Noch Liebeskummer oder schon Depression?
Verfasst: 5. Dez 2010, 20:47
Hallo in die Runde,
ich habe mich schon vor Monaten registriert und einige Male reingeschaut, habe mich aber nie getraut, aktiv etwas zu schreiben. Das soll und muss sich jetzt aber ändern. Ich muss mir einige Sachen von der Seele schreiben. Meinen besten Freunden und einigen guten Kollegen habe ich es schon erzählt, aber die können mir nur begrenzt helfen und ich denke, es nervt, wenn ich mich wiederhole oder sie ständig beanspruche. Daher versuche ich es mal mit "Situation hier schildern und gegebenenfalls ab und zu die Tagesform / den Fortschritt schildern".
Zunächst schildere ich kurz meine Vorgeschichte: Baujahr 1976, 2 Jahre in der Schule gemobbt worden (7./8. Klasse). Seitdem immer Außenseiter (gefühlt oder echt).
Ende 2001 (noch im Studium) bin ich stresskrank geworden aufgrund von Überarbeitung in meinem Privatleben. Ich hatte mich in Arbeit gestürzt, um mich von einer gescheiterten Beziehung abzulenken.
Mitte 2004 (inzwischen im Beruf) war ich überarbeitet jenseits der Erschöpfungsgrenze. Glücklicherweise hatte ich noch die Kraft, alle Arztbesuche usw. selbst in die Wege zu leiten, damit eine Depression diagnostiziert werden konnte. Die Psychotherapie (von schwacher Medikation) ging von Ende 2004 bis Anfang 2005 und hat mir gut getan. Ich war geheilt.
Ende 2006 bis diesen Sommer hatte ich die nächste Beziehung. Ich habe meine Freundin gut behandelt, aber sie hat mich verlassen. Sie ist inzwischen mit dem nächsten zusammen - der ihr übrigens schon Avancen machte, Monate bevor wir auseinander waren. Ich habe um diese Beziehung gekämpft und meine Freundin in schlechten Zeiten immer unterstützt, aber genau als ich diesen Sommer mal gestresst und überarbeitet war - und mal Aufmunterung brauchte - hatte sie nur harte Worte für mich übrig. Das war der Anfang vom Ende für mich. Dass sie so schnell einen neuen hatte, werte ich als Zeichen, dass ich mich in ihr und in uns geirrt habe und dass ich schnell abgehakt bin.
Ich habe erneut einige wichtige Schritte unternommen, um mein Leben zu ändern: 1. Ich habe eine neue Wohnung gesucht (dauerte Monate, ziehe demnächst um). 2. Ich habe meinen Krempel ausgemistet und dabei Sachen an solche Leute weitergegeben, die diese Sachen noch gebrauchen konnten.
Dennoch fühle ich mich immer wieder furchtbar kraftlos und verzweifele beinahe. Was mich fertig macht (und das einmal geordnet aufzuschreiben, soll vielleicht helfen, durchzublicken):
- Andere sind deutlich weiter im Leben. Ich komme im Grunde überhaupt nicht voran, denn ich bin Mitte 30 und Single. Normale Leute in meinem Alter - das sehe ich ja bei meinen Kollegen - heiraten, bekommen Kinder und bauen ein Haus. Ich komme mir völlig asozial vor.
- Der Erfolg bei der Arbeit bedeutet mir nichts. Der tröstet mich nämlich nicht, wenn ich nach Hause komme oder wieder einmal alleine bin. "Sich jetzt in Arbeit stürzen" kann kein Rezept sein - ich habe mich ja schon zweimal im wahrsten Sinne des Wortes halbtot gearbeitet (s.o.). Außerdem habe ich damals trotz Überarbeitung meine Stelle verloren. Dass sich Leistung nicht auszahlen muss, weiß ich also.
- Um positive Änderungen zu erfahren, muss man Geduld und Energie haben. Die hatte ich aber schon in die Fernbeziehung gesteckt. Ich habe mir so lange sagen lassen (und gesagt), dass meine Lebensweise auf lange Sicht erfolgreich ist. Ich möchte endlich einmal konkrete Ergebnisse sehen, bin aber davon so weit entfernt wie es eben geht.
- "Du hast interessante Hobbys!", höre ich von Leuten, die mich kennen. Das ist durchaus richtig. Andererseits waren das ja immer auch Ablenkung und Zeitüberbrückung, weil ich warten musste und weil die Hauptsache in meinem Leben nicht voran ging. Was soll ich denn mal sagen, wenn man mich fragt, was ich aus meinem Leben gemacht habe. Andere haben geheiratet, Kinder bekommen und ein Haus gebaut, und ich habe mir interessante Hobbys gesucht?
- Einige loben mich für meine Intelligenz und dass ich meine Freundin gut behandelt habe. Nur muss ich als Fazit doch daraus ziehen, dass das alles falsch war, denn es war ja erfolglos. Ich habe mich schon seit Jahren nicht so schlecht gefühlt wie in den letzten Monaten. Wenn das das Ergebnis richtigen Handelns ist (und das auch eigentlich das ist, was ich für richtig gehalten habe), wie soll ich denn in Zukunft durchs Leben gehen? Wie soll ich über die Erfahrung hinwegkommen, dass ich selbst unter Aufbietung aller meiner Kräfte die wichtigste Sache in meinem Leben nicht geschafft habe? Mir fehlt das Selbstvertrauen.
Als ich damals Depressionen hatte,
- hatte ich keine Gefühle bzw. war wie betäubt
- hatte ich kaum Appetit und konnte schlecht schlafen
- habe ich einige kg abgenommen (war ohnehin untergewichtig)
- konnte ich mich kaum noch zu etwas aufraffen
- habe ich Leute nur noch angeblafft bzw. als Gegner gesehen
- war ich fürchterlich müde von allem
Im Moment
- habe ich starke Gefühlsschwankungen von himmelhochjauchzend bis zu Tode betrübt (was ich sogar gut finde, weil ich die Gefühle auslebe, anstatt sie zu unterdrücken)
- esse ich mit Freunde und schlafe recht gut
- bin 5 kg über Idealgewicht und klar im Normalgewicht (auch wenn die Figur nicht perfekt ist)
- bin ich phasenweise müde (Lust auf gar nichts), dann wieder erfrischend aktiv, z.B. auch kreativ tätig
- fühle ich mich gut unter Menschen, die ich kenne, und kann mit ihnen etwas unternehmen
- fühle ich mich vor allem dann gut, wenn ich in Bewegung bin (zur Ruhe zu kommen bereitet mir hingegen Unbehagen, weil ich mir dann wieder meiner Situation bewusst werde und ins Grübeln komme)
Die Anzeichen von damals sind also nicht da. Dennoch fürchte ich, in eine Depression zu verfallen - oder bereits eine mit anderen Vorzeichen zu haben. Ich sehe die Dinge deutlich schlechter als diejenigen, mit denen ich darüber geredet habe. Dass ich aus guten Gründen nicht mehr glaube, dass alles schon gut wird und meine eigenen Fähigkeiten eher als unzureichend einschätze, kommt natürlich aus der Erfahrung in diesem Jahr.
Was meint Ihr? Ist das jetzt "das übliche Tief bei Liebeskummer und Beziehungsende" oder schon "der Weg in die Depression"? Ich bin mir bewusst, dass ich im Vergleich zu anderen Nutzern wahrscheinlich Luxusprobleme habe. Aber wie sagt man so schön: Das eigene Päckchen wiegt immer am schwersten. Und ich möchte lieber frühzeitig alles zur Behandlung einer zweiten Depression einleiten. Es ja nicht immer der totale Zusammenbruch sein.
ich habe mich schon vor Monaten registriert und einige Male reingeschaut, habe mich aber nie getraut, aktiv etwas zu schreiben. Das soll und muss sich jetzt aber ändern. Ich muss mir einige Sachen von der Seele schreiben. Meinen besten Freunden und einigen guten Kollegen habe ich es schon erzählt, aber die können mir nur begrenzt helfen und ich denke, es nervt, wenn ich mich wiederhole oder sie ständig beanspruche. Daher versuche ich es mal mit "Situation hier schildern und gegebenenfalls ab und zu die Tagesform / den Fortschritt schildern".
Zunächst schildere ich kurz meine Vorgeschichte: Baujahr 1976, 2 Jahre in der Schule gemobbt worden (7./8. Klasse). Seitdem immer Außenseiter (gefühlt oder echt).
Ende 2001 (noch im Studium) bin ich stresskrank geworden aufgrund von Überarbeitung in meinem Privatleben. Ich hatte mich in Arbeit gestürzt, um mich von einer gescheiterten Beziehung abzulenken.
Mitte 2004 (inzwischen im Beruf) war ich überarbeitet jenseits der Erschöpfungsgrenze. Glücklicherweise hatte ich noch die Kraft, alle Arztbesuche usw. selbst in die Wege zu leiten, damit eine Depression diagnostiziert werden konnte. Die Psychotherapie (von schwacher Medikation) ging von Ende 2004 bis Anfang 2005 und hat mir gut getan. Ich war geheilt.
Ende 2006 bis diesen Sommer hatte ich die nächste Beziehung. Ich habe meine Freundin gut behandelt, aber sie hat mich verlassen. Sie ist inzwischen mit dem nächsten zusammen - der ihr übrigens schon Avancen machte, Monate bevor wir auseinander waren. Ich habe um diese Beziehung gekämpft und meine Freundin in schlechten Zeiten immer unterstützt, aber genau als ich diesen Sommer mal gestresst und überarbeitet war - und mal Aufmunterung brauchte - hatte sie nur harte Worte für mich übrig. Das war der Anfang vom Ende für mich. Dass sie so schnell einen neuen hatte, werte ich als Zeichen, dass ich mich in ihr und in uns geirrt habe und dass ich schnell abgehakt bin.
Ich habe erneut einige wichtige Schritte unternommen, um mein Leben zu ändern: 1. Ich habe eine neue Wohnung gesucht (dauerte Monate, ziehe demnächst um). 2. Ich habe meinen Krempel ausgemistet und dabei Sachen an solche Leute weitergegeben, die diese Sachen noch gebrauchen konnten.
Dennoch fühle ich mich immer wieder furchtbar kraftlos und verzweifele beinahe. Was mich fertig macht (und das einmal geordnet aufzuschreiben, soll vielleicht helfen, durchzublicken):
- Andere sind deutlich weiter im Leben. Ich komme im Grunde überhaupt nicht voran, denn ich bin Mitte 30 und Single. Normale Leute in meinem Alter - das sehe ich ja bei meinen Kollegen - heiraten, bekommen Kinder und bauen ein Haus. Ich komme mir völlig asozial vor.
- Der Erfolg bei der Arbeit bedeutet mir nichts. Der tröstet mich nämlich nicht, wenn ich nach Hause komme oder wieder einmal alleine bin. "Sich jetzt in Arbeit stürzen" kann kein Rezept sein - ich habe mich ja schon zweimal im wahrsten Sinne des Wortes halbtot gearbeitet (s.o.). Außerdem habe ich damals trotz Überarbeitung meine Stelle verloren. Dass sich Leistung nicht auszahlen muss, weiß ich also.
- Um positive Änderungen zu erfahren, muss man Geduld und Energie haben. Die hatte ich aber schon in die Fernbeziehung gesteckt. Ich habe mir so lange sagen lassen (und gesagt), dass meine Lebensweise auf lange Sicht erfolgreich ist. Ich möchte endlich einmal konkrete Ergebnisse sehen, bin aber davon so weit entfernt wie es eben geht.
- "Du hast interessante Hobbys!", höre ich von Leuten, die mich kennen. Das ist durchaus richtig. Andererseits waren das ja immer auch Ablenkung und Zeitüberbrückung, weil ich warten musste und weil die Hauptsache in meinem Leben nicht voran ging. Was soll ich denn mal sagen, wenn man mich fragt, was ich aus meinem Leben gemacht habe. Andere haben geheiratet, Kinder bekommen und ein Haus gebaut, und ich habe mir interessante Hobbys gesucht?
- Einige loben mich für meine Intelligenz und dass ich meine Freundin gut behandelt habe. Nur muss ich als Fazit doch daraus ziehen, dass das alles falsch war, denn es war ja erfolglos. Ich habe mich schon seit Jahren nicht so schlecht gefühlt wie in den letzten Monaten. Wenn das das Ergebnis richtigen Handelns ist (und das auch eigentlich das ist, was ich für richtig gehalten habe), wie soll ich denn in Zukunft durchs Leben gehen? Wie soll ich über die Erfahrung hinwegkommen, dass ich selbst unter Aufbietung aller meiner Kräfte die wichtigste Sache in meinem Leben nicht geschafft habe? Mir fehlt das Selbstvertrauen.
Als ich damals Depressionen hatte,
- hatte ich keine Gefühle bzw. war wie betäubt
- hatte ich kaum Appetit und konnte schlecht schlafen
- habe ich einige kg abgenommen (war ohnehin untergewichtig)
- konnte ich mich kaum noch zu etwas aufraffen
- habe ich Leute nur noch angeblafft bzw. als Gegner gesehen
- war ich fürchterlich müde von allem
Im Moment
- habe ich starke Gefühlsschwankungen von himmelhochjauchzend bis zu Tode betrübt (was ich sogar gut finde, weil ich die Gefühle auslebe, anstatt sie zu unterdrücken)
- esse ich mit Freunde und schlafe recht gut
- bin 5 kg über Idealgewicht und klar im Normalgewicht (auch wenn die Figur nicht perfekt ist)
- bin ich phasenweise müde (Lust auf gar nichts), dann wieder erfrischend aktiv, z.B. auch kreativ tätig
- fühle ich mich gut unter Menschen, die ich kenne, und kann mit ihnen etwas unternehmen
- fühle ich mich vor allem dann gut, wenn ich in Bewegung bin (zur Ruhe zu kommen bereitet mir hingegen Unbehagen, weil ich mir dann wieder meiner Situation bewusst werde und ins Grübeln komme)
Die Anzeichen von damals sind also nicht da. Dennoch fürchte ich, in eine Depression zu verfallen - oder bereits eine mit anderen Vorzeichen zu haben. Ich sehe die Dinge deutlich schlechter als diejenigen, mit denen ich darüber geredet habe. Dass ich aus guten Gründen nicht mehr glaube, dass alles schon gut wird und meine eigenen Fähigkeiten eher als unzureichend einschätze, kommt natürlich aus der Erfahrung in diesem Jahr.
Was meint Ihr? Ist das jetzt "das übliche Tief bei Liebeskummer und Beziehungsende" oder schon "der Weg in die Depression"? Ich bin mir bewusst, dass ich im Vergleich zu anderen Nutzern wahrscheinlich Luxusprobleme habe. Aber wie sagt man so schön: Das eigene Päckchen wiegt immer am schwersten. Und ich möchte lieber frühzeitig alles zur Behandlung einer zweiten Depression einleiten. Es ja nicht immer der totale Zusammenbruch sein.