Wie fühlt sich Depression an?

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Antiope
Beiträge: 1695
Registriert: 10. Jan 2011, 21:38

Wie fühlt sich Depression an?

Beitrag von Antiope »

Hallo zusammen,

eine Frage zu den Ausprägungen der Krankheit:
- Wie fühlt sich bei euch Depression an?
- Wann ist eine Depression eine Depression und wann ein ist es nur ein schlechter Tag oder ein paar schlechte Tage?
- Was sind *genau* die Unterscheidungsmerkmale zwischen Depression oder "blöde Phasen"?

Ja, es gibt fachärztliche Definitionen, aber mir selbst geht es darum, eure direkten Erfahrungen mitzubekommen, einfach um zu wissen, wann "der Absturz" anfängt.

Ich bin beispielsweise seit Monaten geistig und emotional sehr müde, brauche ewig, um etwas anzufangen, möchte keine Wochenende planen, weil es viel zu anstrengend ist und für mich keinen "Erholungswert" hat. Würde ich eine Radtour planen, würde ich gerne nach 10 min wieder umdrehen wollen. Meine Wohnung und mein dortiges Chaos ist mir "egal", mich störts zwar, aber wirklich etwas unternehmen fällt mir schwer, weil ich nicht wirklich weiß, wohin mit dem allem, oder nach kurzer Zeit einfach abbreche.
Ich bin weder ständig am Weinen noch bin ich unendlich traurig. Ich möchte nur einfach nicht mehr, habe keinen Bock mehr auf irgendetwas.
Ist das depressiv oder faul?
ghm
Beiträge: 1665
Registriert: 25. Dez 2010, 12:38

Re: Wie fühlt sich Depression an?

Beitrag von ghm »

Hallo Antiope,

für mich fühlt es sich verzögernd an, wie gehen im trockenen Sand, oberhalb der Wasserlinie, wenn ich bei jedem Schritt einsinke und es mir Kraft raubt.

Aber auch geistig ist es so ein "Verzögerungsgefühl". Ich weiss, dass ... mich erfreuen müsste, aber es tut sich nichts.

Dann kommt noch eine Vergesslichkeit dazu.
Z.B. ich sitze am Sofa und denke mir, nach ... will ich die Wohnung kehren.
Nach ... habe ich keine Erinnerung daran, mache etwas anderes und irgendwann, wenn ich durch die Wohnung gehe denke ich verdammt, kehren wollte ich doch auch.

Oder ich muss in der Arbeit oft nachsehen, weil ich mir keine 3 Dinge merken kann.

Ich versuche lächelnd durch die Welt zu gehen, grimmige Menschen gibt es genug.

Wenn ich aber nicht auf mich aufpasse, höre ich irgendwann zu Lächeln auf.
Dann geht aber mit der Zeit auch meine Stimmung runter.
Wenn ich dann wieder auf mich Aufmerksam werde, und zu lächeln beginne, steigt auch wieder die Laune.

Wenn ich also spazieren gehe, habe ich mir angewöhnt, bei jeder Straße die ich quere zu überprüfen, ob ich noch lächle.

In dem doofen Büro sind blos so wenig Straßen
~~ Göttin, lass es Hirn vom Himmel regnen (und nimm den Menschen die Regenschirme weg) ~~
wennfrid
Beiträge: 799
Registriert: 15. Feb 2010, 08:01

Re: Wie fühlt sich Depression an?

Beitrag von wennfrid »

Hi Antiope
Meine Depression fühlt sich folgendermaßen an: Antriebsstörungen, Denk und Konzentrationsblockaden, Schuldgefühle, wenig oder gar keine Energie, Ängste, Hoffnungslosigkeit, Minderwertigkeit, Ein Gefühl, als wenn die Persönlichkeit verschwindet.
Viel Kraft und Energie

Fridolin
Lulu_hofft
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Re: Wie fühlt sich Depression an?

Beitrag von Lulu_hofft »

Hallo.

Ich bemerke bei mir viel Nachdenkerei über Sinn und Unsinn des Lebens. (Anfang)
Dann folgt eine unendliche Traurigkeit. Ich weiss nicht worüber ich traurig bin. Ist einfach so. Die lässt sich einfach nicht beeinflussen.
Und Konzentrationsschwäche massiv.
Körperlich bin ich einfach schlapp, vergleichbar mit Gummi. Und ständig müde.

Grüße Lulu
-------Ich bin wie ich bin. Die einen kennen mich, die anderen können mich. (Adenauer)-------
ghm
Beiträge: 1665
Registriert: 25. Dez 2010, 12:38

Re: Wie fühlt sich Depression an?

Beitrag von ghm »

Hallo Antiope,

was ich vergaß, diese Sucht, sich dauernd, bei Allen zu entschuldigen, weil man ...

Sich vorher schon ... nicht zu erlauben, weil es andere stören könnte.

Dieser (sinnlose) Versuch keinem im Weg zu sein.
~~ Göttin, lass es Hirn vom Himmel regnen (und nimm den Menschen die Regenschirme weg) ~~
pero
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Registriert: 8. Apr 2011, 09:23

Re: Wie fühlt sich Depression an?

Beitrag von pero »

Hallo Antiope,
das hört sich für mich nach einer Depression an. In vielen Tests steht "In den letzten 14 Tagen..." Denke daher das 14 Tage unveränderter Zustand bereits als Depression gesehen werden.

Bei mir war es so:
Ich habe sehr wenig geschlafen, war immer gereizt, suchte die Ursache bei anderen, konnte keinen Gedanken sinnvoll zu Ende bringen, hatte keine Kraft mehr, keine Energie ein Buch zu lesen, keine Lust mehr auf meine Hobbies.
Wenn ich gearbeitet habe wollte ich nur meine Ruhe, wenn ich Ruhe hatte habe ich nur gegrübelt und habe mir überlegt was ich jetzt eigentlich arbeiten müsste.

Durch Antidepressiva hat sich etwas geändert, ich finde jetzt mehr Ruhe und kann auch wieder besser schlafen. Das grübeln ist aber immer noch da.

Ich würde Dir raten gehe zu einem Arzt dem Du vertraust und erzähle im genau das was Du geschrieben hast.
Warte nicht bis Du ganz am Boden liegst...

lg
pero
Was die Raupe Ende der Welt nennt, nennt der Rest der Welt Schmetterling.
Rosenkranz
Beiträge: 591
Registriert: 19. Feb 2010, 21:19
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Re: Wie fühlt sich Depression an?

Beitrag von Rosenkranz »

Hallo Antiope!

Diese Frage stelle ich mir auch immer wieder.

Im Gegensatz zu früher, fängt es bei mir jetzt immer mit körperlichen Beschwerden an wie tagelangen Kopfschmerzen, Übelkeit, lang anhaltende Magenkrämpfe, Bauchschmerzen, Gliederschmerzen und Herzbeschwerden. Fast alles wird dann als psychosomatische Beschwerden diagnostisiert.

Den Zustand wenn ich in einer richtigen Depression stecke, kann ich fast gar nicht in Worte fassen, es ist, als ob ich meinen Körper und meine Seele gar nicht mehr beherrschen kann, es fühlt sich dann alles als unwirklich an, es ist als würde ich im abseits stehen und nur noch Zuschauer sein, so wie eine zwischenstation zwischen Leben und Tod.

Ich schlafe trotz Medis sehr schlecht, auch wenn ich schlafe ist es nicht erholsam, es ist als würde ich nie abschalten können. Bin sehr schreckhaft geworden. Kann mir kaum was merken und habe keine ausdauer, es wird mir sehr schnell alles zu viel. Mein Kopf fühlt sich öfters an als wär er eingeschlafen, der zustand ändert sich meist erst nachmittags, wo ich dann auch etwas aktiver werde. Die Angst macht mir zunehmend zu schaffen. Das viele Alleinesein macht mir zu schaffen, war früher gar kein Thema, da war ich froh, wenn ich mal alleine war. Ich gehe kaum noch irgendwo hin, nur wohin ich muss und ein konkretes Ziel habe. Mir fällt es immer schwerer mit anderen Menschen zu kommunizieren, gelingt mir z.Z. fast nur mit vertrauten, mit Fremden fast gar nicht mehr. Meinen Zustand kann man immer daran erkennen, wie meine Wohnung aussieht und ich fühle mich dann immer so schäbig.

lg Rosalie
rope
Beiträge: 34
Registriert: 16. Apr 2011, 15:32

Re: Wie fühlt sich Depression an?

Beitrag von rope »

Hallo Antilope

bei mir fühlt es sich so an als wäre ich garnicht mehr ich.

ich bin schlapp, müde, im Gegensatz zu vielen andern kann ich aber auch jederzeit schlafen. Sitze oft herum und grüble. Schaffe es nicht Aufzuräumen oder etwas abzuarbeiten. Was ein Teifelskreis ist weil ich am nächsten Tag noch mehr machen muss aber es wie gelähmt nicht angehen kann. Ob wohl mir rational bewußt ist dass ich es machen müsste und dass es mir danach wahrscheinlich sogar etwas besser gehn würde. Ich empfinde keine Freude, Weine oft grundlos.

Es ist als hätte die Luft die Konsistenz von Wackelpudding, es ist mühsam sich durch sie hindurch zu bewegen.
kiwilana
Beiträge: 1622
Registriert: 14. Nov 2010, 14:10

Re: Wie fühlt sich Depression an?

Beitrag von kiwilana »

Liebe Antiope,

du bist auf gar keinen fall faul! das klingt definitiv nach depression! rede dir da bloß keine vorwürfe ein, gell

immer da bei mir sind eigentlich: schlafstörungen, schwer aus dem bett kommen, morgentiefs, antriebsschwäche, konzentrationsstörungen, ängste, geringes selbstwertgefühl, schnelles erschöpft-sein, schnelle überforderungs-gefühle. das alles ist in der stärke ständig schwankend mehr oder weniger da.

ach ja, vor der klinik gab´s noch (das alles gehörte echt zur depression und wurde durch AD und klinik viel besser): massive kopf- und augenschmerzen, bauchschmerzen, ständiger harndrang, gefühl unerträglich heisser beine im sommer, verstopfung, durchfall, etc. und halt noch die ganz ganz düsteren gedanken. vor der klinik war ich monatelang mittelschwer depressiv. seit der klinik "leicht" plus rückfälle ins mittelschwere.

den anfang eines absturzes oder übergangs von leicht zu mittelschwer, habe ich früher nicht bemerkt und auch mein letzter krasser absturz kam sehr überraschend. aber ich (er-) kenne jetzt doch öfter anzeichen bei mir, die nicht unbedingt gleich einen absturz anzeigen, aber allgemein eine verschlechterung und ein risiko:

wenn so ein gefühl der leere angeschlichen kommt. entweder wegen einem bestimmten auslöser oder auch ohne das man den grund erkennt. letzteres ist natürlich riskanter, weil man nicht sieht, woran man arbeiten könnte, um dagegen zu steuern. vor lauter angst vor verschlechterung und weil ich da NULL BOCK drauf habe, bin ich deshalb jetzt immer ratz fatz total achtsam und aufmerksam, sobald ich längere zeit lang (ein paar stunden bis max. einen tag) noch weniger interesse, noch weniger lust als sonst und noch weniger freude als sonst empfinde. ist ja eh schon wenig, aber wenn`s noch weniger wird: uffbasse!! und handeln.

sorry, kann nicht mehr bin müde. ganz liebe grüße! kiwi

PS: massive reizempfindlichkeit vergessen: lärm, licht, bewegungen. menschen, tageslicht, autos, etc. das wasser aus dem wasserhahn morgens, floss mir vor der klinik sowas von zu schnell und war mir sowas von zu laut, dass ich davon kopfweh bekam! die ärztin meinte, dass sei auch ein zeichen bzw. sympton der depression.
jonesy
Beiträge: 546
Registriert: 25. Feb 2011, 17:42

Re: Wie fühlt sich Depression an?

Beitrag von jonesy »

Hallo Antiope,
so ähnlich wie dir geht es mir auch gerade und es fühlt sich nicht so an, als sei es eine vorübergehende Befindlichkeitsstörung.
Mir ist gerade alles zu viel und am liebsten bin ich im Bett und schlafe.
Mein Schuldbewußtsein drückt mich zusätzlich nieder, weil ich nichts leiste und mein Leben nicht auf die Reihe kriege.
Für einfach Dinge brauche ich ewig, z.B. eine Überweisung ausfüllen. Alles schiebe ich vor mir her.
Über all dem liegt eine Art Grauschleier und ich habe, was mich betrifft einen Tunnelblick. Alles ist irgend wie negativ behaftet.
Selbst den Frühling betrachte ich als einen persönlichen Angriff.
Normalerweise bin ich ein Kämpfer, aber dieser Feind ist nicht zu fassen.
LG v. Pauline
Schwert10
Beiträge: 257
Registriert: 9. Mär 2011, 15:50

Re: Wie fühlt sich Depression an?

Beitrag von Schwert10 »

Hi Antiope,
Kiwilana hat schon eine ganze Menge Anzeichen genannt, die ich auch fast alle kenne. Bei mir ist es vor allen Dingen die erhöhte Reizbarkeit , mir geht so gut wie alles auf den Keks. Danach werde ich dann leicht aggressiv und zunehmend gleichgültig gegenüber Menschen. Was ziemlich doof sein kann, weil ich eine Selbsthilfegruppe leite.

Ganz sicher bin ich, wenn sich bei mir von einem Tag auf den anderen meine Ekelschwelle runtersetzt!. Konnte ich gestern noch das Erbrochene von unserem Hund problemlos entfernen, kriege ich heute schon bei dem Gedanken daran das Würgen!
Im Zweifelsfall kann ich nur dick unterstreichen, was kiwilana gesagt hat: UFFBASSE! Wir Depris brauchen einfach mehr gute und glückliche Momente zum Ausgleich, und wenn Du einen "Notfallkoffer " hast, benutze ihn. Macht ja nichts, wenn du damit einfach nur ein paar schlechte Tage aufheiterst! Wer sagt, daß man schlechte Tage ertragen muß?.
Das Leben ist wertvoll

ob es nun strahlend ist wie ein diamant

oder dunkel wie kohle

beide sind aus demselben stoff.
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