Belastung für Angehörige

paco
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Belastung für Angehörige

Beitrag von paco »

Hallo zusammen,

ich kämpfe seit Jahren mit wiederkehrenden depressiven Episoden und stecke im Moment wieder tief im grauen Tal der Hoffnungslosigkeit.
Unerträglich ist für mich, dass ich damit auch meiner Frau eine ziemlich große Last aufbürde. Ich bin ihr Klotz am Bein, bin ihr eine Last, reduziere ihre Lebensqualität, und letztlich hat sie immer einen Rest Angst, dass ich mit meinem Leben Schluss machen könnte.
Ich leide schon an meiner Depri und meiner beschissenen Lebenssituation. Meiner Frau eine Last zu sein, ihr Lebensglück zu stören, macht mir zusätzlich zu schaffen.
Wie geht Ihr damit um, für Eure nächsten Angehörigen, Euer familiäres Umfeld letztlich doch eine Last zu sein?

Liebe Grüße paco
ghm
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Re: Belastung für Angehörige

Beitrag von ghm »

Hallo paco,

hast Du mit Deiner Frau schonmal darüber gesprochen?

Vielleicht ist es für Sie gar nicht so schlimm, wie Du es Dir ausmalst ?

Meine Exfrau hatte auch Macken, die für mich aber nicht tragisch waren.

Ich dachte mir, "das Model ist halt nur so lieferbar".

Vielleicht machst Du Dir zu viele Sorgen.
~~ Göttin, lass es Hirn vom Himmel regnen (und nimm den Menschen die Regenschirme weg) ~~
Antiope
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Re: Belastung für Angehörige

Beitrag von Antiope »

Hallo Paco,

nein.
Du bist niemals nur eine Last.

Deine Frau liebt Dich, weil Du auch einiges an Qualitäten bietest.

Und: solche Schwarzmalerei ist doch "typisch" für Depression.
Picassothedog
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Re: Belastung für Angehörige

Beitrag von Picassothedog »

Hallo Paco,

mir gehts da genauso wie Dir: ich hab auch immer das Gefühl ein Klotz am Bein meines Mannes zu sein.

Daher erzähle ich auch nicht so viel davon, wie es mir geht. Ich fresse eher alles in mich rein. Durch meine Depression habe ich auch nicht so sehr das Bedürfnis, mit jemandem zu reden. Ich grüble vor mich hin und drehe mich doch nur im Kreis.

Zur Zeit geht es meinem Mann auch gesundheitlich nicht so gut, also nehme ich mich noch mehr zurück als so schon.

Ich hab immer Angst vor Zurückweisung bzw. Unverständnis, wenn ich offenbare wie es mir geht.

Daher hilft mir das Forum schon sehr. Hier gibt es viele Leute, die das gleiche fühlen bzw. einen verstehen.

Viele Grüße,

MadDog
Pauline33
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Re: Belastung für Angehörige

Beitrag von Pauline33 »

Hallo Paco,
als Angehörige möchte ich dir gerne darauf antworten ...

Mein depressiver Partner war nie eine Last für mich, denn es ist meine alleinige Entscheidung in wie weit ich "stark" genug bin für meinen Partner da zu sein.

Natürlich gab und gibt es Zeiten, in denen man die glatten Wände hochrennen könnte weil es mal wieder ein Mißverständis gab - aber das sind Beziehungsprobleme, die wohl jedes "normale" Paar auch hat.

Ich habe festgestellt, mein Freund verrennt sich oft in dieses "ich bin ja eh nur eine Last für dich" und erkennt dabei gar nicht, dass das ein Ausdruck der Depression ist.

Wir Angehörigen haben ja schließlich auch die Wahl, ob wir den Weg mit unseren Partnern zusammen gehen wollen oder ob wir uns direkt trennen und sagen "das ist mir zu kompliziert ...".

Zumal es ja auch die Eigenverantwortung eines Angehörigen ist, sich entsprechend Luft zu verschaffen, den Hobbys nachzugehen, sich mit Freunden treffen und ein gesundes, normales Leben zu führen - der depressive Partner kann dies gar nicht beeinflussen.

Denn egal ob gesund oder krank, jeder Mensch muss für sich selbst entscheiden wie er handelt und wann der Punkt angekommen ist, an dem man eine "Last" verspürt - und dann wiederum ist es auch die jeweilige eigene Entscheidung zu sagen: ja, ich trage diese Last oder eben nein, ich bin dieser nicht gewachsen.

LG
P.
FrauRossi
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Re: Belastung für Angehörige

Beitrag von FrauRossi »

Hallo Paco,

aus aktuellem Anlass fühle ich mich auch gerade als Last.

Aber mein Freund hat mir gesagt ich soll mir nicht einreden: "ich sei nicht zumutbar" er liebt mich auch mit diesem Teil von mir und das auch wenn es für ihn manchmal verletzend ist und es ihm Angst macht.

Wie meine Vorrednerin schrieb: Jeder muss selbst entscheiden was und wieviel er trägt.

Wenn du kannst sprich mit deiner Frau darüber. Wer wüsste besser als ich dass selbst das nicht immer geht? Aber vielleicht kannst du ihr deine Befürchtung aufschreiben?

Warum denkst du du bist eine Last? Ich denke es aktuell: weil ich unser Zusammenziehen versaut habe.
Aber dahinter steht: ich war eine Last für meine Mutter. Ich war ihre Bürde und das hat sie mir bei jeder Gelegenheit gezeigt und gesagt.

Mir wurde also eingeredet ich sei eine Last.

Klar ist es für die Angehörigen schwer mit der Depression um zugehen. Aber entscheiden müssen sie.

Wie gesagt fragt deine Frau irgendwie. Vielleicht kann sie dir sagen: ja es ist manchmal schwierig, aber du bist keine Last!

Ich stelle für mich fest: ich muss das hören! Und ich werde es wohl noch oft hören müssen bis ich es glaube.

Vielleicht musst du es auch hören? Vielleicht musst du dich öfter Rückversichern dass die die du liebst dich auch immernoch zurück liebt? Weil wir gelernt haben liebe bekommt man nicht geschenkt? Weil wir gelernt haben sie kann auch "weggenommen" werden wenn unbequem sind?

So ist es bei mir. Ich muss den Glaube daran erst finden dass ich "Liebens-WERT" bin. Dabei kann mir mein Partner helfen.

Das muss für dich nicht stimmen, kann sein bei dir ist es was anderes? Aber so ist mein Erleben. Vielleicht nützt es dir was?

LG FrauRossi
Pauline33
Beiträge: 95
Registriert: 9. Okt 2011, 22:56

Re: Belastung für Angehörige

Beitrag von Pauline33 »

Liebe FrauRossi,

du hast geschrieben

"Klar ist es für die Angehörigen schwer mit der Depression um zugehen."

Dem stimme ich zu - aber bei mir war und ist es zb so, dass ich das Thema Depressionen von Anfang an ernst genommen habe und es auch als das gesehen habe was es ist: eine Krankheit.

Für mich spielt es damit keine Rolle ob mein Partner einen Schnupfen hat, sich ein Bein bricht, Krebs oder eben Depressionen hat.

Ich habe mich intensiv mit dem Thema befasst, bin es sehr rational angegangen - sprich ich bin für meinen Partner da, fürsorglich, ohne aufdringlich zu sein, mitfühlend, ohne Mitleid zu haben ...

Das halten der Wage zwischen "für einander da sein" und "an sich selbst denken", dafür ist jeder selbst verantwortlich.

Durch meine rationale Sicht - die meinem Freund zeitweise sogar als sehr kühl vorkam - gelang mir diese Wage recht gut. Und somit war uns beiden geholfen: Mein Freund konnte sich auf mich verlassen ohne mir zur Last zu fallen, und ich konnte für meinen Freund da sein, ohne mich selbst aufzugeben
LG
Pauline
bigappel
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Re: Belastung für Angehörige

Beitrag von bigappel »

Lieber Paco,

Kommunikation!

Eine psychische Erkrankung (wie auch jede schwere andere körperliche, wie z.B. auch Schulden oder sonstige Dinge) können eine Belastung für den Partner und die ganze nächste Familie sein.

Da muss jeder, der Erkrankte und der Angehörige sehen, dass er Ausgleich findet.

Selber Angehörige und mit Erfahrung insoweit versehen kann ich Dir nur dringend empfehlen, zumindest kenne ich dies so von meinem Lebensgefährten, nicht zu vermuten, aus Situationen etwas zu schließen, sondern konkret miteinander zu sprechen.

Das schließt Missverständnisse und Spekulationen aus.

Hat Deine Frau Dir konkret gesagt, Du bist eine Belastung?

Die sich möglicherweise ergebenden Situationen durch die Erkrankung insbesondere mit eigenem Stress können belastend sein; dann solltest Du das nicht persönlich nehmen, sondern Deiner Frau zugestehen und ihr Freiraum gewähren (falls Du das nicht ohnehin tust).

Betrachte die Realitäten:
sie ist da, sie ist Deine Ehefrau nach wie vor und somit spricht im Jetzt alles dafür, dass sie Dich nicht als Belastung empfindet.

Sprich mit ihr.

LG
Pia
Ein Tier zu retten, verändert nicht die Welt, aber die ganze Welt ändert sich für dieses Tier.
paco
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Re: Belastung für Angehörige

Beitrag von paco »

Vielen Dank an gregor, antiope, maddog, pauline, fraurossi und pia

für Eure Antworten.

Klar, mein mieses Gefühl oder die Vermutung, eine Last zu sein, ist Symptom der Krankheit. Aber selbst wenn meine Frau nicht konkret gesagt hat, dass ich eine Last bin, so meine ich, es manchmal zu spüren. Da hilft dann die konkrete Nachfrage, zu der ich mich oft nicht aufraffen kann. Warum? Vielleicht aus Angst vor der Antwort, die kommen könnte.

Sie sagte mir schon mal, dass mein Leiden auch sie belastet. Alles andere wäre in einer Partnerschaft überraschend. Daher bleibt das schlechte Gewissen, dass mein Problem auch meine Frau belastet. Aber was kann ich schon dagegen tun?

Meinen Weg aus der Depression finden. Und ich bin schon so lange auf der Suche ...

LG paco
lernfee
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Re: Belastung für Angehörige

Beitrag von lernfee »

Lieber Paco,

ich denke, dass es im Umgang mit einem depressiven Partner wichtig ist, trotz aller Empathie bei sich zu bleiben.

Die Depression ist Deine Erkrankung und nicht die Deiner Frau. Solange sie dieses auch so sehen kann und sich nicht für Dein "Schlechtgehen" verantwortlich fühlt, ist auch für sie noch alles gut und Du ihr auch keine Last.

Das heißt ja nicht, dass sie sich nicht um Dich sorgen dürfte. Aber sie sollte versuchen, Dein Problem als Deines und nicht als ihres anzusehen.

Dieses ist sicher nicht immer einfach, gerade wenn man seinen Partner sehr liebt, aber es kann funktionieren, wenn man sich dessen bewusst ist, dass ein "Mitleiden" dem Partner auch nicht hilft.

Deine Frau kann Dich in Deiner Therapie unterstützen, indem sie sich dafür interessiert und nachfragt. Sie kann Dich ermutigen und Dir Kraft geben. Dieses sind aber alles Dinge, die sie nicht zum "Erleiden" bringen, sondern die sie auch in ihrem Selbst stärken.

Vielleicht kannst Du sie dabei ein wenig unterstützen und mit darauf achten, dass sie auch bei sich bleibt und auf sich auch gut acht gibt, genau wie Du für Dich sorgen musst. Wenn sie Dein Bemühen um Dich sieht, wird es auch sie ruhiger und zuversichtlich machen.

Ich hoffe, das war jetzt einigermaßen verständlich, ansonsten frage gerne nach.

Herzliche Grüße

lernfee
Nichts ist gut oder schlecht an sich.
Antiope
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Re: Belastung für Angehörige

Beitrag von Antiope »

Das schlechte Gewissen ist ein Teil von Dir, jener, der Dir sagt, Du solltet ganz anders sein.
Leider ist dieser Teil auch ein wenig überheblich: er "weiß", was der andere denkt (also hier Deine Frau) - nach dem KritischenElternMotto: "Du machst diese Lehre - schließlich weiß ich am besten, was gut für Dich ist!!!"

Weißt Du, was ich meine?
paco
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Re: Belastung für Angehörige

Beitrag von paco »

Vergissmeinnicht und antiope, vielen Dank auch an Euch,

klar, meine Frau braucht –und nimmt sich- Raum für sich, um nicht in den Strudel meiner Probleme reingezogen zu werden. Ich bewundere sie sowieso, wie stark sie ist. Aber das hat auch Grenzen.

Und klar, ich habe ein schlechtes Gewissen, weil ich ihr Leben belaste. Ich möchte, dass mich meine Depri nicht mehr so runterreisst und mich zu dem bedauernswerten Häufchen Mensch machen kann, das ich zur Zeit bin. Die Kritische-Eltern-Konstellation aus der TA verstehe ich in diesem Zusammenhang nicht.

LG paco
bigappel
Beiträge: 1488
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Re: Belastung für Angehörige

Beitrag von bigappel »

Lieber Paco,

n i c h t D U belastest
Deine Frau, sondern ggf. die Situation
im Umgang mit der Erkrankung.

Klingt korinthenkackerisch, ist aber ein wichtiger Unterschied!

Ich finde es schön, wie Du über Deine Frau
schreibst. Vielleicht kannst Du ihr das einfach auch mal sagen.
Dann freut sie sich!

D u bist nicht Schuld an der Situation,
auch wenn ich verstehe, dass es Dich belastet; das ist verständlich, aber nicht hilfreich!

LG
Pia
Ein Tier zu retten, verändert nicht die Welt, aber die ganze Welt ändert sich für dieses Tier.
Hiltrud
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Registriert: 19. Okt 2011, 11:19

Re: Belastung für Angehörige

Beitrag von Hiltrud »

Ich kann dem nur zustimmen. Ich habe einen ganz liebevollen Ehemann, der mir zur Seite steht und den ich selbst oft bedauere, dass er jetzt nicht so viele schöne Dinge mit mir machen kann, wie wir es eigentlich wollten. Einiges ist auf Eis gelegt, wir mussten unseren Urlaub absagen, weil es mir nicht gut ging. Und ich weiß, dass er sich so drauf gefreut hat. Auch meine Kinder sind sehr einfühlsam und ich habe auch ihnen gegenüber ein schlechtes Gewissen, weil sie mich so erleben müssen und ich nicht die Powerfrau von vorher bin. Deshalb weiß ich genau, was in dir vorgeht. Wenn ich mit meinem Mann drüber rede, wehrt er immer ab und sagt, dass er mich liebt und auch das mit mir durchsteht. Das tröstet mich nur kurz.
Wie ich dem begegne? Immer, wenn es mal wieder ein bisschen besser ist, machen wir etwas zusammen, was auch ihm Freude bereitet: spazieren, wandern, singen gehen, Sport machen..., aber das geht leider nicht immer.
DKT
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Registriert: 12. Okt 2011, 11:50

Re: Belastung für Angehörige

Beitrag von DKT »

Hallo Paco,

deine Frage musste ich mit ins Bett nehmen und erstmal ne Nacht drüber schlafen.

Vorab, deine Frage ehrt dich, aber "Mann" darf dabei nie vergessen, dass der Depressive an sich, sich selbst, seine Krankheit usw. als Last sieht...aber auch nicht vergessen, dass ein Angehöriger mit Sicherheit mit leidet, aber nicht so extrem empfindet und leidet, wie der Kranke selbst.

Für mich gehört es zu einer Partnerschaft, dass man in guten und schlechten Zeiten zueinander hält. Das mag in der heutigen Zeit altmodisch klingen, empfinde ich aber so.

Mein Partner und ich sind erst seit zwei Jahren zusammen. Er hat sich für mich entschieden, obwohl ich ihm ausführlich erklärt habe unter welcher Krankheit ich leide und wie diese sich auch auf unser Zusammenleben auswirken kann.

Wir haben in diesen zwei Jahren viel erlebt. Ich hatte einen schweren Depressionsschub, er eine schwierige Operation mit langer Rekonvalenzenz. Das Gefühl für jeden von uns, dass da jemand ist, der auch in Krankheit ohne wenn und aber für einen da ist, das war einfach nur schön. Ich bin für ihn eine Frau, die Depressionen hat, er ist für mich ein Mann, der einen Tumor hatte. Aber weder die Depressionen noch sein Tumor machen uns und unsere Beziehung aus.

Ich bin nicht die Depression und er ist nicht der Tumor.

Er war übrigens in dieser Zeit auch schwach, schlecht gelaunt und nicht wirklich eine Stimmungskanone...das haben nämlich nicht nur Depressive für sich gepachtet.Er hat auch mit seinem Schicksal gehadert nicht mehr so zu funktionieren, bei der Arbeit, Zuhause und im Freundeskreis.

Es ist schön, dass du dich um deine Frau sorgst. Redet miteinander so viel wie möglich und schweigt wenn nötig. Lass deine Frau ruhig mal die Starke sein, irgendwann werdet ihr mit Sicherheit gemeinsam empfinden können, dass so eine sch.... Krankheit eine Beziehung festigen kann und für den jeweils Anderen ein sicherer Hafen ist, in dem jeder einzelne halt auch mal nicht funktioniert.

Ich erlebe übrigens im Moment die Beziehung meiner Eltern sehr nah mit und führe viele Gespräche mit meiner Mutter. Mein Vater, 82 leidet an Demenz und das gemeinsame Leben hat sich dadurch sehr verändert.

Natürlich geht es dabei auch um die Situation meiner Mutter, die auf sich aufpassen muss, sich nicht überfordern darf und die viel leistet seit einiger Zeit.
Aber, der Gedanke, dass mein Vater für sie eine Last ist, nur weil er nicht mehr so funktioniert wie früher, ist nie da.

Bei dieser älteren Generation nehmen wir diese Einstellung als selbstverständlich an.

In diesem Sinne alles Liebe

Fidel
Antiope
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Re: Belastung für Angehörige

Beitrag von Antiope »

Was ich damit meinte, war:

Ein Teil meint zu wissen, was das Beste für Deine Frau ist - und macht dann gleichzeitig Dir die Vorwürfe, das angenommene Beste, das jener Teil für Deine Frau idealisierend festgelegt hatte, nicht zu erreichen.

Hirnverzwirnerisch? Vielleicht. Aber mir ging es darum, auf das angenommene Idealbild einer perfekten Beziehung hinzuweisen - wo du vielleicht überhaupt nichts in der Beziehung nehmen darfst und ständig alles zu geben hast - weil "idealer Ehemann" usw. Damit aber hängst du gleichzeitig das Soll für Deine Frau hoch *und* bestimmst für sie, was das Beste für sie sei.
Blümli
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Re: Belastung für Angehörige

Beitrag von Blümli »

^^ Vielleicht muss man die Liebe gefühlt haben, um die Freundschaft richtig zu erkennen^^ Nicolas Chamfort
paco
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Re: Belastung für Angehörige

Beitrag von paco »

Merci an alle,

da habe ich jetzt allerhand zu lesen und zum nachdenken übers wochenende. Manches liest sich auf’s erste in der Tat etwas hirnverzwirnerisch, wie antiope es ausdrückt.

Den podcast mit Giger-Bütler habe ich mir angehört. Auch das muss ich erst auf mich wirken lassen.

Im Augenblick weiß ich nicht, was ich will und auch nicht, was ich nicht will. Es ist einfach alles trostlos. Ich will nur, dass die Zeiten wieder andere werden. Mein Gedanken kreisen um das, was ich falsch gemacht habe und nicht mehr korrigieren kann. Und ich sehe zur Zeit kaum Chancen für eine bessere Zukunftsgestaltung. Mir graut vor den nächsten Wochen. Aber es wird schon wieder irgendwie gehen Tag für Tag, Woche für Woche.

Dank für Euren guten Zuspruch.

LG paco
Blümli
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Re: Belastung für Angehörige

Beitrag von Blümli »

^^ Vielleicht muss man die Liebe gefühlt haben, um die Freundschaft richtig zu erkennen^^ Nicolas Chamfort
paco
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Re: Belastung für Angehörige

Beitrag von paco »

Hallo Blümli,

ich habe vor längerer Zeit eine berufliche Entscheidung getroffen, die riskant und töricht war und eigentlich nur Nachteile nach sich zog. Dass ich das aus einer depressiven Verstimmung heraus tat, das ist mir erst heute klar. Ich wusste damals nicht, dass ich depressiv bin.

Aus heutiger Sicht ist die damalige Entscheidung, da ich weiß, was Depri heißt, nicht nachvollziehbar. Und natürlich nährt es auch meine Depri hervorragend, den damaligen Fehler zu bereuen. Meine depressiven Gedanken kreisen häufig um die damalige Entscheidung. Das nimmt mir die Kraft, aus dem Jetzt das Beste zu machen. Zumal meine derzeitige berufliche Situation weit vom Optimum entfernt ist.

LG und schönes Wochenende paco
Blümli
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Re: Belastung für Angehörige

Beitrag von Blümli »

^^ Vielleicht muss man die Liebe gefühlt haben, um die Freundschaft richtig zu erkennen^^ Nicolas Chamfort
paco
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Re: Belastung für Angehörige

Beitrag von paco »

Hi Blümli,

zuerst mal danke für Deine Antwort und Entwarnung: ich fühle mich nie verletzt, wenn ich von Menschen eine ehrliche, offene Antwort erhalte; auch wenn sie für mich hart zu nehmen ist. Um den Brei rumreden hilft mir nicht weiter.

>Du schreibst, dass Deine damalige Entscheidung, in einer nicht gewussten Depression, stattgefunden hat, und dass Du diese aus heutiger Sicht nicht mehr so entscheiden würdest. Habe ich Dich da richtig verstanden ?
Ja, vollkommen richtig.

>Ich denke Du hast ja schon erkannt, dass es Dir eigentlich nur die Kraft nimmt, wenn Du nicht mit dem Jetzt lebst, so wie es jetzt ist.
Ja, habe ich erkannt. Ich kann nur in schlechten Zeiten nicht gegen an, wieder den alten, nicht zu ändernden Käse wiederzukäuen.

>Ich habe in dem Thread " Chance gesund zu werden" von Dir gelesen, dass Du glaubst, dass der Schlüssel für Dein Depriproblem in der Änderung Deiner beruflichen Lebenssituation liegt. Ein Gedanke dazu von mir wäre, dass die depressiven Denk - und Verhaltensmuster mit der beruflichen Situation evtl. Hand in Hand gehen, also dass sich eine Seite alleine nicht, oder nur schwer ändern lässt.
Ja, das sehe ich so. Ich glaube, meine Depri wäre für mich beherrschbar, wenn sich meine berufliche Situation ändern würde. Aber das liegt nicht allein in meiner Hand. Ich brauche wieder mehr sinnvolle Betätigung. Ich bemühe mich stark, allerdings mit wenig Erfolg. Mir fehlt jetzt das Glück, das ich als junger Mensch immer hatte. Sogar in dem Ausmaß, dass ich leichtsinnig mit dem Risiko spielte und damit zT meine jetzige Malaise verursacht habe.

Ich weiß. Ich werde noch viel Geduld aufbringen müssen. Das ist jede Menge Stress für mich. Und Ängste, Alpträume. Da findet meine Depri reichlich Nahrung. Und ich bin nicht der Ehepartner, den ich meiner Frau wünsche.

LG paco
Antiope
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Re: Belastung für Angehörige

Beitrag von Antiope »

Hallo Paco,

entschuldige, wenn ich jetzt noch meinen Senf dazu gebe ...

Ein paar Dinge haben mich dazu bewogen:

- das Glück, das nur ein junger Mensch hat: nein, glaube ich absolut nicht. Jeder hat Glück, und es hängt vermutlich nicht vom Alter ab, sondern auch davon, ob man es gerade nutzen kann.
Sogar andersherum: wenn ich manchmal sehe, wie ein "junger Mensch" mit etwas umgeht, was ich als Glück bezeichnen würde ... Wenn man keine Lust drauf hat, denkt man, das ist keine Chance, das kommt gleich mal wieder.

Es kann Dir so erscheinen, dass Du jetzt kein Glück mehr hast. Vielleicht hast Du einfach in den letzten Jahren die Brille verloren, mit der Du das Glück wahrnehmen könntest, und die Dunkelbrille der Depression auf der Nase - zusammen mit den ganzen Altlasten, die Dich jetzt gerade nicht springen lassen wie ein junges Reh.

Lasse es nicht zu, dass Dir etwas einredet, Du hast kein Glück mehr, oder gar: Du hast keines mehr verdient!

- die Wahrnehmung, alles zu versuchen und nichts gelingt: erinnert mich an meine Phasen. Diese Wahrnehmung ist gleichzeitig Ursache und Folge der Depression. Vielleicht schwierig zu sehen. Ursache: weil man einfach keine Pause findet, keine Belohnung für das Bemühen. Und Folge: weil man merkt oder es so bewertet (!!), dass nichts so funktioniert - das reißt einen grad wieder weiter rein.
Aussteigen? Ich weiß nicht, wie. Ich weiß nur, dass es so ist - und dass man trotzdem weiter versuchen *muss*. Besch... Aber mir hat es geholfen zu sehen, dass die Wahrnehmung "nix klappt, nix bewegt sich" *auch* von der Depression mitdiktiert war.

Das Problem ist auch, dass man in der Depression sich nicht so bemühen kann wie ein "normaler" Mensch, der nicht dieses Handicap mitherumschleift. Es bedingt sich irgendwie...

Ich habe in jenen Zeiten eine Umschulung nicht besonders erfolgreich zu Ende gebracht, ein Zweitstudium mit Mühe und Not geschafft, ohne das an Kompetenz zu erwerben, das "man" dabei gewinnt. Habe 6 Arbeitsstellen verloren - weil ich mich zwar immens bemüht hatte, aber nicht selbstsicher und souverän genug war. Die Rechnung - Burn-outs.

Keinesfalls will ich Dich jetzt entmutigen, sondern eigentlich den Druck, den Du Dir machst, etwas abnehmen. Du erwartest Erfolg - weil Du Dich so bemühst, so sehr darum kämpfst.

Noch was: bitte lasse nicht zu, dass Deine eigenen Erwartungen sich zwischen Dich und Deine Frau stellen. Vielleicht bist Du genau der Mensch, der ihr Traumpartner ist - TROTZ der Krankheit. Vielleicht auch deswegen. Weil Depression Dich verletzlicher macht ...

Für mich klingt es sehr abwertend, wie Du über Dich selbst schreibst...
paco
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Re: Belastung für Angehörige

Beitrag von paco »

Hi antiope/chris,

Depression ist Ursache und Wirkung, das meine ich auch. Ich bin deprimiert, deshalb sehe ich alles schwarz, entwickle keine Ideen und Energie und dann stellt sich der Misserfolg ein.
Wie kommt man raus aus diesem Teufelskreis?

> - das Glück, das nur ein junger Mensch hat: nein, glaube ich absolut nicht.
Ich eigentlich auch nicht. Aber die Erfahrung lehrte mich, dass für einen älteren Menschen manche Optionen nicht mehr bestehen, die es für jüngere Leute noch gibt.

> Für mich klingt es sehr abwertend, wie Du über Dich selbst schreibst...
Ja, das habe ich auch von meiner PT schon gehört. Und alles was ich positiv erreicht habe, zählt nicht. Das sind halt diese negativen Gedanken, bei denen ich mir auch reichlich Vorwürfe mache über meine zT depribedingten Fehler in der Vergangenheit.

Ich stecke tief im grauen Tal und finde zur Zeit nicht raus.

LG paco
Antiope
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Re: Belastung für Angehörige

Beitrag von Antiope »

Hallo Paco,

ja, es ist schwer, dadrin zu stecken. Weil der Ausweg irgendwie nicht richtig sichtbar ist.

Und ich kenne die Angst, die hinter dem Gedanken steckt, alle Optionen gehen aus. Es ist ja nicht so, dass es vollkommen falsch ist Das macht es so besch...eiden.
Aber es gibt noch Optionen - manchmal gibt es erst für ältere Menschen Optionen, die es für jüngere nicht gibt. Und manchmal rennen jüngere hinter jeder Illusion hinterher.

Wenn es um Arbeit geht: der Markt ist nicht so schlecht. Gerade für Ältere wird er besser - weil es zu wenig "jung-brillant-dynamische BesserYuppies" gibt, weil Ältere Erfahrungen mitbringen und sich die Hörner bereits abgestoßen haben. Weil die Teams in Firmen bereits ein durchschnittliches Alter haben und gerne wieder einen derselben Altersklasse nehmen.
Das ist nur mal zu diesen Fakten. Ich kann mir gut vorstellen, dass es "gefühlt" ganz anders aussieht.

Für mich war es so:
auch während einer langen und extremen Phase habe ich berufliche Entscheidungen gefällt, die man mit normalem "Verstand" niemals gefällt hätte. Lange habe ich extrem damit gehadert (und habe heute noch Probleme, wenn mir bei einem Vorstellungsgespräch einer der Interviewer mit damit kommt, dass ich ja wohl überall gescheitert sei ... Februar 2011), habe aber eine Art "Waffenstillstand" geschlossen, indem ich den Weg, den so strauchelnd und schlängelnd ich vor-rück-seit gegangen bin, als den für mich notwendigen Weg sehe, weil manches nicht anders ging, weil ich auf diesem Weg etwas mitgenommen habe auf eine bestimmte Art und Weise, wie es sonst nicht gegangen wäre. Sicher, es wäre auch gerader gegangen, direkt von Start zum Ziel, ohne neun weitere Firmen dazwischen. Aber es war halt nicht so. Es wäre besser gewesen, gleich das Zweitstudium zu beginnen - aber ich hätte es wegen Depression nicht durchgestanden, und ich hätte mich von meinen mobbenden Exkolleginnen nicht so einfach getrennt. Also irgendwie notwendig - obwohl beruflich und lebensplanerisch völlig falsch.
Wichtig ist für mich: ich kann diese Irrwege akzeptieren.
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