Sport für (mehr oder weniger) Depressive

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lt.cable
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Sport für (mehr oder weniger) Depressive

Beitrag von lt.cable »

Hallo zusammen!

Mein Aufhänger für dieses Thema ist, dass ich mit mir und meinem Körper langsam aber sicher ganz und gar nicht mehr zufrieden bin. Seit dem Umstieg auf die komplett chemische Pharmakotherapie habe ich bestimmt gute zehn Kilo zugelegt und schon vorher hatte ich nicht unbedingt Idealgewicht. Jetzt, mit dem Mehrgewicht auf den Rippen, nach der langen Zeit ohne Sport und mit nur wenig Bewegung und mit einem riesigen Motivationsproblem, scheint es mir fast unmöglich, den Hebel in die andere Richtung (regelmäßiger Sport; weg mit dem verdammten Süßkram!) umzulegen.

Ich habe ja schon mal versucht, mit dem Laufen anzufangen. Damals war ich noch ein paar Kilo leichter, und dennoch war es zu jedem einzelnen Termin eine einzige Quälerei. Ich wollte so gerne laufen, aber Körper (und manchmal auch Geist) hatten derart keinen Bock drauf, dass ich auf jedem Meter gegen meinen latenten Aufgabewunsch ankämpfen musste.

Stellt sich für mich die Frage: Wie machen die Sportler unter euch das eigentlich? Wie kann man es auch als Depressiver schaffen, sich wieder in Form zu bringen?

Das mal als Diskussionsgrundlage. Alles weitere ergibt sich dann im Diskurs hier.

Es grüßt
lt.cable
Ein Nilpferd wollte zum Ballett
als schönster aller Schwäne.
Nur war es fürs Ballett zu fett.
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heikeg
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Re: Sport für (mehr oder weniger) Depressive

Beitrag von heikeg »

Hallo lt. Cable,

mit der Motivation kann ich dir leider keine Tipps geben, da hapert es bei mir ebenso. Doch was die Pharmakotherapie angeht, da kann ich schon was zu sagen. Ich hatte auch zwei Mal ein AD, wo ich regelrecht zusehen konnte, wie ich auseinander ging und da ich eh schon korpulent in die Therapie gegangen bin, war das für mich ein Nogo. Also habe ich mit meinem Psychiater gesprochen und gemeinsam haben wir andere ADs ausprobiert, bei denen kaum eine Gewichtszunahme zu erwarten ist. Vielleicht solltest du auch noch mal mit deinem Doc sprechen.

Viele Grüße Heike
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unipolar depressiv seit 2002
Mezier
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Re: Sport für (mehr oder weniger) Depressive

Beitrag von Mezier »

Hallo zusammen,

ich hab mich vor ca. 3/4 Jahr in einem Fitnesstudio angemeldet, dass immer -jawohl immer- geöffnet hat.
Damals haben mich meine Kollegen mitgeschleift. Es gab einen ausgemachten Termin und ich bin mit hinterher getrottet - wirklich getrottet. Es gab keine Kraft mehr für etwaigen Widerstand. Ich hatte es einfach versprochen. Rein kognitive Entscheidung ohne das entsprechende Gefühl dazu (Lust oder Unlust etc. gab es alles nicht) "No feeling area" nenne ich das immer.

Mich hat am Anfang motiviert, das es einen Ort gab, wo ich (an langen Wochenenden, wo die Struktur durch Arbeit o.ä. fehlt) einfach hin kann und unter Leuten bin, jedoch auch trotzdem für mich alleine trainieren kann. Ein paar Mal Kopfentscheidung eben - ich hab das für mich behandelt wie einen normalen Termin - und dann kam so nach und nach ganz sachte ein gutes Gefühl dazu. Ich konnte meinen Körper wieder (alles ganz langsam) spüren und sofort ging es mir besser. Das hielt zwar nur den restlichen Abend an, aber immerhin...
Also für mich steht im Vordergrund, die Symptome mit Sport etwas abzumildern. Meist kann ich damit die beginnende Abwärtsspirale abfangen - damit nehm ich das Steuer wieder in die Hand.
Körperform und vielleicht auch Gewichtsreduktion kommen dann hoffentlich nach, sind aber nicht das Primärziel momentan, denn das würde mich unter Druck setzen.

Ich weiß schon, das ist alles sauschwer, wenn man Bleischuhe an den Füßen hat...aber versuchen lohnt sich wirklich...

Liebe Grüße
Mezier
Guinevere
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Registriert: 8. Nov 2007, 22:08

Re: Sport für (mehr oder weniger) Depressive

Beitrag von Guinevere »

Hey lt. Cable,

hmmm, Kollegin (nach Depri und u.a. durch die AD´s fast 40 kg zugenommen) ist auch mittlerweile superbegeistert von ihrer Anmeldung im Fitnesscenter (Ausdauersport mind. 3 mal wöchentlich), und, hat da dann ziemlich schnell (ein paar Monate) 30 kg wieder herrunten gehabt.

Ja, ein paar Geräte (Powerplate, Crosstrainer, Stepper, ...) hätte ich auch zu Hause, aber, alleine fehlt mir die Motivation eher total, weil ichs ehrlich gesagt total langweilig (monoton) find.

Weiß net gehts Dir ums abnehmen oder um die Ausdauer?

Bei mir ists wohl *grübel*
1. Spaß daran haben (tanzen im Studio, wenn ich gar kein Bock drauf hab, dann spätestens nach den Aufwärmübungen)
2. Haltungsschäden korrigieren (Muskelverkürzung an den Armen, Hängeschultern mit wohl irgendwas auf der Halswirbelsäule -> mal schaun, ob ich mal zum Orthopäden geh - Schwester lag da bei diesem mit der Schulter auf ner Streckbank )
3. nicht so wild "rumreissen", oder, wie gerade schreiben sondern eher langsame Dehn- und Streckübungen. Weiß net, ob Du Callanetics http://www.youtube.com/watch?v=cA_6wUpaejw *schmunzel wegen dem link* oder Yoga kennst?

Ja, und 4. Ausdauer, aber, das hab ich eh im Job auch.

Lieber Gruß,
manu
Secret
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Registriert: 16. Dez 2010, 16:15

Re: Sport für (mehr oder weniger) Depressive

Beitrag von Secret »

Hallo cable, Hallo zusammen,

hast Du es mit direktem Jogging oder Walken versucht? Also zum Joggen fehlt mir die Kondition, ist auch bei meinem Hohlkreuz nicht so gut für die Knochen. Aber das muss jeder für sich selber entscheiden, eine Bekannte von mir hat sich mit Joggen bis zum Marathonlauf den Frust abgelaufen. Sie hat mir auch empfohlen einer Laufgruppe beizutreten. Am liebsten laufe ich mit Stöcken. Das habe ich aber bisher nur einmal privat gezeigt bekommen wie es geht und noch keine Gruppe oder Partner für wochentags vormittags gefunden. Da habe ich mich einer Qi-Gong mit Walken ohne Stöcke Gruppe angeschlossen, das walken ist mir aber auf Dauer zu gemächlich. Ich habe dort von einer Teilnehmerin gehört, dass sie in einer anderen Gruppe mit Stöcken vormittags läuft, werde ich mir am Donnerstag mal ansehen.

Und Fitnessstudio ist ja auch eine gute Möglichkeit nicht alleine Sport treiben zu müssen, wird in diesem Fittnesstudio auch Sport in Gruppen angeboten?

Ich nehme übrigens auch nicht durch ca. 2 mal Sport pro Woche ab, es ist aber gut für meine Psyche wenn ich mich nach dem Laufen dusche. Bei schlechetem Wetter benutze ich meinen Crosstrainer zu Hause und höre dabei Musik. Das war für mich einfacher einzurichten als die Kinder noch kleiner waren, aber jetzt gehen sie zur Schule und ich merke dass mir auch das Tageslicht und Menschen gut tun.

Einmal pro Woche gehe ich abends zum Yoga. Auch die An- und Entspannung verschiedener Muskelpartien finde ich anstrengend, aber das hängt auch von dem Gruppenleiter ab.

Abnehmen mit AD ist glaube ich auch schwieriger, wenn Du magst kannst Du meinen Thread dazu unter der Rubrik Medikation lesen. Mir fehlt noch die Traute so radikal auf Kohlenhydrate zu verzichten wie vor einem Jahr vor meinem Rückfall, den ich aber nicht nur durch die Ernährungsumstellung bekommen habe, sondern durch den Job.

Ich wünsche Dir noch viel Spaß ohne Leistungsdruck beim Sport.

Liebe Grüße
Secret
LG

Secret
Guinevere
Beiträge: 4779
Registriert: 8. Nov 2007, 22:08

Re: Sport für (mehr oder weniger) Depressive

Beitrag von Guinevere »

Das ist auch ganz witzig - Buffed, Beautiful and Bitchin´ mit Vera de Milo (Jim Carey) http://www.youtube.com/watch?v=bBWkPRSE ... re=related .

Naja, ich hätte mir schon ein paar Mal ne DVD gekauft zur Motivation. Zumba (Fat Burning auf Latin) z.B. hätt´ ich vor kurzem auch interessant gefunden, aber, mir fehlt da die Gemeinschaft, der Trainer, der einem motiviert, korrigiert, herschindet ( meine Tanzlehrerin kann das gut) .

Ja, und Laufen...hmmm, Bergsteigen würd mir z.B. auch megagut gefallen (Ziel -> Berggipfel vor Augen) , aber, meine Knie sind leider nicht mehr die besten...

Lieber Gruß allen *wink*!
manu
Joyce_W
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Registriert: 4. Apr 2011, 08:43

Re: Sport für (mehr oder weniger) Depressive

Beitrag von Joyce_W »

Also mir helfen da eher die "Draussen-Sportarten",(für mich NordicWalking und Radeln) weil ich dann gleich frische Luft, Natur und wenn vorhanden auch Sonne bekomme. So, wie heute, trübe...regnerisch... im Norden, da ist es wieder ganz übel und die Motivation gleich null.
Aber der Frühling muss ja irgendwann kommen!
Liebe Grüße
Joyce
*Die Sonne geht immer wieder auf*
Guinevere
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Re: Sport für (mehr oder weniger) Depressive

Beitrag von Guinevere »

Lt. Cable

vielleicht motiviert Dich ja auch ein Artikel aus der Fit for Fun "Laufen ist der beste „Burner“" http://www.fitforfun.de/sport/laufen/la ... _3487.html

Wenn man oben bei der Suche "Depressionen" eingibt kommen auch eher Artikel zu Laufen oder anstatt Lift Treppen nehmen etc.

Gute Nacht,
manu

Achja - p.s: für nen "Depressionslauf" fit werden wollen?
Guinevere
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Re: Sport für (mehr oder weniger) Depressive

Beitrag von Guinevere »

P.p.s: Der Test "Welcher Sport passt zu mir?" ist auch ganz interessant 64% Stimulanztyp... der Nomadentyp, der auch am Sport mehr das Kreative und Abenteuer,... bevorzugt...25 % Ausgleichender Typ, der Rest Dominanztyp...
eligeo71
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Re: Sport für (mehr oder weniger) Depressive

Beitrag von eligeo71 »

Hallo Lt. Cable,

Wie kann man es auch als Depressiver schaffen, sich wieder in Form zu bringen?


Am besten, indem ich ganz klein anfange. Wenn ich einige Pfunde zuviel auf den Rippen habe, länger keinen Sport mehr betrieben und mich überhaupt eher wenig bewege, sollte ich nicht gleich mit joggen anfangen wollen. Da sind Scheitern und Frustration so gut wie vorprogrammiert. Wie wäre es mit jeden zweiten Tag eine halbe Stunde spazieren gehen, gemütlich ohne jede sportliche Ambition? Nach ein paar Wochen dann auf Nordic Walking umsteigen und nach weiteren paar Wochen den ersten Kilometer in Joggingtempo wagen? Und zwischendurch, vieleicht das eine oder andere Mal mit dem Fahrrad die wunderbare Frühlingslanschaft erkunden?

Ich kann dir gar nicht sagen wie oft ich bei meinem Vorhaben, mich wieder fit zu machen, Rückschläge einstecken musste, weil ich meinte mit dem Kopf durch die Wand zu müssen. Heute weiss ich, dass weniger mehr ist. Also, willst du weit kommen (laufen), lass dir Zeit, geh es langsam an.

Etwas noch, zum Thema "Süsskram": wirklich Übergewicht hatte ich zwar nie, aber es hat `ne Zeit gegeben in der ich mich an der Schwelle dazu bewegt habe. Gelöst habe ich dieses Problem auf ziemlich radikale Art, habe schlichtweg kein Süsszeug mehr eingekauft. Hatte ich keins im Haus, konnte ich auch nichts in mich reinstopfen. Nach einigen Wochen dieser radikalen Enthaltsamkeit, hat auch das Verlangen danach stark nachgelassen, so dass das heute für mich gar kein Thema mehr ist.

Ich habe mir in den letzten Jahren eine Grundfitness erarbeitet, die es mir erlaubt, selbst nach drei-vier Wochen völliger Untätigkeit (bedingt durch so manche heftige depressive Phase), gleich wieder da weiter zu machen, wo ich vor der Unterbrechung aufgehört hatte.
Sport ist mir zu einer enorm wichtigen Stütze geworden und überhaupt, Mann will ja auch noch mit 40 gut aussehen! *trotzig in den Boden stampf*

LG und viel Erfolg bei deinem Vorhaben,
Rainer
Ich bin der Mensch, welcher mein Leben entscheidet!
chrigu
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Registriert: 20. Mär 2006, 12:20

Re: Sport für (mehr oder weniger) Depressive

Beitrag von chrigu »

Hi Cable,

welcher Sport würde Dich denn reizen? So ganz spontan? Mannschaftssport, Einzelsport? Mehr mit den Beinen oder den Armen? Ruhig oder mit Action? Boxen, Fechten, Tanzen, Yoga? Wenn sich Joggen so blöd anfühlte, war's vielleicht nicht das Richtige. Vielleicht ist das ja auch die Gelegenheit, endlich mal was zu machen, was Du immer schon mal machen wolltest? Ich wollte zum Beispiel immer schon mal Wassersport machen, und diesen Sommer gehe ich das endlich an - ist auch ein Motivationsschub!

Ansonsten finde ich Rainers Tipps mit den kleinen Schritten sehr wichtig. Ich bin auch zu oft an zu hohen Erwartungen gescheitert, so nach dem Motto "wenn ich die halbe Stunde Laufen nicht schaffe, dann kann ich's auch gleich ganz lassen." Dabei habe ich glatt übersehen, dass ich ja eben nicht aus dem Stand auf die halben Stunde komme.

Mich motiviert direkt vorm Laufen meistens der Ausblick auf das gute Körpergefühl danach, und langfristig natürlich auch der Ausblick auf einen fitten Körper. Ansonsten finde ich den Laufthread hier oft motivierend, der einen ja auch ein bisschen verpflichten kann.

Mir macht Sport tatsächlich gute Laune. Sobald meine Konzentration endlich weg ist vom Leistungsaspekt und der damit verbundenen Bewertung und hin zum "hej, ich tu gerade was für mich" wandert, erlebe ich das Laufen als sehr befreiend. Mir tut es auch gut, mich mal richtig auspowern zu können (allerdings tut es mir auch gut, beim Yoga Ruhe finden zu können).

Übrigens ist jetzt ein idealer Zeitpunkt zum Laufeinstieg: Das Wetter ist mild, es ist abends länger hell, man erlebt unterwegs blühende Bäume, hört Vögel singen ... Und das geht auch prima auf dem Fahrrad, auf Inlineskatern, mit Nordic Walking-Stöcken.

Yeah, jetzt hätte ich direkt Lust, eine Runde zu drehen, schade, dass es schon dunkel ist.

Viele Grüße!
Chrigu
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