Depression abwählbar?

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paco
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Registriert: 19. Jan 2011, 11:06

Depression abwählbar?

Beitrag von paco »

Depression ist eine Art, mit belastenden Erfahrungen umzugehen. Es gibt auch andere Arten (z.B. Aggression). Und Depression ist Aggression gegen sich selbst. Wir hätten die Wahl, uns die Reaktion auf Belastendes auszusuchen, wurde mir in einer Therapiesitzung mal gesagt.

Leider habe ich es bis jetzt noch nicht geschafft, die Autoaggression von mir selbst wegzulenken. Ich reagiere also depressiv auf Belastungen, die mir zuviel werden.

Ich möchte aber lernen, mit meinen Belastungsfaktoren anders, also nichtdepressiv, umzugehen. Wann bin ich so weit, dass ich meine Wahlmöglichkeit in Anspruch nehmen kann. Wie komm ich da hin? (Ich hoffe, man muss zur Wahlberechtigung nicht 18 Jahre Depri haben - )
FrauRossi
Beiträge: 3165
Registriert: 2. Jul 2011, 11:23

Re: Depression abwählbar?

Beitrag von FrauRossi »

Hallo Paco,

man sagt ja man erlernt depresive Verhaktensmuster, aufgrund der "Umstände". Das kann dann zu einer Depression führen.

Man sagt aber auch das findet auf der Gefühlsebene statt.

Wenn ich jetzt also mein Gedächnis verliere. Bin ich dann nicht mehr depressiv? Weil ja auch alles erlernte dann weg ist? Oder hab ich zwar vergessen wie man läuft und spricht und wer ich bin, aber auf der Gefühlsebene bin ich weiter depressiv? Nur weis ich dann nicht mehr warum?

Falls man sie abwählen kann ABGEWÄHLT!

Ich hätte lieber auf andere Art gelernt auf mich zu achten.

LG FrauRossi mit Nachtgedanken
bigappel
Beiträge: 1488
Registriert: 10. Dez 2010, 08:10

Re: Depression abwählbar?

Beitrag von bigappel »

Hallo Paco,

ich selber bin nicht an Depressionen erkrankt, hab aber in andererweise schon einiges um die Ohren bekommen, so dass es notwendig war, meine Bewältigungsstrategien von Problemen zu überprüfen.

Was bei mir sehr gut geklappt hat, kann sicherlich auch in diesem Bereich überdenkenswert sein:

Die Bewältigungsstrategie von Problemen, hat man in der Kindheit erlernt bzw. vorgelebt bekommen.

Daher gehen die Menschen unterschiedlich mit z.B. dergleichen persönlichen Katastrophe um.

In der Kindheit / Jugend hatte ich nicht die Wahl, das sehe ich anders.
Im Heute allerdings, bin ich nicht mehr ausgeliefert, sondern (wenn keine Depression oder sonstige Krankheit vorliegt) kann wählen, wie ich damit umgehe.

Für mich konkret hat dies bedeutet, dass ich mit meiner Gesprächstherapeutin die Situation, die für mich ein Problem war von anderen Sichtweisen (die zwar naheliegend waren im Nachhinein, auf die ich im Leben aber nie gekommen wäre) beleuchtet habe und letztlich nach meiner eigenen Entscheidung dann mein eigenes Handlungsmuster, das bisher war, abgeändert habe.

Klingt einfach; ist es wohl so ganz nicht;
aber ich kann guten Gewissens sagen, dass es 1000% das richtige Vorgehen war und seitdem bin ich die Gelassenheit in Person (;-), es gibt Ausnahmen), gebe mich ganz anders, weil ich auch die Möglichkeit der anderen Sichtweise erkenne, kann ganz anders strukturieren und es tut einfach nur gut.

Natürlich (je nach Verfestigung), fällt man durchaus wieder in die alten Muster; Nacharbeit immer wieder notwendig. Aber es wird immer besser.

Ich hab zu Hause noch ein Buch zu dem Thema;
wenn Du magst, gebe ich Dir den Titel.
Fällt mir gerade nicht ein (Namensgedächtnis hat sich leider nicht verbessert ).

Alles Liebe
Pia
Ein Tier zu retten, verändert nicht die Welt, aber die ganze Welt ändert sich für dieses Tier.
uss12345
Beiträge: 148
Registriert: 31. Jul 2011, 16:34

Re: Depression abwählbar?

Beitrag von uss12345 »

hmm, abwählbar....

das klingt ein bißchen so wie: "reiß dich zusammen und treff dich mal mit freunden, dann wird das schon"

also, sozialisation spielt ja immer eine große rolle. was man gelernt, gesehen, erlebt hat.
aber ich glaube auch, dass depressionen vererbbar sind. meine mutter ist depressiv, mein opa war es, in meiner familie gibt es mehrere selbstmorde.
und ich bin es auch;-)

ich denke, dass die macht der gewohnheit natürlich auch ein wichtiger faktor ist. wenn man mit etwas nicht klar kommt, greift man zum gewohnten (manchmal auch altbewährten) handlungsmuster. vielleicht haben die in deiner therapie das gemeint. dein handlungsmuster durchbrechen...

ich denke schon, dass man das ein stück weit lernen kann, aber das ist sicherlich ein langer weg. mir hat es immer wieder ein bißchen geholfen, wenn ich neues ausprobiert habe und mich sachen in gewisser weise gestellt habe. wenn ich über meinen schatten gesprungen bin sozusagen. natürlich nur schritt für schritt. erfahrungen sammeln, ist bestimmt ein aspekt mit sich umgehen zu lernen.

ich kann es gerade wieder nicht;-) hatte wieder kontakt zu meinem ex freund und das zieht mich gerade wieder so runter, wie vor ein paar monaten, als die trennungsschmerzen so akkut waren.
ich würd grad am liebsten nur noch zu hause bleiben, schockolade in mich reinstopfen und heulen... und niemanden sehen! und dazu kommen auch schon wieder die gedanken an den tod zurück.
das ist schon fast ein automatismus bei mir...

hmm, ich weiß einfach immer noch nicht genau, wie ich mit all dem, was mir duch die magersucht und die depressionen passiert ist, umgehen soll.

wenn ich das nur abwählen könnte;-) ich würde das auch sofort machen!!!!!


LG
paco
Beiträge: 310
Registriert: 19. Jan 2011, 11:06

Re: Depression abwählbar?

Beitrag von paco »

> wenn ich das nur abwählen könnte;-) ich würde das auch sofort machen!!!!!
Klar penny,

ich auch. So einfach is es nicht. Auch zusammenreissen geht nur sehr begrenzt. Ich versuche, mit dem kopf herr über meine depris zu bleiben. Ich will nicht zulassen, dass mir ein paar milli- oder mikrogramm fehlgesteuerter substanzen im hirn das leben zur hölle machen. Wenn ich, wie jetzt, down bin, dann mach ich mir vor, dass auch wieder bessere Zeiten kommen. Auch wenn ich sie im Moment überhaupt nicht sehe. Aber bisher war es immer noch so.

Ich glaube, bei mir sind Depris auch in der Familie, wenn ich an meinen verstorbenen Vater so zurückdenke und an das, was ich über meinen Opa väterlicherseits erfahren habe. Aber bin ich dann auf Deibel komm raus auch dran??

Es kommt ja auch noch die Sozialisation dazu. Ja, ich glaube, ich habe mir da zT was abgeguckt. Leider hat das negativ gewirkt bevor mir klar war, dass mein Verhalten deprigesteuert war. Jetzt weiß ich es, aber manches ist leider nicht mehr zu korrigieren und hat verdammt negative Konsequenzen.

Es hilft mir schon manchmal, meine sch**lebenssituation zu relativieren, einen anderen bezug zu gewinnen, zu sehen, dass bisher noch keine Katastrophe eingetreten ist. Ist das schon die Wahlmöglichkeit??

Aber ich muß halt durch, auch wenn das Leben an so trüben Tagen keinerlei Spaß macht. Das Schlimmste wäre, meine Familie für alle Zukunft mit einem Suizid zu belasten.

Und ich bilde mir immer noch ein, dass ich meine Depri in ihre Schranken weisen kann, wenn ich meine Lebensumstände wieder halbwegs auf die Spur bringe.

LG paco
uss12345
Beiträge: 148
Registriert: 31. Jul 2011, 16:34

Re: Depression abwählbar?

Beitrag von uss12345 »

was für sich selber tun, ist auf jeden fall nicht schlecht!!

bin grad leider zu tief drinn, um noch was konstruktives zu schreiben.

hatte heute ein unglaubliches tief und fühle mich wie der letzte versager (versagerin)...

diese selbstzweifel und das geringe selbstwertgefühl ist sehr schwer zu bekämpfen (für mich).

mir ging es in den letzten wochen sehr gut und dann braucht bloß etwas passieren und ich switche total um und verliere jede hoffnung.

ich glaube auch nicht daran, dass es nur an einer zu geringen transmittermenge im gehirn liegt. sonst würden ja ads sofort alles beseitigen.

ich bin so dispositioniert und eventuell auch konditioniert.

früher habe ich mir nichts mehr gewünscht, als jemand anderes zu sein. fast egal wer, bloß nicht ich....

auch egal, ich verliere mich, wenn ich noch mehr schreibe.

ich weiß kein rezept dagegen.
machen wir es uns einfach indem wir in depressionen abgleiten und das leben auf eine gewisse art ausblenden?? was ist drann am selbstmitleid und am nicht leben wollen? wo ist die grenze zwischen flucht und krankeit??

ich sollte jetzt aufhören;-) bin total fertig von dem selbstzweifel-kopfschmerzen-fress-tag. das kann nicht das leben sein...

gute nacht:-)
uss12345
Beiträge: 148
Registriert: 31. Jul 2011, 16:34

Re: Depression abwählbar?

Beitrag von uss12345 »

was für sich selber tun, ist auf jeden fall nicht schlecht!!

bin grad leider zu tief drinn, um noch was konstruktives zu schreiben.
hatte heute ein unglaubliches tief und fühle mich wie der letzte versager (versagerin)...
diese selbstzweifel und das geringe selbstwertgefühl ist sehr schwer zu bekämpfen (für mich).

mir ging es in den letzten wochen sehr gut und dann braucht bloß etwas passieren und ich switche total um und verliere jede hoffnung.
ich glaube nicht daran, dass es nur an einer zu geringen transmittermenge im gehirn liegt. sonst würden ja ads sofort alles beseitigen.
ich bin so dispositioniert und eventuell auch konditioniert.

früher habe ich mir nichts mehr gewünscht, als jemand anderes zu sein. fast egal wer, bloß nicht ich....

auch egal, ich verliere mich, wenn ich noch mehr schreibe.

ich weiß kein rezept dagegen.
machen wir es uns einfach indem wir in depressionen abgleiten und das leben auf eine gewisse art ausblenden?? was ist drann am selbstmitleid und am nicht leben wollen? wo ist die grenze zwischen flucht und krankeit??

ich sollte jetzt aufhören;-) bin total fertig von dem selbstzweifel-kopfschmerzen-fress-tag. das kann nicht das leben sein...

gute nacht:-)
DKT
Beiträge: 20
Registriert: 12. Okt 2011, 11:50

Re: Depression abwählbar?

Beitrag von DKT »

paco schrieb:
> Depression ist eine Art, mit belastenden Erfahrungen umzugehen.

...also sind wir es selbst schuld, dass wir Depressionen haben...

Nein, das ist einfach falsch, und nährt das alte Vorurteil, dass wir depressiven Menschen schwach und selbst schuld sind. Ich kann heute, nach sehr vielen Jahren Krankheit öfter erkennen, wenn eine belastende Situation mich wieder gefährdet in eine Depression zu rutschen.Man kann also erlernen, früher seine eigene Grenzen zu setzen und belastende Situationen zu entschärfen.Geht aber leider nicht immer im echten Leben.
Ja, gerne würde ich meine Depressionen abwählen, stattdessen haben wir die Möglichkeit uns halbwegs zu arangieren. Das kann man aber nur, wenn es einem gut geht oder wenn man auf dem Weg der Besserung ist, sich abfinden oder arangieren.
Die Depression ist deine Reaktion auf belastende Ereignisse, diese Reaktion suchst Du dir nicht aus, sondern sie geschieht mit Dir!
LG Fidel
MissLA
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Registriert: 23. Sep 2011, 14:59

Re: Depression abwählbar?

Beitrag von MissLA »

Danke Fidel, so sehe ich das auch...
Aber ist es denn bei euch immer klar ersichtlich, dass es einen Auslöser gibt?
Ich habe in meinem Leben immer mal belastende Situationen, eigentlich immer, aber es gibt Zeiten, da komme ich gut damit zurecht und dann wieder haut es mich voll um, ohne, dass ich sehen kann, warum. Es ist, als würde mich von jetzt auf gleich die Depression überfallen. In der Klinik wollten sie mir auch immer einreden, ich müsse die "Grautöne" unterscheiden lernen (da frag ich mich doch, und was ist mit den Farben?) und besser bemerken, wenn es bergab geht...
Ich bemühe mich sehr, aber ich habe nach wie vor das Gefühl, dass ich überhaupt keinen Einfluss darauf habe, wie es mir geht:(
Vielleicht liegt es daran, dass dunkelgrau für mich immer noch "gut" bedeutet und erst bei schwarz gar nix mehr geht...
Bin halt Widrigkeiten gewöhnt...
Jeden Tag wenigstens eine kleine Aktivität, das hilft schon...
Wenn ich es doch nur gut genug finden könnte, immer mach ich mich fertig, weil ich denke, die anderen arbeiten und haben Kinder und schaffen dies und das und sind produktiv und ich bin schon froh, wenn ich es schaffe, einkaufen zu gehen. Wie soll man denn da ein gesundes Selbstbewußtsein aufbauen?
DKT
Beiträge: 20
Registriert: 12. Okt 2011, 11:50

Re: Depression abwählbar?

Beitrag von DKT »

Nein, meine Depressionen kamen oft aus heiterem Himmel, in Situationen in denen eigentlich alles stimmt. Das ist ja das Gemeine. Wenn mein Zustand aber sowieso nicht 1a ist, dann haut mich Stress um.Ich schaffe es dann in der Regel noch, die Belastung durchzustehen, um dann punkt um in ein tiefes Loch zu fallen.
Zum Thema Selbstbewußtsein.
Du gehtst einkaufen und meinst das sei nichts!? Ich setzte voraus, dass du also aus dem Bett kommst, dir die Zähne putzt und dich halbwegs stadtfein machst. Dann gehst du vor die Tür und kaufst ein. Das ist für einen Menschen mit Depressionen eine grosse Leistung.
Du darfst dich nicht mit gesunden Menschen messen.
Hättest du einen komplizierten Beinbruch, würdest du dir ganz selbstverständlich wochen- oder monatelange Heilungszeit zugestehen.
Wenn ich hier sage, dass es mir gut geht zur Zeit, dann ist das meine persönliche Einschätzung. Ein aussenstehender gesunder Mensch würde sagen...hey, die macht ja garnichts.
Für mich ist, auch heute noch und auch in Zeiten in denen ich nicht akute Depressionen habe, jeder Tag ein neuer Berg.
Immer in kleinen Schritten...
Nicht, ich putze heut die Wohnung, sondern ich sauge heute ein Zimmer, wenn ich dabei bin, dann folgt sogar vieleicht ein zweites.
Du bist krank und nicht faul.
Gib niemals auf. Jeder kleine Schritt ist für einen depressiven Menschen ein Erfolg.
Lg Fidel
Omnia
Beiträge: 230
Registriert: 5. Aug 2011, 13:14

Re: Depression abwählbar?

Beitrag von Omnia »

>> Wir hätten die Wahl, uns die Reaktion auf Belastendes auszusuchen, wurde mir in einer Therapiesitzung mal gesagt.

Und das bedeutet depressive Menschen haben sich nur verwählt? ;o)

Wenn ich in einem Moment mein Leben als vollkommen sinnlos ansehe, aus welchen Gründen auch immer, habe ich das ja zunächst mal nicht gewählt. Diese Einstellung resultiert aus meiner Vergangenheit, den Schlussfolgerungen, die sich daraus ergeben usw. Eine wirkliche Wahl würde bedeuten, dass der Mensch einen zu 100%, vollkommen freien Willen hätte. Das ist aber wohl eher eine Illusion.
Klar, danach kann ich hinterfragen und denken: Oh, ok, vielleicht doch nicht so vorteilhaft, meine Einstellung/Perspektive.
Aber in dem Moment in dem mir alles tendenziell sinnlos erscheint, erscheint mir auch eine andere Wahl nicht mehr sinnvoll und wahrscheinlich auch gar nicht möglich. Und zusätzlich wird man eine andere Wahl, als die durch Sozialisation bedingte, auch meistens erst mal als "falsch" empfinden und sie wird Abwehr hervorrufen.
Und ist das Alles nicht das eigentlich Problem?

Der Ausspruch man hätte die Wahl überträgt die Verantwortung an die betroffene Person. Was ja grundsätzlich richtig ist. Jeder der für sich die Verantwortung übernehmen kann, sollte das natürlich tun.
Aber den Begriff "Wahl" finde ich nicht passend.
FrauRossi
Beiträge: 3165
Registriert: 2. Jul 2011, 11:23

Re: Depression abwählbar?

Beitrag von FrauRossi »

Nachtgedanke:

(Schopenhauer's Wort von der Unfreiheit des Willens)

"...der Mensch kann zwar tun was er will, aber nicht wollen was er will..."
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