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wie geht es weiter

Verfasst: 19. Jan 2011, 18:17
von miguth
Hallo zusammen,
bin schon seit einiger Zeit ein aufmerksamer Leser im Forum. Nach Auswertung diverser Selbst-Tests hat es mich wohl auch erwischt. Nach den Symptomen zu urteilen, sogar ziemlich heftig. Geht in einem schleichenden Prozess schon über Monate stimmungs- und gefühlsmäßig bergab mit mir. Aber auch körperlich ging es mir schon viel besser (frühes Aufwachen, Rücken-und Kopfschmerzen, Geräusche im Ohr, von 60 Lauf-Km in der Woche runter auf max. 10) Als mögliche Ursache kommt für mich in erster Linie die berufliche Unzufriedenheit (über 6 Monate) in Betracht, aber auch andere Vorkommnisse (nicht hochdramatisch), die in der Summe einen pessimistischen Menschen jedoch ins Grübeln bringen können. Scheue mich noch zum Arzt zu gehen, da ich auch etwas Angst vor der Wahrheit habe auch aufgrund familiärer Vorbelastung).
Bisher wissen auch nur die Ehefrau und die erwachsenen Kinder Bescheid; sie leiden mit.
Habe immer noch die Hoffnung, dass ich mal am Morgen aufwache und der ganze Spuk ist vorbei.Abends geht es mir i.d.R. besser.
Nun meine Fragen an die Erfahrenen:
1. Ist es normal, dass man -ohne Hilfe in Anspruch zu nehmen- bei einer (schweren) Depression immer weiter absackt oder kann man z.B. durch einen Job-Wechsel wieder der "Alte" werden ?
2. Spielt der Zeitfaktor dabei eine Rolle? Hat sich die Depreesion irgendwann so festgesetzt, dass sie von alleine nicht mehr loslässt ?
3. Wie wirken AD, wenn sie tatsächlich anschlagen sollten? Werden die schlechten Gedanken ganz verdrängt oder sieht man die Welt einfach nur mit anderen Augen, sprich positiven Gedanken ?
Wäre schön, wenn ich einige Hinweise bekäme.
Danke

Re: wie geht es weiter

Verfasst: 19. Jan 2011, 19:33
von ghm
Hallo miguth,

erstmal willkommen.
Leidest Du gerne oder lässt Du Deine Familie gerne leiden?

Wenn nicht, ab zum Arzt !!!!!!!!!!!!!!!!

Ich hatte 2008 eine Erschöpfungsdepression.
Wenn Du früh gehst dauert es zumeist kürzer zur Besserung als wenn Du wartest.
Weil auch mein Körper in dem "Gregor ärgere Dich" Spiel einen Beitrag hat war ich in der psychosomatischen Klinik in Windach.
War gut dort und ich habe mit vielen lieben Menschen so viel gelacht wie die letzten 20 Jahre nicht.
Wann hast Du zuletzt gelacht?

Re: wie geht es weiter

Verfasst: 19. Jan 2011, 20:02
von wennfrid
Hi miguth
Jeder Mensch empfindet die Depression individuell. Es ist alles denkbar und möglich. Wenn nach einem Jobwechsel sich eine Verbesserung einstellt, stellt sich die Frage, ob der Depressions-Auslöser eventuell "mitgenommen" wird.
Ich glaube, daß man eine Depression mit AD und mit Änderung seiner Lebensanschaung am Besten heilt. Passiert dies nach mehreren Jahren nicht, kann sie chronisch werden.
Meine Erfahrungen.

Re: wie geht es weiter

Verfasst: 19. Jan 2011, 21:53
von Antiope
Hallo Miguth,

wenn es eine familiäre Vorbelastung gibt, dann sollte es für Sie der erste Grund sein, zum Arzt zu gehen.
Wie Antidepressiva wirken: bei mir, als würde man auf ein Kammerton-a eingestimmt und nicht in der tiefen Basslage. D.h. die ständig wiederkehrenden, depressiven Grübeleien kommen nicht, man kann mit dem Alltagsgeschäft "normaler" umgehen, man hat wenigstens die Kraft, aufzustehen und sich dem Tag zu stellen. Man steckt einfach nicht in dem Moorloch drin, das bei jedem Tritt tiefer und grundloser wird, sondern bleibt auf dem Weg.
Wenn Sie wirklich depressiv sind, dann kann ein Jobwechsel Sie in den vollständigen Absturz bringen. Die Einarbeitung in einen neuen Job erfordert sehr viel Kraft, Energie, Wagemut und Vertrauen in sich selbst, das gerade dann fehlt. Leider musste ich es am eigenen Leib erfahren.

Auch eine schwere Depression kann vorbeigehen - ohne Hilfe von außen. Aber: man tut sich so schwer damit, man leidet an den Tagen und den Stunden.
Depressionen kommen und gehen. Sie sind eine extreme Methode, die Kräfte zu sammeln. Eine Depression ist "eigentlich" eine Aussage der Seele: "ich kann so nicht mehr weiter, die Kraft, das ganze Drumrum weiterhin so zu managen, geht aus. Tu was!"
Wägen Sie es ab: fühlen Sie sich stark eingeschränkt, "krank an der Seele", würde ich Hilfe suchen.

Worin besteht die berufliche Unzufriedenheit? Ist sie wirklich der Auslöser? Wenn ja, haben Sie die Kraft und den Wagemut, das Arbeitsumfeld zu ändern? Wird Ihre Familie Sie unterstützen?
Wenn ja: auf das Ziel! Sie schaffen es.

Re: wie geht es weiter

Verfasst: 19. Jan 2011, 22:26
von miguth
Hallo antiope,
danke für die Hinweise über das Erlebte aus eigener Erfahrung. Der Jobwechsel ist ab Mitte Februar vorgesehen.Wollte es so haben und erhoffe mir dadurch etwas Auftrieb. Habe natürlich auch gewisse Versagens-ängste, da ich nicht genau weiß, was mich erwartet und wie ich mit der neuen Situation umgehen werde. Möchte mich im Vorfeld aber nicht outen und dort als "Kranker" anfangen.
Zukunftsängste hatte ich zunehmend aber auch im derzeitigen Job, die aufgrund einer geplanten Umstrukturierung m.E. auch berechtigt sind. Werde in der nächsten Woche im Rahmen einer Vorsorgeuntersuchung den Arzt über mein allgemeines schlechtes)Befinden informieren. Mal sehen, was der meint. Möchte den neuen Job aber nicht aufs Spiel setzen.

Re: wie geht es weiter

Verfasst: 19. Jan 2011, 23:04
von Antiope
Hallo Miguth,

Versagensängste sind *ganz normal*. Ich halte es für sehr wichtig, dass Sie sich das immer vor Augen halten. Versuchen Sie am Anfang, sich zuerst zu orientieren. Sie haben das Recht auf Fragen!

Sagen wir einfach mal so: durch die Unsicherheit im jetzigen Job, die Umstrukturierungspläne usw. sind Sie jetzt einfach etwas ausgepowert, nicht "krank". Daher müssen Sie sich auf keinen Fall als "Kranker" outen oder abstempeln lassen. Arbeitssuche ist tierisch anstrengend und fordert viel Kraft.

Zu einem gratuliere ich: Sie haben die Kraft gehabt und eine Änderung herbeigeführt. Sie waren aktiv! Das ist schon mal sehr wichtig und sollte Ihnen das Gefühl geben, etwas geschafft und erfolgreich abgeschlossen zu haben. Aktivität ist ein Schlüssel, die Schlaglöcher des Lebens auszugleichen.
Dann hatte Ihre Unzufriedenheit ihren Sinn und hat Ihnen neue Wege eröffnet. Das ist doch gut so, oder nicht?

Eine Frage:
Was meinen Sie mit "Auftrieb"?

Re: wie geht es weiter

Verfasst: 20. Jan 2011, 20:54
von miguth
hi antiope,
Antwort kommt etwas verspätet. War noch mit den Töchtern unterwegs.

Mit Auftrieb meine ich "Licht am Ende des Tunnels" bzw. durch eine neue berufliche Herausforderung "bessere Gedanken bekommen".
Darin liegt zumindest meine Hoffnung.
Gruß M

Re: wie geht es weiter

Verfasst: 20. Jan 2011, 21:10
von Antiope
Hi Miguth,

ich denke schon, dass eine berufliche Neuorientierung "Auftrieb" gibt. Wenn es für Sie wertvolle neue Erfahrungen sein werden, sich neu versuchen zu können, etwas neu auszuprobieren - sicher. Wenn Sie jetzt bereits das Gefühl haben, Sie könnten es schaffen, dann ist das gut so.
Nehmen Sie Ihre Zweifel als "normal" mit.

Ich denke nämlich, dass Sie wirklich durch den alten Job und die geplanten, anscheinend nicht positiven Änderungen einfach nur ausgepowert sind und das hat sich durch diese Unzufriedenheit, das schlechte Gefühl geäußert. Können Sie dafür dankbar sein, dass es so war, weil es Sie auf einen neuen Weg geführt hat? Dass Sie vielleicht merkten, dass Zeit zur Änderung anstand, dass Sie vielleicht merkten, was Ihnen (noch) wichtig ist? Würde vielleicht Ihre Unruhe bisschen beruhigen?

Viele Gruesse und alles Gute!
Antiope