Alles nur Fassade

[Anna38]

Hallo!
Ich versuche, denn Alltag zu meistern, bin ausgebrannt, erschöpft, einfach nur noch müde. Vor 2 Jahren war ich in Behandlung wegen meiner Depressionen, bekam Gesprächstherapie und AD verschrieben. Hab nach ca. 6 Monaten abgesetzt, weil ich von den AD zugenommen habe. Immer wieder diese Phasen meiner Depressionen, Angstattacken, Tunnelblick, es schnürt mir die Kehle zu. Vor allem, wenn ich eigentlich zur Ruhe kommen könnte. Mein Mann ist beruflich (selbständig) total angespannt, bekommt immer wieder cholerische Anfälle, ist persönlich verletzend, dann wieder total lieb zu mir, es tut ihm dann leid. Ich bin völlig fertig danach, würde am liebsten mit allem ein Ende setzen, möchte einfach nur noch meine Ruhe, mich verbuddeln, möchte es einfach geschafft haben. Ich bin wirklich müde vom Leben. Dann gibts wieder Phasen, wo ich denke, warum kann es nicht immer so sein? Ein Hauch von Normalität, ich kann kurz durchatmen. Aber immer im Hinterkopf, es geht wieder los. Jedes falsche Wort, eine falsche Geste, es zieht mich wieder runter. Ich will keine AD mehr nehmen, hilft eh nicht gegen den Schmerz, betäubt nur, lässt Gedanken nicht fest halten, aber die Probleme bleiben.
Wollte das nur hier mal los werden.

[Rosenkranz]

Hallo Anna

Kann dich gut verstehen, mir geht es im Moment ähnlich.

Würde auch am liebsten alles beenden in jeder Hinsicht, aber ist es das wert.
Ich verändere mich immer mehr, kann kaum noch unterscheiden was liegt an der Krankheit und meinen daraus veränderten Verhaltensweisen, werde ich manipuliert, damit das so ist, wie es ist, oder liegt es an mir??

Habe jetzt ein paar Tage frei gehabt, war aber alles andere als erholsam, mache zwar kaum was, bin aber auch schnell erschöpft, mache Dinge, die ich eigentlich gar nicht will, in meinem Kopf ist ein regelrechtes durcheinander, bin gereizt bis zum geht nicht mehr, weil ich auch das Gefühl habe es geht nicht mehr.

Will dich aber nicht noch mehr runterziehen, dir aber das Gefühl geben, das es dir nicht alleine so geht.

lg rosalie

[PerryRhodan]

Hi,

das hätte auch von mir sein können, aber so schön hatte ich es aber gar nicht beschreiben können.

Nur mit dem Unterschied, dass ich du und dein Mann in der gleichen psychischen Person bin. Wobei ich die cholerischen Anfälle mittlere weile kaum mehr habe. Die habe ich fein säuberlich verpackt, aber dafür wüten sie innerlich weiter und machen mich zusätzlich fertig.

Kennst du das Ampelsystem? Mache mit deinem Mann einen Vertrag, der lautet:
Wenn jemand Rot sagt, dann muss der/die andere still sein und zuhören. Wenn einer Grün sagt, dann darf er/sie wieder reden oder mitreden. Beleidungen und Vorwürfe sind bei Grün aber nicht erlaubt!
Das System ist wirklich simpel und bedarf zu anfangs ein wenig Übung. Damit lassen sich überfordernde Situationen in der Familie schnell und effizient verhindern. Damit kommt es genau zu diesen verletztenden und ermüdenden Situationen nicht mehr.

> Ich bin wirklich müde vom Leben. Dann gibts wieder Phasen, wo ich denke, warum kann es nicht immer so sein? Ein Hauch von Normalität, ich kann kurz durchatmen.
Oh ja! Dann flutscht es ohne Anstrengungen, ohne sich zu etwas selbst zwingen oder überwinden zu müssen. So ein easy going...

> Aber immer im Hinterkopf, es geht wieder los. Jedes falsche Wort, eine falsche Geste, es zieht mich wieder runter.
Also Überempfindlichkeit gegenüber Zurückweisung und Kritik?

> Ich will keine AD mehr nehmen, hilft eh nicht gegen den Schmerz, betäubt nur, lässt Gedanken nicht fest halten, aber die Probleme bleiben.
Blöd ist dann auch noch, wenn immer nur die betäubende aber nicht die angstlösende oder den Antrieb fördernde Wirkung eintritt. Und dann wirken auch immer gerne die Nebenwirkungen besser als alles andere: Bluthochdruck, Gewichtszunahme, Schweissausbrüche, Zittern, Übelkeit, Unwohlsein, Konzentrationsschwierigkeiten. Argh! Nun ohne ist es bei mir noch schlechter und das richtige war bisher noch nicht dabei. Also alles Plácebo Domingo - oder wie war das nochmal?

> Wollte das nur hier mal los werden.
Gerne, wird weitergereicht.

Gruß,
Perry Rhodan

[Anna38]

Das mit dem Ampelsystem ist eine gute Idee, wird mit meinem Partner aber nicht durchzuführen sein. Er wird solche Dinge nicht ernst nehmen. Vor allem, wenn er so richtig in Rage ist, kommt bei ihm auch nichts an. Er leidet selber unter Burn out, nimmt auch AD, ist zudem aber eine sehr sehr starke Persönlichkeit. Geschäftlich und auch privat immmer sehr selbstbewusst, auch wenn ich manchmal denke, bei ihm ist auch einiges Fassade. Sein Arzt sagte mir letztens, jetzt muss ich die starke von uns beiden sein. Ich hätte am liebsten geschrien, dass ICH langsam nicht mehr kann, selber mit mir genug zu tun habe. Jetzt, am Wochenende, gehts mir etwas besser, mein Mann ist seit gestern bis morgen verreist und ich kann durchatmen. Hört sich gemein an und ich hab auch Schuldgefühle, kann aber nicht aus meiner Haut. Unsere Beziehung leidet darunter sehr, dass ich so dünnhäutig bin und er sich nicht unter Kontrolle hat. Mal ist er der liebevolle, aufmerksame Ehemann, dann wieder das ganze Gegenteil. Ich kann mit diesen Launen kaum umgehen. Ich bin der Typ, der Sicherheit braucht, einen ruhenden Pol, und den hab ich nicht. Wenns ihm besser geht, wirds mir auch besser gehen, denke ich, aber ich kann meine Depris auch nicht kontrollieren und so weiß ich nicht, wie das alles enden soll.

[limone]

Liebe Anna,
es ist schwer, die unverarbeiteten Probleme des anderen noch mit zu tragen.
Ich hoffe, Du hast professionelle Hilfe dabei.
Ich wünsche Dir ganz, ganz viel Kraft.
Liebe Grüße
limone

[Anna38]

Hallo Limone!
Danke für deine Antwort. Ich habe keine professionelle Hilfe (mehr). Wie gesagt, ich war 2009 in Therapie, allerdings nur ein halbes Jahr. Ich habe riesen Probleme damit, wieder zuzugeben, dass ich noch immer unter Depressionen leide, da ja mein Mann Burn out hat und ich die starke sein muss. Es geht eben nicht anders. Immer dieses stark sein, erdrückt mich zutiefst, aber mir bleibt keine Wahl.
Nächste Woche fahre ich mit meinem Sohn und meiner besten Freundin in den Urlaub und ich hoffe, so etwas Abstand zu bekommen und durchzuatmen. Wird mir das helfen? Ich weiß es nicht, ich habe angst davor, wenn ich wieder komme, dass alles wieder von vorn los geht...

[FrauRossi]

Hallo Anna38,

mein Freund hat auch Burnout und Depressionen. Und ich habe Depressionen.

Das hat lange gedauert bis jeder sich das eingestanden hat. Jetzt sind wir beide in Therapie und das ist total gut!

Mir hat beim der letzten schlechten Phase, ein Urlaub geholfen nicht total Abzurutschen.

also vielleicht klappt das bei dir auch, ich wünsch es dir. Aber das eingestehen ist der erste Schritt ...

LG

[PerryRhodan]

Hi Anna38,

war offline, denn eiene Woche im Urlaub, deshalb erst jetzt meine Reaktion.

> Das mit dem Ampelsystem ist eine gute Idee, wird mit meinem Partner aber nicht durchzuführen sein. Er wird solche Dinge nicht ernst nehmen.
Er sollte aber seine Partnerin ernst nehmen.

> Vor allem, wenn er so richtig in Rage ist, kommt bei ihm auch nichts an. Er leidet selber unter Burn out, nimmt auch AD,
Das ist aber eine schlechte Entschuldigung , denke ich

> ist zudem aber eine sehr sehr starke Persönlichkeit. Geschäftlich und auch privat immmer sehr selbstbewusst, auch wenn...
Dann wird er es ja verkraften, sich auch mal zurückzunehmen, oder?

> Sein Arzt sagte mir letztens, jetzt muss ich die starke von uns beiden sein. Ich hätte am liebsten geschrien, dass ICH langsam nicht mehr kann, selber mit mir genug zu tun habe.
Meine Frau muss auch die starke sein, wenn es mir nicht gutgeht. Ich muss aber dafür in meinen guten Phasen sie unterstützen und aufladen, damit sie das überhaupt kann. Burn-Out ist doch letztendlich eine Depression der eigenen Überforderung und weil selbst keine passende Verhaltensmuster existieren, die davor schützen sollen.
Und nächstens mal bitte schreien, so das dein Mann das _auch_ hört!

> Jetzt, am Wochenende, gehts mir etwas besser, mein Mann ist seit gestern bis morgen verreist und ich kann durchatmen. Hört sich gemein an und ich hab auch Schuldgefühle,
Gerade Schuldgefühle gegenüber anderen und sich damit nicht abgrenzen zu können ist wichtig zu erlernen für Depris. _Du_ musst dafür doch keine Schuldgefühle haben, weil du dir es gönnst, deine Akkus aufzuladen.

> kann aber nicht aus meiner Haut. Unsere Beziehung leidet darunter sehr, dass ich so dünnhäutig bin und er sich nicht unter Kontrolle hat.
Hast du dich schon mal gefragt, ob dein Mann dich deshalb als Partnerin hat, weil du "dünnhäutig" bist? Wie glaubst du wird er damit klarkommen, wenn er in Zukunft mit einer gleichstarken Partnerin auskommen muss?

> Mal ist er der liebevolle, aufmerksame Ehemann, dann wieder das ganze Gegenteil. Ich kann mit diesen Launen kaum umgehen. Ich bin der Typ, der Sicherheit braucht, einen ruhenden Pol, und den hab ich nicht. Wenns ihm besser geht, wirds mir auch besser gehen, denke ich, aber ich kann meine Depris auch nicht kontrollieren und so weiß ich nicht, wie das alles enden soll.
Den letzen Satz würde ich ausdrucken, in einen Umschlag stecken, seinen Namen drauf und ihm überreichen.
Falls du bereits in der Urlaubswoche bist: Geniese jeden Tag, mach dir keine Sorgen über danach...
Hat bei mir zumindestens sehr gut geklappt mit dem ABschalten...

Gruß,
PR