Mein Freund ist depressiv

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Abendroth
Beiträge: 7
Registriert: 14. Feb 2011, 14:58

Mein Freund ist depressiv

Beitrag von Abendroth »

Er gibt es mir gegenüber selbst zu,dass er depressiv ist - er war deshalb vor Jahren auch zu einer Kur. Ich lernte ihn als einen fröhlichen und unternehmungslustigen Mann kennen.Er kann sich z.Z. schwer aufraffen, unternimmt aber noch einen Teil seiner Hobbys (Musik und Sport), ist aber öfter traurig, dass es ihm ziemlich egal ist. Mir gegenüber blockt er manchmal ab :"Such dir einen, der besser paßt." Er hat aber andererseits eine sehr große Angst, dass ich gehe.
Er ist ein sehr lieber und hilfsbereiter Mensch und ich will ihn nicht verlieren.
Sein Verhalten ist von diesem Hin und Her gekennzeichnet und für mich ist es oft schwer, besonders diese ablehnende Haltung zu ertragen. Soll ich darauf reagieren oder besser darüber hinweg gehen?
Ist dieses "Aufbauen von Mauern" ein Symptom dieser Krankheit? Besonders abends und an Wochenenden ist es nicht leicht mit ihm. Er ist ständig bemüht, mir nicht weh zu tun, sagt immer, wenn er unterwegs ist, ruft an, wenn es sich geändert hat - dabei wohnen wir weit auseinander und aufgrund seiner Antriebsschwäche und Zurückgezogenheit haben wir seit einiger Zeit nur via Internet und Telefon Kontakt. Oft wartet er sehr lange auf mich, bis ich an den PC kommen kann, erzählt mir, was er gern mit mir täte.
Wenn mir etwas nicht gefällt, sage ich es ihm auch und ich merke, wie er dann leidet.Ich habe ihm nun gesagt, dass ich warten kann und er derjenige ist, der sagen soll, ob wir uns live treffen wollen oder nicht. Ist das gut so? Oder sollte ich íhn doch mal überraschend besuchen? Er vertröstet mich immer auf die warme Zeit, dann werden wir Radfahren und viel unternehmen.
Ich habe ihn gebeten, zum Arzt zu gehen, kann ihn da ja nicht abliefern. Ich würde mitgehen, wenn er will. Jedenfalls will ich jetzt keine Entscheidung treffen, ob ich bei ihm bleibe oder gehe - und ich habe ihm das gesagt und gemerkt, dass es ihm gut tat."Mal sehen, wann du wieder da bist..freu mich auf dich " Und dann kommt am nächsten Tag sowas:" aber es ist halt schwer, du bist solch eine tolle frau, aber solange du mich an der backe hast ....das finde ich schade."
wennfrid
Beiträge: 799
Registriert: 15. Feb 2010, 08:01

Re: Mein Freund ist depressiv

Beitrag von wennfrid »

Hi Zena
Erstmal willkommen!
In deiner Geschichte zieht sich eine Art Minderwertigkeit deines Freundes wie ein roter Faden durch. Er wertet sich ständig ab. Das können typische Depressionssymtome sein oder eine Grundhaltung aus der Kindheit.
In einer Therapie wäre es bestimmt änderbar, doch dein Freund muß dies auch wollen. Vielleicht kannst du ihm bewußt machen, dass ohne eine Änderung seiner Lebenstruktur kein erfülltes Leben sich einstellen wird.
Viel Kraft und Energie

Fridolin
Abendroth
Beiträge: 7
Registriert: 14. Feb 2011, 14:58

Re: Mein Freund ist depressiv

Beitrag von Abendroth »

Danke Fridolin.
Ja er wertet sich ständig ab. Ich stehe für ihn als Heldin auf einem Podest und er beneidet mich um meine Kraft.
Habe eben gerade mit ihm gechattet und urplötzlich kommt: ich kann nicht ändern, wie ich bin - machs gut. Und weg ist er. Ich hab ihm keinen Vorwurf oder so gemacht, ich mag diesen Kerl doch so, wie er ist, mit seinen Macken und Stärken. Er hat viele gute Seiten und ich sage ihm auch, was ich an ihm mag. Das mag er schon gar nicht hören.

Ja ich bleibe dran und versuche mein Bestes. Nur wie du schreibst: Er muss es wollen.
Dabei hat er schon so viel geschafft, aber das zählt alles jetzt nicht.
bebo
Beiträge: 40
Registriert: 31. Okt 2010, 19:42

Re: Mein Freund ist depressiv

Beitrag von bebo »

Hey,
Dieses hin und her ist bei Depressionen normal und sollte nicht überbewertet werden. Mal hat man bessere Tage und mal schlechtere, hängt sicher auch damit zusammen, dass man oft einfach nicht gut schläft! Das macht einen kaputt! Von daher kann man sich oft auch nur schwer zu Aktivitäten motivieren.. auch das Planen fällt so schwer, da man nie weiß wie es einem gehen wird.
Ich würde sein Verhalten nicht als abweisend interpretieren.. wahrscheinlich sehnt er sich viel mehr nach deiner Nähe. Allerdings fühlt man sich mit der Krankheit so minderwertig, das Selbstwergefühl ist ganz unten, da man selber die Kontrolle über sein Leben verloren hat und einfach nichts mehr mit sich anzufangen weiß.. (je nach Stärke der Depression)
Bei mir ist es so, dass ich in dieser Verfassung nicht gerne anderen Leuten gegenübertrete, so unausgeschlafen und kaputt, unfähig sich richtig zu unterhalten.. und lehne daher in schlechten Phasen Kontakte ab, weil ich nicht möchte, dass sie mich in dieser "unwürdigen" Verfassung sehen.. gerade als Mann ist es besonders hart. Das wird dann als abweisendes Verhalten gedeutet, obwohl man eigentlich das Gegenteil möchte..
Wahrscheinlich möchte er nur allzu gerne mit dir zusammen sein, aber er fühlt sich einfach nicht "wertig" und in der Verfassung dazu.. deswegen fragt er dich ja auch, was du eigentlich von jemandem wie ihm möchtest.
Damit konfrontiert er dich immer wieder mit seiner Krankheit.. in gewisser Weise möchte er dadurch vll. auch wissen wie darauf reagierst und ob du trotzdem noch zu ihm stehst. Ich denke wenn du ihm immer wieder klarmachst, dass du ihn magst, auch mit seiner Krankheit dann wird er merken, dass diese Krankheit nicht zwischen euch steht..
Solange bis er allerdings keine Theraphie und weitere Schritte unternimmt wird es schwierig sein, da einen die Depression immer wieder extrem runterzieht.
Besuch ihn einfach mal, er wird es wahrscheinlich nicht tun können... und ermutige ihn zu einer Theraphie/Medikamenten und begleite ihn zum Arzt. Das sind dann eigentlich optimale Bedingungen, dass es ihm wieder besser geht und eure Beziehung profitiert davon natürlich..
Viel Erfolg
Abendroth
Beiträge: 7
Registriert: 14. Feb 2011, 14:58

Re: Mein Freund ist depressiv

Beitrag von Abendroth »

Danke!!!
Deine Antwort hat mir sehr geholfen und ich erkenne ihn in vielem, was du schreibst, wieder.
Für mich ist es schwer, mich da hinein zu fühlen, da ich ein "hoffnungsloser Fall von Optimismus" bin, wie ich mich scherzhaft nenne.
Dir alles Gute!
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