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Vom Müssen zum Wollen

Verfasst: 19. Apr 2011, 21:44
von Stfn
Liebe Forenmitglieder,

ich habe noch nicht so viele Beiträge hier geschrieben. Aber heute beschäftigt mich wieder eine Sache, die wie ich denke sehr starken Einfluss auf meine depressiven Zustände hat.

Und zwar ist das etwas, was Giger-Bütler als das Müssen beschreibt. Das ständige Gefühl man muss seine Pflicht erfüllen, den Anforderungen anderer gerecht werden und sogar die Dinge müssen, die man eigentlich von sich aus will. Holger Reiners beschreibt das als Alter-Ego. Ich bin schon so weit, dass ich dieses Müssen bewußt im Kopf wahrnehmen kann, aber leider fühle ich mich immernoch ziemlich machtlos dagegen. Ich habe gemerkt, dass vor allem ein Bewußtmachen des "Wollens", also was man selbst von sich aus möchte und was einem nicht aufgezwungen wird gegen dieses Müssen hilft. Ganz wichtig ist dabei glaube ich das Gefühl in der Herz- und Bauchregion, das man bei einer Sache entwickelt, egal ob gut oder schlecht.

Nun meine Frage. Hat jemand ähnliche Erfahrungen mit diesem Gegensatz aus Müssen und Wollen gemacht? Soweit ich weiß ist das ja ziemlich typisch für Depression. Und dann die wichtigere Frage: Habt ihr noch Tipps, Ratschläge, Buchempfehlungen, Übungen, etc. die bei der Bewusstmachung dessen was man selbst will und der Bekämpfung dieses Müssens hilfreich sein können?

Ich hoffe ich habe mich einigermaßen verständlich ausgedrückt

Liebe Grüße
Stfn

Re: Vom Müssen zum Wollen

Verfasst: 19. Apr 2011, 21:54
von otterchen
Hallo Stfn (oh, das spricht man vielleicht am besten aus, wenn man etwas Alkohol intus hat? ),

ich habe damit gute Erfahrungen gemacht. Es fiel mir zunächst beim Schreiben auf ("ich muss noch dies, ich muss noch jenes"), und meine Therapeutin griff das auf.
Zunächst einmal habe ich beim Schreiben jedes "muss" durch ein "will" ersetzt, bis ich wirklich empfinden konnte, dass ich das, was ich mir da vorgenommen hatte, auch wirklich tun WOLLTE.

Danach brauchte es seine Zeit, bis ich es auch beim Aussprechen und Denken ersetzen konnte.

Das Ganze war eine lang dauernde Phase (ich spreche hier von Jahren), da bei mir der eigentliche Wille recht schwach ausgeprägt ist (frühkindlich / elterliche Gründe).
Es dauerte einige Zeit, bis ich meinen wirklichen Willen finden konnte - das hatte auch damit zu tun, dass ich mir meiner Werte, Wünsche, Vorstellungen, Träume usw. bewusst wurde und zu ihnen stand.
Was ich dadurch gelernt habe, war, dass mir das WIE fast schon wichtiger ist als das WAS. Aber das nur am Rande...

Bücher habe ich - soweit ich mich erinnere - keine zu diesem Thema gelesen; allerdings habe ich zig Sachbücher durchstöbert, und gewiss ist mir an der einen oder anderen Stelle etwas Sinnvolles zu diesem Thema ins Auge gefallen, was dann auch eine schöne Ergänzung zu diesem Prozess war.

Achtsamkeit, Innehalten und Bedächtigkeit helfen sicher dabei, dies umzusetzen.
Rückblickend muss ich sagen (und dies fällt mir gerade erst auf), dass dies nicht "mal eben so" umgesetzt werden konnte, sondern dass viele andere Aspekte mit hineinspielten. Aber die haben sich einfach mit der Zeit ergeben, und es war, als hätte ich mit dem Streichen des Wortes "muss", um es durch das Wort "will" zu ersetzen, meinen ersten Schritt gemacht, diesen Weg für mich zu gehen. Der Rest ergab sich dann - ich bin allerdings auch immer am Ball geblieben.


Re: Vom Müssen zum Wollen

Verfasst: 19. Apr 2011, 22:58
von jonesy
Hallo Stfn,
da bist du immerhin schon einen Schritt weiter wie ich.
Damit beschäftige ich mich auch gerade sehr intensiv, kann aber oft nicht wirklich differenzieren, kommt das wirklich von mir, oder ist das antrainiert. Wie findet man das heraus?
Otterchen, ich beneide dich glühend und wenn du von Jahren der Entwicklung schreibst, kriege ich Schweißausbrüche.
LG v. Pauline

Re: Vom Müssen zum Wollen

Verfasst: 19. Apr 2011, 23:09
von Minja
Jetzt, wo ich Deinen Beitrag hier lese, ist mir das sofort klar geworden, was auch mein Problem ist!!! Danke dafür!

Mir kam so eine Ahnung aber schon in den letzten Wochen in den Sinn - ich konnte es nur nicht richtig definieren, einordnen.

Z. B. habe ich mir immer gesagt, dass ich bestimmte Hausarbeiten tun "müsse". Jetzt, hab ich mal angefangen, nur das im Haushalt zu tun, was ich gern möchte und siehe da, es gibt ne Menge, die ich sogar gern mache. Echt erstaunlich!

Werde den Thread gespannt weiterverfolgen.

Re: Vom Müssen zum Wollen

Verfasst: 19. Apr 2011, 23:50
von ghm
Hallo Stfn,

Versuche / Antworten auf die Frage nach Müssen / Wollen findest Du in jedem (einigermassen sinnvollen) Buch über Selbstmotivation.

Für mich spannender waren Antworten auf die Frage "Warum muss ich?", wie funktioniert der innere Ablauf, das ich "muss".
Das ich das Gefühl habe keine Wahl zu haben.

Meine Antworten habe ich im Buch "Aussöhnung mit dem inneren Kind" von Erika J. Chopich und Margaret Paul gefunden.

(Meine Allzweckwaffe für mein Leben im Erleben, statt im Erleiden)

Ich hatte es mir über eBay besorgt

Re: Vom Müssen zum Wollen

Verfasst: 20. Apr 2011, 07:34
von otterchen
Hallo Pauline,

hm, ich sehe es... wie ein Hobby? wie meinen Lebensweg?
Ich arbeite an mir, ich entwickle meine Persönlichkeit - DAS ist "mein Ding".
Ich will das "nicht mal eben so" loswerden, sondern alles rund um Psyche, Leben, Persönlichkeit etc. fasziniert mich sowieso, deshalb habe ich wohl eine entsprechende Einstellung zu diesem Thema und kann ihm auch die Zeit geben, ohne ungeduldig zu werden (naja, bei manchen Sachen bin ich es schon )

Aber wenn ich zurückschaue: ich habe soooo viele Jahre "verkehrt" gelebt, gedacht, die Welt gesehen - und da soll ich jetzt in einem Zeitraum X alles auf einmal anders machen?

Ich gebe mir die Zeit - und ich habe gelernt, dass ich für manche Dinge, die mein Kopf schnell kapiert hatte, doch sehr viel länger brauchte, bis sie tief in mein Bewusstsein eingedrungen sind. Ich bin langsam in sowas - ok, das bin ich, das ist MEIN Tempo.

Ich habe mein Befinden zu meinem Interesse (ja, fast schon Hobby) gemacht - und damit fahre ich eigentlich sehr gut. Es entwickelt sich immer weiter, und jetzt, nach über 4 Jahren (Anfang der 1. Therapie zu Beginn 2007) sieht meine Therapeutin tolle Fortschritte (habe gerade meine 2. Therapie begonnen).

Wieviel Zeit sind wir es uns wert, sie in uns selbst zu investieren?
Dieser Zeitfaktor sollte nicht zurückschrecken lassen, den 1. Schritt zu tun - es kann sehr interessant und lebendig werden, und sich selbst beim Wachsen zu erleben ist ein wunderbares Gefühl...
ich gehe nicht nur auf ein Ziel zu, sondern ich nehme auch bewusst den Weg wahr. Und das wichtigste ist auf einmal nicht mehr nur das Ziel, sondern dass man GEHT, dass man sich fortbewegt, und dann passiert es, dass man auch den langen Weg nicht mehr nur als Belastung und anstrengende Strecke voller Bemühungen empfinden kann.


Re: Vom Müssen zum Wollen

Verfasst: 20. Apr 2011, 13:46
von Anita
Hallo Stfn,
Dein Beitrag hat mich sehr berührt. Auch ich habe lange gebraucht (und arbeite immer noch an mir), um herauszufiltern, was ich jetzt möchte, will oder was ich "müssen soll".
Das von Gregor erwähnte Buch "Aussöhnung mit dem inneren Kind" hat auch mir dabei sehr geholfen.
Wenn Du noch eine Buchempfehlung magst - Alice Miller: "Am Anfang war Erziehung" - war für mich auch sehr wertvoll, um herauszufinden, wie stark oft die Erziehung entscheidet, was ich heute will oder muss.
LG
Anita

Re: Vom Müssen zum Wollen

Verfasst: 20. Apr 2011, 16:13
von PerryRhodan
Stfn,

du fragst:
"... heute beschäftigt mich wieder eine Sache, die wie ich denke sehr starken Einfluss auf meine depressiven Zustände hat."

Otterchen, Gregor haben auch schon darauf geantwortet: Ich muss es verstehen, das ich die Wahl habe.

Honk hat dazu eine passende Frage gestellt: "Warum - ...passiert das oder warum verhalte ich mich so?"

Unter anderem dehalb, weil wir mehr Zweifeln als andere:
http://www.diskussionsforum-depression. ... 1303301447

Giger-Bütler hat dazu drei Bücher geschrieben Welches hast du davon?

Gruss,
PR

Re: Vom Müssen zum Wollen

Verfasst: 21. Apr 2011, 14:37
von 2304.1900
Hallo Stfn ,

das Müssen kommt von aussen ,das Wollen von Innen.

Die meisten Menschen nutzen diese unterscheidungen jedoch Falsch ,indem sie diese nur zur Kennzeichnung von

Negativen Handeln -ich muss zur Arbeit
Posetiven Handeln -ich will zur Arbeit
nutzen.

einer der kleinen Tricks ist es beide gegenüberzustellen und nach dem Warum zu Fragen.

ich muss zur Arbeit-

weil ich Geld Verdienen muss
sonst keine Sozialen Kontakte habe
mich langweile
mich selbst aufgebe
usw.


ich will zur Arbeit

nicht von der Welt abgeschnitten zu sein
Anerkennung zu bekommen
eine Aufgabe ausserhalb der Famiele/Beziehung zu haben
den Tagen Strucktur zu geben
usw.

ich will und muss ,sind bildlich gesprochen Container in die das Ordnungsliebende Unterbewusstsein ,Inhalte einsortiert und Lagert.Nimmt der Lagerarbeiter (das Bewusstsein) einen Inhalt wieder aus den Container und Bewertet ihn Neu (gegenüberstellung) ,geht der Inhalt mit einem neuen Maker (Versandpapiere) an das Unterbewusstsein (Zentrallager) wird gegengeprüft und neu einsortiert und gelagert.


ein anderer Trick ,ist es den Container neu zu Streichen und zu Beschriften.
ich muss- durch andere Wörter und Begriffe Ergänzen oder zu überlagern.

sollte ,könnte ,würde ...

aber Langfristig das Beste ist es wohl ,
zu Lernen sich Selbst besser Wahrnehmen und Beachten zu können.

viele Grüße ,
Stefan

Re: Vom Müssen zum Wollen

Verfasst: 21. Apr 2011, 15:01
von jonojo

Re: Vom Müssen zum Wollen

Verfasst: 21. Apr 2011, 17:16
von Stfn
Hallo Pauline,

ich habe die Erfahrung gemacht, dass ich das was ich selbst aus meinem Innersten heraus will, am Besten wahrnehmen kann, wenn ich mich nicht unter Druck gesetzt fühle. Das heißt eigentlich, sich zu erlauben auf sein Herz zu hören und es wahrzunehmen, egal wie widersinnig die Gefühle sind, die ich dabei empfinde. Dabei haben mir Übungen sehr geholfen, die ich bei einer Heilpraktikerin gelernt habe. Diese dienen dazu, sein inneres Wesen und seine Wünsche, Gefühle zu beobachten, ohne diese mit dem Kopf zu bewerten.

Liebe Grüße
Stfn

Re: Vom Müssen zum Wollen

Verfasst: 21. Apr 2011, 17:30
von Stfn
Hallo an Alle,

@Gregor:
deinen Literaturhinweis "Aussöhnung mit dem inneren Kind" werde ich mir mal unter die Lupe nehmen. Danke dafür.

@Anita:
Danke auch für deinen Literaturhinweis.

@Perry Rhodan:
Das Buch von Giger-Bütler, was ich derzeit lese ist: Endlich frei. Ich finde es sehr gut geschrieben. Es ist zwar nicht immer so sachlich gehalten, wie ich es gewohnt bin, aber er bringt darin doch alles ziemlich genau auf den Punkt. Fand ich sehr hilfreich.

Beste Grüße
Stfn

Re: Vom Müssen zum Wollen

Verfasst: 21. Apr 2011, 23:17
von jonesy
Hallo otterchen,
mir ist es seltsam, mich so sehr mit mir zu befassen. Es ist ein ganz altes Muster, mir nicht zu erlauben, zu sein. Daran arbeite ich gerade in der Therapie.
Vom Verstand erfasse ich das Problem, aber in meinem Gefühl kommt es nicht an.

Hallo stfn,

dieses Beobachten ohne zu bewerten, finde ich extrem schwierig. Heute beim Busfahren ist es mir wieder aufgefallen, wie schnell man eine Meinung hat und bewertet.
3-2-1 Meinung
Bei mir selbst kann ich das kaum auseinander halten. Ist das jetzt was, was wirklich von mir kommt, oder sind das meine Lernerfahrungen.
Wie unterscheidest du das?

LG v. Pauline

Re: Vom Müssen zum Wollen

Verfasst: 22. Apr 2011, 08:17
von otterchen
Liebe Pauline,

dann fang doch langsam, ganz langsam damit an. Und wenn Du eine Rechtfertigung für Dich selbst brauchst: erst, wer sich selbst gut kennt, kann auch wirklich für andere dasein und sie wahrnehmen.


Ich für meinen Teil finde es spannend, mich selbst kennenzulernen.
Und bei Dir kommt anscheinend außer dem "müssen" und "wollen" noch das "darf nicht" hinzu. Doch, Du darfst!!

Re: Vom Müssen zum Wollen

Verfasst: 22. Apr 2011, 12:08
von Stfn
Liebe Pauline,

Du hast geschrieben:
>Bei mir selbst kann ich das kaum auseinander halten. Ist das jetzt was, was wirklich von mir kommt, oder sind das meine Lernerfahrungen. Wie unterscheidest du das?

Mir selbst geht es leider auch noch oft so, dass ich das was von mir kommt und das was ich erlernt habe kaum auseinanderhalten kann. Wie ich schon geschrieben habe, geht das oft nur wenn ich ausreichend Ruhe habe und mir erlaube, bei mir zu sein.
Vielleicht kannst du das ja mal zum Thema bei deinem Therapeuten machen. Ich habe das ganz klar als Zielvorgabe für die jetzt kommende Therapie definiert und mein Therapeut fand das auch ziemlich gut, dass ich dort so klare Vorstellungen habe.
Ansonsten kann ich mich nur otterchen anschließen. Es braucht seine Zeit und am Besten ist es wirklich mit kleinen Schritten anzufangen. Ich habe immer germerkt, dass es mir z.B. gut tun kann, wenn ich mir abends was Leckeres zu essen mache und mir damit aktiv den Tag schöner mache. Dabei hatte ich auch manchmal das Gefühl, dass ich das jetzt muss. Aber das Wollen ist auch da und oft habe ich es dann auch gefunden.

lg und frohe Ostern
Stefan

Re: Vom Müssen zum Wollen

Verfasst: 22. Apr 2011, 14:09
von otterchen
Hallo!

Ja, man lernt dabei auch, dass man die WAHL hat, dass es MÖGLICHKEITEN gibt.

Beispiel: ich muss zur Arbeit.
Aber ich habe eine Wahl: ich kann auch zu Hause bleiben.
Und dann kommt es darauf an, welches von beiden ich wähle: das Fernbleiben von der Arbeit, drohende Konsequenzen, womöglich Arbeitslosigkeit usw.
oder aber dass ich merke, dass ich eigentlich doch zur Arbeit will, und wenn das nur das Mittel zum Zweck ist, um meinen Lebensstandard halten zu können.

Sobald ich meine Möglichkeiten sehe, kann ich mich bewusster für oder gegen etwas entscheiden, und ich komme meinem Wollen besser auf die Spur.
Dieses Entdecken der eigenen Möglichkeiten ist - wie ich finde - auch ein wichtiger Schritt aus der Depression, da wir oft den Eindruck haben, wir hätten keine.
Und wenn es nur eine Möglichkeit gibt und keine Alternative, dann können wir immer noch wählen, WIE wir diesen Weg gehen...

Re: Vom Müssen zum Wollen

Verfasst: 23. Apr 2011, 13:04
von Antiope
Tolles Thema ...

Müssen und Wollen, auch das beschäftigt mich. Von R. Sprengler gibt es das Buch "Die Entscheidung liegt bei Dir!". Anfänglich habe ich mich dermaßen darüber aufgeregt, weil ich vieles als von außen kommend betrachtete, weil ich ja vieles machen "mußte", obwohl ich nicht wollte, mich nicht dazu imstande fühlte, mich nicht traute, lieber jemand anderem die Verantwortung zugeschoben hätte ...
Aber schließlich stimmt es schon: ich habe *immer* die Wahl. Und damit muß ich mich nicht bestrafen, wenn ich etwas tue, muss ich nicht dagegen arbeiten. Und wenn es die äußeren Umstände sind - gehen würde es *stets* anders: davon laufen, woanders leben, alles hinschmeißen. Ich tue es nicht, weil die Konsequenzen zu hoch sind, zuviel von mir verlangen würde, mein idealistisches Selbstbild von mir, der Menschheit oder was auch immer zerstören würde, oder was auch immer ...

In diesem Moment erhalte ich die Aktion wieder zurück, bin Handelnder. Kann meine Bedingungen stellen. Brauche mich nicht ständig zu fragen, ob es anders nicht "richtiger" wäre.

Es gibt nämlich kein absolut Richtiges. Sondern nur das, was in diesem Moment als das Passende war. Die beste der Alternativen. Ich muß mich nicht mehr quälen ...

Und wenn ich nichts tue, dann ist das auch eine Entscheidung von mir.


--- womit ich noch Schwierigkeiten habe, ist:
mein Bauchgefühl. Das kann ich oft nicht feststellen, wohin der will ...

Re: Vom Müssen zum Wollen

Verfasst: 23. Apr 2011, 15:01
von Salvatore
Hallo!
Ich fand das Buch gut: "Lebe statt zu funktionieren - So nutzen Sie die Kraft der Intuition".
Ich steh sonst nicht so auf Lebenshilfe-Bücher, aber dieses ist wirklich in Ordnung.

Ansonsten kann ich auch noch mit Zitaten dienen, z.B. von Karl Valentin:
"Mögen hätt ich schon wollen, aber dürfen hab ich mich nicht getraut."

Oder auch Leonardo da Vinci:

"Wer nicht kann, was er will, muss dass wollen, was er kann. Denn das zu wollen, was er nicht kann, wäre töricht."

Frohe Ostern allerseits!

Salvatore

Re: Vom Müssen zum Wollen

Verfasst: 23. Apr 2011, 16:25
von Schwert10
Sollte ich oder muß ich wollen oder was?
Manchmal - leider zu selten, benutze ich einen Trick, um herauszufinden, ob etwas mein Wille ist oder nicht. Jedes "Ich muß /sollte mal/könnte" verwandle ich in ein "Ich will". Und dann horche ich einfach in mich hinein. Wenn da ein noch so winziges "NÖ" auftaucht, bin ich schon mal einen Schritt weiter: Ich muß also. Danach frage ich mich : Warum eigentlich? Sollte da so was rauskommen wie: weil man das eben so macht - wird mir klar, daß ich auf anerzogene Werte gestoßen. Und die kann ich hinterfragen, annehmen ,ablehnen oder meinen Bedürfnissen anpassen.
Es gibt immer noch vieles, was ich tue obwohl ich es nicht will,aber meine nicht lassen zu können. Aber ich fühle mich trotzdem sehr viel besser dabei, weil ich die Entscheidung getroffen habe, es zu tun.
Klar, es nervt dann trotzdem, aber ich kann mir dann wenigstens sagen: Du hast es ja so gewollt" Und dann muß ich meistens grinsen und trage es mit Fassung.
Ich habe nur erst in letzter Zeit gemerkt, wie oft ich ohne Nachdenken Dinge von mir selbst fordere, die ich eigentlich nicht will.Dummerweise habe ich wenige echte Verpflichtungen, so daß ich mir immer wieder selbst welche auferlegen muß, um nicht völlig zu verwahrlosen. Es scheint nun allerdings so zu sein, daß ich da oft die falschen Pflichten wähle und mich dann wundere, wieso ich kurz vorm Abrutschen in den Abgrund bin.Langsam könnte ich mal schlauer werden, hihi

Re: Vom Müssen zum Wollen

Verfasst: 23. Apr 2011, 23:41
von jonesy
Ich schmeiß jetzt hier mal eine sehr gewagte These rein:
Vielleicht gibt es dieses " Ich " gar nicht.
Vielleicht sind wir die Summe unserer Lernerfahrungen, der Genetik und der Evolution?
Das es keinen Gedanken, kein Wort und keine Tat gibt, die es nicht schon einmal gegeben hätte.
Und selbst wenn wir andere Wege gehen, sind die auch wieder irgend etwas aus einem Buch, von einem Therapeuten, einem Freund, vor gelebt oder was weiß ich.
Als so individuell empfinde ich uns Menschen gar nicht.
Jeder passt in irgend ein Schema und das Ganze ergibt erst in der Gesamtheit einen Sinn.
Was ich damit meine ist, das es eben kein Ich geben kann, weil es im Grunde nur eine Art Wir gibt.
Komme ich gerade ein wenig wirr rüber oder kann noch einer folgen?
LG v. Pauline

Re: Vom Müssen zum Wollen

Verfasst: 24. Apr 2011, 11:20
von Antiope
aaahhh, C.G. Jung.

An der These "es gibt kein Ich, nur ein Wir" hätte ich nur eines gegenzufügen:
Wenn man in einem Gespräch ist, dann redet der eine mit dem anderen, also ein Ich mit einem Du.
Wenn es nur ein "Wir" gäbe, wie sieht es dann mit den Gedanken und Gefühlen aus? Jeder müsste doch jeden verstehen, weil alle auf dieses eine "Gedanken-Wir" zurückgreifen.
Wenn es nur ein "Wir" gäbe, warum gibt es dann so viele Einzelbegabungen wie Richard Feynman, Dostojewski, Einstein, Mozart, Thomas von Aquin, Hildegard von Bingen?

Viele Gedanken sind ähnlich, weil wir auf einen ähnlichen Erfahrungsschatz zurückgreifen. Hast Du schon mal mit Menschen eines anderen Kulturkreises gesprochen? Sie haben einen anderen Erfahrungsschatz, bewerten und erklären Dinge anders.

Ich denke, ich muss Dich enttäuschen. Es gibt kein gemeinsames "Ich". Deine Erfahrungen, Gedanken und Gefühle sind einzigartig, Deine Sichtweise der Welt und Deine Empfindungen gibt es nur einmal: nämlich Deine.

Re: Vom Müssen zum Wollen

Verfasst: 24. Apr 2011, 16:56
von jonesy
Liebe Antiope,
vielleicht wäre der Gedanke für mich leichter zu ertragen, eben weil ich dieses " Ich" so selten spüre. Dafür das " Wir" um so deutlicher.
Momentan klappt weder das Müssen noch das Wollen.
Ich atme und warte, dass der Tag zuende geht.
LG v. Pauline

Re: Vom Müssen zum Wollen

Verfasst: 24. Apr 2011, 17:21
von Antiope
Liebe Pauline,

was und wie ist das "wir", das Du spürst? Du schreibst, Du fühlst Dich dann besser, weil Du dann Teil des Großen Weltganzen bist. Habe ich das richtig verstanden?

Dann würde meine Idee des einmaligen Ichs trotzdem dazu passen, weil Du ein einmaliges Teil des Weltganzen bist, mit Deinen eigenen Gedanken, Gefühlen, Wahrnehmungen, Erlebnissen und Erinnerungen. Tolkien hat es in einer Erzählung schön geschrieben: jeder hat eine Stimme in einem weltumfassenden Weltengesang. Alles zusammen bildet den "Großen Gesang". Jeder trägt auf seine Art und Weise dazu bei, mit seiner Stimme, seiner Tonfärbung. Wäre das eher für Dich passend?

Bitte entschuldige, ich wollte Dich wirklich nicht ausbooten oder so.

Für mich war/ist der Gedanke des "wir" schwierig, weil mich dann quasi andere Menschen (meine Mutter ...) "besetzen" (können), anstatt dass ich MichSelbst als Eigenes, als MichSelbst wahrnehme und das, was ich fühle und denke, als richtig und wichtig annehmen darf.

Re: Vom Müssen zum Wollen

Verfasst: 25. Apr 2011, 00:35
von jonesy
Liebe Antiope,
du hast mich nicht ausgebootet. Ich finde jeden Denkansatz wichtig. Das mit dem Teil eines großen Gesanges kommt bei mir an. Ja, so in etwa.
Ich wollte dich auch nicht triggern,<drück>.
Für mich ist es ganz einfach, zu spüren,was Andere wollen oder sich fühlen.
Das ist einerseits eine Gabe und andererseits ein Fluch. So eine Art vorauseilende Wunscherfüllung, gelernt in der härtesten Schule der Welt(Meine Kindheit)
Mein Wollen oder meine Bedürfnisse hatten keinerlei Bedeutung. Da wird das Ich ganz still und flüstert nur noch.
Deshalb ist er für mich auch so wichtig, allein zu leben, auch wenn es manchmal weh tut.
Ich beneide jeden glühend, der sich deutlich hören kann, der seine Wünsche kennt, sein Wollen.
LG v. Pauline

Re: Vom Müssen zum Wollen

Verfasst: 25. Apr 2011, 00:58
von wütend
He Pauline

hast Du mal die KBT Konzentrativen Bewegungstherapie in Einzelsitzungen probiert? Wenn nicht, google mal.
Sie hat mir sehr geholfen, mich besser war zu nehmen.

Das ganze hat allerdings einen Hacken, man muss die Sitzungen selber bezahlen.