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B. Hellinger-Familienaufstellen

Verfasst: 21. Mai 2003, 18:09
von LadyFreeZe
Hallo!

Eine Bekannte, von mir, hat vor kurzem eine Familienaufstellung nach B. Hellinger gemacht und ist seit dem nicht mehr depressiv, bzw. konnte ihre Depression eindämmen.
Jetzt, würde mich interessieren ob noch jemand anderes mit dieser Therapiemethode positive Erfahrung gemacht hat oder ob davon eher "abzuraten" ist!

Liebe Grüsse, Steffi

Re: B. Hellinger-Familienaufstellen

Verfasst: 22. Mai 2003, 11:00
von Captain Kirk
Hallo Steffi,

wenn ich mich recht erinnere, so hatten wir das Thema schon einmal hier im Forum. Suche mal im Archiv.

Kurz meine Meinung dazu.
Ich glaube, es KANN helfen Dinge etwas anders zu betrachten. Es KANN eventuelle Blockierungen lösen und somit eine Depression zur Auflösung bewegen.

Dennoch glaube ich, dass es mehr bedarf um eine Depression langfristig zu heilen.
Und noch ein Punkt: es treiben sich viele MöchtegernHellingers herum, die dieses Familienaufstellen mal eben so hopplahopp betreiben. Das sehe ich als gefährlich an, denn es kann auch schnell ans Eingemachte gehen und dann ist keine professionelle Unterstützung da.

Also, Augen auf beim Familienaufstellen..
Gruß
c.

Re: B. Hellinger-Familienaufstellen

Verfasst: 22. Mai 2003, 12:51
von susan
Hallo Steffi

ich habe so eine Aufstellung schon mitgemacht und sie war sehr aufschlussreich. Es hat mir geholfen, zu verstehen, was in meiner Familie ablief und ich konnte dadurch mein Verhalten ändern. Ich habe dort erkannt, das ich z.B. von meinem Vater keine Liebe zu erwarten habe, jedenfalls nicht die Art Liebe, die ich von ihm erwarte. Eine Heilung der Depression trat deshalb jedoch nicht ein. Es war ein Schritt auf meinem Weg, mehr nicht.

Auf jeden Fall kann es andere Sichtweisen aufzeigen, und helfen, aus alten Verhaltensmustern auszubrechen. Wie captain schon schreibt, gibt es dazu schon verschiedenes im "Archiv vor 2003". Die Erfahrungen damit sind sehr unterschiedlich.

Es ist wie mit allem, mit Therapeuten, Ärzten, Medis....was dem einen gut tut, muss dem anderen nicht auch gut tun
Wichtig ist, eigene Erfahrungen zu sammeln. Du kannst im Internet unter "Familienaufstellung" etliche Angebote finden. Es werden u. a. Wochenendseminare angeboten und es ist angebracht, sich vorab zu informieren, ob der/die jenige schon einen "Namen" auf dem Gebiet hat.

Gruß
Susan

Re: B. Hellinger-Familienaufstellen

Verfasst: 23. Mai 2003, 09:45
von LadyFreeZe
Hallo liebe Susan, lieber Captain!

Vielen Dank für eure schnelle Antwort und eure Tipps!

Liebe Grüsse, Steffi

Re: B. Hellinger-Familienaufstellen

Verfasst: 24. Mai 2003, 16:46
von morius_42
Hallo Steffi,

ich kann mich den Aussagen von Captain und Susan nur anschließen. Am Wichtigsten ist es, einen erfahrenen Leiter einer solchen Aufstellung zu finden. Wie Captain schon richtig sagte treiben sich auf diesem Gebiet sehr viele Hobby-Aufsteller rum, die glauben durch Teilnahme an einer solchen Aufstellung Andere therapieren zu können. Es gibt für das Familienaufstellen keine Zertifikate, Diplome, oder ähnliches, anhand derer man fachlich qualifizierte Anbieter suchen könnte (sofern Zertifikate und Diplome überhaupt etwas über fachliche Qualifikation aussagen können; ich bezweifle das nämlich).
Ich selbst weis seit zweieinhalb Jahren, dass ich unter Depris leide und diese auch schon länger mit mir rumschleppe. Nachdem ich unter allen Umständen ADs vermeiden wollte, habe ich einen Arzt gefunden, der (nachdem er sich von der Schulmedizin angewandt hatte) homöopathisch tätig ist und schwerpunktmäßig Familienstellen nach Hellinger macht.
Nach langen Gesprächen nebst Verabreichung von Globuli hatte ich das erste Wochenende Familienstellung. Und das war ganz schön heftig. Es war aber auch toll zu erfahren, wie dieses Familienstellen funktioniert. Für mich was es deshalb auch höchstinteressant, weil ich von Berufswegen nur glauben darf, was man auch beweisen kann. Von daher hab ich mich überhaupt sehr schwer getan diese Vorgänge einfach zu akzeptieren.
Mittlerweile hab ich mehrere Stellung zum Teil als Teilnehmer zum Teil als teilnehmender Beobachter mitgemacht. Nur davon allein gehen die Depris natürlich nicht weg. Wer das sagt lügt. Aber es kann schon ein Medium sein, Zusammenhänge aufzudecken, Lebenshintergründe ans Licht zu bringen. Aber es bedeutet auch wahnsinnige viel Arbeit mit sich selbst diesen Weg zu beschreiten. Ich für meinen Teil zögere immer wieder, ob ich weitergehen soll, weil es langsam vorangeht, manchmal einen Schritt vor, zwei zurück. Ich habe in meiner Schreibtischschublade eine Päckchen Cipramil; die Verlockung ist groß die Dinger zu nehmen und die Symptome „wegzuschlucken“. Aber wenn ich mir die Postings hier i Forum so anschaue, dann scheint das ja auch nicht von Erfolg gekrönt.
Wenn Du also eine Familienstellung ausprobieren möchtest, such Dir einen Erfahrenen Familiensteller und frag ihn, ob Du zunächst nur mal als teilnehmende Beobachterin mitmachen kannst; danach kannst Du entscheiden, ob das ein Weg für Dich ist.

Viele Grüße
Morius

Re: B. Hellinger-Familienaufstellen

Verfasst: 24. Mai 2003, 18:41
von LadyFreeZe
Hallo Morius,
vielen Dank für deine aufschlussreiche Antwort. Hat mir sehr weitergeholfen, vor allem weil du damit nochmal das bestätigt hast was mir mein Psychiater, gestern, erklärt hatte.
Er hat mir auch einen Arzt empfohlen, dem man in dieser Hinsicht vertrauen kann und bei dem ich mich nächste Woche weiter über die Familienaufstellung nach Hellinger imformieren möchte. Denn, ich glaube, die Wurzeln meiner Depression liegen in meiner Kindheit und meiner Familie verankert.
Alles Liebe,
Steffi

Re: B. Hellinger-Familienaufstellen

Verfasst: 21. Aug 2003, 13:14
von de_rage
Liebe Leute, in der aktuellen Ausgabe der ZEIT (Nr 35) behandelt das Dossier auf den Seiten 11-13 dieses Thema. Meine Meinung zu eben dieser Methode: FINGER WEG!!!

Ich zitiere: >Eine mögliche Lösung für das [sexuell] missbrauchte Kind ist nach Hellinger zum Beispiel, "dass das Kind zur Mutter sagt: 'Mama, für dich tue ich es gern', und zum Vater: 'Papa, für die Mama tue ich es gern'. Odere auch: 'Papa, ich habe es gern für dich gemacht.'"<

Zur Versöhnung >mit der Mutter, die ja vielleicht "in der Beziehung zu ihrem Mann nicht mehr aktiv war" und damit den Missbrauch begünstigt habe.<

ICH KÖNNT KOTZEN.

Ich halte es für sehr sinnvoll, sich über seine Vergangenheit und über die Familie Gedanken zu machen. Aber nicht so. Das ist eine Verhöhnung der verletzten Seele eines missbrauchten Menschen.

Gruß, Monika

Re: B. Hellinger-Familienaufstellen

Verfasst: 21. Aug 2003, 14:36
von winnie

Re: B. Hellinger-Familienaufstellen

Verfasst: 21. Aug 2003, 20:21
von Captain Kirk
Der Hellinger war auch mal bei FLIEGE.
War schlimm. Er schwebte in einer gottähnlichen Position über alem.
Wußtest ihr, dass viele Therapeuten als Berufswunsch entweder Therapeut oder Priester angeben? Das finde ich bemerkenswert.
Augen auf beim Therapiebesuch kann ich dazu nur sagen.

c.

Re: B. Hellinger-Familienaufstellen

Verfasst: 21. Aug 2003, 23:27
von gelberosen
Hallo ihr alle,
hab ich auch schon im Stern oder Spiegel gelesen, daß der Hellinger sich wie ein Gott aufführen soll, daß das gerade für traumatisierte Menschen die Hölle sein soll (wenn man einem Mißbraucher verzeihen soll), daß er drohen soll daß es keine Heilung gibt wenn man dann nicht verzeiht usw. Genau aus dem Grund warnen auch immer wieder Therapeutinnen, die viel mit mißbrauchten Frauen arbeiten vor Hellinger.
Ich kotz auch gleich mit
die Besserung

Re: B. Hellinger-Familienaufstellen

Verfasst: 22. Aug 2003, 12:04
von Captain Kirk
Nicht nur Hellinger führt sich so auf. Ich muß leider sagen, dass so mancher Therapeut diese Tendenz hat. Ich habe es erlebt.

Vom leidenden Menschen wird die totale Unterordnung verlangt. Ihm wird gedroht mit "entweder-oder". Er wird gebrochen um dann vom Therapeuten wieder "neu erschaffen" zu werden.
DAS ist KRANK!Kranke Schöpfungs- und Allmachtsphantasien.

Um etwaigen Aber-sehen-sie-das-nicht-etwas zu-einseitig?-Postings zuvorzukommen.

Ich weiß ich weiß.
Nein, NICHT ALLE Therapeuten sind so. Das ist klar. Doch es gibt sie. Und zwar nicht zu knapp. Aber niemand erfährt von ihnen, weil die Kranken zu verstört sind um zu sprechen. Und weil sie keine Lobby haben. Und wenn sie sprechen, - wer glaubt einem Menschen der im traumatisierten Zustand von solchen Dingen berichtet? Niemand. Und WEM soll er davon berichten? Seiner Familie? Der Krankenkasse? Der Polizei? Dem www?
Er muß ganz alleine mit den Folgen fertig werden. Schwieriger Patient heißt es dann. Nicht krankheitseinsichtig. Mehr ADs, noch stärkerer sozialer Rückzug. Mehr Ängste. Benzos. Psychiatrie. Die Drehtür dreht sich.Und jeder, JEDER, kann in diese Situation kommen.

Ich finde das sehr sehr bedenklich.Es macht mir Angst. Und es macht mich wütend.

c.

Re: B. Hellinger-Familienaufstellen

Verfasst: 22. Aug 2003, 14:17
von Emily
Hallo Captain,

du weißt ja, dass ich ähnliche Erfahrungen, wie du sie in deinen Therapien gemacht hast, gleich dreimal hintereinander machen "durfte". Daher kann ich deine Gefühle von Angst und Wut gut verstehen.

Aber bei einem Satz will ich dir doch widersprechen: "Er (der Kranke) muss ganz alleine mit den Folgen fertig werden." Ich halte das für falsch. Warum? Weil man es alleine fast nicht schaffen kann, ohne sich völlig aufzureiben, sich immer wieder selbst herunterzuziehen, und Kräfte aufzubringen, die man eigentlich gar nicht hat.

Frage: Mit wem soll man sich denn darüber austauschen? Ich gehe mal auf ein paar Personenkreise ein, die du genannt hast: Mit der Familie... zu belastend für die Familie! Mit der Krankenkasse... keinerlei Interesse! Mit der betreffenden Klinik ... keinerlei Rückmeldung, nicht mal eine Empfangsbestätigung für ein ausführliches Mail mit kritischer Reflektion der völlig vermurksten Therapie (habe es selbst erlebt, weiß wovon ich rede).

Also mit wem dann? Ich persönlich habe die allerbesten Erfahrungen gemacht mit einem privaten e-Mail-Austausch mit einer Person, die ebenfalls negative Erfahrungen gemacht hatte in ihrer eigenen Therapie. Diese Person hat unglaubliches Verständnis für meine Erlebnisse, und das tut mir so unendlich wohl. Denn sie weiß, wovon ich rede, und sie sagt nie: "Ach, war ja alles halb so schlimm..., das wird schon wieder..., da muss man drüber hinwegsehen..., die Therapeuten haben auch mal einen schlechten Tag...., bestimmt hast du da was völlig falsch verstanden...," etc. etc.

Vor ein paar Tagen las ich einen Zeitungsartikel über die psychologische Nachbetreuung von Traumapatienten. Der Aufhänger für den Artikel war die Freilassung der Sahara-Geiseln. Ein Psychologe wurde befragt zum Thema "Verarbeitung eines erlebten Traumas". Er sagte sinngemäß in etwa folgendes: Wenn man ein Trauma durchlebt und durchlitten hat, dann hilft es vielen Betroffenen, darüber immer und immer wieder zu reden. Dadurch verdrängt man nicht mehr, sondern verarbeitet. Verdrängen aber heißt, nicht zu verarbeiten.

Ich will noch was hinzufügen, wie ich die Verarbeitung der traumatischen Erlebnisse meiner Therapien mitverfolge: Die alten schmerzlichen Gefühle von damals kommen wieder hoch, wenn ich mich darüber austausche. Es tut weh, das zuzulassen, denn innerlich hat man ja Angst davor. Wer will sich schon selbst diesem Schmerz aussetzen? Aber ich erlebe immer wieder, dass der Schmerz heute doch wesentlich geringer ist als damals, und das Reden ist eine unglaubliche Erleichterung und Befreiung. Natürlich habe ich auch den einen oder anderen Rückfall durch die Arbeit an diesen Erlebnissen. Aber alles in allem ist es eine Wohltat, auf dem Weg der Verarbeitung voranzukommen. Und die Gefühle von berechtigter Wut, die ich damals in all diesem Leid gar nicht fühlen konnte, die kann ich heute endlich mal fühlen. Und ich kann dann mit aller Deutlichkeit auch die entsetzliche Unfähigkeit dieser Therapeuten sehen, die in all ihrer gnadenlosen Borniertheit auch noch mir die Schuld an ihrem eigenen Versagen gegeben haben. Heute kann ich teilweise schon darüber lachen (auch wenn es zugegebenermaßen noch oft schwerfällt) - und auch das Lachen ist ein Zeichen von innerer Heilung und Befreiung. Und ich merke, dass mich all das Schlimme von damals heute nicht bei weitem nicht mehr so quält wie damals. Es hat einfach nicht mehr die Macht über mein Leben wie damals - und ich kann auch beim besten Willen nicht einsehen, warum ich solchen Id... von Therapeuten heute noch Macht über mein Leben geben sollte.

Lieber Gruß,
Emily.

Re: B. Hellinger-Familienaufstellen

Verfasst: 22. Aug 2003, 14:50
von de_rage
Liebe Emily, ich glaube, Du musst c. gar nicht widersprechen. Denn wie ich ihn verstehe, meint er genau das, was Du sagst. Sein Satz "Der Patient muss dann mit den Folgen allein fertig werden" ist sicher als Feststellung gemeint. Wie Du selbst sagst: Wer hilft ihm? Erstmal keiner.

Re: B. Hellinger-Familienaufstellen

Verfasst: 22. Aug 2003, 18:42
von Captain Kirk
Liebe Emily, danke für dein Posting. Ja, ich stimme dir in allen Punkten zu.
Ich kann über manche Dinge inzwischen auch (fast) lachen, weil sie so abstrus waren, dass es fast nicht mehr zu überbieten ist.

Die Erfahrung allerdings, dass auf meinem langen Weg sämtliche Versuche fehlgeschlagen sind irgendetwas davon erzählen zu dürfen, geschweige denn einen Minimalglauben geschenkt zu bekommen, die prägen mich bis heute. Es hilft mir zu wissen, dass ich nicht alleine bin mit meiner Erfahrung.

Ich war damals noch so naiv und dachte, dass Freunde Familie Hausarzt mir glauben würden. Aber das war nicht so. Ich wurde immer weiter in eine Ecke gedrängt. ICH war der Störfaktor. ICH war eben zu kompliziert zu undankbar zu uneinsichtig zu depressiv zu naiv zu moralisch zu blauäugig zu unsympathisch zu faul zu selber schuld. Und mit jedem Versuch, therapeutische oder ärztliche Unterstützung zu bekommen wurde es schlimmer. Mein Gott. Abn mir blieb kein gutes Haar.
War ich zuvor "nur" traumatisiert, so war ich nach dieser Prozedur schwer Selbstwertgeschädigt und nurmehr ein Schatten meiner Selbst.

Den Bericht über die Geiseln hab ich auch gesehn. Und das Statement über die Verarbeitung. Ich durfte nicht nur nicht über mein Ursprungstrauma reden, sondern auch nicht über das Nachfolgetrauma.

Aber, und das versuche ich inzwischen zu beleuchten.
Ich habe überlebt!
Ich habe die "Behandlungen" abgebrochen wenn ich merkte wo der Hase langläuft (und das war meistens schon fast zu spät).
Ich habe ziemlich viel Lebenserfahrung mitgekriegt.

Die körperlichen und seelischen Schäden allerdings sind immens.

Gruß
c.

Re: B. Hellinger-Familienaufstellen

Verfasst: 22. Aug 2003, 19:12
von Data
Hallo Captain,

warum möchtest du denn nicht mal hier im Forum darüber sprechen, was dir widerfahren ist, oder hast du inzwischen kein Bedürfnis mehr dazu? Bist du inzwischen "geheilt" oder in welchem "Stadium" befindest du dich momentan? Zwischendurch klangst du so weise, optimistisch und abgeklärt, dann kam plötzlich wieder eine Krise. Nimmst du Medis, machst du Therapie zur Zeit? Wenn nicht, hast du es nochmal wieder vor? Bist du arbeitsfähig, hast du einen Job? Wie geht es weiter bei dir?

Viele Grüße

Data

PS: Du könntest doch auch mal in den Chat gehen.

Re: B. Hellinger-Familienaufstellen

Verfasst: 22. Aug 2003, 21:33
von Captain Kirk
Nein. Nein. Ja. Nein. Nein. Keine Ahnung.
Vielleicht fahr ich in die Sahara. Mal sehn.

c.

Re: B. Hellinger-Familienaufstellen

Verfasst: 23. Aug 2003, 09:33
von Emily
Liebe Monika,

du schreibst: Wer hilft dem Patienten? Erst mal keiner.
Da stimme ich dir voll und ganz zu. Man hat schon lange stumm vor sich hingelitten und wartet doch insgeheim immer, dass da jemand kommt, der sagt: "Wie war das damals? Wie hast du dich gefühlt, als diese Therapeuten so neben der Spur lagen mit ihrer Behandlung?" Das Schlimme ist nur, wenn man ewig wartet, ohne sich selbst irgendwann zu überwinden und selbst die Initiative zu ergreifen, dann kann man nach meiner Erfahrung warten bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag. Man muss selbst auf den Zug aufspringen zum Sich-Austauschen, sonst fährt er vorbei.

Es ist wirklich nicht leicht, die Initiative zu einem konstruktiven Austausch selbst zu ergreifen, denn die heftigen Zweifel sind ja da, die einem zuflüstern: Wen interessiert das denn schon..., was denkt derjenige von mir..., werde ich wieder auf Desinteresse und Gleichgültigkeit stoßen..., etc. Wenn man sich trotzdem traut, dann findet man auch Verständnis und Ermutigung. Und ich glaube, dass man das meiste Verständnis bei Menschen findet, die ähnliche Erfahrungen in ihren Therapien gemacht haben wie man selbst.

Lieber Gruß,
Emily.

Re: B. Hellinger-Familienaufstellen

Verfasst: 23. Aug 2003, 13:44
von Captain Kirk
Wißt ihr, was mir Angst macht?
Es ist dieses Wissen, wie es schieflaufen kann. Und wieviele Menschen an solchen "Therapien" zerbrechen, ohne Hilfe.
Wieviel Stillschweigen darüber herrscht. Wieviel Leid produziert wird und unter dem Deckmäntelchen Therapie abgeheftet wird.

Ich sehe das auch als gesellschaftliches Problem. Wie geht eine Gesellschaft mit Menschen um die zeitweilig Hilfe brauchen.

Mir wird Angst und Bange, wie Familie, Freunde, Ärzte usw. mit solchen Menschen umgehen. Dabei verkennt jeder, dass ER DER NÄCHSTE sein kann. Es kann jeden treffen.

Ich bekomme ANgst vor dieser Welt in der Gleichgültigkeit und Stillschweigen herrscht. In der das Recht des Stärksten, des Unempfindlichsten und des Lautesten mehr gilt als moralische Qualiäten, ein Mindestmaß an Tugendhaftigkeit und Mitgefühl, ein philosophisches Empfinden für die Zusammenhänge der Welt.

Das mag jetzt vielleicht ziemlich naiv klingen. Aber ich glaube, wenn in einer Gesellschaft so miteinander umgegegangen wird dann ist sie letztendlich zum Scheitern verurteilt.

Wie kann ich in dieser Gesellschaft weiterleben?
Ich habe viel von Anpassungsstörung gehört.
Muß ich, um weiterleben zu können, mich total anpassen? Meine Moralvorstellungen, mein Gerechtigkeitsempfinden, mein Glaube an Wahrheit Vertrauen Freundlichkeit usw., mein Sinn für Solidarität muß ich das alles in eine Tonne packen und im Meer versenken um weiterleben zu können? Mir wurde in den Therapien klargemacht, dass ich naiv und moralisch sei und deswegen selber schuld an meinem Unglück. Und dass ich mich eben anpassen müßte.

Alles woran ich jemals geglaubt hatte, was mein Koordinatensystem für diese Welt ausmachte, wurde als schlecht deklariert.
Wenn jedes Wort, jeder Gedanke auf eine Mauer des Schweigens oder des Nichtverstehens prallt und als krank tituliert wird. Wie kann ich dann noch sprechen? Welche Worte muß ich wählen um verstanden zu werden? Ist die Idee des Vesrtehens vielelicht an sich schon ein Trugschluß? Aber wie kann die Welt ohne gegenseitige Anteilnahme und Verständis funktionieren? Muß ich sarkastisch werden um das alles zu überleben?

Re: B. Hellinger-Familienaufstellen

Verfasst: 23. Aug 2003, 15:20
von Emily
Hi Captain,

nicht dein Koordinatensystem für die Welt ist falsch, und dein inneres Gefühl für zwischenmenschliche Werte ist es auch nicht. Sondern die Behauptungen, die die Therapeuten darüber aufgestellt haben, als sie nicht weiterwussten, sind falsch. Aber statt zu sagen, dass sie nicht weiterwussten, haben sie dir gesagt, du seist selbst schuld, weil du dieses Koordinatensystem hättest, und du müsstest dich eben "anpassen". Ich war 37, als ich meine Krankheit bekam. Mir hat einer meiner Therapeuten allen Ernstes klar und deutlich zu verstehen gegeben, wenn man 37 Jahre lang so gelebt hätte wie ich (also sozial, hilfsbereit, etc.), dann müsste man sich "nicht wundern, wenn so etwas - sprich die Krankheit - dabei herauskäme". Da dachte ich so für mich: Wenn das stimmen würde, und das Heil der Welt darin bestünde, dass jeder wirklich nur noch an sich denkt, und seine eigenen Interessen völlig rücksichtslos durchsetzt, dann würde unser gesamtes Gesellschaftssystem in sich zusammenbrechen. Der gute Mann, der mir das sagte, war mir als eine "Kapazität" empfohlen worden. Na ja, war ja auch eine kapazitätenmäßige Bemerkung.

Aber leider ist es eben ein Leichtes, einen Menschen, der sowieso schon krank und am Boden ist, noch niederzumachen. Und den Rest seines inneren Wertesystems und der Dinge, an die er geglaubt hat, auch noch aus den Schuhen zu kippen, ist auch verdammt einfach.

Das Wort "Anpassungsstörung", so wie es dir vermittelt wurde, ist eine Lüge in sich. Du bist nicht anpassungsgestört, wenn du dich nicht kaltschnäuzig und rücksichtslos verhalten willst. Und es ist ein Schwachsinn hoch drei, einem so etwas als therapeutischen Ratschlag vermitteln zu wollen. Es ist eine der Floskeln, die benutzt werden, wenn der Therapeut nicht weiter weiß. Bestimmt mag es Anpassungsstörungen geben, keine Frage. Aber der tatsächliche Inhalt dieses Wortes ist mit Sicherheit ein ganz anderer. Es ist eine Unverschämtheit, es einem depr. Menschen in einem völlig verdrehten Sinn an den Kopf zu werfen, nur weil er eben ein normaler Mensch ist, dem Werte, Moral und Verständnis wichtig sind.

LG, Emily.

Re: B. Hellinger-Familienaufstellen

Verfasst: 23. Aug 2003, 18:30
von Captain Kirk
Liebe Emily, deine Worte tun mir gut.
Ich finde langsam wieder zu mir zurück.
Ich WILL und KANN nicht in einer Welt leben in der Lüge als Klugheit bezeichnet wird, Gewalt als Durchsetzungsvermögen, Intrigen als Intelligenz und so weiter. Das ist doch eine völlig verdrehte Sicht der Dinge.

Allerdings will ich auch nicht vollständig daran zerbrechen, dass ich andere Werte habe.
Wir sollten uns vielleicht klarmachen, dass unsere Werte etwas besonderes sind heutzutage. Dass andere Mensche andere Werte haben und dann einen Weg finden unbeschadet mit unseren Werten weiterleben zu können. Ich weiß momentan nicht, wie das aussehen kann.

Liebe Grüße
c.

Re: B. Hellinger-Familienaufstellen

Verfasst: 23. Aug 2003, 21:32
von albert
Hallo Emily und Captain,
so ist es. Auf einer Tagung sprach ich mal die Fachreferenten aus einem benachbarten Bundesland an und erzählte nebenbei, was ich freiberuflich so treibe, nämlich zwei Fachgebiete bearbeiten. Der eine sagte zu mir:
"Da werden sie zerrieben."
Damals vor etwa fünf Jahren habe ich das nicht wahrhaben wollen, aber es ist genau so gekommen. Die Wahrheit in der Mitte suchen und auch noch aussprechen ohne Rücksicht auf Gruppeninteressen und deren Zwecklügen ist tödlich. Dennoch sage ich mir, gibt es Möglichkeiten, trotzdem zu arbeiten. Also arbeite ich weiter. Es ist dieses Bewusstsein einer Aufgabe, die mich aufrecht hält, an der ich mich aufrecht halte.
Natürlich kommen neue Versuchungen, neue Angebote, die Versuche, wieder Abhängigkeiten herzustellen, mich in eine Meinung zu pressen. Aber ich sehe auch, dass ich Ruhepausen nutzen kann, um in meinem Inneren und im stillen Kämmerlein zu arbeiten. Mit einer hastig abgefassten Arbeit schade ich mir selbst. Für meine wichtigen Arbeiten nehme ich mir Zeit, damit sie gründlich durchgearbeitet sind, damit sie Hand und Fuss haben.
Normalerweise schreibe ich nicht unter andere oder alternativ. Wenn ich es richtig nehme, war das alles schon da. Ich muss nur wissen, wo ich das finde.
Autoritäre Personen gibt es natürlich überall; da muss ich nicht lange suchen.
Aber den weisen alten Mann, der sich zurücknimmt, den habe ich lange suchen müssen.
Herzliche Grüße
Albert

Re: B. Hellinger-Familienaufstellen

Verfasst: 23. Aug 2003, 22:53
von igel
Wisst Ihr was? Wir sind zu gut für diese Welt. Ernsthaft. Wenn man nicht Ellenbogen hat und nicht nur auf seinen eigenen Vorteil bedacht ist, geht man doch unter, oder?

So habe ich das erlebt.

Und ich frage mich so oft, ob ich nun anders bin und deshalb nicht klarkomme oder ob ich deshalb nicht klarkomme, weil andere anders sind und mich für anders halten. Oh je, was für ein Satz..... Versteht Ihr, was ich meine?

Re: B. Hellinger-Familienaufstellen

Verfasst: 24. Aug 2003, 19:38
von albert
Hallo Igel,
ich habe keine Ellenbogen, deshalb gehe ich unter.
Es stimmt, dass ich deshalb mehr als einmal Opfer geworden bin. Aber ich will nicht wieder neu Opfer werden. Vielleicht mehr darüber in einem anderen Zusammenhang.
Herzliche Grüße
Albert

Re: B. Hellinger-Familienaufstellen

Verfasst: 1. Sep 2003, 13:58
von kessy4949
Hallo Zusammen,
vielleicht täusche ich mich, aber ich denke, daß Viele von uns, die so denken wie Ihr es beschrieben habt, eher für soziale oder ehrenamtliche Tätigkeiten oder Berufe geeignet sind. Eben für Tätigkeiten, wo einem ein Gutes Gefühl als Lohn wieder zurückgegeben wird. Zumindest geht es mir so und ich habe mich schon länger mit ehrenamtlichen Tätigkeiten geistig beschäftigt bzw. einmal auch schon ausgeübt. Das scheiterte allerdings wieder am Pech und am mangelnden Selbstbewußtsein. Schreckliche Bilder hätten mir dabei weniger ausgemacht. Es zieht mich psychisch nicht nach unten, wenn ich sehe, daß es anderen schlechter geht, z.B. in der Dritten Welt o.a.
Was ich auch gemerkt habe, am sympatischsten sind mir Leute, die entweder krank sind, sozial schwach (viell. sogar auf der Straße leben) o.a., denn diese Leute sind (Ausnahmen bestätigen immer die Regel) noch am ehrlichsten.

Gruß,
Christin

"Es gibt zwei Dinge, die sind unendlich. Das eine ist das Universum, das andere die Dummheit der Menschen. Wobei ich mir beim Universum noch nicht ganz so sicher bin."
by Albert Einstein

Re: B. Hellinger-Familienaufstellen

Verfasst: 6. Sep 2004, 11:45
von bs
Hallo zusammen,

mir schwant Böses, wenn ich Eure postings in Beziehung zu meiner Situation setzt.
Aber nun ist es nicht mehr umzukehren.

Lieschen