Fressattacken, kein Sättigungsgefühl…

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Hoffnung2010
Beiträge: 12
Registriert: 29. Okt 2010, 18:44

Fressattacken, kein Sättigungsgefühl…

Beitrag von Hoffnung2010 »

....sind bei mir Begleiterscheinung einer Depression. Es ist nicht zu glauben, welche neuen Foltermethoden sich mein Körper einfallen lässt. Wenn ich es positiv sehe, weiß ich jetzt endlich, dass meine Fressattacken in klarem Zusammenhang mit einer Depression stehen. Früher bin ich davon ausgegangen, dass es hormonelle Ursprünge hat. Hatte es auch, doch nun kommt eine neuer Auslöser hinzu: eine Depression.

Ich hatte meine ADs nicht mehr vertragen und abgesetzt. Die Depression hatte sich so gewandelt, dass ich unglaublich aggressiv und hektisch wurde. Ferner kamen noch derartige Fressattacken bzw. Hungergefühle dazu, welche überhaupt nicht mehr zum Stillstand kamen bzw. zu sättigen waren. Es stellte sich kein Sättigungsgefühl ein!!!. Es war so anstrengend, zu essen und zu essen und immer noch nicht satt zu sein. Immer auf der Suche, nach dem Essen, welches die Gelüste zum Stillstand bringt. Nichts half!!! O.k. irgendwann, war ich natürlich so zugefressen, dass mir schon der Magen wehtat. Aber mit „natürlichem Sattsein“ hatte das nichts zu tun.

Ich habe aus früheren Zeiten einen verschreibungspflichtigen Appetitzügler zu Hause. Den habe ich genommen, um mal eine Pause zu bekommen. Es war die reinste Erholung endlich keinen Appetit mehr zu haben. Welche Erleichterung! Doch dieser Appetitzügler macht abhängig und ich kann nicht schlafen. Also keine Lösung.

Die Erkenntnis hat mich nun wie der Schlag getroffen, als ich nun die neuen ADs genommen habe. Man soll die ja langsam anfangen, ja, ja, ich weiß. Ich habe es aber nicht mehr ausgehalten und die Maxdosis - wie in der Gebrauchsanweisung angegeben und nicht wie vom Arzt empfohlen - genommen. Anfangs hat mich das umgehauen, habe nur geschlafen. Doch schon einen Tag später: ich bin nicht mehr andauern auf der Suche nach Essen, muss nicht dauernd essen bis es weh tut. Welche Wohltat, welche Entlastung. Ein Stück Normalität ist zurückgekehrt. Hoffe, das bleibt auch so!!!

Auf jeden Fall habe ich eines erkannt: zumindest heute, hier und jetzt. Essen bzw. Fressen ohne Sättigungsgefühl ist bei mir eine Begleiterscheinung einer Depression.

Kennt ihr das Problem? Hat jemand anderer ähnliche Erfahrungen? Habe unter der Suchfunktion schon nach dem Thema gesucht, nur leider nichts gefunden. Wenn das schon durchdiskutiert wurde, würde ich mich über den Link freuen.

Viele Grüße
Tamandua
Beiträge: 26
Registriert: 17. Nov 2010, 10:52

Re: Fressattacken, kein Sättigungsgefühl…

Beitrag von Tamandua »

Hallo Hoffnung,

also, ich kenne das Phänomen. Zwar ist es im allgemeinen ja eher so, dass Depressive WENIGER Appetit haben, aber ich habe schon etliche kennengelernt, die bei depressiver Stimmung nur noch im Essen etwas Freude und Entspannung finden. Ich auch.

Bei mir ist es aber eher so, dass die Depression eine Begleiterscheinung meines Fressens ist.
Auch in meiner "Krankheits"geschichte war zuerst das Fressen da und dann haben sich nach einiger Zeit depressive Gedanken dazugesellt, weil ich so frustriert über mich selbst und meinen unstillbaren "Hunger" war. Ich kann aber nicht wirklich sagen, ob ich nicht vielleicht auch schon VOR Beginn meiner Fressattacken traurig und frustriert war und DESWEGEN gefressen habe...

Jedenfalls gehört beides bei mir zusammen - was auch immer zuerst da war. Antidepressiva (zuletzt Trevilor; und zusätzlich hatte ich in meiner letzten Fressphase noch Lyrica wegen meiner "Sozialen Phobie") hatten bei mir nicht die von Dir beschriebene Wirkung - eher war es so, dass sie mich minimal gleichgültiger gestimmt haben und ich mich dadurch beim Essen gar nicht mehr gezügelt habe, weil die Scham nicht mehr ganz so riesig war.

Mich würde aber auch sehr interessieren, ob es hier noch mehr Menschen gibt, die in depressiven Phasen eher an vermehrtem statt vermindertem Hunger leiden.
Ich hab zwar schon den ein oder anderen Betroffenen kennengelernt, aber generell kommt man sich ja schon wie ein Alien vor, wenn man ausgerechnet in der Depression am Fressen ist

Liebe Grüße
Tamandua
Susanne_Scherrer

Re: Fressattacken, kein Sättigungsgefühl…

Beitrag von Susanne_Scherrer »

Hallo

ich habe nun während ein paar Monaten 12 Kilo zugenommen.
Viele AD´s steigern den Appetit bzw das Hungergefühl....andere dagegen können das zügeln.

Dennoch gehöre ich zu den Menschen, die ein gewisses Suchtpotential in sich haben, der "Schalter zum Abstellen" ist dort kaputt.

Wenn ich in einem Loch oder Tief stecke, dann wird mir das besonders deutlich, weil mein Verlangen ein diffuses Gefühl zu befriedigen da ist.
Es ist umso stärker da, je weniger ich aktiv machen kann aus meiner schwachen Situation heraus.

Ich stopfte mir dann süsses Zeug rein, solange bis mir übel wurde.

Heute brauche ich das nicht mehr, GsD.
Ich erlaube mich zu fragen, welches Gefühl das sein könnte...woher es kommen könnte...ich horche in mich hinein.
Es ist bei mir nichts anderes als eine Aufmerksamkeitsforderung meiner Seele, meines "Innenlebens".
Eine quälende Unzufriedenheit versuche ich dann mit Süssem quasi wegzufuttern.

Ganz bewusst esse ich heute einen Apfel oder trinke viel Wasser, bis der Drang zu futtern ein wenig verblasst.
Das hilft mir etwas.

sobald mein inneres Kind Aufmerksamkeit von mir bekommt, werde ich etwas entspannter.
LG
Sanne
wennfrid
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Registriert: 15. Feb 2010, 08:01

Re: Fressattacken, kein Sättigungsgefühl…

Beitrag von wennfrid »

Hi Hoffnung
Erstmal willkommen!
Ich bin männlich und habe ungefähr 5 kg Übergewicht. Ich habe selber erfahren müssen, welche Macht die Depression oder Ängste haben. Die Symptome sind oft individuell, jeder Einzelne muß die individuellen Tief's aushalten. Über Fressattacken kann ich nicht mitreden. Sie können durch die Depression entstehen. Oft sind es aber Nebenwirkung von AD's. Ich möchte dir nur mitteilen, daß ich deine Probleme nachvollziehen und verstehen kann.
Viel Kraft und Energie

Fridolin
maribo
Beiträge: 727
Registriert: 10. Nov 2010, 00:24

Re: Fressattacken, kein Sättigungsgefühl…

Beitrag von maribo »

Hoffnung2010 schrieb:

Es stellte sich kein Sättigungsgefühl ein!!!.
Es war so anstrengend, zu essen und zu essen und immer noch nicht satt zu sein. Immer auf der Suche, nach dem Essen, welches die Gelüste zum Stillstand bringt. Nichts half!!!
O.k. irgendwann, war ich natürlich so zugefressen, dass mir schon der Magen wehtat.
Aber mit „natürlichem Sattsein“ hatte das nichts zu tun.

Hallo Hoffnung,

genau dieses Gefühl kenne ich. Und ich habe ebenfalls die Erfahrung gemacht, dass die Depression eine Ursache ist.
Dieses ständige auf der Suche sein nach Essbarem, ob herzhaft oder süß, ganz egal.
Diese Sucht überfällt mich, wenn ich gerade in einer Tief-Phase stecke, dann kreisen die Gedanken nur um das eine Thema: "Und was esse ich jetzt?" Dann koche ich auch nicht mehr gesundes Essen, sondern stopfe Fertigprodukte in mich rein.
So habe ich mir ganz ordentliche 20 kg Übergewicht angefuttert.

Schön, dass du es geschafft hast, deine Esslust zu stoppen und du dich jetzt wieder besser fühlst.

Liebe Grüße __ maribo
______________________________
*ICH MUSS NICHT - ABER - ICH KANN*
e.d.
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Registriert: 8. Nov 2010, 16:54

Re: Fressattacken, kein Sättigungsgefühl…

Beitrag von e.d. »

Hallo,
ich bin erleichtert zu lesen, dass es Euch auch so geht. Mit wurde immer gesagt, wer depressiv ist hat keinen Appetit. Ich bin seit 30 Jahren depressiv, und je schlechter es mir geht, um so mehr esse ich und um so dicker werde ich. Mal schaffe ich es abzunehmen, aber sobald ich wieder einen Depressions-Schub bekomme, geht es Aufwärts mit dem Gewicht, und dann bin ich auch noch unglücklich so dick zu sein.Es ist ein Teufelskreis. Ich habe das Gefühl, dass ich dann meine innere Leere füllen muß, und das ich mich dann nur spüren kann. Vielleicht ist der Speck dann auch ein Schutzmantel für mich...
Medikamente vertrage ich nicht. Davon kann es bei mir auch nicht sein. Von Appetitzügler würde ich abraten, weil sie doch solche Nebenwirkungen haben.
Alles Liebe
wira
Bangalore
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Registriert: 13. Sep 2007, 19:08

Re: Fressattacken, kein Sättigungsgefühl…

Beitrag von Bangalore »

Hallo Hoffnung2010,

ich kenne das auch. Als ich das AD Citadura genommen habe, fiel das Sättigungsgefühl komplett aus. Das war ein schleichender Prozess bis ich irgendwann merkte, ich kann mit Essen nur noch aufhören, wenn ich mich regelrecht zwinge. Abends Essen gehen mit Vorspeise, Hauptspeise und Nachspeise wurde bald zur Regel.

Ich merkte, dass etwas nicht stimmt, als ich nach einem Riesenschnitzel mit entsprechenden Beilagen noch eine Tafel Schokolade "brauchte".

Das ist jetzt schon lange her, aber ich habe auch jetzt noch Fressanfälle, wo das Sättigungsgefühl sehr spät einsetzt oder ich darüber hinweggehe.

Folge: Heftiges Übergewicht.
ben1
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Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: Fressattacken, kein Sättigungsgefühl…

Beitrag von ben1 »

Hallo Euch allen

ich denke, es ist eine Leere da, die gefüllt werden muss - und mit Essen kann man diese Leere (scheinbar) eine Zeit lang füllen. Viel interessanter (und zielführender) wäre es meiner Meinung nach, mal zu gucken, wofür diese Leere steht und sie für mich auch anzunehmen und lernen, diese Leere zu gestalten (!).

Ein Eimer, der immer voll ist, hat keinen Zweck! Vielleicht wirkt diese Analogie zynisch, das ist nicht meine Absicht - ich denke, wir sind im Leben immer wieder "leere Eimer" (in allen Lebensubergängen) und wir sind es, die dem Eimer wieder Sinn geben können, in dem wir den leeren Eimer als das sehen, was er ist (nämlich ein Gefäß, das Neues aufnehmen kann). Dieses "Neue" für uns anzunehmen und zu gestalten, kann die Lebensaufgabe sein (muss es aber nicht - das vorweg) - ich für mich habs so erlebt - immer, wenn ich ein "leerer Eimer" war, war es an der Zeit, mich damit zu befassen, womit ich ihn als nächstes (nicht endgültig!) füllen könnte.

Komische Gedanken von

Ben
DYS-
Beiträge: 1838
Registriert: 19. Mär 2003, 17:28
Kontaktdaten:

Re: Fressattacken, kein Sättigungsgefühl…

Beitrag von DYS- »

Hallo Ben

Ich finde Deine komischen Gedanken immer wieder sehr lesenswert und denke oft darüber nach!

Danke, dass Du uns an deinen komischen Gedanken teilhaben lässt!

dys
°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°

Gerade weil wir alle in einem Boot sitzen,

sollten wir heilfroh darüber sein,

dass nicht alle auf unserer Seite stehen.
mondraute
Beiträge: 29
Registriert: 23. Jul 2007, 10:32

Re: Fressattacken, kein Sättigungsgefühl…

Beitrag von mondraute »

mondraute
Beiträge: 29
Registriert: 23. Jul 2007, 10:32

Re: Fressattacken, kein Sättigungsgefühl…

Beitrag von mondraute »

Ich glaube, ich sage nichts Neues, wenn ich diese Fressattacken für einen Aufschrei der Seele halte, besonders dann, wenn sich auch die einzelnen Symptome abwechseln.
Zumindest gelingt es mir manchmal die körperlichen Symptome zu deuten. Beispielsweise konnte ich bei mir feststellen, dass diese Esslust immer dann auftrat, wenn ich mich mit einem negativen Gefühl nicht auseinandersetzen wollte. Manchmal konnte ich auch einen starken Drang nach Zuwendung verspüren, den die Esslust wohl stillen sollte.
Meine Depression ist stark körperbetont, aber meine Depression liebt auch die Abwechlung.
Manchmal gelingt es mir, die Symptome zu entlarven, manchmal auch nicht. Habe ich sie mit viel Glück entlarvt, meldet sich gewiss ein neues Symptom.
Ach, wenn der ganze Spuk doch mal ein Ende hätte!

LG Mona.
mbm22
Beiträge: 381
Registriert: 25. Mai 2010, 22:48

Re: Fressattacken, kein Sättigungsgefühl…

Beitrag von mbm22 »

Hallo Hoffnung,

auch ich habe mich schon mehrfach mit dem Thema Essstörung und Depression auseinandergesetzt, habe da selber so meine Erfahrungen gemacht.

Es gab Zeiten des Hungern, in denen ich dieses quasi als Strafe gegen mich verwandt habe und stark abgenommen habe, sowie Zeiten, in denen ich das dringende Bedürfnis hatte, meinen Hunger (nach Liebe?) blödsinnigerweise mit Essen zu befriedigen.

Vor einiger Zeit habe ich einmal ein gutes Buch zu dem Thema gelesen. Ich glaube es hieß "Essen als Ersatz". Dort habe ich mich in vielen Ausführungen wieder getroffen.

Weiter kann ich nur sagen, dass ich Bens Gedanken zu diesem Thema überhaupt nicht komisch, sondern sehr treffend und überzeugend fand.

Auch ich kenne diese Leere in mir, die gefüllt werden will und muss mir jedesmal deutlich klar machen, dass das Essen keine so gute Idee ist, sondern dass es gilt die Ursache der Leere herauszufinden, um später wirklich Sättigung zu spüren, denn Essen allein macht den depressiven Menschen nicht satt. Es braucht einfach mehr und oft eben auch ganz etwas anderes, was wir noch nicht sehen können.

Seit Juli nehme ich Citalopram (Citadura) und habe damit nicht zugenommen. Ich habe extra vorher gesagt, dass ich unbedingt ein Medikament möchte, mit dem es zu keiner Gewichtzunahme kommt, was scheinbar funktioniert.


Mit dem Citalopram passiert es mir allerdings öfter, dass ich nicht auf mein Hunger- und Durstgefühl achte. Manchmal stelle ich abends erst fest, dass es bisher nur ein kleines Frühstück gab und ich mal wieder viel zu wenig getrunken habe.

Aber sprich doch einfach mal mit Deinem Arzt über Dein Problem. Er sollte Dir da doch helfen können und wenn es die Suche nach Deinen versteckten Bedürfnissen ist, die Ihr gemeinsam angeht.

Herzliche Grüße

lernfee
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