Hoffnung

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lightning

Hoffnung

Beitrag von lightning »

Ein lieber Gruss an alle !

Gibt es Menschen hier , die jahrelange depressive Episoden hinter sich haben und die sich jetzt als mehr oder weniger geheilt betrachten würden ?

Diese Art von Erfahrungsberichten könnten das Forum wirklich bereichern .

Wenn jemand , der schwer depressiv ist in dieses Forum kommt und all die Leidensgeschichten liest und nichts positives zum Ausgleich - wird die Hoffnungslosigkeit dadurch nicht noch schlimmer ?

Ich bin sehr bestrebt anderen zu helfen und von meinen Erfahrungen profitieren zu lassen.

Könnte man nicht ein positives Unterforum eröffnen wo nur über Erfolge berichtet werden darf ?

Ich bin sehr gespannt auf Eure Hoffnungsgeschichten !
Annettegehring
Beiträge: 293
Registriert: 29. Nov 2010, 07:53

Re: Hoffnung

Beitrag von Annettegehring »

zurück und an alle,

als "geheilt" würde ich mich noch nicht betrachten, vielleicht sogar noch lange nicht, aber auf einem guten Weg dorthin.

Ich habe jetzt schon länger nichts mehr in "meinem" (= von mir eröffneten)
CBASP-Thread geschrieben, aber es tut sich eine Menge, dies quasi als "Querverweis" wie es gehen kann, dass es einem besser geht.

Sehr wichtig finde ich auch, dass die "alten Wunden" dennoch ihren Platz haben, sprich ihre Anerkennung finden, keiner kann das, was ich erlabt habe "löschen" ...
... und dass ich in meinem eigenen Tempo gehen kann, in meinem eigenen Rhythmus in der Therapie "arbeiten" kann,

dann ist da noch eine Portion Glück dabei, dass die Chemie zwischen meiner Therapeutin und mir so sehr stimmt, aber vielleicht ist auch das nicht nur Glück, sondern das was wir auch von einem "fitten" Therapeuten erwarten dürfen.

Was sich auch noch tut:
ich schreibe Kurzgeschichten, da "dümpeln" einige schon lange auf meiner Festplatte vor sich hin, vor zwei Wochen habe ich dann die erste komplett fertiggestellt und eine weitere ist so gut wie fertig.
Den wenigen die sie gelesen haben zufolge, schlummert da ein echtes Talent, und sie können sie sich durchaus gedruckt in einem Buch vorstellen.

Einen ganz liebvollen "lover" gibt es, der mir aber sehr viel Raum und Luft zum Atmen gibt, das tut natürlich auch gut und es ist Früüüüühling!!!!!!!
Letztes Jahr konnte ich den gar nicht genießen, ich war so zugedröhnt von den Medikamenten, dass ich dachte ich sei in den Wechseljahren.

Seid ganz lieb zu euch selber, findet den richtigen Therapeuten, hört auf eure Intuition und macht was ihr wollt!
Letzendlich kann ich nur für mich sprechen.
Ganz lieben Gruß
Annette
Ginny
Beiträge: 106
Registriert: 23. Jan 2011, 12:00

Re: Hoffnung

Beitrag von Ginny »

Hallo Lightning, und alle anderen,

das ist eine sehr schöne Idee!

Nur: Man kann nicht in die Zukunft sehen. Ich bin mit 9 Jahren krank geworden. Nach jahrelanger Therapie ging es mir mit 17 Jahren richtig gut. Ich fühlte mich - und war vielleicht auch - geheilt. Aber als ich dann mit 22 den Job wechseln musste und ich Probleme hatte im neuen Job, rissen alte Wunden wieder auf, es ging mir beschissen. Bald darauf verlor ich den Job wieder, und zwei Jahre später starb meine Mutter. Da hatte mich die Depression wieder voll eingeholt. Das war 2005.

Zurzeit geht es mir allerdings den Umständen entsprechend gut, mit Medikamenten und Therapie komme ich so über die Runden, dass ich berufstätig sein kann und nicht in eine Klinik muss.

Ich persönlich befürchte, Depressionen sind meistens unheilbar. Aber wenn es jemanden gibt, der sie tatsächlich langfristig losgeworden ist, das würde ich auch soooo gern lesen: A n a l l e E x - D e p r i s : B i t t e e r z ä h l e u n s d e i n e G e s c h i c h t e !

Grüße

Ginny
paco
Beiträge: 310
Registriert: 19. Jan 2011, 11:06

Re: Hoffnung

Beitrag von paco »

>Ich persönlich befürchte, Depressionen sind meistens unheilbar.
Hi Ginny + die anderen,

ich hab ja die hoffung, dass, wenn nicht heilbar, die depris zumindest beherrschbar sind. daraus schöpf ich hoffnung.

es gibt m.e. aber nicht DIE depri. jede/r hat ihre/seine eigene. eigene lebensgeschichte, eigene psychische ist-soll-diskrepanz, eigenes umfeld ...

was mich betrifft, halte ich mich als depri-fall nicht für besonders schwer. meine nicht so starke depri war aber stark genug, mich zu saudummen entscheidungen zu bewegen (ich hatte damals nicht den leisesten hauch einer ahnung von meiner depri; bzw dass die schwierigkeiten, die ich hatte, meine depri sind). die entscheidungen haben meine eigentlich komfortable lebenssituation verschlechtert und dies wiederum hat meine depris verstärkt. und aus diesem teufelskreis auszubrechen tu ich mich jetzt schwer. aber es ist noch nicht aller tage abend.

mittlerweile kenne ich den ausweg aus meinem dilemma. darin stimmt mir meine therapeutin zu. aber in der umsetzung bin ich vom arbeitsmarkt abhängig. und da kann man ja nicht einfach kommen und sagen was man braucht, sondern ich darf von meiner depri nichts erzählen oder merken lassen und muss mich um eine geeignete stelle bemühen.

also, ich hoffe, ein leben mit gezähmter depri ist für mich möglich. ob man das dann als heilung bezeichnet, ist eine akademische frage. ob das jetzt schon eine erfolgsgeschichte im sinne von lightning ist??

lg + schöne ostertage

paco
e621
Beiträge: 260
Registriert: 5. Nov 2009, 17:19

Re: Hoffnung

Beitrag von e621 »

Hallo zusammen, ich halte es für eine gute Idee.

Da ich selber gern höre, dass es einem von uns besser geht und dann auch langfristig. Das zeigt doch das es möglich ist, zumindest als gebessert zu gelten. Ein dicke Narbe wird sicherlich bleiben.

Gruß Honk
Emily
Beiträge: 1217
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: Hoffnung

Beitrag von Emily »

Hallo lightning, hallo alle,

euch allen wünsche ich ein schönes Osterfest.

>>> Gibt es Menschen hier , die jahrelange depressive Episoden hinter sich haben und die sich jetzt als mehr oder weniger geheilt betrachten würden?

Ja. Die gibt es.
Ich war ca. 8 Jahre lang schwerst betroffen, betrachte mich seit ca. 2002 als geheilt, obwohl es jahrelang nicht mal nach einer auch nur geringfügigen Besserung, geschweige denn nach einer deutlichen Besserung oder gar Heilung ausgesehen hat.

>>> Eine dicke Narbe wird sicherlich bleiben.

Du sagst es, Honk. Genauso ist es. Die Narbe ist in der Tat dick, sehr dick sogar. Manchmal schmerzt sie noch, sogar noch nach fast 10 Jahren. Das ist aber auch ein Glück, denn sie sagt einem immer wieder in schwierigen Situationen, die ja auch nach einer solchen Erkrankungen häufiger auftreten können: Gib acht. Pass auf. Mache die gleichen Fehler nicht noch einmal. Reagiere viel früher und entschlossener. Diese Narbe tritt einem also buchstäblich immer wieder ans Bein. Muss wohl auch so sein...

Meine eigenen Grenzen sind heute sehr viel enger gezogen, meine Kraft ist schneller aufgebraucht, die Belastbarkeit ist viel geringer als früher. Das muss ich akzeptieren, es hat jedoch nicht nur mit der damaligen schweren Krankheit, sondern auch mit meinem zunehmenden Alter zu tun.

>>> ... keiner kann das, was ich erlebt habe "löschen" ...

Auch diesen Satz von dir, Sangmo, kann ich genauso unterschreiben. Allerdings empfinde ich auch diese Erfahrung heute als einen klaren Vorteil, denn die betreffenden Erlebnisse stehen mir in Stresssitutationen meines heutigen Lebens immer wieder vor Augen. Mir steht dann auch wieder vor Augen, was ich damals alles falsch gemacht habe, und wie ich überhaupt in die Depression hineingerutscht bin.
Bitte nicht falsch verstehen: Damit will ich keineswegs sagen, dass jeder, der an einer D. leidet, dazu irgendwie beigetragen oder Dinge falsch gemacht hat. Ich will nur sagen, dass ICH damals vieles falsch gemacht habe, u.a., dass ich z.B. letztlich zu lasch und unentschlossen auf die beginnenden Anzeichen reagiert habe.

Ich glaube, das würde mir heute nicht so schnell wieder passieren, dafür war die Erfahrung mit der Krankheit zu nachhaltig (--> siehe Honks Aussage).

Eine Garantie auf ein weiterhin depressionsfreies Leben kann es natürlich nicht geben, aber die Achtsamkeit für sich selbst steigt und erfüllt eine wichtige Schutzfunktion.

>>> Wenn jemand , der schwer depressiv ist in dieses Forum kommt und all die Leidensgeschichten liest und nichts positives zum Ausgleich - wird die Hoffnungslosigkeit dadurch nicht noch schlimmer?

Ja und nein, lightning. Ich habe es in meiner aktiven Forenzeit oft erlebt, dass akut Betroffene dankbar sind für mutmachende Beiträge und positive Erfahrungen anderer. Ich habe es aber auch erlebt, dass akut Betroffene sehr verletzt waren von der Aussage: "Es wird wieder besser." Denn sie haben diesen Satz quasi als Vorwurf an sich persönlich aufgefasst und glaubten, man wolle ihnen unterschwellig suggerieren, dass sie sich selbst nicht genug um eine schnellere, deutlichere Besserung ihrer eigenen Problematik kümmerten.
Ich selbst habe in solchen Berichten von Besserung oder Heilung keine Vorwürfe an akut Leidende erkennen können, aber wer schwer depressiv ist, bezieht halt vieles ganz intensiv auf sich selbst, sieht hinter allem einen Vorwurf oder eine Anklage.

Ich habe es auch erlebt, dass User mit langjährigen Depressionen aggressiv reagiert haben, wenn gesagt wurde, dass Depressionen heilbar sind. Vielleicht kann man es so sagen: Depressionen sind vielleicht nicht generell heilbar. Sie sind aber auch nicht generell unheilbar.
Es ist oft gesagt worden: Jede Depression ist anders, hat andere Ursachen. Es ist auch jeder Weg aus der Depression anders.
Meine Erfahrung war, dass ich viele, viele schwierige, sehr schmerzhafte, teilweise qualvolle Umwege gehen musste, bevor ich den einen Weg gefunden habe, der mich herausgeführt hat (erfolgreiche Therapie). Hätte ich aber die Umwege nicht machen müssen, wäre diese Krankheitserfahrung keine so intensive gewesen. Somit wäre ich dafür heute vielleicht angreifbarer, als ich es nun tatsächlich bin. Who knows???

Heute sehe ich es so: Depression ist wie Beton. Es kommt immer darauf an, was man daraus lernt...

Für mich war die Krankheit ein Einschnitt in meinem Leben, wie er drastischer nicht hätte sein können. Es war eine schreckliche Zeit. Punkt. Aber: Heute aber würde ich diese Erfahrung nicht mehr missen wollen.

Liebe Grüße,
Emily
e621
Beiträge: 260
Registriert: 5. Nov 2009, 17:19

Re: Hoffnung

Beitrag von e621 »

Vielen Dank Emily,

genau sowas höre ich furchtbar gern.
Gerade das du nach schwerster Zeit, endlich Besserung gefunden hast.

Gerade nach schwerem Verlauf und ohne Hoffnung oder Glaube an Besserung, oder zumindest an Stabilität.

Gruß
Honk
FSKF
Beiträge: 87
Registriert: 14. Feb 2011, 15:16

Re: Hoffnung

Beitrag von FSKF »

Hi,

geheilt bin ich noch lange nicht, aber derzeit in einem so guten Zustand, an den ich jahrelang gar nicht mehr glauben konnte. Ich kann mich an kein Leben ohne Depression und Ängst erinnern. Beim Therapieerstgespräch wird man gerne gefragt "Wie war es denn vor der Krankheit?" Bei mir gab es kein davor und ich habe ganz schlimme Phasen durchlebt, möchte meinen, ganz unten gewesen zu sein und konnte mir damals nicht vorstellen, dies zu überleben.
Aber seit mehreren Monaten geht es mir so gut, wie noch nie zuvor in meinem Leben. Das ist doch schon mal was. Meine Therapeutin ist sehr kompetent und ich habe viel positives durch die Therapie gelernt und erreicht und bekomme auch von meiner Umwelt gefeedbackt, wie positiv ich mich verändert habe. Also: Auch als Erwachsener ist man noch lern- und veränderungsfähig. Außerdem habe ich endlich ein Antidepressivum gefunden, das anschlägt, nachdem ich mehrere ohne Erfolg ausprobiert hatte.
Vor zwei Tagen ist etwas negatives passiert, ich habe ein Ziel nicht erreicht, es war frustrierend und enttäuschend, aber ich bin in keine Krise gerutscht. Früher kamen Krisen auch ohne negatives Erleben, heute passiert etwas negatives, aber keine Krise kommt. Ich bin fasziniert und sehe in dem negativen sogar etwas positives, nämlich zu lernen, etwas zu regeln und nicht den Kopf unter die Decke zu stecken und mich unsichtbar zu machen.

Schöne Ostertage!
Abendstern
Ginny
Beiträge: 106
Registriert: 23. Jan 2011, 12:00

Re: Hoffnung

Beitrag von Ginny »

Hallo Emily, und alle anderen,

auch von mir noch mal ein Danke! Du schreibst, du würdest heute diese Erfahrung nicht mehr missen wollen. Das klingt ja, als hätte die Depression auch etwas Positives, oder zumindest "Reinigendes" ... magst du das näher erläutern?

Ich finde diese Krankheit einfach nur Sch..., kann dem überhaupt nix Positives abgewinnen.

Viele Grüße Ginny
Caroline1
Beiträge: 831
Registriert: 19. Mär 2003, 16:48

Re: Hoffnung

Beitrag von Caroline1 »

liebe emily,

an dieser stelle: ganz ganz liebe grüße an dich!!

und dein posting würde ich sofort mit unterschreiben, es könnte sogar von mir stammen

alles liebe von

caroline
rope
Beiträge: 34
Registriert: 16. Apr 2011, 15:32

Re: Hoffnung

Beitrag von rope »

Hallo Lightning

> Wenn jemand , der schwer depressiv ist in dieses Forum kommt und all die Leidensgeschichten liest und nichts positives zum Ausgleich - wird die Hoffnungslosigkeit dadurch nicht noch schlimmer ?

Ich muss auch sagen: Ja und Nein.

Zum einen (ich bin relativ neu hier und auch die Depression in so schwerer Form wie im Moment ist neu für mich) also zum einen: Es hilft auch von den schlimmen Geschichten der anderen zu lesen, weil ich mich dann nicht alleine Fühle.

Zum anderen: Klar macht es auch Mut zu lesen, daß es andren wieder besser geht, daß sie es tatsächlich losgeworden sind.

Schau mal, früher fand ich Sonnenschein gut und Vogelgezwitscher am Morgen. Heut empfinde ich nichts dabei, im Gegenteil, das Vogelgezwitscher ist mir zu laut, zeugt zu sehr von einem Leben an dem ich nicht teilhabe.

LG
Emily
Beiträge: 1217
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: Hoffnung

Beitrag von Emily »

Hallo alle,

@ Caroline:
Danke für deine lieben Grüße. Und dass das Posting auch von dir stammen könnte, muss an der Seelenverwandtschaft liegen.
Liebe Grüße auch zurück an dich und natürlich an alle meine anderen "alten" Weggefährten.
Emily

Edit: Rest gelöscht
Ginny
Beiträge: 106
Registriert: 23. Jan 2011, 12:00

Re: Hoffnung

Beitrag von Ginny »

Hi,

@Emily,

Oh, du hast ja Einiges gelöscht! Und gerade wollte ich mich noch dafür bedanken ... dein Kommentar hat mich zum Nachdenken angeregt und ich hatte auch gestern mit meinem Therapeuten darüber gesprochen: Das war eine gute, produktive Stunde!

Aber trotzdem: Danke. Und ich wünsch dir, dass es dir weiterhin so gut geht -

Liebe Grüße Ginny
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