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Raus aus der Einsamkeit - aber wie?

Verfasst: 29. Nov 2010, 22:56
von Lise
Hallo!

Um das Thema über das ich sprechen möchte klarer zu machen, möchte ich mich kurz vorstellen.
Ich bin 30 Jahre alt und habe seit über 15 Jahren Depressionen. Sie kommen in Schüben (ca. alle 2 Wochen), dauern meist nur wenige Tage und werden in der Regel durch verschiedene Ängste ausgelöst.
Mein Leben ist eigentlich sehr positiv verlaufen, keine Traumata, keine nennenswerten Schicksalsschläge. Mutter und Vater in verschiedenen Ausprägungen ebenfalls depressiv. Ich stehe mitten im Leben und bin größtenteils zufrieden.

Hier das Problem: durch meine depressiven Schübe ist es mir fast unmöglich Beziehungen zu anderen Menschen aufzubauen. Die Schübe lassen mich unzuverlässig und unberechenbar erscheinen. Sie äußern sich meist in Rückzug, manchmal aber auch in Agression, da ich den Bezug zur Realität verliere und mich angegriffen fühle obwohl ich keineswegs angegriffen werde. Ein offener Umgang mit den Depressionen führt in den meisten Fällen dazu, dass die Leute sich von mir abwenden. Was wiederum bei mir ein Gefühl der Einsamkeit auslöst und so weiter... und so weiter...
Bin ich bei "klarem" Verstand kommt mir die Depression wie etwas unwirkliches und irreales vor. Bin ich mittendrin schaffe ich es einfach nicht mich davon zu lösen und lasse mich von meinen Gefühlen leiten, oft merke ich das erst hinterher, wenn schon etwas kaputt gegangen ist. Gesprächstherapien und Verhaltenstherapien haben mir nichts gebracht, da in den Sitzungen mein Verstand vorherrscht und ich meine Probleme so klar umrissen beschreiben kann, dass ich mir selber kaum glaube, was in diesen Schüben tatsächlich passiert. Ich fühle mich sehr einsam, obwohl ich geliebt und gemocht werde,da ausserhalb der Schübe die Angst mit jedem Tag größer wird, wann das unvermeidliche wieder passiert und ich den Menschen in meiner Umgebung wieder vor den Kopf stosse.
Tja, beim schreiben wird mir schon klar, dass ich das Vertrauen in mich selbst verloren habe und das wahrscheinlich Grundlage einer jeden Freundschaft ist. Denn wie kann ich jemandem vertrauen, wenn ich mir selber nicht vertrauen kann? Puh...!

Wie findet man heraus was einem Selbstvertrauen gibt? Leider bin ich keine Sportlerin und wenn ich meinen Hobbies, z.B. fotografieren, nachgehe suche ich immer eine Bestätigung von aussen, die zwar kommt, aber mein Selbstvertrauen nicht nachhaltig stärkt.

Und wie durchbricht man diesen so offensichtlichen Kreislauf, in dem ich nun schon seit über 15 Jahren feststecke?

Es tut gut hier zu schreiben, das schreiben lässt meine Gedanken klarer werden.

Ich hoffe nur, dass ich nicht am Ziel des Forums vorbeischlitter und noch mehr hoffe ich, dass es vielleicht jemanden gibt, der ein ähnliches Problem hat und mir Tipps geben kann.



Herzliche Grüße
Lise

Re: Raus aus der Einsamkeit - aber wie?

Verfasst: 29. Nov 2010, 23:17
von Clown
Hallo Lise,

willkommen im Forum!

>Gesprächstherapien und Verhaltenstherapien haben mir nichts gebracht, da in den Sitzungen mein Verstand vorherrscht und ich meine Probleme so klar umrissen beschreiben kann, dass ich mir selber kaum glaube, was in diesen Schüben tatsächlich passiert.
Spontan würde ich sagen: Dann gehe in die Tiefe, am besten über den Körper. Mit körperorientierter Therapie habe ich sehr gute Erfahrungen gemacht (bioenergetische Analyse).

Oder probiere Ansätze der energetischen Psychotherapie aus, wie EMDR, EFT und ähnliches.

http://www.youtube.com/profile?user=emo ... QpqleqlcbE

Viel Erfolg,

Clown

Re: Raus aus der Einsamkeit - aber wie?

Verfasst: 30. Nov 2010, 14:41
von Hoffnung2010
Hallo Lise,

deine Depressionen kommen alle 2 Wochen? Als ich das gerade gelesen habe, wurde ich ganz hektisch. Exakt so war es bei mir, bis endlich (endlich ist gut, nach fast 20 Jahren) festgestellt wurde, dass ich unter starkem PMS, prämenstruelles Syndrom, leide und somit unter extremen Hormonschwankungen. Ich saß "bildlich" gesehen, alle zwei bis drei Wochen auf meinem Balkongeländer und wollte springen. Mag sich vielleicht lustig lesen, war es aber ganz und gar nicht! An diesen hormonell bedingten Depressionen über Jahre hinweg, ist auch meine Ehe zerbrochen. Erst ein erfahrener Frauenarzt, der sich auf Hormone spezialisiert hat, konnte mir helfen. Depressionen habe ich immer noch - aber Gott sei's gedankt bzw. meinem Frauenarzt seis gedankt - nicht mehr alle 2-3 Wochen.

Vielleicht ein Denkansatz für dich.

Viele Grüße

Re: Raus aus der Einsamkeit - aber wie?

Verfasst: 30. Nov 2010, 17:29
von Kodiak
Hallo Lise,

wenn die ambulanten Therapien nichts bringen, wäre doch vielleicht auch eine stationäre Psychotherapie eine Möglichkeit. Die gehen in der Regel über einen längeren Zeitraum und bieten Dir, neben den Rückmeldungen der Mitpatienten, verschiedene weitere therapeutische Angebote. Ich könnte mir gut vorstellen, dass es für Dich wichtig ist, zu erfahren, wie Du von den anderen wahrgenommen wirst. Zudem brauchst Du scheinbar auch eine Strategie zum Umgang mit den depressiven Phasen, damit Du damit nicht ständig aneckst.
Man kann sich im Internet gut über die Angebote und Schwerpunkte der einzelnen Klinik informieren.
Eine weitere Möglichkeit besteht in der medikamentösen Behandlung. Dazu solltest Du mit Deinem Arzt sprechen und Dir gegebenenfalls eine Überweisung zum Facharzt geben lassen, sofern Du noch keinen hast.
Aber nach 15 Jahren wirst Du das wohl schon alles kennen.

Liebe Grüße

Dietmar

@clown: Hallo, wird EMDR auch ausserhalb der Traumatherapie angewandt?

Re: Raus aus der Einsamkeit - aber wie?

Verfasst: 30. Nov 2010, 17:58
von wennfrid
Hi Lise
Ich wünschte mir oft, daß der "Normalo" auch mit Depressiven Menschen umgehen kann. Leider Gottes habe ich feststellen müssen, es klappt so gut wie überhaupt nicht. Während die Kommunikation mit Gleichgesinnten super funktioniert, vermutlich, weil sie sich in einen depressiven Menschen "hineindenken" können.
Ich bin seit 6 Jahren in einer Selbsthilfegruppe, hier kann und darf ein jeder über Gott und die Welt quatschen und die Kommunikation funktioniert einfach.

Re: Raus aus der Einsamkeit - aber wie?

Verfasst: 30. Nov 2010, 19:35
von Clown
Hallo Dietmar,

>wird EMDR auch ausserhalb der Traumatherapie angewandt?
das klingt nach Fachfrage, so etwas weiß ich nicht. Aber: Warum nicht? Ein EMDR-Thera wird schon feststellen, ob es Sinn macht, die Methode bei einem Klienten anzuwenden.

Ich selbst habe zwar nicht EMDR aber daraus weiterentwickelte Methoden der energetischen Psychologie kennengelernt (durch eine Verhaltenstherapeutin) und sie helfen mir enorm.

Mich würde interessieren, was der Hintergrund für deine Frage ist.

Grüße,

Clown

Re: Raus aus der Einsamkeit - aber wie?

Verfasst: 30. Nov 2010, 20:54
von Kodiak
Hallo Clown,

wäre eine Fachfrage, aber ich kann sie Dir in Deinem Sinne nicht beantworten. Ich dachte, Du könntest das.
Ich habe eine EMDR- Behandlung im Rahmen meiner stationären Psychotherapie erfahren dürfen. Im Vorfeld wurde nach geeigneten Klienten geschaut, also Indikation, psychisch stabil dafür, auffangbar. Man wollte es nicht unbedingt, bot es aber an. Das macht man nicht, ohne entsprechende Indikation. Wir waren zur der Zeit zu zwölft und zwei bekamen diese Therapie.
Die ist sehr hart und sollte streng überwacht werden. Erlebte Traumata nochmals zu durchleben, ist kein Vergnügen. Egal, alle, die das erlebt haben, werden mich jetzt verfluchen, weil ich es so einfach darstelle, aber es war befreiend, wenn auch nicht sofort.

Ich habe schon bemerkt, dass ich mich hier kurz fasse, aber es ist auch so, dass ich hier keinen nerven will. Wenn Diskursionsbedarf besteht, auch gerne ausführlicher.

Liebe Grüße

Dietmar

Re: Raus aus der Einsamkeit - aber wie?

Verfasst: 1. Dez 2010, 21:55
von Lise
Hallo!

Vielen Dank für eure Antworten!

Nach wochenlanger Eigenrecherche hatte ich festgesteckt und freue mich über die Anregungen!

Den Tipp von Hoffnung2010, prüfen zu lassen ob meine Hormone mir vielleicht ein Schnippchen schlagen habe ich bereits mit einem Termin beim Frauenarzt angenommen. mal sehen was er dazu sagen wird...

Dietmar hat mir den sehr interessanten Gedanken gegeben, dass ich erfahren sollte, wie ich auf andere wirke - wie ich das umsetze weiß ich allerdings noch nicht . Ausser konfrontatives Nachfragen ist mir da noch nicht viel eingefallen...

@ Clown: Kennst du dich zufällig mit Gestalttherapie aus? Da wird, soweit ich weiß, köperorientiert gearbeitet...?

Lieber Fridolin... was du sagst hat getroffen. Wie beschrieben habe ich ähnliche Erfahrungen gemacht, aber akzeptieren kann ich das einfach nicht! Es ist als ob ein Vorhang bei manchen Leuten zugeht, wenn sie hören, dass man Depressionen hat. Ich führe das auf Unwissenheit zurück. Schließlich will ich niemanden damit belasten, nur aufklären. Ich selber allerdings, fühle mich sicherer, wenn ich mit anderen Betroffenen rede. Das Gefühl verstanden zu werden beflügelt mich. Und ich arbeite daran, dass es mich beflügelt, anderen (normalen) in einer Art und Weise von mir zu erzählen, die informativ und interessant ist und nicht abschreckend wirkt. Letztendlich sind Depressionen ja ein spannendes Thema

Bin voller Tatendrang! Irgendwann muß es doch besser werden...

Herzliche Grüße

Lise

Re: Raus aus der Einsamkeit - aber wie?

Verfasst: 1. Dez 2010, 22:19
von maribo
Und ich arbeite daran, dass es mich beflügelt, anderen (normalen) in einer Art und Weise von mir zu erzählen, die informativ und interessant ist und nicht abschreckend wirkt. Letztendlich sind Depressionen ja ein spannendes Thema


Hallo Lise,
super, dein Vorhaben, "Normalos" über die Krankheit "Depression" zu informieren, und spannend ist das allemal.
Ich weiß aus Erfahrung, wie schwer das ist, weil die meisten, wie du schon sagst, zurück schrecken, Angst davor haben, größtenteils aus Unwissenheit.
Dafür wünsche ich dir ganz viel Kraft und Erfolg.