Anzeichen dafür nur zu gut. Ich glaube ich habe das im Griff. Das muss es mir selbst wert sein.
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