Reden oder besser nicht?

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cera
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Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Reden oder besser nicht?

Beitrag von cera »

Hallo ihr alle! Also, die, die mich schon kennen, wissen, dass ich im Moment ziemlich heftig unter einer Depression leide (wird so langsam etwas besser...). Nun habe ich das Problem, dass ich bisher nur mit einer einzigen sehr vertrauten Freundin darüber geredet habe und allen anderen spiele ich permanent vor, dass es mir so gut geht, wie noch nie. Vor allem in meiner Familie versuche ich, es geheim zu halten und möchte eigentlich nicht, dass jemand weiß, was los ist. Aber nun plagt mich das Gefühl, meine Eltern zu hintergehen, wenn ich nichts sage. Außerdem habe ich Angst, dass meine Mutter schon was gemerkt hat, denn sie fragt mich andauernd, wie's mir denn geht. Ich habe die dumme Vermutung, dass sie in meinen Sachen "geschnüffelt" hat und die Tabletten entdeckt hat. Natürlich kann sie mir das aber nicht sagen, denn dann wüsste ich ja, dass sie mir hinterher spioniert... und jetzt will sie bestimmt von mir hören, was los ist, aber ich könnte es einfach nicht ertragen, wenn meine Mutter bescheid wüsste. Sie würde mir nur noch mehr Schuldgefühle einreden, weil ich sie ja so "belaste". Außerdem würde sie mich dann gar nicht mehr in Ruhe lassen und wahrscheinlich jeden Tag bei mir anrufen. Ich stehe wirklich in einem ganz großen Zwiespalt und würde gerne eure Meinung dazu hören. War vielleicht jemand schon in einer ähnlichen Situation und kann mir seine Erfahrungen mitteilen? Oder hat sonst jemand einen Rat? Ich bin wirklich ziemlich verzweifelt darüber und weiß nicht, wie ich mit der Situation umgehen soll. Bin wirklich seeeehr dankbar für Antworten!!!! Alles Liebe, Cera
Shorty
Beiträge: 2
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

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Beitrag von Shorty »

Hallo Cera, ich war jahrelang in der gleichen Situation. Im Laufe dieses Jahres ist meine Depreesion sehr groß geworden und ich stand kurz vorm Absturz. Durch Medikamente konnte ich mich etwas aus dem Abgrund holen. Die ganzen Jahre über habe ich meiner Familie nie etwas gesagt. Ich habe sowieso nie jemanden etwas gesagt. Nach und nach konnte ich mich einem Freund anvertrauen. Ihm habe ich sogar mehr gesagt als meinem Therapeuten. Vor kurzem habe ich angefangen mich mehr zu öffnen. Im Grunde habe ich meiner Familie nie etwas über meine Krankheit gesagt, weil sie es eh nicht verstehen würden, ich auch Schuldgefühle habe und genau wie du, keine Überfürsorge haben wollte. Nachdem ich meiner Mutter alles gesagt habe, habe ich gemerkt wie gut mir das tat. In diesem Augenblick habe ich zum ersten mal an mich gedacht und nicht auf die anderen Rücksicht genommen. Es war und ist für mich eine große Entlastung. Jetzt muss ich nicht immer glücklich wirken. Ich kann mich so geben wie ich bin und noch wichtiger, wie ich mich fühle. Denk an dich. Überlege was gut wäre für dich, das ist entscheidend. Liebe Grüß shorty
Ingrid
Beiträge: 727
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

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Beitrag von Ingrid »

Hallo Cera - das ist wirklich nicht so einfach. Und wenn Du nur einmal abwägst, was Dir m e h r zusätzlichen Druck machen würde ....?? Diese Geheimnistuerei ist anstrengend - die Konsequenzen, wenn Du Dich offenbarst, möglicherweise aber auch. Also ich bin da bestimmt nicht Beispiel gebend, ich erzähle nur, wie es bei mir war. Es gab Leute, mit denen wäre es weitaus anstrengender gewesen, darüber zu reden, als es einfach zu übergehen. Das waren Leute, die sehr mit sich selbst beschäftigt sind. Bei denen mußte ich mich aber nicht anstrengen, es zu verbergen ;-). Dann gab es sensible Menschen, die sich wirklich Sorgen um mich machten. Denen habe ich es gesagt und gleichzeitig auch, was ich mir von Ihnen für ein Verhalten wünsche. Ich habe zum Beispiel meiner Freundin ganz ruhig, aber bestimmt mitgeteilt, dass ich mich elend fühle und Abstand (nicht überbetonte Fürsorge!) brauche. Sie war erschrocken, hat es aber akzeptiert. Langsam nähern wir uns einander jetzt wieder an. Meines Erachtens ist ein "Mix" ganz gut. E i n Ventil außerhalb vom Forum wäre sicher sehr entlastend. Aber Du mußt Deine Bedürfnisse als Beipackzettel mitgeben. Ist irgend ein hilfreicher Gedanke dabei ? Lieber Gruß, Ingrid
jackie
Beiträge: 139
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Beitrag von jackie »

Liebe Cera, ich glaube, daß sich Deine Mutter ganz große Sorgen um Dich macht. Vielleicht wäre es wichtig, ihr zu erklären, was Du hast. Nur so gibst Du ihr die Möglicheit, Dich zu verstehen. Ich denke, die Kraft, die Du verwenden mußt, um Dir "nichts anmerken zu lassen", kannst Du für andere Dinge viel besser gebrauchen. Ich denke, es ist immer eine große Erleichterung, wenn die Angehörigen den Patienten unterstützen und das können sie nur, wenn sie wissen, was los ist..... Wenn Du Dich nicht traust, direkt mit ihr zu sprechen: Es gibt da ein Buch, das heißt "Ich hatte Depressionen" von Karl Kulitza. Mein Mann hat es gelesen und gesagt, daß er sich dort genau wiederfindet und als ich es gelesen habe, konnte ich ihn auf einmal viel besser verstehen. Liebe Grüße Jackie
sewi
Beiträge: 1606
Registriert: 15. Feb 2013, 23:02

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Beitrag von sewi »

hallo leute! ich kann cera nur davon abraten, ihren verwandten zu erzählen, woran sie leidet! ich hab damit die schlechtesten erfahrungen gemacht. ich habe meiner engsten verwandtschaft gesagt, daß ich an depressionen leide, aber keiner hat reagiert. ich war wie gestorben. nach einer selbstmorddrohung von mir, vor einem jahr, bekam ich vorwürfe daß ich meinen verwandten eine schlaflose nacht bereitet hätte, und diese vorwürfe kamen nach mehr als einem weiteren jahr ohne kontakt, gekoppelt mit massiven schuldzuweisungen! obwohl ich nichts (NIcHTS) getan hatte. nun bin ich schon fast der ansicht, es wär besser gewesen, mich wirklich umzubringen, damit meine leute ruhe von mir haben. dazu muss ich sagen, daß ich früher immer eine optimistische, "einsame-kämpfer"-natur war, was, solange ich stark war, jeder zu schätzen wusste, und mir wahrscheinlich letztendlich das leben gerettet hat. aber das alles ist nicht ohne konsequenzen geblieben. ich bin dazu übergegangen mich abzuschotten, und spreche inzwischen nur noch mit ärztinnen und anwältinnen. sewi
nora
Beiträge: 110
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Beitrag von nora »

Hi Sewi, bin ziemlich sauer, wenn ich in einem Posting an jemanden der Hilfe sucht und dem es schon schlecht genug geht, so etwas lese: " ...nun bin ich schon fast der ansicht, es wär besser gewesen, mich wirklich umzubringen, damit meine leute ruhe von mir haben." Ich denke, Deine Verbitterung ist da mit Dir durchgegangen. Das sind schlimme Erlebnisse die Du schilderst. Wenn Dein Abschotten Deine Abgrenzung vor der Verwandtschaft bedeutet, finde ich das in Ordnung. Aber wie Ingrid schon sagte, man braucht ein Ventil außerhalb des Forums, im "wirklichen" Leben. Denn dahin wollen wir ja wieder, oder? ;-) Herzlichst Nora
susan
Beiträge: 2551
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Beitrag von susan »

Hallo cera deine Mutter sollte es wissen, und du solltest dir bewußt sein, das sie es im schlimmsten Fall nicht versteht. Ich habe es so gehalten, das ich mit der Depri im engeren Kreis (Eltern, Geschwister, Mann, Kinder) offen damit umgegangen bin. Das hat mir viel gebracht und ohnehin hätte ich es nicht ewig verheimlichen können. Vage Vermutungen in ALLE Richtungen sind denke ich, schlimmer als die Wahrheit. Inwieweit du dich Freunden gegenüber öffnest, ist deine Entscheidung. Verständnis auf allen Ebenen wird es nie geben. Aber damit kann ich gut leben, ich verstehe andere Leute, egal ob krank oder gesund, auch nicht 100%ig. Dir einen lieben Gruß und alles Gute Susan


Anna24

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Beitrag von Anna24 »

von mir auch noch eine meinung dazu. meine eltern wissen nur einen bruchteil dessen, was hier los war und ist seit einem jahr; und ich finde das gut. aber es hat mit meiner geschichte zu tun, dass ich das gut finde. ich habe auch kein schlechtes gewissen mehr, keine schuldgefühle, weil sie so wenig wissen - ich schulde ihnen nichts. ich bin erwachsen, mittlerweile, und nicht mehr dazu verpflichtet, meinen eltern auskunft über meine befindlichkeit zu geben, sie tun es ja auch nicht mehr, oder sagen wir, für ihre verhältnisse nur noch sehr selten. wir reden miteinander, verstehen uns im moment auch ganz gut, aber ich habe gelernt, dass ich mir meine hilfe woanders suchen muss. worauf ich hinaus will: ich finde es quatsch, sich dazu zu verpflichtet zu fühlen, dass man den eltern mitteilt, wenn es einem schlecht geht. ich finde es schön, wenn man das will und kann und darin trost oder hilfe findet, aber warum sich deswegen druck machen? was die tabletten und all das angeht, hat mich die uni "geheilt". mittlerweile nehme ich meine mittagspille nicht mehr heimlich auf dem klo, sondern eben beim kaffeetrinken; nicht verschämt, sondern eben, wie man ein aspirin nimmt. nicht besonders auffällig, nicht besonders unauffällig. bisher hat mich eine kollegin darauf angesprochen, und ich hab ihr gesagt, dass es tabletten sind, die mir ein bisschen helfen, meinen alltag zu regeln, sie hat ein bisschen dumm geguckt, aber nicht weiter nachgehakt, und das war sehr angenehm. ich kann mir auch vorstellen, sowas zu antworten wie "das ist was gegen schmerzen" oder "ach, das ist nur was gegen kopfweh" oder was auch immer. muss ja nicht jeder wissen, dass ich ein psycho bin. also: keep cool. mach, was du brauchst und für richtig hältst, aber lass dich nicht von irgendwelchen uralten familienvorstellungen zu etwas zwingen. lieben gruß, hoffe, dir gehts einigermaßen, anna.
pauli
Beiträge: 29
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

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Beitrag von pauli »

Hallo Cera, es gibt kein Patentlösung. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es gut tut, nicht zu Lügen zu müssen. Mein Umfeld ist so weit informiert, dass ich mir nicht irgendwelche Krankheit ausdenken muss, falls meine Arbeitsfähigkeit eingeschränkt ist. Ich muss aber auch nicht immer alles jedem erzählen. Sehr kompliziert ausgedrückt, ich hoffe du verstehst mich dennoch. Fange am besten ganz allgemein an und dann siehst du ja, wie der andere reagiert. Eltern nehmen da natürlich irgendwie eine Sonderstellung ein. Verlass dich da auf dein Gefühl. Außerdem wer drängt dich? Wenn deine Eltern wirklich "geschnüffelt" haben, so sind sie doch eher im Zugzwang als du. Nimm dir doch einfach die Zeit, die du brauchst. Pauli
susan
Beiträge: 2551
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

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Beitrag von susan »

Es kommt doch auch darauf an ob man mit den Eltern noch zusammen unter einem Dach wohnt oder ob man ein eigenes Reich hat :-) Und will ich überhaupt, das meine Eltern mich verstehen? Kann sein, das Distanz oft für's eigene Überleben wichtiger ist....aber wie kriegt man das hin, wenn man sich so NAH ist - in einer Wohnung, in einem Haus? Vielleicht denke ich eher an Offenheit, weil ich selbst Mutter bin und zu meinen Kindern ein gutes Verhältnis habe. Susan


Lisa Wiegand
Beiträge: 28
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

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Beitrag von Lisa Wiegand »

Liebe Cera, oh, wie ich diese Situation kenne. Zu der schlimmen Erkrankung kommt dann noch das riesen Schuldgefühl dazu. Denke daran, es ist eine schwere Erkrankung, die Du im Moment hast und Du mußt sie auch nicht verheimlichen. Mit meiner Mutter konnte ich damals nicht sprechen, sie war zu der Zeit schon dement u. in einem Pflegeheim, ich hatte eher das Problem, wie sag ich es meiner Schwester - sie ist 14 Jahre älter als ich u. war für mich immer so eine Zweitmutter.- Meine Partnerin hat es mir abgenommen u. mit ihr gesprochen und vor allen Dingen erklärt. Dazu habe ich ihr hinterher auch noch das Buch "Depressionsfibel" gegeben, denn es ist für Außenstehende wirklich schwer, sich mit einem Depressionskranken zu verstehen und auch zu wissen, wie geh ich damit um. - So nach und nach habe ich es auch Freunden erzählt aber nur auserwählten Freunden. Heute, Jahre später, die Depression ist auch überstanden, bis auf so kleine Einbrüche, kann ich ganz offen damit umgehen, ich bin froh darüber, daß ich das gelernt habe. Ich wünsche Dir viel Kraft, das Richtige zu tuen. Einen ganz lieben Gruß und noch einen schönen Sonntag, Lisa
cera
Beiträge: 197
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

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Beitrag von cera »

Hallo zusammen! Ich danke allen, die mir geantwortet haben wirklich sehr. Leider musste ich jetzt einsehen, dass es nicht DEN Weg gibt und dass ich selbst entscheiden muss, was ich am Besten tue. Ich bin genauso weit, wie vorher.... Am Wochenende habe ich meine Eltern besucht, aber ich habe nichts gesagt. Weiß auch nicht, ob das richtig ist, aber ich habe jetzt für mich entschieden, dass immer alles so richtig ist, wie ich es im Augenblick richtig finde! Hinterher ist man immer schlauer, aber ich hoffe, dass ich meine Entscheidung (noch) zu schweigen, nicht bereuen werde. Vielleicht kann ich irgendwann reden, aber nicht JETZT! Noch Mal Danke an euch alle! Liebe Grüße, Cera
winnie
Beiträge: 1683
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

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Beitrag von winnie »

Liebe Cera, ich habe auch dieses Wochenende mal wieder meine Mutter besucht, und dabei endlich mal Gelegenheit gefunden, ihr zu erzählen, was mit mir los ist. Ihre erste Reaktion (sie ist selbst Krankenschwester in einem Sanatorium) war Ungläubigkeit. "Oh ja, das kenne ich schon von unsere Patienten - die nennen wir unter uns 'unsere hysterischen Ziegen', die können einem ganz schön auf die Nerven gehen." Ich, geduldig geblieben, ihr genaueres zu erklären versucht: Depressionen ist gleich eine Krankheit, keine Hysterie, sondern eine Stoffwechselstörung im Gehirn. Nichts mit Sich-Anstellen, sondern man KANN nicht anders. Und so weiter, das ganze Programm. Hab ihr beschrieben, wie ich mich damit fühle, daß ich NICHTS dabei beeinflussen kann, sondern es mich einfach hindert "normal" zu funktionieren, manchmal mein Hirn wie eingefroren sein, mir alles zur Schwerstarbeit werden läßt. Erzählte von den körperlichen Symptomen, für die sich keine physische Ursache finden läßt. Daß ich jetzt schon fast 4 Monate lang Antidepressiva nehme. Hab ihr vom klassischen Vergleich mit dem gebrochenen Bein erzählt. Und so fort. Sie hörte sich das alles an (Oh Wunder, sie unterbrach mich tatsächlich nicht mal...!), dann überlegte sie kurz und meinte: "Hm, ist das dann sozusagen die Vorstufe zum Verrücktsein, oder?" Ich habe ihr angeboten, ihr mal entsprechende Literatur darüber herauszusuchen, was sie beinahe hastig ablehnte. "Nein, nein, das will ich nicht, damit will ich mich gar nicht weiter beschäftigen!!" Hört sich jetzt heftig an, nicht wahr? Aber ich bin trotzdem froh, daß ich es ihr gesagt habe. Daß sie mit Angst und Zurückzucken reagiert hat, überraschte mich nicht weiter. Daß sie nicht nachgefragt hat, warum und wieso ich unter Depressionen leide, ist mir auch klar - sonst müßte sie ja vielleicht mal drüber nachdenken, was sie möglicherweise dazu beigetragen hatte. Aber zumindest hat sie mir mal ZUGEHÖRT. Und ich gehe jede Wette ein, daß sie morgen in ihrem Sanatorium als erstes an den Bücherschrank gehen und das Stichwort "Depressionen" nachschlagen wird. Und so in ein paar Tagen wird sie so ganz nebenbei ihre Ärztekolleginnen fragen... Und wenn sie mich jetzt insgeheim dennoch als verrückt ansieht - tja, hat sie ja eigentlich schon immer, und vielleicht hilft es ja auch ihr, wenn sie den Namen des Kindes weiß. Liebe Grüße, Winnie
sewi
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Beitrag von sewi »

liebe cera, liebe nora. ich wollte niemanden mit meiner meinung verstimmen! es stimmt daß ich verbittert bin, aber ich denk mal, da bin ich nicht die einzige hier. dafür werde ich mich deshalb auch nicht entschuldigen. die menschen die mich normal behandeln sind die, mit denen ich zu tun hab. am arbeitsplatz kann ich etwas freundlichkeit, einen gruß und ein lächeln geben und bekommen, und hier wissen auch die engsten kolleg/innen, daß ich wegen depressionen in behandlung bin. meine familie (vater & brüder) hat ein ganzes jahr nichtmal mitgekriegt, daß mir was fehlt. wahrscheinlich haben sie höchstens gemerkt, daß ich immer weniger da bin. ich bin halt niemand, der ständig anruft, wenns ihm schlecht geht. und wenn ich es alle paar monate doch einmal gewagt habe, dann kommen (bevor ich überhaupt darüber gesprochen habe, was mich eigentlich bedrückt) per telefon oder mail ratschläge von wegen "mach doch was" "du bist selber schuld" "hättest du doch kontakt gehalten", wohlgemerkt. so ging das über jahre, am schlimmsten seit meine mutter vor 4 jahren gestorben ist. ich wollte mit meinem statement ausdrücken, daß "reden" nicht immer die beste lösung ist. daß ich daraus gelernt habe und es mittlerweile dringend vorziehe, gar nicht verstanden zu werden als falsch, weil für mich ersteres immer noch besser auszuhalten ist. gruß sewi
nora
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Beitrag von nora »

Hi Sewi, kann ich alles nachvollziehen. Finde es persönlich nur nicht sinnvoll, aus Verbitterung heraus Ratschläge zu geben. Das es vielen so geht, mag sein, entdecke dieses Gefühl zur Zeit in einem anderen Zusammenhang (Arbeit) aus gegebenem Anlaß leider auch bei mir. Aber für mich ist es ein Übergangsstadium. So oder so, Dein Statement ist angekommen, und Cera hat sich entschieden. Wichtig ist, jede Entscheidung ist erstmal richtig. Wenn wir anders könnten, würden wir es vielleicht auch anders machen. Es ist momentan so richtig, also gibts nix zu bereuen ;-) Für mich ist das Wort "hätte" wie ein Bleigewicht. Es zieht nur runter, ändert aber nichts an den Fakten. Herzlichst Nora
sewi
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Beitrag von sewi »

liebe nora, du hast natürlich recht, aus deiner situation heraus. ich weiß ja nicht an was für problemen ihr hier alle kiefelt, und es geht mich auch nichts an, ob ihr euch und was ihr mitteilen wollt. und wie ihr euch entscheidet und euer leben lebt. ich finde nur, solang der körper nicht betroffen ist, geht es einem noch verhältnismäßig gut. ist nur ein erfahrungswert. ich bin schon seit längerem der ansicht, daß ich in diesem forum fehl am platz bin. woanders hab ich leider auch noch niemanden gefunden dem es ähnlich geht wie mir. jedenfalls hab ich nie psyhologische betreuung gebraucht, bevor mich dieser pfuscher operiert hat. bitte um verständnis daß ich ab und zu trotzdem nicht ganz allein sein will. liebe grüße sewi
cera
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Beitrag von cera »

An Sewi: Es ist völlig O.K., dass du nicht allein sein willst und ich hab auch nichts dagegen, wenn du hier schreibst. Ich habe übrigens ein ähnliches Problem, wie du, nur dass man bei mir den Pfusch direkt sehen kann. Ist nämlich mitten im Gesicht.... Ich habe aber auch noch aus ganz anderen Gründen Depris. An alle: Mein Problem, ob ich was sage oder besser nicht hat Schicksal von alleine gelöst... Nachdem ich erst den Schock fürs Leben gekriegt habe, sehe ich es jetzt aber doch als erleichterung an, nicht mehr Versteck spielen zu müssen. Liebe Grüße, Cera
Christoph von der Heyden
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Beitrag von Christoph von der Heyden »

Hi Sewi, fehl am Platze ist hier niemand! Wir habe ja hier keine Eingangsprüfung mit Gesichtskontrolle. Bleib ruhig, auch wenn "Dein Krankheitsbild" nicht "passt". Liebe Grüsse Christoph Hi Cera, klingt gut was Du da sagst! Liebe Grüsse Christoph
sewi
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Beitrag von sewi »

liebe cera! es tut mir leid was dir passiert ist. gestatte mir eine frage: warum? unfall oder absicht? ich hab erst durch diese "erfahrung" gelernt, wie eng der körper mit der psyche zusammenhängt, und daß alles eins ist! natürlich bin ich im laufe der auf dieses "schicksal" folgenden psychotherapie draufgekommen, welche lasten ich (abgesehen davon) mein ganzes leben schon mit mir rumtrage. aber das ist das eine über das ich nicht hinwegkomme. ich bin natürlich froh, daß mein gesicht unversehrt ist, aber so hart es klingt: manchmal hätte ich "es" lieber an einem sichtbaren körperteil, denn dann müsste ich mich nicht gezwungen fühlen, lang herumzupalavern, wenn es für mich mal darum geht, etwas freude (!) zu haben. liebe grüße sewi
sewi
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Beitrag von sewi »

an christoph! ich war lange genug "ruhig". jetzt kämpfe ich. sewi
Christoph von der Heyden
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Beitrag von Christoph von der Heyden »

He sewi, bitte richtig verstehen, der ganze Satz sollte heissen: "Bleib ruhig noch im Forum, auch wenn "Dein Krankheitsbild" nicht "passt". Natürlich sollst Du auf keinen Fall RUHIG bleiben. Das meinte ich nicht. Es bezog sich auf den Satz, den Du oben geschrieben hast, das Du denkst, dass Du fehl am Platze im Forum bist. Also nicht ruhig bleiben, aber im Forum bleiben. Dir alles Gute! Gruß Christoph
cera
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Beitrag von cera »

Liebe Sewi! Ich habe von Geburt an eine Missbildung im Gesicht, die aber leider nicht ordentlich behandelt wurde. Es sieht mitlerweile fast "normal" aus, aber für mich ist es trotzdem nicht leicht, damit umzugehen. Habe schließlich schon mein ganzes Leben damit zu kämpfen und viele, viele Schmerzen ertragen. Ich könnte noch mal was daran machen lassen, aber ich kann jetzt einfach nicht mehr. Ich versuche, mich mit dem zu arrangieren, was ich jetzt habe. Liebe Grüße, Cera
cera
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Beitrag von cera »

lieber Christoph! Ja, es ist jetzt wirklich ganz gut!!! So langsam lichtet sich das Dunkel ein wenig: Die Medis wirken, mein Thera ist nett, ich muss meinen Eltern nichts mehr vorspielen, meine besten Freunde sind auch eingeweiht und ich fühle mich mit der Situation sehr erleichtert. Ich habe meinen Eltern nicht alles gesagt, aber sie wissen zumindest jetzt, dass ich Thera mache. Ich hoffe, dir geht es auch wieder besser!!! Ganz liebe Grüße, Cera
sewi
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Beitrag von sewi »

liebe cera! ich fühle mit dir. grade für frauen ist es besonders schlimm, mit so etwas fertig zu werden. schau dir nur mal die werbung an! hier siehst du genau, wie "frau auszusehen hat". ich weiß, daß ich als patientin alles richtig gemacht habe. ich war gestern bei meiner rechtsanwältin. ich habe es satt, mir immer wieder von männern sagen zu lassen, daß ich "eine kaputte frau" und "fertig mit dem leben" sei. ich bewundere dich dafür, daß du über dies alles sprechen kannst! ich konnte es lange zeit nicht. viele liebe grüße sewi
sewi
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Beitrag von sewi »

lieber christoph! danke für dein verständnis. liebe grüße sewi
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